Dr. Robert Ennemoser ist seit 1990 als Praktiker in der Christian Science Heilarbeit tätig. Er erzählte uns,wie ihn sein Wunsch, Menschen zu heilen, vom Biologiestudium zur Homöopathie und dann zu Christian Science führte.
Als Student der Universität Salzburg machten Sie ihr Doktorat in Biologie. Warum Biologie?
Ich begann mit Biologie, aber es war nicht mein Herzenswunsch. Ich war dafür begabt, und so schien meine Wahl logisch.
Für die Homöopathie begann ich mich ein paar Jahre, bevor ich mein Doktorat machte, zu interessieren. Zu heilen, Menschen zu helfen, war wichtig für mich geworden und die Sichtweise in der klassischen Homöopathie sprach mich sehr an.
Wie haben Sie von der Homöopathie erfahren?
Ich hörte durch ein paar Leute davon, die durch Homöopathie behandelt worden waren und das interessierte mich. Homöopathie ist im Wesentlichen ein System, das Patienten nicht durch bloße Medikamente behandelt; die Heilmittel sind vielmehr Träger von Informationsmustern, die die Patienten auf ganz bestimmte Art anregen sollen, die normale Funktion oder Gesundheit wiederzugewinnen. Bei dieser Methode wird die gesamte Person behandelt, auch der mentale Bereich, nicht nur die physischen Symptome. Das leuchtete mir ein. Zu dieser Zeit, in den frühen achtziger Jahren, galt die Homöopathie in Mitteleuropa noch als ziemlich ungewöhnlich. Die meisten Ärzte hielten sie nicht für der Mühe wert, deshalb gab es an den Universitäten auch noch keinen entsprechenden Studienzweig. Ich lernte eine Zeit lang bei einem indischen Homöopathen, der in meiner Umgebung praktizierte.
Heutzutage wird die Homöopathie in Europa hoch geschätzt. Sie werden keine medizinische Fakultät finden, in deren Studienplan dieses Fach fehlt.
Sie haben also eine Zeit lang beides gemacht, Biologie an der Universität studiert und bei einem Homöopathen gelernt?
Ja. Ich wollte mit Biologie aufhören, aber ich habe es dann nicht gemacht, weil es in Homöopathie noch keinen Studienabschluss gab. Also arbeitete ich nach Beendigung meines Biologie-Doktorats teilweise in der Umweltforschung und teilweise praktizierte ich Homöopathie.
War Ihre homöopathische Praxis befriedigend für Sie?
Die Arbeit erfüllte mich. Es kamen immer mehr Patienten und ich wollte die Homöopathie gerne zu meiner Berufslaufbahn machen. Ich konnte Patienten mit verschiedenen Gebrechen helfen — meistens bei funktionalen Erkrankungen wie Herzbeschwerden, Rheumatismus oder Migräne.
Waren Sie mit der homöopathischen Behandlung in Ihrer Praxis erfolgreich?
Nicht immer. Ich hatte einige Langzeitpatienten, mit denen ich alles versucht hatte. Dann sagt man: „Ich kann nichts mehr für Sie tun.” Es war wirklich traurig für mich, das sagen zu müssen.
Wie trat Christian Science auf den Plan?
Ich war immer auf der Suche nach besserem Heilen — nach weiteren, mir neuen Heilmethoden. Ich war nie ganz zufrieden. Mein wesentliches Interesse war immer besser zu heilen. Eine ganze Reihe von Methoden untersuchte ich nicht erst, weil sie auch keine besseren Resultate als die Homöopathie zeigten. Als ich aber über Fälle bei Christian Science nachlas, interessierte ich mich für die enorme Heilkraft, die diese Patienten erlebt hatten. Ich las von fantastischen gen. Solch eine Kraft hatte ich in der homöopathischen Arbeit nie erlebt.
Als ich eines Abends über Christian Science las, kam mir der Gedanke, dass es möglicherweise in meiner eigenen Stadt, in Salzburg, eine Kirche geben könnte. Ich schaute im Telefonbuch nach und fand die Kirchenadresse. Am nächsten Tag ging ich hin und besorgte mir Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy.
Mussten Sie Reaktionen wie „Christian — o je, das ist ja eine Religion” überwinden?
Ich war es gewohnt zu beten und in der Bibel zu lesen. Aber das brachte ich nicht mit Heilung in Verbindung. Es kam mir nicht in den Sinn, die religiösen Ideen von Christian Science zu erforschen, weil ich zuerst einfach nur an der empirischen Tatsache der Heilung und der dahinter liegenden Kraft interessiert war. Als empirischer Denker musste ich Christian Science erst einmal in ihren Wirkungen untersuchen, bevor ich darüber urteilen konnte.
Als ich anfing Wissenschaft und Gesundheit zu lesen, wurde mir klar, dass mich dieses Buch lehren würde, wie man es macht; dass es nicht einfach aufzeigt, was an Heilung möglich ist, sondern wie man es erreichen kann. Ich erlebte sehr bald Heilungen.
Fanden Ihre Heilungen allein durch das Lesen von Wissenschaft und Gesundheit statt? Sie bekamen anfangs keine Hilfe von jemand anderem?
Nein. Eine meiner ersten Heilungen war die von einem Bienenstich. Als ich eines Tages barfuß über die Wiese ging, stach mich eine Biene in den Fuß. Ich war es gewohnt in biologischen Kategorien zu denken: Injiziert man Gift in Gewebe, hat das bestimmte Folgen. Das war ein ganz klarer physiologischer Prozess. Aber Wissenschaft und Gesundheit behauptet, dass es eine höhere Gesetzmäßigkeit gibt, die ein niedrigeres Gesetz, ein biologisches Gesetz, außer Kraft setzen kann. Alles, was ich zu tun hatte, war, mich an dieses höhere Gesetz, diese höhere Ebene des Lebens, der Freiheit, des Friedens und der Heilung zu wenden. Indem ich das mental tat, erlebte ich spontan eine Heilung. In wenigen Minuten war der Schmerz verschwunden und es kam zu keiner Schwellung, wie in diesen Fällen üblich. Auf diese Weise erkannte ich bis zu einem gewissen Grad, dass eine Heilung dann stattfindet, wenn man die Ebene des biologischen Gesetzes verlässt und sich auf die Ebene des göttlichen Gesetzes begibt. Das geschieht auf einer rein mentalen Ebene und hat Resultate auf einer physischen Ebene zur Folge.
Könnten Sie dies einem Kollegen aus einer biologischen Perspektive — mit physischen Ausdrücken — erklären?
Wissen Sie, für einen Homöopathen ist es vollkommen klar, dass man nicht versucht, den Körper zu heilen, sondern vielmehr die Lebenskraft einer Person anregt. Und diese stimulierte Lebenskraft stellt die Ordnung im Körper wieder her. Da ich mit dieser Idee vertraut war, fiel es mir leicht, den nächsten Schritt zu tun — zu verstehen, dass eine rein mentale Korrektur im Bewusstsein den Körper beeinflusst. Das war bestimmt kein Riesenschritt für mich.
Hat Sie die Heilung von dem Bienenstich überrascht?
Nein. Das war nicht überraschend für mich, sondern es bestätigte nur, was ich über Christian Science gelesen hatte. Ich dachte: „Aha, da ist wirklich etwas dran. Ich kenne es nun aus meiner eigenen Erfahrung. Ich kann diesem Weg folgen.”
Wie war es dann mit dem Heilen anderer durch christlich wissenschaftliche Behandlung?
Ich begann einigen meiner Patienten Literatur über Christian Science anzubieten oder ich bot ihnen an, mit ihnen zu beten. Es gab schöne Heilungen. Christian Science eröffnete eine viel größere Heilkraft als alles andere, was ich bisher kannte.
Da war zum Beispiel eine Frau mit deformierten Fingergelenken, einer Art von Arthritis. Sie hatte dieses Leiden seit ungefähr 15 Jahren und die verschiedenen Therapien, die man ihr verordnet hatte, waren wirkungslos geblieben. Zu mir kam sie durch eine Freundin, die ich durch Christian Science geheilt hatte. Sie dachte, dass ich auch ihr helfen könnte.
Sie war Atheistin. Das fand ich interessant, aber es war kein Problem für mich, weil ich die Ideen von Christian Science auch in einer nicht religiösen Sprache erklären konnte. Sobald sie mehr verstand, konnte ich die religiösen Begriffe verwenden, um das genauer zu beschreiben, womit wir arbeiteten.
Wir arbeiteten zwei oder drei Monate zusammen, dann war sie vollkommen geheilt, auch die Deformationen an den Gelenken. Sie wurde dann Christliche Wissenschaftlerin und erlebte andere schöne Heilungen.
Ich begriff ziemlich bald, dass ich die Homöopathie aufgeben und nur noch Christian Science praktizieren sollte. Das tat ich im Verlauf von ein bis zwei Jahren.
Haben Sie damals, als Sie Homöopathie und Christian Science praktizierten, die Leute homöopathisch behandelt und ihnen gleichzeitig von Christian Science erzählt?
Es war für mich eine vollkommen natürliche Entwicklung. In Fällen, wo ich in der Lage war, auf das in Christian Science Gelernte zu vertrauen, wendete ich Christian Science an, vorausgesetzt, der Patient war damit einverstanden.
Ich habe heute manchmal Patienten, die von bestimmten Medikamenten abhängig sind. Wenn sie aber von ihrer Abhängigkeit frei werden wollen, dann erkläre ich ihnen Christian Science, damit sie den Gebrauch von Medikamenten gedanklich hinter sich lassen und eine christlich wissenschaftliche Behandlung bekommen. Ich glaube, es ist eine absolut natürliche Entfaltung des Denkens.
Sagen wir, jemand hat gerade von Christian Science gehört, nimmt Medikamente und möchte damit aufhören. Die Person sucht Ihre Hilfe, aber die Familie hat deswegen Bedenken — braucht sie die Unterstützung durch die Familie?
Oh, ich denke, es geht ganz sicher auch ohne familiäre Unterstützung, wenn der- oder diejenige sich ganz klar darüber ist, dass er selbstständig entscheiden kann. Jeder muss den Weg gehen, den er für den besten hält.
Können Sie den Übergang beschreiben, den Sie in der Zeit erlebten, als Sie Christian Science bereits kennen gelernt hatten, aber noch Homöopathie praktizierten? Hatten Sie ab einem gewissen Punkt den Eindruck, dass es gegen das stand, was Sie von Christian Science zu verstehen begannen?
Nein, nicht so sehr dagegen — ich entdeckte einfach die bessere Therapie. Die Homöopathie interessierte mich nicht länger, weil ich etwas viel Besseres anzubieten hatte.
Ab einem gewissen Punkt traf ich eine ganz klare Entscheidung. Ich hörte mit den homöopathischen Behandlungen auf, auch wenn mich jemand darum bat. Eines Tages schloss ich meine homöopathische Praxis und bot ab da nur noch geistige Behandlung an. Ich mietete eine komplett neue Praxis für die Ausübung von Christian Science.
Sie erwähnten Ihre „nicht religiöse” Art, Christian Science zu praktizieren. Können Sie das beschreiben? Wie brachten Sie das in Verbindung zu dem religiösen Aspekt von Christian Science?
In gewissen Situationen fand ich es sehr passend den Begriff Prinzip für Gott zu verwenden. Mary Baker Eddy versteht Gott als synonym mit Prinzip. Dies bietet dem nicht religiösen Denker eine gute Möglichkeit zu sehen, dass Prinzip zu Gesetz führt, dem göttlichen Gesetz, einem Gesetz, das höher ist als alles, was wir kennen. Ein Gesetz, das vollkommen gut und in keiner Weise begrenzt ist. So ergibt sich eine Anbindung an die unendliche Kraft.
War es schwierig für Sie, Ihre alte Religion aufzugeben?
Es war kein Aufgeben, sondern eine enorme Bereicherung, von Christian Science zu erfahren.
Ist es möglich Gebet so zu sezieren, dass man den Mechanismus, der einen Effekt zum Besseren bewirkt, erkennt?
Ich würde sagen: „Ja”. Betrachten Sie die Heilung vom Bienenstich. Ich habe Erfahrungen von physischen, funktionalen, und auch organischen Heilungen durch die Anwendung einer rein mentalen Medizin. Durch nichts anderes. Das beweist, dass das Mental das Physische beherrscht. Wir beginnen also mit dem mentalen Bereich, indem wir einen mentalen Prozess benutzen. Wir ordnen unser Denken und Fühlen um und korrigieren es, indem wir unser gesamtes Denken und Fühlen mit dem absolut Guten verbinden, mit Liebe und mit Vollkommenheit. Indem wir das tun, erleben wir Heilung.
Würden Sie bei einem Patienten mit Epilepsie oder Eheproblemen genauso vorgehen wie bei dem Bienenstich?
Ja, grundsätzlich würde ich das tun. Die Basis einer geistigen Heilung ist immer ein Sichverbinden mit dem höheren Gesetz der göttlichen Liebe in einer spezifischen Art und Weise, die einen heilenden Impuls in jedem Lebensbereich bewirkt — seien es nun Beziehungen oder Körperfunktionen. Natürlich ist der Ansatz in der Heilarbeit in jedem einzelnen Fall ausgesprochen individuell.
Was ich an Christian Science so schätze ist, dass es sich dabei nicht um Heilen durch Glauben handelt. Sowohl in Christian Science wie auch in den Naturwissenschaften stützt man sich nicht einfach auf Glauben. Man kann Christian Science anwenden und prüfen. Wenn Sie sie anwenden, werden Sie ihre Wirksamkeit erleben.
Ich würde von niemandem erwarten wollen, dass er sich auf bloßen Glauben verlässt.
Kennen Sie Leute aus anderen Heilberufen, die zu Christian Science kamen?
Ja, ich kenne einige solcher Leute — einer war ausgebildeter Pharmazeut und wurde Christlicher Wissenschaftler. Eine Frau war Physiotherapeutin und wurde Christliche Wissenschaftlerin. Und eine andere Frau war Psychologin und arbeitet nun als Christian Science Praktikerin. Ich kenne Frauen, die Krankenschwestern waren und die Christliche Wissenschaftlerinnen wurden. Wenn ich manchmal in Vorträgen über Christian Science Ärzte anspreche, haben wir interessante Diskussionen zu diesem Thema. Ich begegne vielen, die daran interessiert sind oder einige Ideen daraus bis zu einem gewissen Grad in ihrer Praxis umsetzen.
Haben Sie irgendwelche Unterschiede in der Empfänglichkeit für Christian Science zwischen Europäern und Amerikanern festgestellt?
Sicherlich. Die religiöse Kultur in den Staaten ist Teil des öffentlichen Lebens und viel pluralistischer. In Europa gibt es mehr Menschen, die entweder an Religion nicht interessiert sind oder sie als etwas sehr Privates empfinden. Ich würde sagen, dass es große Unterschiede gibt. Ich finde ich es manchmal notwendig, in der kommunikation mit den Menschen eine nicht zu religiöse oder kirchliche Sprache zu benutzen. In Europa reagieren die Leute viel empfindlicher darauf.
Es war kein Aufgeben, sondern eine enorme Bereicherung, von Christian Science zu erfahren.
Zu kirchlich? Welche Beziehung haben Sie zur Kirche?
Als ich mit der Praxis von Christian Science begann, war ich nicht an der Kirche interessiert. Interessiert war ich nur am Heilen. Ich hatte etwas Kontakt zur Kirche Christi, Wissenschaftler, am Ort, aber nur sehr wenig, weil das Heilen mein Hauptanliegen war. Ich war sogar zwei Jahre hauptberuflicher Praktiker und hatte damals noch keinen wirklichen, das heißt beständigen, Kontakt mit der Kirche.
Europäische Denker sind nicht so erpicht darauf, sich einer Kirche anzuschließen. Sie sind beispielsweise viel mehr an Heilung selbst interessiert und versuchen erst dann die Funktion und Bedeutung der Kirche zu verstehen.
Bemühen Sie sich immer noch um besseres Heilen?
Sicher. Absolut! Ich empfinde die Notwendigkeit beständig mehr Effizienz im Heilen zu entwickeln. Wenn ich zum Beispiel meine Arbeit von vor fünf Jahren mit der heutigen vergleiche, und ich würde heute keine besseren Heilungen erleben, dann müsste ich denken, dass irgendetwas nicht stimmt. So bemühe ich mich stets darum bessere Heilarbeit zu erbringen.
Beispielsweise überdenke ich manchmal, wie ich mich einem Patienten widme. Es ist mir wichtig, sehr sorgfältig und hingebungsvoll zu arbeiten, wenn ich einen Patienten mit einem besonders akuten Problem angenommen habe. Die Heilung geschieht dann schneller, als wenn ich mich weniger auf die Behandlung konzentrieren würde. Wenn ich Fälle vergleiche, dann stelle ich fest, dass hingebungsvolleres Gebet für einen Patienten auch zu besseren Heilungen führt.
Eine anderer Weg der Entfaltung der Praxis liegt darin, mein Verständnis von metaphysischen Ideen zu erweitern, meine Wahrnehmung von Allmacht oder Allgegenwart zu vertiefen. Das göttliche Gemüt enthüllt gewiss heute — nicht erst morgen — vollkommene Gesundheit.
So würde ich sagen: „Ja, Jeden Tag strebe ich nach besserem Heilen und ich erlebe es auch als ein Geschenk Gottes, nämlich eine beständige Vertiefung des Verständnisses und der Wirksamkeit meiner Heilarbeit.”