Der Herold veröffentlicht jeden Monat verschiedene Anmerkungen und Kommentare zu Bibelzitaten, um die vielseitigen Möglichkeiten um die Bibel zu erforschen aufzuzeigen. Die Zitate sind Lutherbibel (revidierte Ausgabe 1984) entnommen.
... Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? (Mt 18:32, 33)
Das Gleichnis von der Vergebung (,Der Schalksknecht’) oder „vom hartherzigen Schuldner” (GN) ist Schluss-und Höhepunkt von Kapitel 18, in dem Matthäus „die Maßstäbe für das christliche Gemeindeleben” (StEB) niederlegt. „In dieser urchristlichen Gemeindeordnung geht es um die Verantwortung füreinander in der Gemeinde. ... Die Vergebung darf aber nur dann verweigert werden, wenn alle Möglichkeiten werden, wenn alle Möglichkeiten zur Rückgewinnung des gestrauchelten Bruders ausgeschöpft wurden.” (BE)
„Diese Gleichniserzählung, die Matthäus aus gesonderter Überlieferung als abschließende Zusammenfassung der Jüngerrede Jesu hier eingestellt hat, hat ganz klar in der Frage der Verse 32 und 33 ihr Ziel. Hart entsprechen sich die beiden Situationen, hart widerspricht das Verhalten des Untergebenen zu seinem Kollegen [Mitknecht] dem seines Herren zu ihm. Die großmütige Güte, die ihm widerfahren ist, beantwortet er mit kleinlicher Hartherzigkeit gegenüber seinem Nächsten.” (Wilckens)
„Das althochdeutsche Wort Schalk (=Knecht, Diener) bekam im Lauf der Sprachentwicklung einen negativen Sinn: es bezeichnet jetzt einen Menschen mit knechtischer Gesinnung, mit arglistigem, ungetreuem und bösem Charakter. Er nimmt zwar die Barmherzigkeit Gottes dankbar an, macht sie aber im Verhältnis zu seinem eigenen Schuldner unwirklich und unwirksam.” (CB)
Ein wichtiger Punkt in diesem Gleichnis ist der Gegensatz zwischen den beiden Schuldbeträgen. „Der erste Knecht schuldet seinem Herrn 10 000 Pfund oder Talente, wie es im griechischen Text heißt. Ein Talen stellte in etwa den Gegenwert von [5.000 Euro] dar. Es handelte sich also um einen Riesenbetrag, der das Gesamtbudget einer normalen Provinz überstieg. So betrugen z.B. die Einkünfte der aus Idumäa, Judäa und Samaria bestehenden Provinz nur 600 Talente, die Gesamteinkünfte reicher Einzelprovinzen wie Galiläa sogar nur 300 Talente. ... Daran gemessen waren die Schulden des Mitknechts geradezu lächerlich gering. Er schuldete ihm 100 denarii, oder wie es in der Lutherübersetzung heißt, hundert Silbergorschen, die einen Wert von etwa [50 Euro] darstellen.” (Barclay)
„Diese Gleichniserzählung ... lädt ein, sich auf die Ordnung der grenzenlosen Barmherzigkeit einzulassen, wie sie Jesus gelebt und als Charakteristikum der genahten Gottesherrschaft verkündet hat.” (BE) Sie „will also weniger warnen und schelten, als der bösen Kurzsichtigkeit wehren und die wahren Proportionen aufzeigen, in denen unser alltägliches Miteinander steht.” (Wilckens)
Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben. (Hiob 33:4)
„Mit einer freundlichen Geste, die um Vertrauen wirbt, greift Elihu [im Rahmen seiner ersten Rede] von Hiob gemachte Vorwürfe auf, um sie zu widerlegen.” (Lbe)
„Elihu wendet sich Hiob zu und empfieht sich ihm als ein fairer, einfühlsamer Partner, der mit ihm auf gleicher Ebene diskutieren will.” (StEB) Elihu betont, dass er vor Gott der gleiche Mensch sei wie Hiob. „Von Gottes Geist bin ich geschaffen worden; sein Atem war's, der mich ins Leben rief” (Vers 4 nach der GN).
„Elihu tritt nicht nur auf als einer, der als Mensch Gott gegenüber mit Hiob auf derselben Stufe steht, er zeigt auch auf, was er Hiob voraushat. Er ist, wie bereits zweimal betont (Hi 32:8, 18-20), mit dem Geist Gottes erfüllt. Elihu lässt keinen Zweifel daran, dass hinter seiner Rede die Autorität der göttlichen Weisheit steht, der gegenüber Hiob unterlegen ist. Elihu tritt Hiob in siegesgewissem Selbstbewusstsein entgegen.” (WStB)
Der Herr rief Samuel ... und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel! Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört ... Und der Herr war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten zur Erde fallen. (1. Sam 3:4, 10, 19)
„Die Samuelbücher wollen die Aufmerksamkeit auf den Beginn des Königtums mit seinen großen Hoffnungen und Möglichkeiten lenken. ... Die historischen Fakten wurden vom Autor nicht aufgezeichnet, um das geschichtliche Wissen seines Volkes zu erweitern, sondern um diese Fakten in die richtige theologische Perspektive zu rücken.” (BKB)
„In jenen Tagen gab es wenig Offenbarungen des Herrn in Israel. Gesichte waren sehr selten.” (Bruns) „Die Vermutung liegt nahe, dass die Verfehlungen der Familie Elis der Anlass dafür waren, dass die Stimme Gottes so selten gehört wurde.” (BKB)
„Eli, Hoherpriester im Heiligtum von Schilo, entstammte dem Geschlecht Itamars, des vierten Sohnes Aarons, und wird auch als Richter betrachtet, der sein Amt in Schilo 40 Jahre ausgeübt haben soll. ...
Eli war ein frommer Mann und kümmerte sich sehr um Samuel, aber besaß wenig Einfluss auf seine missratenen Söhne.” (MdB) Das untergräbt seine Autorität und seine Fähigkeit Gottes Stimme zu lauschen. Es tritt ein „Zerfall der Frömmigkeit und der Sitten” (Hauss) in Israel ein. Diese Umstände führten schließlich zum Verlust des Priesteramtes durch die Nachkommenschaft Elis. Gleichzeitig bedeutet es den Aufstieg des jungen Samuel vom Priesterschüler und Diener Elis zum Propheten. „Den Priesterdienst lernte man, zum Propheten aber beruft Gott... Der Prophet redet unmittelbar mit Gott und sagt weiter, was er gehört hat; nicht eigene Meinung.” (Lbe)
„Der junge Samuel hat bisher nur Weisungen von Eli erhalten; daher verkennt er den Anruf Gottes, den er wie eine menschliche Stimme hört ... Der alte, im Umgang mit dem göttlichen Wort erfahrene Priester hilft ihm, ein hörbereiter Empfänger der Rede Gottes zu werden. ...
Die Zeit, in der Gottes Wort selten geworden war (V. 1) ist zu Ende. Seit seinem ersten Offenbarungsempfang ist Samuel Prophet des Herrn, und er wird als solcher bestätigt, indem keine seiner Voraussagen unerfüllt bleibt. Ganz Israel hat in Samuel wieder einen, der ihm die göttliche Weisung vermittelt.” (StEB)
Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. (5. Mose 6:4, 5)
Das 5. Buch Mose wird nach der lateinischen Bibel auch Deuteronomium genannt. Das ursprünglich griechische Wort bedeutet Zweites Gesetz’. Die Bezeichnung weist darauf hin, dass in diesem Buch von einer Art zweiter Gesetzgebung durch Mose berichtet wird, einem zweiten Bundesschluss, der nicht am Berg Sinai (2Mo 19-24), sondern vor dem Eintritt in das verheißene Land im Grenzgebiet von Moab stattfindet.” (StEB)
Neben dem Grund-Satz’ von 6:4ff steht das, Grund-Satz’ von Kapitel 12, das die eine zentrale Gottesdienststätte verlangt ... (BE)
„Höre, Israel ... (Diese Worte sind der Anfang des jüdischen Hauptgebetes, des Schma Jisrael.) [Die Betonung] liegt dann nicht in erster Linie auf der Behauptung, dass Israel Gott allein Gott sei, als vielmehr darauf, dass er nur einer ist. Dem entspricht die Forderung von 5. Mose, nur an einem Ort den Gottesdienst zu halten ... Dies war keine fixe Idee, mochte vielmehr aus der bedrückenden Erfahrung kommen, dass der Gott Israels, an vielen Heiligtümern verehrt, vielfach mit ehemals bodenständigen Religionsformen vermischt, sehr viele Gesichter angenommen hatte. ... Diesem einen Gott soll die Gemeinde mit ihrer einen, also ungeteilten Hingabe entsprechen — von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft verdient er, geliebt zu werden.” (BE) Jesus bezeichnente später diesen Vers 5 als das höchste und größte Gebot. (Mt 22:38)
Damit fasst Mose „die Gesamtsumme aller Gebote in der einen Erkenntnis und der einen Forderung (oder auch: Folgerung) zusammen: Es gibt nur einen Gott. Und darum ist die, Hauptsache’: Liebe zu ihm und untereinander.” (Bruns)
Abkürzungen:
Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
BE = Die Bibel mit Erklärungen
BKB = Brockhaus, Kommentar zur Bibel
Bruns = Hans Bruns, Die Bibel mit Erklärungen
CB = Calwer Bibellexikon
GN = Gute Nachricht
Hauss = Friedrich Hauss, Biblische Gestalten
LBe = Lutherbibel erklärt
MdB = Die Menschen der Bibel
StEB = Stuttgarter Erklärungsbibel
Wilckens = Ulrich Wilckens, Das Neue Testament
WStB = Wuppertaler Studienbibel
    