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100 Jahre Der Christian Science Herold

Die im letzten Monat erschienene Folge dieser Serie zum hundertjährigen Bestehen des Christian Science Herold befasste sich mit dem 1903 gegründeten deutschen Herold sowie mit der Entscheidung, Mary Baker Eddys Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit ins Deutsche zu übersetzen. Diese bedeutenden Schritte leiteten die Heilungsmission der Christian Science Verlagsgesellschaft auf internationaler Ebene ein — eine Mission, die bis heute andauert.

Le Héraut de la Christian Science: Eine in Kriegszeiten hervorgebrachte Zeitschrift

Aus der August 2002-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn ein Buch eine zentrale Rolle bei der Darlegung der geistigen Wahrheit spielt, ist es wichtig, sein Urheberrecht zu schützen. Als Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika bekannt wurde, fanden sich viele Interessenten, die eine eigene Übersetzung davon anfertigen wollten. Wenn das Urheberrecht an geistigem Eigentum heute für Menschen, deren Werke illegal kopiert werden, problematisch ist, so war das Anfang des 20. Jahrhunderts noch mehr der Fall, da die Verkehrsmittel und die Kommunikation ungleich längere Zeit beanspruchten und umständlicher waren.

Als 1914 die Trustees Under the Will of Mary Baker Eddy [Treuhänder nach dem Testament von Mary Baker Eddy] — die das Urheberrecht an Mrs. Eddys Werken besitzen — davon Kenntnis erhielten, dass in Europa eine Gruppe von Leuten eine eigene Ausgabe von Wissenschaft und Gesundheit in Englisch und anderen Sprachen veröffentlichen wollten, traten sie sofort in Aktion. Den Treuhändern wurde angeraten, Wissenschaft und Gesundheit offiziell ins Französische und in andere Sprachen übersetzen zu lassen, um das internationale Urheberrecht an dem Buch zu schützen.

Für die französische Übersetzung wurden Williamson de Visme, der allerdings noch vor Beendigung der Arbeit ausschied, Caroline Getty, eine Christian Science Praktikerin und Lehrerin, und Alice Tournier zu Übersetzern bestimmt. Als die Übersetzungsarbeit 1917 weit fortgeschritten war, bot man Madame Getty und Mademoiselle Tournier an, die Arbeit in den Vereiningten Staaten zu vollenden, weil das die Lösung von einigen grundlegenden Fragen erleichtern würde. Während des Aufenthalts der beiden Frauen in Boston wandte sich William D. McCrackan, ein Redakteur der religiösen Zeitschriften, an den Christian Science Vorstand mit der Anfrage, ob man nicht eine neue Ausgabe des Herold, nämlich in Französisch, veröffentlichen könnte. Er erwähnte die in Arbeit befindliche französische Übersetzung von Wissenschaft und Gesundheit und erklärte: „Ich bin fest davon über zeugt, dass wir diese Arbeit sofort in Angriff nehmen und dem wundervollen französischen Volk geben müssen, was ihm zusteht.

Außerdem finde ich, dass Frankreich, wenn möglich, eine Zeitschrift in französischer Sprache haben sollte, so etwas wie den deutschen Herold. Da wir die Mitarbeiter aus Paris gegenwärtig hier bei uns haben, bietet sich die Gelegenheit, mit einer solchen Zeitschrift herauszukommen, falls Sie der Ansicht sind, dass die Zeit dafür reif ist.”  Schreiben von William D. McCrackan an den Christian Science Vorstand vom 1. Februar 1917, Archiv der First Church of Christ, Scientist.

Im selben Frühjahr stimmten die Treuhänder der Christian Science Verlagsgesellschaft McCrackan zu, dass es „wunderbar wäre, den Christian Science Herold in Französisch herauszubringen, um ihn für das Ende des [Ersten Welt-] Krieges fertig zu haben”  Protokoll der Treuhänder der Christian Science Verlagsgesellschaft vom 18. April 1917, Archiv der First Church of Christ, Scientist.. Sie schlugen vor, den englischen Text auf einer Seite zu drucken und den französischen auf der gegenüberliegenden, so wie es heute noch bei allen Übersetzungen von Wissenschaft und Gesundheit geschieht. Bisher war der deutsche Herold ohne den englischen Text erschienen. Mit der Empfehlung, das Englische und die Fremdsprache auf gegenüberliegenden Seiten zu drucken, begann die jahrzehntelange Ära der zweisprachigen Herold-Ausgaben. Erst in den neunziger Jahren wurde der englische Text in den Herolden wieder weggelassen, denn die zweisprachige Aufmachung brachte Probleme für die Identität der Zeitschriften mit sich. Auch war sie ein Hindernis bei der Erfüllung ihres Zwecks in den verschiedenen Sprachgebieten.

Noch während diese Gespräche über die Herausgabe eines neuen Herold stattfanden, häuften sich die Angriffe von deutschen U-Booten auf amerikanische Schiffe. Im August 1917 saßen die Übersetzer praktisch in Boston fest, denn die Seereise galt als zu gefährlich und sie konnten keine Genehmigung für die Rückreise nach Frankreich erhalten. Aufgrund dieser Komplikationen wiesen die Direktoren die Treuhänder an, Broschüren von den Übersetzern ins Französische übersetzen zu lassen, um sie unter Soldaten in den USA und in Frankreich zu verteilen. Schreiben des Christian Science Vorstands an die Treuhänder der Christian Science Verlagsgesellschaft vom 27. August 1917, Archiv der First Church of Christ, Scientist.

Bereits wenige Monate später — im November 1917 — schritten die Vorbereitungen für den französischen Herold schnell voran. Außer Aufsätzen, Editorials und Heilungszeugnissen sollte die neue Zeitschrift auch die von der Christian Science Verlagsgesellschaft zusammengestellten Bibellektionen enthalten, die von jedem gelesen und auch von allen Christian Science Kirchen im Sonntagsgottesdienst verwendet werden konnten. Später wurden diese Bibellektionen in einer speziellen Zeitschrift veröffentlicht, dem Christian Science Vierteljahresheft.

Die Erstausgabe des Héraut de la Christian Science erschien im Januar 1918. Zu der Zeit herrschte kriegsbedingter Mangel an Materialien wie Papier und Druckfarben und auch an Arbeitskräften zum Druck der Zeitschrift, denn viele Männer waren in den Krieg eingezogen.

Die Erstausgabe der Zeitschrift enthielt als ersten Beitrag den von M. B. Eddy verfassten Artikel „Prinzip und Praxis”, der ursprünglich im Christian Science Sentinel erschienen war. Als nächstes kam der ergreifende Bericht einer Frau, die erzählte, wie sie gebetet hatte, als das Schiff, auf dem sie und ihr Ehemann sich befanden, von einem Torpedo getroffen wurde. Ein damaliger Leser hätte Parallelen zwischen den Einzelheiten dieses Berichts und denen von Überlebenden der „Titanic” entdeckt. Siehe Ida E. Beer, „,Love never faileth’”, Le Héraut de la Science Chrétienne, Januar 1918, S. 2-4. Dieser Beweis von Gottes Schutz wird den Übersetzern, die zur Heimfahrt den Atlantik überqueren mussten, Mut gegeben haben.

Andere Artikel in der Ausgabe handelten von verschiedenen Aspekten des Heilens. Ein Soldat berichtete von Fronterlebnissen auf den Schlachtfeldern im belgischen Ypern und anderswo und schilderte anschaulich die Bedingungen, unter denen die Männer im Ersten Weltkrieg dienen mussten. Die Worte, die er über Spiritualität sagt, sind von einer wundervollen Autorität getragen, denn er schreibt mitten im Krieg aus eigener Erfahrung: „Eine bestimmte Stelle auf dem bekannten Weg von hier zu den Schützengräben heißt, Höllenfeuerstrecke’. Also ... jede Nacht müssen wir diese Strecke zum Arbeitsdienst durchlaufen. Sie steht zur Nachtzeit unter Beschuss, doch weiß man nie, zu welchem Zeitpunkt die Granaten kommen. Wenn ich mich dieser Strecke nähere, sehe ich sie immer als, Strecke der Liebe’ anstatt als Höllenfeuerstrecke, auf der man jede Sekunde mit Granaten rechnen muss, denn ich weiß, dass Liebe dort genauso gegenwärtig ist wie an jedem anderen Ort in der Welt; und Gott ist nicht an einem Ort mehr gegenwärtig als an einem Ort mehr gegenwärtig als an einem anderen, da Er allen Raum füllt; daher gibt es für Gottes Ideen keine gefährlichen Strecken.”  Siehe Reginald Lavery, „Truth's Sustaining Power”, Le Héraut de la Science Chrétienne, Januar 1918, S. 7-10.

Die Ausgabe enthielt ferner vier Editorials, von denen sich zwei mit Kriegsthemen befassten. Der internationale Charakter der Zeitschrift wurde noch durch Heilungszeugnisse aus England, Deutschland, Frankreich, Italien, Norwegen, Holland, der Schweiz, Schweden, Australien, Südafrika, Indien und aus dem US-Staat Kalifornien hervorgehoben.

Im Héraut wurden später auch Probleme behandelt, mit denen Christliche Wissenschaftler im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich zu kämpfen hatten. Nachdem Deutschland in Frankreich eingefallen war, wurden viele Bürgerrechte der Franzosen eingeschränkt. Wie auch in Deutschland, steckte man Christliche Wissenschaftler in Internierungslager, doch viele wurden später unversehrt entlassen. Die Kirchen wurden geschlossen und der Herold und das Vierteljahresheft aus dem Verkehr gezogen. In Frankreich wurden die Bürgerrechte jedoch nicht so stark eingeschränkt wie in Deutschland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand ein großes Interesse an Religion. Die Kirchen öffneten vielen Suchern nach geistigen Antworten die Pforten. Christian Science verbreitete sich auch in anderen Französisch sprechenden Gebieten, darunter im Kongo, der zu der Zeit noch belgische Kolonie war. 1958 unternahm ein gewisser Monkoy Albert eine Dampferfahrt auf dem oberen Kongofluss zwischen Kinshasa (früher Leopoldville) und Kinsangani (früher Stanleyville). Ein südafrikanischer Passagier auf dem Dampfer gab Monkoy einen Héraut und nachdem er ihn gelesen hatte, begann er eine Korrespondenz mit dem Südafrikaner.

1959 brachte Monkoy einige Freunde in Kinshasa zusammen und hielt Gebetsstunden ab. Die Gruppe besaß weder Christian Science Vierteljahreshefte noch das Kirchenhandbuch Der Mutterkirche, das ihnen Anleitungen für die Gründung einer Zweigkirche gegeben hätte. Sie bezogen nicht einmal regelmäßig den Herold. Ungeachtet dessen berichteten sie von wunderbaren Heilungen. Monkoy war stets bereit, für andere zu beten, die dann Heilungen erlebten. Seine Heilarbeit zog die Aufmerksamkeit der belgischen Kolonialregierung auf sich, und er wurde wiederholt in Haft genommen. Aus diesem und anderen Gründen hielt die Gruppe bis 1962 heimlich Gottesdienste ab. Da sie nicht mit der Ordnung der Christain Science Gottesdienste vertraut war, nahm sie afrikanische Bräuche an, wie die Verwendung von Kerzen und rotem Licht.

1962 stattete ein amerikanischer Diplomat, der Christlicher Wissenschaftler war, jedem einzelnen Mitglied der Gruppe einen Besuch ab und erklärte ihnen das Beten und die Lehren von Christian Science näher. Das führte dazu, dass sich die Gruppe zwischen 1963 und 1964 neu organisierte. 1987 begannen die Radiosendungen des Héraut, die einen starken Einfluss auf die welt-weiten Aktivitäten der Mutterkirche ausübten, besonders im Französisch sprechenden Afrika. Da in vielen Ländern das Reisen mit Schwierigkeiten und Gefahren verbunden war, waren Radiosendungen auf Kurzwelle weithin in Gebrauch (und sind es immer noch). Emmanuel Moukouangala, Pastor einer protestantischen Kirche, befand sich unter den ersten Hörern von Kurzwellensendungen der Christian Science Kirche. Sein Interesse war so stark, dass er nach einiger Zeit sein Pastorenamt niederlegte und Christlicher Wissenschaftler wurde. Obgleich sich schon viele Menschen im unteren Kongogebiet seit den siebziger Jahren mit Christian Science befasst hatten, setzte doch jetzt Moukouangalas Interesse eine rege Aktivität in dem Gebiet in Gang. Seitdem sind die Gruppen stetig gewachsen.

In Togo wurde Christian Science 1983 durch E. B. Millis, einen Flüchtling aus Ghana, der Christlicher Wissenschaftler war, bekannt. Togo ist ein kleines Land, im süden vornehmlich katholisch und protestantisch und im Norden muslimisch und katholisch. 1983 nahm die Mutterkirche den Versand von Zeitschriften an die kleine Gruppe von Christlichen Wissenschaftlern auf und auch diese Gruppe ist stetig gewachsen. In den letzten Jahren ist die Christian Science Vereinigung in Lomé aufgrund der Kurzwellensendungen des Héraut zu einer Ressource für Hörer geworden, die mehr über Christian Science erfahren möchten.

Das grafische Design und Layout des gedruckten französischen Herold — wie auch des deutschen — blieben eine Zeit lang unverändert und schienen zu stagnieren. Doch die auf Französisch gesendeten inspirierenden und lebendigen Kurzwellenprogramme gaben Tausenden von Hörern neue Hoffnung. In den neunziger Jahren wurden die Radioprogramme des Héraut von Grund auf umgestaltet und auch die gedruckten Ausgaben wurden ansprechender, bekamen mehr Farbe und waren leichter zu lesen. Und da die Radioprogramme in den Hörern den Wunsch nach geistig reicherer Nahrung weckten, begannen viele auch die Zeitschrift zu abonnieren. Abonnenten in folgenden afrikanischen Ländern beziehen den Héraut: Kamerun, Elfenbeinküste, Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Kenia, Ruanda, Südafrika, Togo, Sambia, Zentralafrikanische Republik, Burkina Faso, Benin, Angola, Burundi, Ghana, Senegal, Uganda, Swasiland, Tschad und Malawi.

Dank zunehmender Beteiligung von französischen Sprechern rund um die Welt finden die Radioprogramme und gedruckten Ausgaben des Héraut heute eine breit gestreute Hörerund Leserschaft, von den weltgewandten Parisern über Geschäftsleute in Kamerun und kanadische Studenten in Quebec bis zu Soldaten in Ruanda.

Weltgeschichte im Überblick

1910 Abschaffung der Sklaverei in China.

1910 Japan annektiert Korea.

1910 Portugal wird Republik.

1911 Die Mandschu-Dynastie fällt: Unter Sun-Yat-sen wird 1912 die Chinesische Republik ausgerufen.

1911-1912 Italienisch-Türkischer Krieg.

1912 Die deutsche Übersetzung von Science and Health mit englischem und deutschem Text auf gegenüberliegenden Seiten wird von der Christian Science Verlagsgesellschaft angekündigt.

1912 „Die Titanic” rammt einen Eisberg und sinkt vor der Küste Neufundlands.

1912 Wissenschaft und Gesundheit erscheint auf Deutsch.

1912-1913 Erster Balkankrieg.

1913 In Norwegen erhalten Frauen das Wahlrecht

1914 Der Erste Weltkrieg beginnt.

1914 Eröffnung des Panama-Kanals.

1915 Dänemark ändert Verfassung und gibt Frauen das Wahlrecht.

1915 Deutsches U-Boot versenkt englischen Passagierdampfer „Lusitania”. Erster Angriff mit Zeppelinen auf London.

1917 Die Russische Revolution beginnt; Zar Nikolaus II. und seine Familie werden 1918 ermordet; der Bürgerkrieg dauert bis 1920 an.

1918 Die Französische Ausgabe des Christian Science Herold und die französische Übersetzung von Wissenschaft und Gesundheit kommen heraus.

1918 Im November endet der Erste Weltkrieg.

1919 In Italien gründet Benito Mussolini die faschistische Partei.

1919 Der Versailler Friedensvertrag bereitet den Boden für den Zweiten Weltkrieg.

1919 In Deutschland nehmen zum ersten Mal Frauen an den Reichstagswahlen statt.

1920 Der Völkerbund tagt zum ersten Mal in Genf.

Christian Science im Untergrund

Nachdem die Nationalsozialisten Christian Science als judenfreundlich bezeichnet und das Praktizieren dieser Religion 1941 verboten hatten, war die Verbreitung von Literatur über Christian Science mit großen Gefahren verbunden. Wenn jemand dabei ertappt wurde, konnte er ins Konzentrationslager eingeliefert werden. Trotzdem ließen sich Kirchenmitglieder nicht davon abhalten, Literatur zu verbreiten, besonders das Christian Science Vierteljahresheft, das zum wöchentlichen geistigen Studium und zur Abhaltung haltung von Christian Science Gottesdiensten dient.

In Ländern außerhalb Deutschlands beteiligten sich viele Leute an dieser Untergrundtätigkeit und ein Hauptakteur war Marcel Silver, der in Frankreich das Amt des Christian Science Komitees für Veröffentlichungen innehatte. Er lebte in Paris und tat mutig Kirchenarbeit in dem von den Nazis besetzten Teil Frankreichs wie auch in Deutschland. Ein aus Kirchenmitgliedern bestehendes Untergrundnetzwerk schaffte das Vierteljahresheft und in manchen Fällen auch den französischen und deutschen Herold in Gebiete, wo sie offiziell verboten waren.

Silver ließ die Bibellektionen in einer Pariser Druckerei drucken, die auch Aufträge für die Nazis ausführte. Eines Sonnabends kam er nach Hause und fand eine Vorladung zur Gestapo für den folgenden Montag vor. Silver und seine Frau Rachel benutzten die wenigen verbliebenen Stunden zum Beten. Birse Shepard, die nach dem Weltkrieg Berichte von Kirchen und Mitgliedern sammelte, war Sekretärin des Christian Science Komitees für Kriegsopferhilfe, und ihre unveröffentlichten Aufzeichnungen schildern, was als Nächstes geschah.

Wie Shepard schreibt, dachte Silver eingehend über die Situation nach und „ihm wurde klar, dass die ganze Tyrannei der Nazis auf Terror beruhte. Er begegnete dem mit zwei spezifischen Wahrheitsgedanken. Als Erstes zerstörte er jede Spur von Furcht in seinem eigenen Denken. Er wusste, dass wenn er keine Furcht hatte, es nichts gab, aufgrund dessen ihm die Gestapo etwas anhaben konnte, und damit besaß sie auch keine Waffe, die sie gegen ihn verwenden konnte. Zweitens wurde ihm klar, dass er nur die Wahrheit denken und sagen und keine Ausflüchte machen oder irgendetwas verbergen durfte und dass er darauf vertrauen musste, dass die Wahrheit ihr eigenes Wort beschützt.”  Birse Shepards Aufzeichnungen, „The Mother Church and Its Branches in World War II (1940–1951)” [Die Mutterkirche und ihre Zweige im Zweiten Weltkrieg (1940–1951)], Manuskript im Archiv der First Church of Christ, Scientist, S. 201–202. Dieser Bericht über Marcel Silvers Arbeit beruht auf Birse Shepards Recherchen nach dem Krieg und auf ihrem unveröffentlichten Manuskript.

Dem Bericht zufolge entleerte Silver am Montag vor seinem Gang zur Gestapo-Zentrale seine Taschen, um nichts bei sich zu haben, was andere hätte belasten können. Beim Abschied von seiner Frau hatte er offenbar keine Furcht, doch wusste er nicht, wann er sie wiedersehen würde. Als er in der Gestapo-Zentrale ankam, wurde er von einem Beamten verhört, der eines seiner französischen Bibellektionshefte in seinen Händen hielt. Silver sollte ihm erklären, wer ihm die Erlaubnis erteilt hätte, die Bibellektion zu drucken.

„Monsieur Silver war höflich, aufrichtig und unbefangen”, berichtet Birse Shepard. „Er erklärte, dass er das Nachdrucken der Bibellektion von sich aus gemacht hatte und dass die Kirchen in Paris nichts damit zu tun hatten, denn sie waren auf Anordnung der Gestapo geschlossen. Er erklärte weiter, dass er die Bibellektionen für befreundete Christliche Wissenschaftler drucken ließ, damit sie die Lektion zu Hause lesen konnten. Der Gestapo-Beamte beschuldigte dann Christian Science, judenfreundlich zu sein, und zum Beweis deutete er mit seinem Finger auf die Worte, Kinder Israel’, die im Wechselseitigen Lesen der vor ihm [auf dem Schreibtisch] liegenden Lektionspredigt vorkamen. Monsieur Silver versuchte ihm zu erklären, was, Kinder Israel’ in der Bibelsprache bedeutete, ... [doch] der Mann ... fiel ihm ins Wort und sagte, er könne all dem religiösen Gerede nicht folgen.”  Ebd.

Schließlich fragte der Beamte erneut, wer die Bibellektionen drucken ließ. Silver gab offen zu, dass die Broschüre von der Christian Science Verlagsgesellschaft in den Vereinigten Staaten gedruckt wurde. Der Beamte reagierte nicht darauf. Silver berichtete später: „Der Mann verstand einfach nicht, was ich sagte. Ich sah das an seinem verständnislosen Gesichtsausdruck.” Der Beamte sagte zu ihm: „Sie haben Glück gehabt. Sie können nach Hause gehen.”  Ebd.

Obwohl die Gestapo Marcel Silver weiter beschattete — und ihn von Zeit zu Zeit zum Verhör vorlud —, konnte er während des Krieges mit seinen Aktivitäten fortfahren.

Ruhe und Frieden im Kriegschaos

Ich fand Christian Science, als ich meine Schwester in einem Pariser Vorort besuchte. Damals arbeitete ich als Friseurin in Paris. Eine Nachbarin meiner Schwester gab mir Hefte des Héraut de la Christian Science, die ich nur so verschlang. Das war 1938, nicht lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

Diese Nachbarin lieh mir schließlich Mary Baker Eddys Buch aus, und das war genau das, wonach ich suchte. Ich war begeistert, denn mir missfiel sehr, was in der Welt und in meinem persönlichen Leben vor sich ging. Ich suchte nach etwas, was mir helfen würde der dunklen Zeit zu entfliehen, in der wir lebten, und auch der herkömmlichen Religion, in der ich aufgewachsen war und die meine Fragen nicht beantwortete. Meinen Glauben an Gott hatte ich aufgegeben. So bald wie möglich ging ich mit meiner Schwester Wissenschaft und Gesundheit kaufen. Meine Mutter las das Buch auch. Wir waren alle recht unglücklich und fürchteten uns vor Hitler. Mein Verlobter wurde zwei Jahre später festgenommen und war fünf Jahre inhaftiert. Die Herolde stillten unser Bedürfnis nach Stärke und Ermutigung. Ich erinnere mich auch, dass wir das Christian Science Vierteljahresheft mit den wöchentlichen Bibellektionen ungebunden über Spanien erhielten.

Dann kam der Zeitpunkt, wo wir, wie viele andere Bürger, flüchten mussten, da der Feind im Anzug war. Wir erreichten die Loire-Region, wo wir einen Verwandten hatten. Auf der Straße sahen wir viele Pferdewagen, auf denen die Flüchtlinge all ihre Habe transportierten. Die Italiener bombardierten die Straßen, aber wir vertrauten auf Gott und auf die Wahrheiten die wir lasen, und kamen unbehelligt durch. Ich hatte immer mein Wissenschaft und Gesundheit bei mir und fand Trost darin.

Als die Deutschen Frankreich besetzten, wurde uns gesagt, dass wir wieder nach Hause zurückkehren könnten. Auf dem Weg zurück nach Paris sahen wir Schreckliches, u. a. geplünderte Häuser. Wir waren dankbar dass unser Haus unbeschädigt war.

Ein paar Mal konnten wir während des Krieges eine Christian Science Kirche besuchen, doch es war nicht einfach, da wir im westlichen Teil von Paris wohnten. Es bedeutete, dass wir die Seine überqueren mussten, um zur Kirche zu gelangen. Da die Brücken gesprengt worden waren, überquerten wir den Fluss auf einem Frachtkahn. Die Gottesdienste wurden im Keller der Kirche am Flandrin Boulevard abgehalten. Als der Krieg vorüber war, mussten wir warten, bis die Brücken wieder aufgebaut wurden, um zur Kirche zu gehen.

Nach dem Krieg kehrte mein Verlobter unversehrt zurück und wir heirateten. Meine Familie, mit Schwester und Mutter, konnte die ganze Zeit über zusammenbleiben. Ich glaube, ohne diese Wissenschaft hätte ich die Lust am Leben verloren. Sie gab mir so viel Hoffnung, so viel inneren Frieden.


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