Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, dass er sich mit des Königs Speise nicht unrein machen wollte. (Dan 1:8)
„Das Herz ist für das AT in erster Linie nicht Sitz der Gefühle, sondern Willenszentrum. Hier fallen die Entscheidungen. ... Das hebräische Wort für, sich unrein machen’ bedeutet entweder, sich mit Blut zu besudeln, oder gegen die Reinheitsvorschriften des Gesetzes zu verstoßen. ... Unrein konnte diese, Speise’ sein, weil die Babylonier die Unterscheidung von reinen und unreinen Tieren nach 3Mo 11 nicht durchführten, z. B. Schweine- und Pferdefleisch aßen, oder weil man das Blut nicht nach 3Mo 17,10ff aus den Tieren ausfließen ließ, oder weil man auch Fleisch von gefallenen oder zerrissenen Tieren verwertete. Eine Verunreinigung der Speise konnte aber auch dadurch geschehen, dass sie aus Götzenopfern stammte. Ähnlich war beim ,Wein’ zu befürchten, dass er den Göttern geweiht und teilweise geopfert worden war. ... Jedenfalls will Daniel die Vorschriften des väterlichen Gesetzes einhalten — ein ungewöhnlicher Entschluss für einen 12 – 14jährigen in der Geiselhaft und Umerziehung fern seiner Heimat! ...
Daniel ging also zu Aschpenas (vgl. V. 3). Er leistet keinen politischen Widerstand. Er kommt nicht aus Trotz. Er hat die neue Erziehung und den neuen Namen akzeptiert. Er schlägt auch nicht den Weg der diplomatischen Verzögerung und der Ausflüchte ein. Sondern er weist klar auf seine Bindung an Gott hin ... Ein Bekenntnis vor dem Kabinettsminister! Das ist ein Risiko auf Leben und Tod, eine Chance 50:50. Die Konsequenzen liegen nicht in seiner Hand. Wie lautet doch sein Name? Daniel:, Gott ist es, der mir Recht verschafft’! Darauf vertraut er.
Wir hätten vielleicht gesagt: Lohnt sich ein Streit um Speise und Wein? ... Die Lösung wird erkennbar, wenn man sieht, dass es hier um den Gehorsam gegen Gottes ausdrücklichen Willen geht. Deportierung, Umbenennung und fremde Erziehung waren als Gottes Gericht zu tragen. Aber im Alten Bund gab es eindeutige Speisegesetze, die als Gottes Wille gelehrt und verkündigt wurden. Und diesen eindeutigen Gotteswillen wollte Daniel nicht übertreten. Entsprechend sagt das NT, dass in Verkündigung und Lehre Gott mehr gehorcht werden muss als den Menschen. Es setzt also die Linie des Danielbuches unter heilsgeschichtlicher Fortschreibung fort.” (WStB)
Johannes rief zwei seiner Jünger zu sich und sandte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? (LK 7:18,19)
„Dieser Vorfall hat viele, die darüber nachdachten, beunruhigt, weil der offenbare Zweifel des Johannes sie überrascht hat. Er ist auf verschiedene Weise erklärt worden. a) Man hat darauf hingewiesen, dass Johannes sich zu diesem Schritt nicht seinetwegen entschlossen, sondern ihn seinen Jüngern zuliebe getan habe. ... b) Man hat darauf hingewiesen, dass Johannes Jesus zur Eile antreiben wollte, weil er dachte, es sei an der Zeit, dass Jesus zur entscheidenden Tat schreite. c) Die einfachste Erklärung ist jedoch die beste. Überlegen wir einmal, was Johannes geschah. Johannes, der Sohn der Wüste und der Weite, wurde in einer engen Gefängniszelle der Festung Machärus gefangengehalten. ... In der erdrückenden Enge seiner Zelle eingeschlossen, richtete Johannes die Frage an Jesus, weil die grausame Gefangenschaft Furcht in seinem Herzen hatte aufkommen lassen.
Der Beweis, den Jesus ihm anbot, war bemerkenswert. Er verwies ihn auf Tatsachen. Die Kranken, Geplagten und Armen erfuhren seine Macht an sich selbst und hörten seine frohe Botschaft. Hier sind wir an einen Punkt gelangt, den man sich selten ganz klar macht: Diese Antwort hatte Johannes nicht erwartet. Wenn Jesus tatsächlich der Gesalbte Gottes war, so hätte Johannes vielmehr folgende Antwort erwartet:, Mein Heer versammelt sich. Cāsarea, die Residenz der römischen Landpfleger, steht vor der Kapitulation. Die Sünder werden vertilgt. Das Gericht hat begonnen.’ Johannes musste erwarten, dass Jesus sagte:, Der zürnende Gott ist unterwegs.’ Jesus dagegen sagte:, Der gnädige Gott ist da.’ ... Jesus antwortete den Boten:, Geht zurück und sagt Johannes, dass die Liebe Gottes gekommen ist’.” (Barclay)
Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins. (Joh 10:29,30)
„Diese Verse zeigen uns, wie unermesslich groß das Vertrauen Jesu zu Gott war, und zugleich ersehen wir daraus, wie gewaltig der Anspruch Jesu war. ...
Eben noch hat Jesus von seinen Schafen und von seiner Herde gesprochen. Eben noch hat Jesus gesagt, dass niemand die Seinen aus seiner Hand reißen werde ... Doch jetzt erkennen wir auch die andere Seite dieser Aussage. Der Vater ist es, der ihm die Schafe gegeben hat; die Hand des Vaters hält Jesus und seine Schafe. Jesus war seiner selbst nur deswegen so sicher, weil er Gottes ganz sicher war. Das Verhalten Jesu im Leben gründete sich nicht auf sein menschliches Selbstvertrauen, sondern auf seine Einheit mit Gott.
Wir kommen nun zu dem höchsten Anspruch, den Jesus erhob., Ich und der Vater sind eins’, sagte Jesus. Was meinte er damit? ... Müssen wir gelehrte Theologen, geschulte Denker und Philosophen sein, um die Bedeutung dieser gewaltigen Aussage wenigstens bruchstückhaft zu erfassen?
Wenn wir die Bibel selbst befragen, wie diese Aussage zu interpretieren sei, stellen wir fest, dass auch der einfältigste Mensch sie in ihrer Schlichtheit begreifen kann. ... [Im] siebzehnten Kapitel des Johannesevangeliums ... berichtet Johannes von dem Gebet Jesu für die Seinen, bevor er den Tod auf sich nahm. Das Gebet lautet:, Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien gleichwie wir’ (Joh 17,11). Hier erkennen wir eindeutig, dass Jesus unter dem Einssein der Christen untereinander dasselbe verstand wie unter seinem Einssein mit Gott. Das kommt mehrfach zum Ausdruck. So heißt es im selben Abschnitt weiter:, Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien ...’ Hier sagt Jesus schlicht und klar, so dass niemand ihn missverstehen kann, das Ziel allen christlichen Lebens bestehe darin, dass alle Christen eins seien, so wie er und der Vater eins seien.
... Wodurch werden alle Christen eins mit ihren Mitchristen? Das Geheimnis dieses Einsseins ist die Liebe. ... Christen sind eins miteinander, weil sie einander lieben. Und Jesus ist eins mit Gott, weil er Gott liebt.” (Barclay)
Einen anderen Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. (1. Kor 3:11-13)
„Wohl hat Paulus das Fundament der Gemeinde gelegt, als er die Gemeinde in Korinth gründete. Aber nicht dieser Anfang der Gemeinde ist ihr eigentliches ,Fundament'. Der ,Grundstein’ und ,Eckstein’ auf dem die Gemeinde ruht, ist Jesus Christus. ... Nun ist es freilich unmöglich, dem Bau der Gemeinde ein anderes Fundament zugrunde zu legen. Es entstände dann überhaupt keine wirkliche ,Gemeinde Gottes’. Aller Gemeindebau ist, Aufbau’ auf diesem Fundament. ...
Auf diesem einen Fundament, außer dem es gar kein anderes geben kann, wird, aufgebaut’. Was ist damit konkret gemeint? Nun eben der, Aufbau’ von, Gemeinde’. Da das, Fundament’ nicht eine, Lehre’ über Christus ist, sondern die lebendige Person Jesus Christus, selbst, ist auch das, was darauf gebaut wird, nicht eine gute oder schlechte Theologie, sondern eine Fülle von Personen, durch deren Zugliederung die Gemeinde wächst. Die Gemeinde baut sich auf aus, lebendigen Steinen’. Dieses, Bauen’ geht fort und fort weiter. ... Jeder ist mit seiner Gabe am Bau der Gemeinde beteiligt. ...
Es kann aber beim Gemeindebau, echt’ oder, unecht’ gebaut werden, mit ,Gold, Silber, kostbaren Steinen’, oder mit ,Holz, Heu, Rohr’. ...
Mit [Holz, Heu, Rohr] baut man schnell und billig. Es lassen sich aus Holz und Rohr auch größere Bauten aufführen als aus Gold, Silber und Edelsteinen. Aber der Bau ist minderwertig. Er ist nicht, feuerfest’ gebaut worden. Wehe, wenn der Bau ins Feuer hineingerät., Holz, Heu und Rohr’ verbrennen. Nur, Gold, Silber, kostbare Steine’ halten das Feuer aus und bleiben bestehen.
Dem Feuer aber geht die Gemeinde mit allen ihren Mitarbeitern entgegen. Denn sie geht dem, Tag unseres Herrn Jesus Christus’ entgegen, wie es Paulus schon am Anfang des Briefes gesagt hat (1,8). Es ist der Tag, den sie selbst erwartet und ersehnt. Aber die Gemeinde muss es zugleich wissen, dass dieser Tag, mit Feuer offenbart wird’.” (WStB)
Abkürzungen: Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
BE = Die Bibel mit Erklärungen
WStB = Wuppertaler Studienbibel
