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Historiker kommentieren über Mary Baker Eddy

Aus der Oktober 2003-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Folgende sind Auszüge aus einem Video mit drei Wissenschaftlern: Ann Braude, Leiterin des Studienprogramms „Frauen in der Religion” an der Harvard-Universität, David Hufford, Professor für Geisteswissenschaften am Medizinischen Institut der Pennsylvania State University, und Judith A. Wellman, emeritierte Geschichtsprofessorin der State University von New York. Zu ihnen gesellte sich ferner Dr. Gillian Gill, die kürzlich eine Biografie über Mary Baker Eddy geschrieben hat.


Die besten Historiker, glaube ich, befassen sich mit Fragen, die sich auf die Gegenwart beziehen. Wir müssen fragen: Was hat dieses oder jenes für die Menschen in der Vergangenheit bedeutet? Und was bedeutet ihre Erfahrung für uns in der heutigen Zeit? Und in vielerlei Hinsicht klingen Mrs. Eddys Ideen und die Entwicklung von Christian Science so, als ob sie für uns heute geschrieben worden wären. Und das ist auch wirklich so.

Bevor ich mit diesem Projekt begonnen hatte, wusste ich ziemlich wenig über ihren Beitrag und was sie geleistet hat. Ich wusste wohl einiges über die Geschichte der Frauen. Und die Historiker haben oft Ideen angesprochen über das, was sie die getrennten Bereiche von Mann und Frau in der Gesellschaft nennen. Im 19. Jahrhundert hatten die Frauen ihren Platz im Haus, und manchmal vielleicht auch in der Kirche. Und die Männer waren draußen in der Welt und haben in einer wettbewerbsorientierten, expandierenden, kapitalistischen Wirtschaft ihr Geld verdient.

Mary Baker Eddys Leben passt bis ungefähr 1860 ganz gut in dieses Modell. Sie schrieb damals viele Aufsätze und Gedichte, aber es ging dabei um typische Frauenthemen, z. B. das Heim, Waisenkinder und Religion. Das war es, womit Frauen sich befassten. Doch dann, nach ihrem dramatischen Sturz in Lynn, beginnt sie Wissenschaft und Gesundheit zu schreiben. Nicht nur ändert sich dabei ihr Schreibstil, aber man erkennt auch, wie sie auf diese Gedanken der „wahren Weiblichkeit” aufbaut. Sie kommt heraus aus diesem häuslichen, religiösen Bereich und tritt in die große Außenwelt ein. Sie nimmt die Werte der Religion und der Fürsorge für andere, die ja die typischen weiblichen Werte sind, und sie sagt: Nein, Gott hat kein Geschlecht.


Ende des 19. Jahrhunderts, als Mary Baker Eddy Wissenschaft und Gesundheit schrieb und überarbeitete und sich ihr Verständnis von der Praxis von Christian Science herausbildete, ging es im Grunde um die Realität des Geistes als einer Ursache in der Welt, als etwas, was echte Wirkungen zeitigt — und in der Tat die eigentlich fundamentale und wirkliche Ursache ist. Und natürlich war die Religion weit verbreitet im 19. Jahrhundert, aber die Hauptorientierungen der abendländischen Religionen hatten die spirituellen Ursachen von der Jetztzeit, vom jetzigen Leben getrennt. Man betrachtete es als etwas, was in einer fernen apostolischen Vergangenheit stattfand und in einem getrennten, transzendenten Himmel am Wirken war. Und Mary Baker Eddy vertrat überzeugt, klar und beharrlich die Auffassung: „Nein, Geist ist real — hier, wo wir uns befinden. Geist ist hier, die Welt ist geistig. Und wenn man geistige Dinge versteht, ergeben sich daraus Wirkungen in dieser Welt, und zwar wichtige Wirkungen.”

Und es gibt andere Einflüsse der Gegenwart und des 19. Jahrhunderts, die sich stark machen für geistige Kausalität. Ende des 19. Jahrhunderts war es zum Beispiel die Neubelebung der pfingstbewegung, aber dann später die Neo-Pfingstbewegung und Ende des 20. Jahrhunderts die charismatische Erweckungsbewegung, die sagten auch mit Bestimmtheit: „Ja, Geist ist real und erzeugt Ursachen und es gibt auch Heilungen.” Aber der wesentliche Unterschied, der Mary Baker Eddys Lehren einzigartig macht, besteht darin, dass diese anderen Einflüsse eher nichtintellektuell oder fast anti-intellektuell waren, d. h. völlig vom Gefühl getragen, weg vom rationalen Argument, weg von Deduktion und so weiter. Während das Heilen bei Christian Science von Gedanken getragen ist, intellektuell ist — es geht um Argumente, es ist in den Worten der Heiligen Schrift verwurzelt. Das ist offensichtlich ein Grund, warum Mary Baker Eddy das, was sie lehrte, Christian Science [Christliche Wissenschaft] nannte. Und das ist ein Grund, warum das so einzigartig ist, und das ist etwas, was wir schon vorfinden, wenn wir Ende des 20. Jahrhunderts wieder zur Spiritualität zurückkehren. Denn ich glaube, dass eine der problematischsten Folgen der Aufklärung und der Art, wie die Wissenschaft des Abendlandes sich darzustellen suchte, die Trennung des menschlichen Lebens ist in Vernunft einerseits — und Vernunft gehörte zur Wissenschaft — und Gefühl andererseits, das mit Kunst und Religion verbunden wurde und sonstigen als weniger wichtig angesehenen Bereichen. Und es war diese Beharrlichkeit, dass eben diese Dinge zusammengehören, die so außerordentlich war bei ihrer Entdeckung.


Eines der Probleme für Frauen, die eine wichtige Führungsrolle in der modernen Welt übernehmen wollen, ist das Gefühl, dass Frauen das vorher noch nie getan haben. Männer haben ja seit Jahrtausenden die Welt geleitet. Weshalb sollte sich das ändern? Was ist heute anders?

Wenn wir uns die Geschichte ansehen, dann stellen wir fest, dass Frauen in der Vergangenheit tatsächlich führend tätig gewesen sind. Das ist aber nicht dokumentiert worden. Wir stellen fest, dass die Menschen, die die Dokumente in der Hand hatten — die Personen, die beschlossen, welche Dokumente aufbewahrt wurden und welche nicht, welche Dokumente in Einrichtungen untergebracht werden sollten, damit künftige Generationen darüber informiert werden konnten — immer Männer waren. Und es waren die Dokumente von Männern, die man in dieser Hinsicht als wertvoll erachtete. Es ist also sehr schwierig herauszufinden, was Frauen eigentlich gemacht haben.

In der Entscheidung, Mary Baker Eddys Dokumente zum zentralen Punkt der Bibliothek zu machen, sehen wir einen enormen Schritt nach vorn dadurch, dass die Perspektive einer Frau — die Schriftstücke, Handlungen, Ideen und Inspirationen einer Frau — in den Mittelpunkt einer historischen Aufzeichnung gestellt werden. Ich kann mir nichts Wichtigeres vorstellen, was wir tun könnten im Hinblick auf die Zukunft von Führungspositionen von Frauen und bei der Erziehung und Bildung künftiger Generationen über die Rolle von Frauen in der Welt.

Mary Baker Eddy ist ein hervorragendes Beispiel für Frauen, die durch den Geist ermächtigt werden, das zu überwinden, was ihnen die Gesellschaft als sehr beschränkte Rolle der Frau vorgeschrieben hat. Mary Baker Eddy hat keine Beschränkungen für die Frau anerkannt. Sie ließ sich nicht begrenzen durch die gesellschaftlichen Erwartungen ihrer Zeit.

Es ist schon erstaunlich, welche Kontroverse sie seiner Zeit ausgelöst hat, und das ging auf Leute zurück, die ihre Ideen wirklich auf tiefe Weise als beunruhigend empfanden. Sie hatten das Gefühl, wenn solche Gedanken Fuß fassen — oh je, dann ändert sich ja alles! Und das war sehr beunruhigend für einige kirchliche Autoritäten, für Journalisten und alle möglichen Persönlichkeiten im öffentlichen Leben jener Zeit.

Ich bin tief beeindruckt von dem Mut der Christian Science Kirche, dass sie bereit ist Mary Baker Eddy mit denjenigen zu teilen, die nicht zur Kirche gehören. Es wird hier verstanden, dass sie niemandes Eigentum ist, sondern dass sie der ganzen Welt gehört. Und ihre Gedanken sind wichtig für die ganze Welt.


Der Unterschied zwischen Mrs. Eddy und anderen großen Frauen ihrer Zeit — ich denke da an Clara Barton, Catherine Beecher, Harriet Beecher Stowe, Elizabeth Cady Stanton — ist, dass ihre Ideen direkt in die Gegenwart hineinwirken. Sie gründete eine Bewegung, die heute noch existiert. Sie schrieb ein Buch, das heute noch gelesen wird, und zwar nicht nur aus historischem Interesse. Es wird gelesen, weil die Leute wissen, das sagt ihnen etwas. Das wandelt ihr Leben um, genauso wie es das Leben von Menschen im 19. Jahrhundert umwandelte, als sie es lasen.

Mary Baker Eddy kommt zu ihrer tranzendenten Wahrheit aus einer ganz spezifischen kulturellen Tradition, nämlich der protestantischen christlichen Tradition. Das heißt aber nicht, dass Menschen, die in anderen Kulturen leben oder anderen religiösen Traditionen folgen, in Wissenschaft und Gesundheit nichts finden würden, wo sie anhaken könnten. Nein, ganz im Gegenteil, Wissenschaft und Gesundheit ist eins der christlichen Bücher, die in total unterschiedlichen Kulturen gelesen werden und von bemerkenswerter Bedeutung sein können.

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