Irgendwann in den späten 80er Jahren wurde ich mir einiger eigentümlicher Gedächtnisprobleme bewusst, abgesehen davon, dass ich gelegentlich einen Namen vergaß oder etwas verlegte. 1991 suchte ich Hilfe bei einer Gedächtnisforschungsgruppe. Hier erhielt ich die niederdrückende Diagnose von frühem senilem Schwachsinn. Man meldete mich für eine Studie an, um den Wert eines chinesischen Kräuterpräparates zu testen.
Mein Gedächtnis verbesserte sich erheblich, aber im Verlauf der nächsten paar Jahre entwickelten sich quälende physische Probleme. Zuerst Rückenschmerzen und Muskelkrämpfe, dann kraftzehrende Schmerzen im Fuß, häufiges Fallen und Ischias, die schließlich alle auf den Verfall der Bandscheiben zurückgeführt wurden. Später kamen noch andere Krankheiten dazu, einschließlich Mitralklappenvorfall, Mucoviszidose, Leberbeschwerden, Arthritis, Diabetes und Schilddrüsenüberfunktion.
Von Schmerz und Müdigkeit geplagt zog ich mich allmählich von fast allen außerhäuslichen Aktivitäten zurück. Ich besuchte noch meine Episkopalkirche, wo ich Mitglied im Kirchenvorstand war. Es gab jedoch Zeiten, wo ich mitten im Gottesdienst wegen der physischen Schwierigkeiten gehen musste. Mein Leben verwandelte sich in einen Kreislauf von Pillenschlucken und Besuchen bei Spezialisten.
Wenn eine medizinische Behandlung die Symptome einer Krankheit reduzierte, dann tauchten andere auf. Da ich auf diesem Abwärtskurs nicht weitermachen wollte, erforschte ich andere Heilungsformen. Im August 1993 fand ich einen Mediziner, der mich durch Homöopathie, Ayurveda, Ernährung und Yoga behandeln konnte. In dieser Zeit erhielt ich eine Form therapeutischer Muskelmanipulation und physische Therapie.
Ich hörte auf rezeptpflichtige Medikamente zu nehmen, änderte meine Diät und bewegte mich. Ich nahm homöopathische Mittel und Vitamine. Bald fühlte ich mich besser und führte ein normales Leben. Aber nach einer Weile tauchten neue Probleme auf, die zusätzliche Mittel erforderlich machten. Wieder musste ich Pillen schlucken. Es war sogar so, dass ich, als ich zu Beginn einer einmonatigen Reise nach Mexiko durch den Zoll musste, so viele Pillen und Kügelchen bei mir hatte, dass ich aufgehalten wurde, während die Beamten und Drogenhunde alles durchsuchten. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Jede Ecke meines Gepäcks war mit Pillen vollgestopft.
Am schlimmsten aber war, dass das Gedächtnisproblem jetzt stärker als je zuvor wiederkehrte. Dieses Mal war die Diagnose Alzheimer Krankheit. Tests zeigten einen Blutfaktor, der mit einigen Fällen von Alzheimer in Verbindung gebracht wird. Meine Familiengeschichte wies außerdem Fälle von Gedächtnisverlust und Senilität auf, was die Sorge einer genetischen Übertragung aufbrachte.
Im Juli 1996 erhielt ich die stärkste erlaubte Dosis Tacrin, das damals medizinisch der letzte Ausweg war. Tacrin war kein Allheilmittel. Studien hatten ergeben, dass seine Effektivität nur kurzzeitig ist und dass, wenn man damit aufhört, dies zu beschleunigtem, unaufhaltsamem Abstieg in den Schwachsinn führt.
Die Monate nach dieser neuen Diagnose waren eine Zeit völliger Verzweiflung. Und doch gab es auch Segnungen, die Gegenwart meines liebenden Ehemannes an erster Stelle. Extrem wichtig waren auch die Koordinatoren und Mitglieder einer Selbsthilfegruppe für Alzheimer Patienten. Die Gruppenleiter waren so geduldig, fürsorglich und hilfsbereit. Und es war eine Erleichterung aus der Isolation und in der Gesellschaft anderer zu sein, die auch Alzheimer im mittleren Stadium hatten. Wir verstanden, wenn der andere Gedächtnislücken hatte, wenn wir uns auch nicht die Namen der anderen merken konnten. Wir weinten und lachten miteinander und hatten eine wunderbare Zeit. Dies ereignete sich sonst nicht mehr oft in meinem Leben.
Eine Frau in unserer Gruppe schien weniger verzweifelt als der Rest von uns, obwohl sie vielleicht das älteste Gruppenmitglied war. Auf jeden Fall war sie die glamouröseste von uns allen. Sie trug immer tolle Seiden und Crepe de Chine mit Schals und glitzernden Juwelen. Ihr gehörte früher eine Boutique in Miami Beach und sie hatte den Badeanzug entworfen, den Betty Grable auf ihrem berühmten Pin-up Foto trug.
Eines Tages fragte ich sie, wie sie es schaffte, angesichts solchen Unglücks so ruhig zu bleiben. „Als ich jung war,” antwortete sie mir, „gab mir meine Mutter ein Buch von Mary Baker Eddy und dieses Buch ist mein Felsen. Das hält mich aufrecht.” Ich kannte den Namen von Mary Baker Eddy und ich wusste von Christian Science Praktikern, dass sie durch Gebet heilen können sollten. Aber ich zögerte bei dem Gedanken, mit einem Praktiker zu sprechen. Viele Ängste spielten da mit.
Dann besuchte ich meinen Onkel in St. Petersburg, Florida. Eines Tages als ich an einem Christian Science Leseraum vorbeiging, sah ich im Schaufenster eine Broschüre über Selbstmord. Spontan ging ich hinein und bat um ein Exemplar der Broschüre, „um sie einer Freundin zu geben”. Ich wollte nicht sagen, dass ich Selbstmordgedanken hatte, aber einige Wochen zuvor war ich einem Selbstmord schon gefährlich nahe gekommen. Der Pastor meiner Kirche hatte mir durch diese Krise geholfen. Ich hatte mir versprochen, diese Möglichkeit nie wieder zu erwägen. Aber weil ich nicht willig war, der Krankheit ihren vorhergesagten langsamen Verlauf zu lassen, blieb der Gedanke an Selbstmord.
Ich erwähnte gegenüber der Leseraumbibliothekarin, dass ich unter Alzheimer litt. Sie schlug vor, ich sollte einen Leseraum besuchen, wenn ich wieder in New York wäre. Nachdem ich zurückgekehrt war, zögerte ich immer noch. Neben der Furcht vor der Krankheit wirbelte noch Furcht vor Christian Science in meinen Gedanken herum: Vielleicht würde der Praktiker mich ablehnen. Würde Gott mir vergeben, dass ich meine Kirche verlassen hatte? Christian Science klang von außen ganz okay, aber was wäre, wenn sie vielleicht Zauberei und Abhängigkeit von einer Person beinhaltete? Oder was wäre, wenn Gott wirklich wollte, dass ich jetzt sterbe. Sollte ich dann Seinem Willen länger widerstehen? Sollte ich tun, was andere vorgeschlagen hatten und mein Leiden Gott als Opfer darbringen? Und selbst wenn ich in einen Leseraum ginge, würde ich irgendwas von dem, was man mir erzählte, behalten?
Nicht lange danach wurden die Nebenwirkungen des neuen Medikaments fast unerträglich. Ich reduzierte die Dosis, versuchte weiter Nutzen daraus zu ziehen und gleichzeitig die Nebenwirkungen zu reduzieren. Ich glaubte nicht mehr daran, dass es noch eine Überlebenschance gab. Ich betete von ganzem Herzen und bat Gott, mir und meiner Familie das letzte Stadium dieser Krankheit zu ersparen. Ich hoffte, dass eine plötzliche Krankheit oder ein Unfall mich „hinwegnehmen würde”.
Der nächste Besuch bei meinem Arzt brachte eine weitere Komplikation zutage, eine Blutinfektion. Der Arzt war ein mitfühlender Mann, der wusste, wie ich mich fühlte. Er hatte seine eigene Mutter durch Alzheimer verloren. Ich dachte ein, zwei Tage nach und kam zu dem Schluss, dass diese neue Diagnose ein Geschenk Gottes war. Ich lehnte weitere Behandlung ab.
Endlich konnte ich einen Plan machen. Ich würde die Medizin, die ich hatte, aufbrauchen und dann einfach hoffen, dass das zusammenwirken meiner Krankheiten meinem Leben schnell ein Ende setzen würde. Und ich würde bei einem Christian Science Leseraum in Manhattan vorbeigehen und fragen, ob sie mir helfen könnten. Was konnte ich schon verlieren? Nun, vielleicht das ewige Leben, aber ich beschloss, es zu riskieren. Vielleicht würde Gott es verstehen.
Am nächsten Tag fragte ich die Leiter meiner Selbsthilfegruppe, was sie von meinem Plan hielten. Sie empfahlen mir, nicht alle Brücken abzubrechen und mir die Türen zur Medizin offen zu halten. Aber sie fanden, es könne nicht schaden, den Leseraum zu besuchen.
Ich ging zum Leseraum in der 62. Straße in Manhattan und beschrieb der Leseraumangestellten mein Problem. Ohne Zögern sagte sie mir, dass Christian Science mir helfen könnte. Sie gab mir eine Ausgabe des Christian Science Journal und zeigte mir das Verzeichnis der Praktiker. Sie wollte mir keinen empfehlen, erwähnte aber verschiedene in unserem Gebiet. Ich machte mir Notizen, denn die Dinge hatten die Angewohnheit, in mein Gedächtnis hinein- und wieder herauszugehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Sie schlug mir vor zu beten, um zu wissen, welchen ich anrufen sollte.
Am nächsten Tag, das war der 26. Januar 1998, hatte ich eine Verabredung mit einem Praktiker. Er hörte geduldig zu und versicherte mir, dass Gottes Wille für mich ist, zu leben und nicht zu sterben.
Ich betete weiter und fühlte mich geleitet, eine andere Praktikerin anzurufen. Sie baute auf der Grundlage dessen auf, was der erste Praktiker vorbereitet hatte. Ich empfand großen Frieden, während wir sprachen. Ich weiß nicht mehr genau, was sie sagte, aber ich weiß, ich verstand es. Es war ganz einfach und ich nahm es auf, weil meine Erfahrungen mich wie ein Kind gemacht hatten — hilflos und abhängig vom Wahren, Guten und Nährenden.
„Verlassen Sie sich auf Gott,” sagte sie mir, „Er wird Sie unterstützen.” Ich verließ sie mit einigen Passagen aus Wissenschaft und Gesundheit, die ich nachschlagen sollte. Glücklicherweise hatte ich das Buch zu Hause, eine Ausgabe, die ich vor Jahrzehnten aus Neugier aus einem Antiquariat mitgenommen hatte. Ich hatte damals ein wenig darin gelesen, aber es nicht wirklich verstanden. Nach einem Monat hatte ich die Zitate oft gelesen und so vertrauensvoll gebetet, wie ich konnte. Ich verfuhr nach meinem Plan und hatte völlig aufgehört, Medikamente zu nehmen. Ich versuchte zu glauben und zu verstehen, was die Praktikerin mir über meine geistige Natur und meine unauflösliche Beziehung zu Gott beigebracht hatte. Ich verließ mich auf Gott, so gut ich konnte.
Ich benutzte die letzte Medizin etwa am 25. Februar und ging kurz danach zurück zum Büro der Praktikerin. Ich war etwas überrascht, als ich merkte, dass ich mir immer noch bewusst war, wer ich war und dass ich fähig war, mich zurechtzufinden. Der vorhergesagte plötzliche mentale Verfall war nicht eingetreten, als ich aufhörte, die Medikamente zu benutzen. Wir sprachen und dann fragte sie mich, ob ich möchte, dass sie betet. Das wollte ich ganz sicherlich und wartete gespannt auf ihre Worte.
Sie schloss ihre Augen und neigte ihren Kopf — und sagte absolut nichts. Ich wunderte mich, was passierte. Vielleicht sammelte sie ihre Gedanken vor dem Beten. Es war eine sehr lange Stille. Schließlich ahnte ich, dass sie still betete. Das erschien mir sehr komisch. Was konnte sie sagen im Gebet? Endlich öffnete sie ihre Augen und lächelte.
Nach wenigen weiteren Worten war unsere Unterredung beendet. Das war alles. So einfach war das. Kein Händeauflegen, kein Hokuspokus, nichts Mysteriöses, nur friedliche Unterhaltung und stilles Gebet.
„Lassen Sie mich wissen, wie es Ihnen geht,” sagte sie, als ich ging. „Resultate sind garantiert.”
Was für außergewöhnliche Worte. „Resultate sind garantiert.” Als ich die Straße entlangging, klangen sie in meinen Gedanken nach. Konnten ihre Worte wahr sein? Konnte es wirklich möglich sein, dass ich wieder gesund werden würde?
Ich glaube, ich hab kein Auge zugetan in dieser Nacht. Ich war glücklicher als je zuvor. Es war mir egal, ob ich geheilt würde oder nicht, weil da dieses hell scheinende reine Licht war, das mir sagte, Gott ist gut. Ich begriff, dass Gott alles ist, was wir uns wünschen können und viel mehr, so viel mehr. Ich verstand, dass Gott wirklich Liebe ist. Ich verstand, dass sich die Sterne, die Planeten, das Universum in einer großen friedlichen Ordnung bewegen, sich in der Liebe bewegen. Ich wusste, dass ich ein Teil davon bin. Ich wusste, dass jeder, der je gelebt hat, in dieser Liebe lebt und es immer wird. Und weil Er solche reine Liebe gibt und niemals Böses sendet, sondern Seine Schöpfung immer sicher hält, war es mir möglich, Gott zum ersten Mal in meinem Leben völlig und inbrünstig zu lieben.
Die nächsten Wochen über ging das Leben weiter wie sonst. Ich nahm keine weiteren Medikamente. Ich fiel nicht in den Abgrund des Schwachsinns. Ich dachte nicht über die Blutinfektion nach, die ich haben sollte, aber ich nahm an meiner wöchentlichen Alzheimer Selbsthilfegruppe teil. Ich stellt fest, dass ich mir bewusst war, welche Mitglieder fehlten; und ich erinnerte auch Dinge von vorangegangenen Treffen. Einmal, als einer unserer Gruppenleiter nach dem richtigen Wort suchte, um etwas zu erklären, ergänzte ich das Wort. Ich bemerkte, wie sich die beiden Gruppenleiter überrascht ansahen. Ich war selbst überrascht.
In der nächsten Woche fragten mich die Gruppenleiter, ob ich neu eingeschätzt werden wollte. Ich stimmte zu und hatte das Gefühl, dass ich gut abschneiden würde. Am 30. März — zwei Monate nach meinem Besuch bei dem ersten Christian Science Praktiker — traf ich mich mit einem Arzt des New York Presbyterian Hospital. Er machte mit mir eine Reihe von Tests ähnlich wie die, die ich in den letzten Jahren gemacht hatte, Tests, die ich manchmal so frustrierend fand, dass ich über meine Unfähigkeit weinte. Diesmal jedoch schwebte ich nur so hindurch und genoss die Herausforderung.
Der Arzt war fast genauso glücklich mit den Ergebnissen wie ich. Er sagte, ich hätte es sehr gut gemacht und dass er mir einige Tests gegeben hatte, die man Personen in meinem Alter normalerweise nicht geben würde. Bei diesen Tests, so sagte er, hatte ich besser abgeschnitten als ein durchschnittlicher Siebenundzwanzigjähriger. Er sagte, er hätte noch nie zuvor eine Diagnose von Alzheimer revidiert.
Der Arzt und ich erzählten meinem Mann die Neuigkeit, dass er seine Diagnose revidiert hatte. Nur dreimal in unserer vierzigjährigen Ehe hatte ich Tränen in seinen Augen gesehen. Aber diesmal waren es Tränen der Freude.
Seit diesem Tag bin ich viele Male in den Leseraum gegangen, um zu lesen und zu lernen. Ich begann auch damit, die Gottesdienste einer Christian Science Kirche zu besuchen. Ich fand die Mittwochszeugnisversammlungen besonders hilfreich, weil Leute von ihren Heilungen und Wegen zur Spiritualität berichteten. All dies war ungeheuer unterstützend und ermutigend, während ich eine vollkommen neue und erstaunliche Sicht der Realität gewann — einer Realität, in der das geistige Dasein wirklich und greifbar ist. Ich weiß jetzt, das Wichtigste, was ich tun kann, ist mehr zu lernen über das Heilen durch Gebet und zu verstehen, wie ich andern Menschen helfen kann, sich aus Leiden zu erheben. Ich habe eine heilende Kraft erlebt, die in Reichweite eines jeden ist, der sie mit ehrlichem Herzen sucht.
Im Jahr 2000 trat ich der Kirche bei, die den Leseraum betreibt, den ich als erstes in New York City besucht hatte. Letztes Jahr habe ich Klassenunterricht in Christian Science Heilen genommen und bin Mitglied der Mutterkirche in Boston geworden. Meine einzige Medizin ist jetzt die Wahrheit, die ich in der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit gefunden habe und ich bin völlig frei von den vielen Gebrechen, die mich gequält hatten. Keine der Ängste, die ich in Bezug auf Christian Science hatte, haben sich bestätigt, dafür sind mir große Segnungen zuteil geworden.
