Eine kurze, von Mary Baker Eddy geschriebene, alltägliche Mitteilung sieht vielleicht nicht gerade wie ein wertvolles Dokument aus. Doch zusammen mit anderen Dokumenten können selbst drei Sätze einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Eddys Leben und Gedanken oder gar der amerikanischen Geschichte leisten.
Die reichhaltige Sammlung der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit enthält kilometerlange Regale mit Dokumenten, 9000 Artefakten, Kunstgegenständen und etwa 9000 Fotografien, die zu dem Gedankengut, Leben und Vermächtnis von Mary Baker Bezug haben. Viele dieser Gegenstände und Schriftstücke sind schon an sich interessant, doch als Ganzes haben sie uns noch viel mehr zu bieten. Sie geben uns nicht nur Auskunft über M. B. Eddy und über den Werdegang der Christian Science Bewegung und der Publikationen wie den Christian Science Monitor, sondern auch über die Gedankenwelt und die Menschen von vor hundert Jahren.
Als die Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit im September 2002 ihre Pforten öffnete, wurde ihre umfangreiche Dokumentensammlung zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit und Interessenten und Fachleuten unterschiedlicher Wissensgebiete und von überall her zugänglich. Die Datenbank der Bibliothek gestattet in Form von Digitalfotos und Scans den Zugriff auf wertvolle und leicht zerbrechliche Gegenstände. Die vielen von Eddy verfassten oder an sie gerichteten Briefe, Artikel und Dokumente wurden eingescannt und sind jetzt als Abschriften zugreifbar. In dieser Datenbank können Rechercheure nach bestimmten Wörtern oder Namen in den Manuskripten und Briefen forschen, was für alle die eine große Hilfe sein wird, die sich sonst in Originalquellen mühsam Aufschluss über obskure Hinweise verschaffen müssten.
Der auf der gegenüberliegenden Seite abgebildete Brief, den wir im Juni 2000 als Schenkung erhielten, war bis dahin so gut wie unbekannt. Die Bibliothek konnte ihm jedoch durch Erwerb, Konservierung und Recherchierarbeit seinen Platz in der Geschichte zuweisen. Diese einfache 1884 von Mary Baker Eddy geschriebene Mitteilung, die nur aus drei Sätzen besteht, veranschaulicht die Zielsetzung der Bibliothek, nämlich das Gedankengut zu verbreiten. Der folgende Aufsatz beschreibt, wie diese kurze Mitteilung in die Sammlung eingebracht wurde und nun von hier aus aller Welt zugänglich ist.
In einer Sammlung von Manuskripten und Artefakten, von denen viele über hundert Jahre alt sind, ist die Konservierung von entscheidender Bedeutung. Dieser eingerahmte Brief war auf normaler säurehaltiger Pappe befestigt. Da die Säure in den Brief eindringen kann und ihn langsam zerstören würde, wurde er von den Konservatoren der Bibliothek behutsam von seiner Unterlage gelöst. Jetzt wird der Brief im Magazin der Bibliothek, wo Temperatur und Luftfeuchtigkeit reguliert werden, in einem säurefreien Plastikumschlag und Karton aufgehoben, damit er für die Zukunft erhalten bleibt.
Nach Eingang des Briefes in Boston wurde er wie alle anderen Schenkungen in der Bibliothek registriert und mit einer provisorischen Nummer versehen. Dann wurde dem Schenkungsgeber eine Schenkungsurkunde zugeschickt. Mit dem Versand dieser Urkunde war die Schenkung offiziell. Danach wurde der Brief eingescannt, auf eine CD gebrannt und in die Datenbank eingegeben. Wie schon erwähnt, wird das Original im Magazin der Bibliothek sicher aufgehoben.
Das Katalogisieren ist ein wichtiger Schritt beim Registrieren und dadurch bekommt jedes Dokument in der Sammlung einen Aufbewahrungsplatz zugewiesen, wo es seinem Inhalt gemäß hingehört. Als offizielle Schenkung erhielt dieser Brief die Nummer L18186. Das L bedeutet, dass es sich um einen von Mary Baker Eddy geschriebenen Brief handelt. (Andere Dokumente, wie etwa Manuskripte, Artikel und Ansprachen von Eddy, erhalten den Buchstaben A, der für Artikel steht.) Die Nummer 18186 ist die laufende Nummer und war die nächste freie Nummer für Briefe in der Sammlung. Die meisten an Eddy gerichteten Briefe werden unter dem Namen des Schreibers katalogisiert.
Abschriften von Mary Baker Eddys Manuskripten und Briefen sind seit Anfang des vorigen Jahrhunderts angefertigt worden, um die Buchführung zu vereinfachen und den Lesern die Arbeit zu erleichtern. Das Anfertigen von Abschriften ist eine Kunst und eine Wissenschaft für sich, denn langjährige Erfahrung ist nötig, um einen Originaltext prüfen und eine unleserliche Handschrift entziffern zu können. Trotz ihrer Ausbildung und ihrer Vertrautheit mit Mary Baker Eddys Handschrift und Prosastil haben die damit beschäftigten Mitarbeiter keine leichte Arbeit. Leser von früheren Artikeln werden sich sicher an die schwer zu entziffernden Dokumente erinnern, die in vorangegangenen Artikeln in dieser Serie enthalten waren, wie etwa Notizen, Briefe, Abänderungen von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift und Entwürfe für Ansprachen und Predigten, die von Eddy in Eile niedergeschrieben oder von ihr stark abgeändert wurden. Davon Abschriften herzustellen ist in der Regel eine mühsame Aufgabe.
Accession: L18186
Object Term: LETTER
Date Created: 1884/05/10
Author: MARY BAKER EDDY
Recipient: EMMA S. COURSEN
Boston, May 10, 1884
Mrs Coursen
Dear Madam
You will find my notice in the Morning Inter Ocean of May 10th My class was arranged for Milwaukee but I was expecting it to be at Chicago hence the short notice to procure numbers Hope to have several through your kindness
Very truly
Was das Dokument L18186 betrifft, so wurde das unleserliche Wort schnell entziffert. Anhand der umfangreichen Dokumentensammlung der Bibliothek kam man zu dem Schluss, dass der Brief an Mrs. Emma Coursen gerichtet war und von der Schülerzahl in Chicago sprach.
Nach Fertigstellung der Abschrift und des Digitalbildes von dem Originaldokument wurden beide der Datenbank der Bibliothek eingegeben, die alle von Mary Baker Eddy selbst oder in ihrem Namen verfassten Dokumente enthält. Die Datenbank gestattet Besuchern der Bibliothek raschen Zugriff auf den vollen Text tausender von Dokumenten. Auf die Datei kann nur in der Bibliothek zugegriffen werden, doch die Internetseite der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit (www.marybakereddylibrary.org) wird von Zeit zu Zeit Auszüge aus der Datei bringen.
Besucher der Bibliothek werden natürlich fragen: „Wovon spricht Mary Baker Eddy hier und wer ist Mrs. Coursen?” Nach einigem Recherchieren können die Fragen über den Sinn des Briefes und seinen Zusammenhang beantwortet werden, wobei die umfangreiche Sammlung der Bibliothek, die Hilfsmittel beim Recherchieren sowie Bibliothekare und Fachrechercheure zur Verfügung stehen.
Zum Beispiel enthält Mary Baker Eddys Korrespondenz — eingegangene Briefe sind in einer Datei enthalten, die unter dem Namen „Chestnut Hill file” läuft — weitere Briefe, die zwischen Eddy und Coursen ausgetauscht wurden. Ferner enthält diese Datei Briefe, die Eddy von anderen Schülern und Christlichen Wissenschaftlern erhielt und in denen Emma Coursen und Eddys Besuch in Chicago und ihre dortige Unterrichtsklasse erwähnt werden, woraus sich der geschichtliche Zusammenhang ergibt. Eddys Notizbücher geben auch Auskunft darüber, dass Emma Coursen 1884 an der Unterrichtsklasse in Chicago teilnahm. Die Erinnerungen verschiedener Personen vermitteln weitere Einzelheiten über Eddys Unterricht, den sie in Chicago im spirituellen Heilen erteilte (und an dem Coursen teilnahm). Schließlich gestattet uns die Sammlung historischer Fotos in der Bibliothek auch einen Blick auf das (nicht mehr stehende) Gebäude, in dem der Unterricht stattfand.
