Sind Sie heute morgen mit Schwung aus dem Bett gesprungen, gespannt auf das, was dieser Tag Neues bringen wird? Oder haben Sie sich fünfmal umgedreht, um den Wecker noch mal ein paar Minuten weiterzudrehen? Missmutig darüber, dass der Herbst – kühl und unfreundlich – schon bald dem Winter wieder Platz machen muss oder dass ein Haufen Arbeit auf Sie wartet? Oder haben Sie sich beim Erwachen wieder an unschöne Dinge erinnert, die während des Schlafes im Traum versunken waren?
In diesem Zusammenhang sind meine Kinder mir ein großes Vorbild. Egal welches Wetter draußen auf sie wartet, egal wie gut oder schlecht die Nacht war, egal was gestern war oder heute sein wird, sie schlagen die Augen auf und sind sofort bereit, den Tag mit allem Leben zu füllen und das Gute darin zu entdecken. Sie wachen auf und sind sofort wirklich hellwach. Sie belasten sich nicht mit Gedanken „Oh je, die Nacht war viel zu kurz, jetzt bin ich den ganzen Tag müde” oder „Ich habe so schlecht geträumt, das verfolgt mich jetzt bestimmt den ganzen Tag”. Nein, was gestern war, ist vergangen und heute kann alles neu entdeckt und erlebt werden.
Auch ein Monat wie November, der manche Menschen an so viel Graues und Dunkles erinnert, kann an ihrer Lebensfreude nichts ändern. Und manchmal regen meine Kinder mich an, die kindlichen Qualitäten in mir wieder mehr und mehr zu entdecken und dann auch zu leben. Was sind das für Eigenschaften, die auch wir Erwachsene in uns tragen? Freudige Erwartung an den Tag, unabhängig von Wetter, nächtlichen Eindrücken, Schlafpensum. Vergeben können, ja besser noch, vergessen von unguten Ereignissen und Erfahrungen mit anderen Menschen.
Was ich damit meine? Begleiten Sie mich in Gedanken einfach auf einen Kinderspielplatz. Mir ist klar, dass Sie alle solche Spielplätze kennen, trotzdem möchte ich mal näher hinsehen, um von hier aus Größeres zu bedenken. Viele Kinder in allen Altersklassen kommen dort zusammen, um sich auszutoben. Viele bringen ihr Lieblingsspielzeug mit, um es zu zeigen und auszuprobieren. Aber nicht nur das Testen des neuesten Spielzeuges ist interessant, sondern vielmehr auch das Erproben von Beziehungen zu anderen Kindern. Nicht selten kommt es zu Interessenkonflikten, die oft auch mit lautem Geschrei und Weinen ausgetragen werden.
Sind die Schauplätze der Erwachsenen eigentlich anders? Tragen wir unsere Konflikte tatsächlich „erwachsener” aus? Manchmal vielleicht, aber wenn wir ganz ehrlich sind, können wir doch diese und jene Parallele entdecken. Ob am Arbeitsplatz mit den Kollegen und Vorgesetzten oder zu Hause in der Familie, im Sportverein, mit den Nachbarn, oder noch viel größer betrachtet, in internationalen Beziehungen.
Schauen wir uns nun mal an, was aus den Konfliktherden bei den kindern wird. Sie tragen ihre Streitigkeiten in unterschiedlicher Form aus und dann, in der nächsten Minute, spielen sie einträchtig und freundschaftlich miteinander. Böse Worte, Weinen oder auch Handgreiflichkeiten sind vergessen und es herrscht wieder Friede.
Wie gehen wir Erwachsenen in Krisensituationen miteinander um? Haben wir tatsächlich vergessen, was die Kollegin, der Nachbar oder ein Freund einmal Falsches oder Verletzendes gesagt oder getan haben? Und wenn wir es schon nicht vergessen haben, versuchen wir es zu vergeben? Hier, denke ich, ist wieder eine Qualität, die sich lohnt erneut zu entdecken und in unserer „Erwachsenen-Welt” auch zu praktizieren und somit für mehr Frieden in unseren Erlebniskreisen zu sorgen. Was meinen Sie: Lohnt es sich darüber nachzudenken? Und somit unsere Welt mitzugestalten und Vorbild zu sein für andere, die vielleicht noch in altem Denken gefangen sind? Tatsache ist, dass unser Denken und Verhalten Kreise zieht, dessen Reichweite wir oft gar nicht abschätzen können. Mehr darüber in dieser Ausgabe.