Nachdruck aus dem Christian Science Sentinel.
Vor einigen Monaten beherrschte ein Ereignis für kurze Zeit die Schlagzeilen in South Carolina, USA. Eltern bekommen dabei immer noch eine Gänsehaut. Ein zwanzig Monate altes Kind ertrank tragischerweise im Familienpool. Auch heroische Bemühungen konnten das kleine Mädchen nicht wieder zum Leben erwecken.
Dann nimmt die Geschichte eine erstaunliche Wendung von herzzerreißend zu herzerwärmend. Etwa 40 Minuten nachdem die Kleine für tot erklärt wurde, fotografiert sie ein polizeilicher Ermittler im Krankenhaus. Er bemerkt, dass ihre Brust sich bewegt. Sie atmet! Ihre Behandlung wird sofort wieder aufgenommen. Die jüngsten Einschätzungen sind vorsichtig, aber optimistisch. Ein Sprecher, der zitiert wurde, hat Folgendes gesagt: „Tests zeigten, dass [das Kind] keine schweren Abnormitäten am Gehirn hat." (Los Angeles Times, 12. November 2003, S. B4)
Ich lese das und stelle mir vor, wie die Familie des Kindes zuerst total hoffnungslos ist und dann wieder voller Hoffnung. Und ich komme auf eine Frage zurück, die mich in den letzten Jahren beschäftigt hat: Kann Heilung geschehen, wenn man keine Hoffnung hat? Oder vielleicht sollte ich es anders formulieren: Wie kann Heilung stattfinden, wenn man keine Hoffnung hat? Hoffnung ist solch ein lebenswichtiger Bestandteil in so vielen Heilungen, solch eine machtvolle Hilfe. Wieder und wieder eröffnet sie einer Person immense spirituelle Ressourcen, die schon da sind, um zu erneuern und zu heilen. Aber habe ich — vielleicht naiverweise — angenommen, dass Hoffnung eine notwendige Bedingung ist, damit Heilung stattfindet?
Ich gehe zurück zu einer Geschichte von vor langer Zeit, in der es nicht um nur ein Kind, sondern ein ganzes Boot voll möglicher Opfer geht. Sie wird im Neuen Testament in der Apostelgeschichte erzählt. Paulus, der zu dieser Zeit Gefangener war, ist einer von vielen, die per Boot nach Italien transportiert werden. Das Wetter ist schlecht. Entgegen dem Ratschlag von Paulus fahren sie trotzdem weiter. An einer Stelle sagt die Bibel:„Da aber viele Tage weder Sonne noch Sterne schienen und ein gewaltiges Ungewitter uns bedrängte, war all unsre Hoffnung auf Rettung dahin" (Apg 27:20).
Alle Hoffnung dahin. Schließlich verlieren sie das Schiff und die Fracht. Aber alle Leute an Bord überleben.
Hier ist also eine Episode ohne Hoffnung, aber nicht ohne Heilung. Tatsächlich fließt die Erzählung über von Heilung, Befreiung und Versöhnung. Ich frage mich, ob ich die Wichtigkeit von Hoffnung überbewerte? Oder ist es gerade umgekehrt? Unterschätze ich tatsächlich ihre Robustheit und Unzerstörbarkeit? Vielleicht ist es leicht, eine Szene zu missdeuten, anzunehmen, dass Hoffnung verloren ist, während sie in Wahrheit eine unsichtbare Gegenwart bleibt, egal was passiert.
Ein Freund sagte mal zu mir: „Du könntest die Zahl 6 auf ein Stück Papier schreiben und das Stück Papier dann zerstören, es wegwerfen oder verbrennen. Aber du hast damit nicht die 6 zerstört. Sie ist immer noch intakt. Sie ist so nah, so gegenwärtig wie dein Gedanke daran."
Ist Hoffnung auch ein bisschen so — Hoffnung, immer da, auch wenn die Ereignisse sie angeblich ausgelöscht haben? Wissenschaft und Gesundheit bietet diese Einsicht: „Wie eine Wolke die Sonne verbirgt, die sie nicht auslöschen kann, so bringt der falsche Glaube die Stimme der unwandelbaren Harmonie wohl eine Weile zum Schweigen, aber der falsche Glaube kann die Wissenschaft, die mit Glauben, Hoffnung und Erfüllung ausgerüstet ist, nicht zerstören" (S. 298).
Diese Worte klingen in mir wie ein Echo: „Wissenschaft, die mit Glauben, Hoffnung und Erfüllung ausgerüstet ist." Ich überlege, wenn jemand in einer Krise stecken würde, in der er oder sie keine Hoffnung sieht, dann wäre die Wissenschaft — Gottes Gesetz — genau dort gegenwärtig. Und dieses Gesetz ist immer mit Hoffnung ausgerüstet. Hoffnung befindet sich im Arsenal der Wissenschaft. Ebenso Glauben und Erfüllung. Glauben und Hoffnung, die permanente Begleiter von Gottes Gesetz sind, führen zu etwas Wunderbarem. Zu Heilung in all ihren vielfältigen Formen.
Ich habe das Gefühl, meine Frage ist beantwortet und hat sich gleichzeitig geändert. Ja, Heilung findet andauernd statt, ohne Hoffnung. Aber natürlich gibt es in Wirklichkeit gar nicht so etwas wie „ohne Hoffnung".