Ostern — welche Verheißung hält dieses Fest für uns bereit! Es ist das Fest der Auferstehung, der Befreiung. Es trägt die Überwindung von Begrenzungen, von Traurigkeit, von Verlust in sich. Wir finden Jesus, den Christus, nicht in der Vergänglichkeit oder Endlichkeit, sondern im Ausdruck seiner geistigen, ewig gegenwärtigen Identität.
Nach der Kreuzigung Jesu glaubten die Jünger zunächst an das Ende ihrer Mission. Sie befürchteten, daß ihre Arbeit der vergangenen Jahre vergeblich gewesen wäre. Sie zogen sich zurück und große Furcht vor der Zukunft umfing sie. Sie fühlten sich verlassen, weil sie noch allzu deutlich die körperliche Gegenwart Jesu vor Augen hatten. Sie waren noch ganz gefangen, denn für sie sah es so aus, als hätte Gottes Macht versagt. Sie konnten Jesus nicht finden, „denn sie verstanden die Schrift noch nicht“ (Johannes 20).
Auch Maria suchte Jesus im Grab (dem Inbegriff für Begrenzung, Ende) und fand ihn dort nicht. Aber sie erblickte die Engel, die ihr zeigten, wo sie Jesus finden könnte. Jesus stand schon hinter ihr, doch sie erkannte ihn nicht und meinte, es wäre der Gärtner. Sie weinte voll Traurigkeit und ihr verschleierter Blick konnte ihn nicht wahrnehmen. Noch hatte sie den Gedanken an Verlust nicht Überwunden. Dann spricht Jesus sie an und nennt sie beim Namen: Maria!
Jemanden beim Namen zu nennen bedeutet, die ihm von Gott gegebene Identität und Herrschaft anzusprechen, wie sie im ersten Schöpfungsbericht dargelegt ist. Es waren nicht die materiellen Sinne, durch die Maria Jesus erkannte, sondern der Christus teilte sich ihr mir. Sie wandte sich um, d. h., sie verließ die falsche Richtung ihrer Anschauung über Leben und Tod. Sie erkannte Jesus als den Christus, der mit seiner heilenden Botschaft immer gegenwärtig ist. Diese Botschaft führt vom irrigen Glauben weg und lässt die Vollkommenheit sichtbar werden.
Das Verständnis dieser Begebenheit zu Ostern hebt uns über alles körperliche und endliche Denken hinaus. Wir können dann die Nähe des Trösters fühlen und aller Kummer wird in Freude verwandelt. Jeder kann sich in der Rolle der Maria sehen und selbst die Stufen zum Erkennen der Wahrheit über den Menschen erklimmen. Jesus sagte zu Maria: „Rühre mich nicht an!“ Die Berührung des Christus ist kein materielles Erlebnis, sondern es ist das erfüllende Bewusstsein der beständigen Gegenwart Gottes und Seiner Widerspiegelung. Dieses Bewusstsein eröffnet sich nur durch den geistigen Sinn. Mary Baker Eddy sagte zu der damaligen allgemeinen Einschätzung der Kreuzigung Jesu, wie sie in der Bibel beschrieben wird: „Dieser Materialismus verlor den wahren Jesus aus den Augen; aber die treue Maria sah ihn, und mehr als je zuvor zeigte er ihr die wahre Idee von Leben und Substanz“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 314).
Mit der Auferstehung wird der Begriff von Endlichkeit aufgelöst. Der vermeintliche Tod findet nicht statt. Es zeigt sich, daß Leben ohne Anfang und Ende ist. Für die Jünger Jesu war dies der Wendepunkt in ihrer Arbeit. Furcht, Zweifel, Resignation und vor allem Selbstgerechtigkeit verschwanden, als Jesus sie fragte: „‚Warum kommen solche Gedanken in euer Herz?' Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodass sie die Schrift verstanden“ (Lukas 24).
Drei Tage nach seiner Kreuzigung, die die Welt als Tod auffasste, zeigte sich Jesu seinen Jüngem und bewies, daß der Tod keine Macht hat. Den dritten Tag der Auferstehung könnte man auch als Echo des dritten Tages der Schöpfung auffassen, über den es heißt: „Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.“ (1. Mose 1) Alles ist von Licht durchflutet. Die Jünger nahmen einen strahlenden Schimmer vom ewigen Leben wahr. Und auch wir können heute solche Entfaltung und Fortschritt im Denken erleben und erkennen, daß es im Gemüt „keine Nacht“ gibt. Dazu schreibt die Autorin im erwähnten Lehrbuch auf S. 508: „Die dritte Stufe in der Ordnung von Christian Science ist für das menschliche Denken wichtig, sie lässt das Licht des geistigen Verständnisses ein. Diese Periode entspricht der Auferstehung, worin Geist als das Leben von allem und als unvergängliches Leben oder Gemüt erkannt wird, das von keinem materiellen Organismus abhängig ist.“
Mit der Auferstehung wird der Begriff von Endlichkeit aufgelöst. Der vermeintliche Tod findet nicht statt. Es zeigt sich, daß Leben ohne Anfang und Ende ist.
Ostern offenbart uns die Nähe, ja die beständige Gegenwart des Christus. In dieser Gegenwart geht nichts verloren. So bleiben wir immer eingebunden in einer umfassenden göttlichen Liebe. Und unsere Liebe zu allen, besonders zu jenen, die uns ans Herz gewachsen sind, bleibt unverändert bestehen und wird reflektiert.
