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Zeit-Lupe

... und sie entsetzten sich

Aus der April 2007-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im 12. Kapitel der Apostelgeschichte wird von der Befreiung des Apostels Petrus aus dem Gefängnis berichtet. Als ich neulich diese Geschichte las, hat mich überrascht, daß die Gemeinde, die die ganze Zeit für Petrus gebetet hatte, „entsetzt“ war, als dieser plötzlich vor ihnen stand. Sie hatten doch die ganze Zeit gebetet — nicht wahr? Und dann entsetzten sie sich, daß ihr Gebet erhört wurde? Merkwürdig, dachte ich und begann über diese Geschichte nachzudenken. Mir wurde klar: Sie waren entsetzt, weil sie die Möglichkeit, daß er ganz einfach und vollkommen frei sein könnte, wohl gar nicht in Betracht gezogen hatten!

Schauen wir uns diese Geschichte doch einmal genauer an:

Die junge Christengemeinde und ihre Anführer waren durch die Willkür des Herodes einer Welle der Verfolgung ausgesetzt. Etliche waren bereits gefangen genommen und einer, nämlich Jakobus, war sogar schon hingerichtet worden. Als in dieser Situation nun Petrus ins Gefängnis geworfen wurde, muss der Gemeinde schnell klar gewesen sein, welches Schicksal ihn erwarten würde. Ich kann mir vorstellen, daß sie in großer Angst waren und voller Verzweiflung sich sozusagen als letzte Hoffnung an das Gebet klammerten.

Die Gefahr bei einem solchen Gebet besteht immer darin, daß man die äußeren Begrenzungen akzeptiert und von da aus eine Rettung erhofft.

Was erwarten wir, wenn wir beten? Haben Sie schon einmal Gott um irgendetwas ganz Bestimmtes gebeten? Ich habe das getan und wenn ich heute daran zurückdenke, dann muss ich unwillkürlich über mich selbst lachen. Immer wenn ich früher ein Problem hatte, dann bin ich in Gedanken alle materiellen Möglichkeiten durchgegangen und meinte, eine davon würde Gott, wenn Er mir denn helfen wollte, realisieren müssen. Die Möglichkeit, von der ich dachte, daß sie am ehesten zu realisieren sei, die erwartete ich dann insgeheim als Resultat meines Gebetes. — Aber: Gott wusste immer etwas Besseres!

Genau wie in der Apostelgeschichte. Schauen wir noch einmal hinein, denn dort wird's jetzt richtig interessant:

Der Erzählstrang der Geschichte wendet sich nämlich von der betenden Gemeinde ab und richtet unseren Blick ganz auf den gefangenen Petrus. Was sehen wir? Er schläft!! Angesichts der Gefahr, in der er schwebte, schläft er! Angekettet an zwei Bewacher liegt er einfach da und schläft!

Ich denke, ohne ein gewisses Vertrauen auf Gott hätte er bestimmt nicht schlafen können. Andererseits hätte der Engel, der jetzt gleich in der Geschichte auftaucht, Petrus vielleicht gar nicht erreichen können, wenn dessen Gedanken voller Angst und Verzweiflung um die bevorstehende Hinrichtung gekreist wären. Denn „Engel“ sind „Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Intuitionen;“ wie Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift (S. 581) schreibt. Also: Der Schlaf, die innere Ruhe des Petrus war geradezu die Voraussetzung dafür, daß er den Engel überhaupt wahrnehmen konnte. Die weitere Voraussetzung für die Befreiung des Petrus war, daß er den Eingebungen folgte. Denn als der Engel sagte: „Steh auf“, tat er das. Er begann nicht zu argumentieren: Ich kann doch nicht, ich bin doch angekettet, usw. Nein, nichts dergleichen, sondern: Er stand auf. Er ging mit dem Engel. Schritt für Schritt. Seiner Freiheit entgegen.

Dann heißt es in der Geschichte weiter:
„Sie ... kamen zu dem eisernen Tor ... Das tat sich ihnen von selber auf. Und sie traten hinaus“ auf die Straße.

Das eiserne Tor!

Auch darüber lohnt es sich, noch ein wenig nachzudenken:

Wenn wir uns aus einer problematischen Lage (z. B. einer schweren Krankheit) herausarbeiten, dann müssen wir das bis zum letzten Schritt tun. Wir dürfen nicht zu früh aufgeben. Wir dürfen uns nicht zu früh zufriedengeben. Welchen Sinn ergibt es denn, sich von den Wachen und den Ketten zu befreien und dann doch im Gefängnis zu bleiben, an dem eisernen Tor nicht mehr weiter zu gehen? Mehr noch: Wir dürfen an keinem Punkt unserer Erlösung an ein eisernes Tor glauben! Wir dürfen niemals an eine endgültige Sperre glauben, die uns zurückhalten könnte; an eine letzte eiserne Hürde, die wir angeblich nicht überwinden können. Denn dieses eiserne Tor, das können Gedanken sein wie: ‚Weiter geht's jetzt nicht mehr. Das schaffe ich jetzt aber nicht. Dabei muss ich es jetzt belassen. Damit muss ich jetzt halt leben.’

Wir sollten wachsam sein und uns von keiner eisernen Tür dauerhaft zurückhalten lassen.

Solche Dinge, wie sie in der Apostelgeschichte beschrieben sind, geschehen auch heute noch. Uns. Wenn wir es zulassen. Das setzt aber einige Dinge voraus: Wir müssen es für möglich halten, daß es eine Befreiung aus „unserem Gefängnis“ gibt. Wir müssen den Engel wahrnehmen, der uns aus dem Gefängnis herausführen will. Wir müssen auf ihn hören. Wir müssen akzeptieren, daß seine Worte uns gelten. Wir müssen tun, was er uns sagt. Wir müssen zulassen, daß er uns hinausführt. Wir müssen dem Engel folgen. Bis ganz hinaus, in die Freiheit.

Schauen wir noch ein letztes Mal in die Apostelgeschichte:

Nachdem Petrus dem Engel nach draußen gefolgt war und dieser ihn verlassen hatte, ging Petrus schnurstracks zu dem Haus, in dem die Gemeinde beieinander war und betete. „Als sie nun aufmachten, sahen sie ihn und entsetzten sich.“ Nun würden wir das heute anders formulieren. Z. B.: ... sie waren höchst erstaunt, oder: ... sie konnten es kaum glauben, oder ... sie konnten es nicht fassen.

Warum eigentlich nicht?
Die Gemeinde hatte vielleicht gebetet, daß Petrus beschützt sein möge, daß es ihm im Gefängnis an nichts mangeln möge, daß er einen fairen Prozess bekommen möge, daß er von der Todesstrafe verschont bleiben möge und ähnliches mehr. Aber das, was dann tatsächlich geschah, nämlich daß er ganz und gar frei vor ihnen stand, das hatten sie einfach nicht „auf ihrem Zettel“. Das übertraf ihre allerkühnsten Vorstellungen. Deshalb „entsetzten“ sie sich.

Und die Moral von der Geschicht’?
Wenn wir um etwas beten, müssen wir zunächst ruhig werden und uns dadurch über das Problem erheben, denn die Lösung liegt nie im Problem. Sich vom Problem zu lösen — unter Umständen schrittweise — darin liegt die Lösung. Indem wir das tun, erkennen wir ganz unerwartete Möglichkeiten und ganz neue Dimensionen und erleben die erstaunlichsten Dinge. — Dann müssen wir uns nicht entsetzen.

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