‚Öffne seine Augen'
Um Furcht zu überwinden, habe ich oft und viel darüber nachgedacht, wie Elisa dem ihn umgebenden Heer in Dothan entgegentrat (2. Könige 6). Eines Morgens erwachte Elisas Diener und sah, daß er und sein Herr umzingelt waren von einer feindlichen, syrischen Armee, die den Propheten gefangen nehmen sollte. Als der Diener Elisa fragte: „Was sollen wir nun tun?", erwiderte dieser: „Fürchte dich nicht, denn derer sind mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind!"
Dann betete Elisa. Er erkannte das sterbliche Bild von Feindschaft nicht als wirklich an. Die einzige Wirklichkeit, die er im Gebet akzeptierte, war Gottes Schöpfung. Und ich glaube, daß Elisa zunächst erkannte, daß diese vor ihm erschienene Armee nicht von Feindschaft beherrscht wurde, sondern von Gott, der göttlichen Liebe.
Als Nächstes wandte sich Elisa der Furcht seines Dieners zu, indem er sagte: „Herr, öffne ihm die Augen, daß er sehe!“ Und als der Diener aufschaute, „sah er". Was sah er? Die Bibel berichtet: „Siehe, da war der Berg voll feuriger Rosse und Wagen um Elisa her.“ Mit anderen Worten: Sogar der Diener verstand plötzlich, daß er umgeben war von Gottes beschützender Fürsorge und nicht von aggressiven Sterblichen. Die Vorstellungen der materiellen Sinne mit ihrem Furcht einflößenden Bild von Feindschaft verschwanden ganz aus seinem Blickfeld. Stattdessen musste er, wie Elisa, nur die Menschen von Gottes Schöpfung gesehen haben, die „sehr gut" sind (1. Mose 1).
Elisas Gebet hatte den geistigen Sinn seines Dieners zu diesem wahren Bild erweckt. Als Resultat wurde die syrische Armee, die sich vor ihnen aufgestellt hatte, mit Blindheit geschlagen.
Elisa führte dann diese Armee, die sich ihrer militärischen Order, ihn gefangen zu nehmen, nicht mehr bewusst war, nach Samaria vor den König von Israel, gegen den sie ausgezogen war, Krieg zu führen. Aber anstatt den Auftrag zu geben, die Syrer zu töten, sagte Elisa dem König, man solle ihnen zu essen und zu trinken geben, sodass sie zu ihrem Herrn zurückkehren könnten. Der König von Israel tat dies und schickte die syrische Armee zurück.
So heilten Elisas Gebete auch vollständig und endgültig die politische Situation. Wie es die Bibel abschließend beschreibt: „Seitdem kamen streifende Rotten der Aramäer (Syrer) nicht mehr ins Land Israel."
Ein anderer Bibelbericht beschreibt Daniel, der auf Befehl des Königs Darius in eine Löwengrube geworfen worden war, weil er Gott anbetete und nicht den König (Daniel 6). Doch die hungrigen Löwen taten Daniel nichts. Als der König kam, um zu sehen, ob der Gott, dem Daniel diente, ihn gerettet habe, erklärte Daniel, daß er in den Augen Gottes unschuldig sei und er auch dem König nichts Böses getan habe. Daniel glaubte fest an seine geistige Unschuld als Gottes Kind, und das machte ihn furchtlos und beschützte ihn letzten Endes vor Leid.
Gott ist der einzige Schöpfer und Seine Natur ist gut und allmächtig. Jede individuelle Identität, die Er geschaffen hat, „ist verborgen mit Christus in Gott" (Kolosser 3), dort, wo das Böse nicht eindringen kann. Deshalb können wir durch Nöte und Sorgen hindurchgehen und uns sicher fühlen.
Im Neuen Testament lesen wir, daß auch Jesus beschützt wurde durch sein absolutes Vertrauen auf Gott, z. B. als die feindlich gesinnten Schriftgelehrten und Pharisäer ihn steinigen wollten für seine heilende Tätigkeit. Im Johannes-Evangelium wird häufiger davon berichtet, daß er ihrem Zorn entwich. Sterblichkeit und Hass konnten ihn nicht berühren.
,Individualität gegen Persönlichkeit'
Uns alle betrifft heute der Terrorismus. Aber wie Elisa, Daniel und Jesus es bewiesen, müssen auch wir individuell nicht berührt werden von einer kollektiven Strömung von Furcht oder Hass. Das Böse scheint selbstschöpferisch und mächtig zu sein. Es imitiert Gottes Schöpfung und erscheint in Bildern sterblicher Persönlichkeiten, die vorgeben beides zu sein, böse und gut. Aber Gott ist der einzige Schöpfer und Seine Natur ist gut und allmächtig. Jede individuelle Identität, die Er geschaffen hat, „ist verborgen mit Christus in Gott" (Kolosser 3), dort, wo das Böse nicht eindringen kann. Deshalb können wir durch Nöte und Sorgen hindurchgehen und uns sicher fühlen. Ja, wir müssen den Anspruch zurückweisen, daß das Böse irgendeine Macht hätte.
In unseren Gebeten für die, die uns für ihre Feinde halten, können wir wissen, daß sie ebenfalls geistige Ideen sind, unberührt von den Einflüssen des Bösen. Sie sind in der Lage, klar für sich selbst zu denken, statt sich beeinflussen oder manipulieren zu lassen, nämlich das zu denken, was andere denken, oder was andere ihnen sagen, das sie denken sollen. Jeder kann frei sein von dieser Form der mentalen Ansteckung.
,Aufwachen'
Das aggressive Gefühl, eine irregeleitete sterbliche Persönlichkeit sei eine Bedrohung für uns, kann hartnäckig sein. Doch unser Kampf mit dem Bösen oder der Furcht ist niemals der mit einer anderen Person. Es ist immer der mentale Konflikt zwischen dem, was der geistige Sinn uns als wirklich mitteilt, und dem, was uns die fünf materiellen Sinne berichten. Tatsächlich ist der Kampfplatz unser eigenes Bewusstsein. Wenn wir glauben, was uns die materiellen Sinne mitteilen, sind wir in einer Traumwelt. Wir haben es zugelassen, hypnotisiert zu sein von dem Gedanken, daß Gott nicht mit uns sei oder nicht in der Lage sei, uns zu helfen. Und – wie für Elisas Diener – ist es auch für uns nötig aufzuwachen, um die Wirklichkeit des Seins zu sehen und Gottes schützende Macht zu fühlen.
Wenn ich nachts träumte, ich sähe Löwen auf mich zukommen und ich fühlte vielleicht schon ihren heißen Atem, ist es dann Zeit zu fliehen oder schnell zu entscheiden, was zu tun ist, um ihnen zu entkommen? Die wirkliche Hilfe wäre: Aufwachen.
Wenn ich z. B. nachts träumte, ich sähe Löwen auf mich zukommen, und ich fühlte vielleicht schon ihren heißen Atem, ist es dann Zeit zu fliehen oder schnell zu entscheiden, was zu tun ist, um ihnen zu entkommen? Die wirkliche Hilfe wäre: Aufwachen. Das ist es, worum Elisa betete: daß sein Diener aufwachen und sehen möge – mit seiner angeborenen geistigen Auffassungsgabe. Jeder hat diesen geistigen Sinn, aber wir müssen ihn schulen/trainieren/erproben ... Im Falle von Elisa war es der Christus – Gottes göttlicher Einfluss in seinem eigenen Bewusstsein –,der seinen Diener aus dem Traum, dort sei eine sie umgebende feindliche Armee, aufwachen ließ. Das sterbliche Bild oder die materiellen Sinne wurden blind, d. h. ausgeblendet. Allein die Wirklichkeit der geistigen Schöpfung bestimmte die Erfahrung. Das ist der Zweck und die Macht des Christus: unsere Augen zu öffnen.
,Eine Wirklichkeit'
Nach den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten am 11. September 2001 schienen die Gebete für meine Patienten wie blockiert. Sie zeigten scheinbar keine Wirkung. Und ich fühlte mich uninspiriert.
Ich hatte zunächst keine Verbindung hergestellt zwischen der kollektiven Furcht, die nach diesen Anschlägen zum Vorschein kam, und dem Einfluss, den diese massive Furcht im Weltbewusstsein auf meine Praxis der Christlichen WissenschaftChristian Science zu haben beanspruchte. Plötzlich beim Beten kam die Idee:, Das ist es!' Diese kollektive Furcht war nämlich eine Form von Terrorismus, der versuchte, die Behandlungen, die ich meinen Patienten gab, zu lähmen. Der heilende Gedanke, der diese Lähmung durchbrach, war zunächst, daß keine kollektive Furcht meine Patienten individuell erreichen konnte, weil die Patienten die geistigen Ideen Gottes sind. Zweitens, daß das Böse keine Macht hat. Deshalb konnte Furcht sich nicht individualisieren und meine Patienten, oder wen auch immer, attackieren oder berühren.
Ebenso war es hilfreich, mich zu erinnern, daß es nicht zwei Welten gibt – eine, die geistig ist, und eine andere, die materiell ist. Anders gesagt: Auf der geistigen Seite gäbe es einen Menschen als Gottes Kind und auf der materiellen Seite gäbe es einen Menschen mit einer materiellen Persönlichkeit, der böse Gedanken haben und sie ausführen könne. Es gibt nur eine geistige Wirklichkeit, in der alles von Gott beherrscht wird.
,Das Phänomen der Chemikalisation'
Jesus lenkte die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf Kriege, Seuchen, Hunger etc., und bezeichnete diese Ereignisse im Weltbewusstsein als unvermeidlich. Aber dann tröstete er sie auch mit der Gewissheit, daß sie geschützt waren vor diesen kollektiven Übeln, indem er ihnen sagte: „Und kein Haar von eurem Haupt soll verloren gehen.“ (Lukas 21)
Mary Baker Eddy erklärte, daß diese Plagen auf Erden das Resultat eines Phänomens seien, das sie, Chemikalisation' nannte. Diese definierte sie als „das, was das sterbliche Gemüt und der sterbliche Körper durchmachen, wenn der Glaube von einer materiellen Grundlage zu einer geistigen übergeht.“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 168) Das gilt natürlich auch für Umbrüche im Weltbewusstsein.
An einer anderen Stelle in diesem Buch erläutert sie: „Die mentale Chemikalisation bringt Sünde und Krankheit an die Oberfläche und bewirkt die Auflösung der Verunreinigungen wie bei einer gärenden Flüssigkeit“ (S. 401).
Jesus lenkte die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf Kriege, Seuchen, Hunger etc., und bezeichnete diese Ereignisse im Weltbewusstsein als unvermeidlich. Aber dann tröstete er sie auch mit der Gewissheit, daß sie geschützt waren vor diesen kollektiven Übeln.
Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, daß die „gärende Flüssigkeit“ uns nicht schaden kann. Im Gebet bestätigte ich deshalb, daß die mentalen Folgen der Chemikalisation meinen Patienten und mir nichts anhaben konnten. Sie waren gar nicht in der Lage, die individuelle, geistige Idee, das wahre Bild der Schöpfung, zu erreichen oder zu berühren. Diese metaphysische Behandlung hob die scheinbaren Wirkungen der kollektiven Furcht auf meine Praxis nach dem 11. September auf. Daraufhin geschahen wieder Heilungen.
Durch diese Erfahrung konnte ich auf eine sehr praktische Weise erkennen und beweisen, daß wir auf Gottes Fürsorge vertrauen und die unendlichen Segnungen Seiner beschützenden Liebe erleben können.