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Zeit-Lupe

Die Faszination der Masse–von Zahlen, Fakten, Bildern

Aus der Februar 2008-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als ich im November letzten Jahres in Boston war, wurde ich noch Augen- und Ohrenzeuge der überbordenden Begeisterung der Fans der Boston Red Sox. Nach einer 86jährigen Verliererserie hatte die Mannschaft im Herbst 2007 schon zum zweiten Mal die so genannte World Series im Baseball gewonnen und der Jubel und Freudentaumel schien kein Ende nehmen zu wollen. Wohin das Auge sah, hingen Plakate, die die Bewunderung und Verehrung der rasant wachsenden Schar der Fans zum Ausdruck brachten und der Mannschaft und ihren Funktionären immer wieder in den buntesten Formulierungen und Symbolen Gratulationen und Ovationen darbrachten. Das Markenzeichen der Red Sox Prangte nun nicht mehr nur auf Fan-T-Shirts und Tassen in den üblichen Flughafen-Souvenir-Geschäften. Red-Sox-Fanartikel wurden mit einem Mal nahezu in jedem Laden angeboten und offensichtlich auch in bemerkenswerten Größenordnungen gekauft.

„Woher kommt diese schon inflationäre Begeisterung?”, drängte sich mir die Frage auf. Ja, natürlich weiß ich auch, dass Baseball DER Sport in USA ist und dass vermutlich so ziemlich jeder kleine Junge mit einem Baseballschläger umgehen kann, bevor er vielleicht Fahrrad fahren lernt. Baseball scheint sozusagen Teil der amerikanischen Identität zu sein.

Und doch war mir bei meinen Überlegungen dazu gleich klar, dass das nur ein verschwindend kleiner Teil der Antwort sein dürfte. Denn wenn ich über Massenphänomene nachdenke, fallen mir natürlich auch sofort negative, schlimme Ereignisse dazu ein, wie z. B. der 11. September 2001 oder der tödliche Unfall von Prinzessin Diana, die beide schon fast in eine Art Massenhysterie mündeten, die die Welt bis dahin noch nicht erlebt hatte.

Sicher spielt unser Kommunikationszeitalter bei diesen Erscheinungen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ein Ereignis, das von länderübergreifender Bedeutung ist, erreicht binnen weniger Minuten die Internetnutzer auf der ganzen Welt und wird umgehend von den Medien aufbereitet, mit weiterführenden Informationen unterfüttert und schnellstens weiterverbreitet. Das Attentat in Sarajevo vom 28. Juni 1914, bei dem der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, ermordet wurden und das letztlich zum Ausbruch des 1. Weltkrieges führte, brauchte noch mehrere Wochen, um sich auch bis in alle Länder in Afrika oder Südamerika herumzusprechen. Hingegen kann man heutzutage kaum eine Meldung mehr länger als wenige Minuten zurückhalten.

Aber selbst diese Tatsache, dass Informationen die Menschen binnen kürzester Zeit erreichen, beantwortet noch nicht umfassend die Frage, warum viele Menschen so bereitwillig und intensiv auf solche Meldungen reagieren. Vermutlich beziehen die Informationen sogar einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit schon allein daraus, dass sie von vielen Menschen geglaubt werden. D.h. je mehr Menschen einer Information Glauben schenken oder auch einem mentalen Einfluss zustimmen, desto überzeugender und kraftvoller wirkt sie offensichtlich – scheinbar unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Manchen „Empfängern" solcher Informationen scheint es nicht zu gelingen, die gedankliche Eigenständigkeit aufzubringen oder zu bewahren, selbst zu prüfen, inwieweit sie den Meldungen tatsächlich vertrauen können oder sie besser mit gehöriger innerer Distanz und vorsicht beurteilen. Zugegebenermaßen ist es heutzutage eine Herausforderung, in der viel beschriebenen Informationsflut und den bekanntlich oft manipulierten Seiten in den Suchmaschinen des Internets echtes, solides Wissen von Pseudo-Informationen zu unterscheiden. Ich selbst berufe mich dabei immer auf eine Art Schutzmechanismus, den ich darin sehe, dass ich mich zumindest ehrlich um korrektes Wissen bemühe, verschiedene Quellen heranziehe und gegeneinander vergleiche. Nach meiner Erfahrung wirkt schon dieses aufrichtige Bestreben wie eine Art Filter. Derführt dann durchaus zucerlässig dazu, dass ich einerseits notwendige Informationen vergleichsweise mühelos finde. Andererseits spüre ich an bestimmten tellen, die wohl einer besonders achtsamen Prüfung bedürfen, eine deutliche Skepsis, der ich dann auch nachgehe. Und nicht selten hat sie als Schutz vor Fehlentscheidungen aufgrund von fehlerhaften Informationen erwiesen, weil ich einfach weitere, anders lautende Informationen hinzugezogen habe. Aus Sicht von Christian Science kann man diese Wirkweise mit der zuverlässigen Kommunikation von Gott zum Menschen begründen. Da heißt es in Wissenschaft und Gesundheit: „Christian Science zufolge sind die einzigen wirklichen Sinne des Menschen geistig, sie gehen vom göttlichen Gemüt aus. Der Gedanke geht von Gott zum Menschen, ... Die Kommunikation geht immer von Gott aus zu Seiner Idee, dem Menschen.“ (S. 284/285) Gott drückt sich im Menschen und durch den Menschen aus. Die garantiert, dass der Mensch als Ausdruck der umfassenden, gesetzmäßigen Intelligenz Gottes alles Wissen besitzt, das zu korrekten Beurteilungen notwendig ist.

Diese Tatsache ist auch eine gute Basis für eine wachsamere, korrektere Wahrnehmung dessen, was auf uns einströmt. Durch unsere Erziehung und durch unsere Umwelt sind wir geschult, hauptsächlich äußerlich sichtbare Dinge zur Kenntnis zu nehmen und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. Jeder Fakt, jeder Vorgang, jedes Ereignis kann von einer mehr oder minder großen Anzahl von Menschen wahrgenommen werden, je nachdem, in welchem Rahmen sie kommuniziert werden. Die Speisung der Fünftausend durch Christus Jesus dürfte anfangs weitestgehend in dem Rahmen dieser Menschengruppe geblieben sein, weil es noch keine Möglichkeit zu „großflächiger" Kommunikation gegeben hat. Ohne Kommunikation haben z. B. Massenphänomene also gar kein Medium sich auszubreiten. Umso wichtiger erscheint hier das Bewusstsein des Einzelnen bzw. Die Art und Weise, wie jeder Mensch mit Informationen und der Berichterstattung in den Medien umgeht. Statt sich wie hypnotisiert Bilder von Unglücksfällen immer und immer wieder anzusehen, könnte man Ausschau halten nach alternativer Berichterstattung oder nach Informationen darüber, wo sich Menschen kurzschließen, um zu helfen. So ist es auch immer wieder aufschlussreich, zu bedenken, dass es beinahe unmöglich ist, eindrucksvolle Bilder – also optische Eindrücke, die in den Medien als wesentliche, emotionale Kommunikations-formen genutst werden – von Menschen zu publizieren, die sich zum weltumspannenden Gebet zusammen gefunden haben. Das mag einerseits daran liegen, dass ein still im Gebet verharrender Mensch für viele Fotografen nicht sonderlich eindrucksvoll ausschaut. Andererseits kann das Nicht-Erscheinen solcher Bilder in den Medien darauf zurückzuführen sein, dass Gebet nicht durchweg als probates Mittel der Hilfeleistung akzeptiert ist. Dennoch ist dieses Handwerkszeug Gebet es wert, verstärkt genutzt zu werden – ist es doch geeignet, gerade solche beschriebenen gedanklichen Vorgänge zu begleiten, zu befördern, zu klären und zu einem Blick hinter das äußere Erscheinungsbild und zu einem intelligenten, kompetenten Umgang mit jeglicher Form von Information beizutragen. Der Herold darf sich diesbezüglich gewiss einordnen in eine nicht allzu lange Reihe von Publikationen, die eine Betrachtungsweise jenseits der reinen Äußerlichkeiten propagieren.

Die dem Menschen von Gott verliehene Intelligenz stellt auch sicher, dass der Nutzer von publizierten Informationen den Wahrheitsgehalt derselben korrekt und gerecht bewerten und auch beispielsweise Zahlenangaben richtig interpretieren kann. Heutzutage scheint es beispielsweise in der Wirtschaft zum Hauptanliegen vieler Firmen und Organisationen geworden zu sein, ihre Angebote, Produkte, Erfindungen ins unermesslich Große oder Kleine zu steigern. Es scheint ein Wettbewerb des Gigantismus ausgerufen worden zu sein. Alles muss noch effektiver, individueller, einfacher, schneller, sauberer, billiger, ausgefallener, attraktiver oder aufregender sein. Ich bin sicher keine Kritikerin intelligenten technischen/technologischen Fortschritts, weil er letztlich auch eine Auswirkung dieser erwähnten göttlichen Intelligenz ist. Aber den teils gnadenlosen Konkurrenzkampf um „höher, schneller, weiter" in weiten Teilen der Wirtschaft betrachte ich mit einer außerordentlichen Skepsis. Meines Erachtens nach werden dort allzu oft bestimmte (Verkaufs/Produktions- oder andere) Zahlen als Maß der Dinge herangezogen, die dem wahren Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung nicht mehr gerecht werden. Dort fühle ich mich oft aufgerufen, den wahren Wert, also die maßgebliche Qualität hinter den Zahlen, hinter der Menge, der Masse, der Quantität herauszufinden. Und auch da kann ich mich auf die oben beschriebene Kommunikation von Gott zum Menschen beziehen, die sich in einer klaren geistigen Wahrnehmung auswirkt. Sie lässt uns vergleichsweise mühelos das wirklich Wertvolle erkennen – hinter der Fassade von großartigen und beeindruckenden Zahlen. Sie führt zu einer im besten Sinne des Wortes Wert-Schätzung von Qualität. Sie bringt es mit sich, dass wir wertvolle, nutzbringende, wirkungsvolle Ausdrucksformen und Strukturen der göttlichen Intelligenz zweifellos erkennen. Sie bewirkt ,geist-reiches' Wahr-Nehmen und Anerkennen von echten, dauerhaften, wirksamen Werten. Dann kann die Betrachtung von Masse, von Mengen, von Zahlen, von purer Quantität (als nur ein Nebenaspekt aller Qualitätsmerkmale) uns nicht mehr faszinieren, blenden, ablenken und beeinflussen, sondern räumt der bestechenden, eindeutigen und unmissverständlich klaren Qualität in den verschiedensten Ausdrucksformen von geistigen Werten die gebührende Aufmerksamkeit ein.

Die Macht der großen Zahl

Das Katastrophenpotenzial eines Ereignisses bestimmt dessen Einschätzung und spielt psychologisch eine wichtige Rolle. Ein Unfall mit x Toten wird beispielsweise als schlimmer eingeschätzt als x Unfälle mit je einem Toten. Dies erklärt, warum ein einzelner Flugzeugabsturz in die Nachrichten gelangt, nicht jedoch die täglichen Verkehrsunfälle. Risikoforscher wissen, dass die wenigsten Menschen durch die am meisten gefürchteten katastrophen ums Leben kommen. (aus „Menschen“, 1/2008)

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