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Die Lob-Dusche

Aus der Juni 2008-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die funktioniert so: Fünf große dunkelrote Herzen hängen an der Wand in meinem Klassenzimmer. Auf jedem steht in großen Druckbuchstaben der Name eines meiner Schüler, der gerade eine Lob-Dusche von seinen Klassen-kameraden und mir bekommt. Wann immer ich etwas Lobenswertes bemerke, male ich ein kleines schwarzes Herz auf das große dunkelrote. Wann immer die Klassenkameraden etwas Lobenswertes bemerken, formen sie mit ihren Fingern ein Herz und halten ihre Hände hoch über den Kopf. Sofort halten wir inne, hören uns alle das jeweilige Lob an und ich male für jedes einzelne Lob ein kleines schwarzes Herz auf das große dunkelrote. „Ich fühle mich wie ein Star!“, hat ein Kind gesagt, das gerade unter unserer Lob-Dusche stand.

Unter die Lob-Dusche kommen die Kinder, die positive Rückmeldung gerade besonders gut gebrauchen können. Weil es ihnen zum Beispiel gerade emotional nicht besonders gut geht oder sie Schwierigkeiten haben, sich in die Klassengemeinschaft einzubringen. Die Lob-Dusche soll ihnen helfen, ihre Stärken wieder wahrzunehmen und sich mit uns gemeinsam daran zu freuen. Ganz nebenbei legen die Kinder dann Verhaltensweisen ab, die sie selbst, ihre Klassenkameraden oder ich als wenig förderlich empfinden.

Anfangs habe ich die Kinder für die Lob-Dusche ausgesucht. Inzwischen schlagen die Schüler selbst Klassenkameraden vor, und begründen, warum der oder diejenige gerade eine Lob-Dusche brauchen könnte. Gemeinsam überlegen wir dann, worauf wir achten wollen. Ein Kind z. B. lernt auf diese Weise gerade, seine sehr ironischen Scherze nur Kindern gegenüber zu machen, die diese auch verstehen und zu schätzen wissen.

Diese Sozialkompetenz meiner Drittklässler begeistert und inspiriert mich immer wieder.

Nun ist es vielleicht informativ zu wissen, dass ich in einem der „schulischen Krisengebiete“ Münchens arbeite, also in einem Stadtteil, der für seine schwierige Klientel bekannt ist. Ich darf mit den Kindern arbeiten, die Sie, liebe Leser, vielleicht aus Fernsehsendungen wie „Die Super-Nanny“ oder ähnlichen Familien-Doku-Soaps kennen. Ich befinde mich häufig in Situationen, in denen ich mich frage, was ich denn nun wieder tun soll, um Konflikte körperlicher und/oder verbaler Art zu lösen.

Doch egal, was ich in der jeweiligen Situation entscheiden mag, alles hat letztendlich mit einer für ganz wesentlichen Grundhaltung zu tun: RESPEKT.

Respekt vor ihrem Kindsein–Gottes-Kind-Sein. Respekt vor ihrer ganz individuellen Identität, ihrer Sicht auf ihre Welt, ihrer Herangehensweise an ihre Anliegen, ihrer inneren Größe, ihrer Begeisterungsfähigkeit, ihrer herzerfrischenden Neugier, ihrer unvoreingenommenen Eigenwilligkeit, ihrer Empfindsamkeit, ihrem Einfühlungsvermögen, ihrer Kreativität, ihrer Sportlichkeit ... Diese Liste könnte ich noch lange fortsetzen. Wichtig ist mir bei allem, ihnen dadurch Respekt zu zeigen, dass ich sie immer ernst nehme und ihnen aufmerksam zuhöre, auch und gerade dann, wenn ich sie überhaupt nicht verstehen oder nachvollziehen kann. Je besser ich dann lausche, desto leichter lerne ich wieder etwas Neues über ihr Gottes-Kind-Sein. Dieses Neue befähigt mich dann, sie wieder positiver zu sehen, wieder mehr Geduld mit ihnen zu haben, ihnen wieder etwas mehr Verständnis entgegen bringen zu können und ihnen etwas besser auf ihrem Weg beizustehen.

Anfangs habe ich die Kinder für die Lob-Dusche ausgesucht. Inzwischen schlagen die Schüler selbst Klassenkameraden vor und begründen, warum der- oder diejenige gerade eine Lob-Dusche brauchen könnte.

Die Lob-Dusche ist dabei für mich ein Übungsmittel. Mit ihr trainiere ich mich darauf, gerade dann die guten bzw. die gotteskindlichen Seiten eines Kindes bewusst und dankbar wahrzunehmen, wenn es mir bei diesem Kind – aus welchen Gründen auch immer – gerade nicht leicht fällt, seine liebens- und lobenswerten Seiten zu sehen. Praktische Hilfe darin, meine Gedanken diszipliniert auf das Gotteskindliche auszurichten, erfahre ich im System der Lob-Dusche von den Kindern. Dafür bin ich ihnen von Herzen dankbar. „Respekt!“, kann ich da nur sagen.

Bestimmt finden auch Sie ihre individuellen Mittel und Wege, die Großartigkeit unserer Kinder verstärkt wahrzunehmen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese mit mir und anderen teilen würden.

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