Seitdem die Bibel von Noah und dem Bau der Arche berichtete (siehe 1. Mose 6-8), haben viele Leute über die Jahrhunderte hinweg Leib und Leben riskiert, weil sie sich bemühten, herauszufinden, ob es eine reale Arche gab, wo sie schließlich landete und ob irgendeine Spur des großen Schiffes erhalten geblieben ist. Einige haben sich, ermutigt durch den Hinweis der Bibel, dass das Schiff in den Bergen von Ararat gestrandet sei, auf ein bestimmtes Gebiet in der Türkei konzentriert. Es ist heute immer noch ein großes und entlegenes Gebiet und bis jetzt wurde noch nichts Definitives gefunden.
Andere fuhren fort, Schlüsse aus der Geschichte der Arche zu ziehen, so wie diese Untersuchung dessen, was die Menschen vom Leben auf einem Schiff mit Hunderten von Tieren — die alle versorgt werden mussten — über Teamwork lernen könnten.
Stellen Sie sich einmal vor, die folgenden Ereignisse hätten sich tatsächlich zugetragen...
Hoch oben im nordöstlichen Teil der Türkei, 700 km entfernt vom Fluss Aras, bricht durch ein Erdbeben der südliche Hang des Berges Ararat auf. Dabei wird ein gigantischer Schiffsrumpf enthüllt, der im Eis eingeschlossen ist. Hat man die lang gesuchte Arche gefunden?
In der nun folgenden sorgfältigen Ausgrabung werden versiegelte, eingefrorene, in einer altertümlichen Sprache geschriebene Pergamente entdeckt. Die Übersetzung verursacht ernorme Aufregung: Das Deckblatt des Dokumentes heißt: „Unsere Familiengeschichten, Tag für Tag aufgezeichnet — Noah.“
1. Woche, 5. Tag
Stunde um Stunde Sintflut. Das ist unglaublich. Gott sei Dank, die Arche schwimmt. Aber es herrscht völliges Chaos. So viel Lärm. Die Tiere sind voller Angst. Auch wir — meine Eltern, meine Brüder Ham und Jafet, ihre Familien — haben Angst. Die Zukunft scheint so unsicher zu sein. Ich beginne still ein Gebet: Herr, Du bist hier, genau hier mit uns in der Mitte dieses Sturms. Genau hier in unserem Boot. Genau hier an unserer Seite. Egal was passiert, Deine Arme umgeben uns alle und bewahren uns sicher. Wir werden gerettet werden — gez. Sem.
10. Woche, 66. Tag
Draußen: überall dunkles Wasser — höher als die Bergspitzen. Drinnen: Spannung, enge Quartiere, wenn auch das Schiff massiv ist. Drei Decks mit 50 Räumen und 300 Ställen pro Deck. Viele Tiere kämpfen miteinander. Die kreischenden Affen, zeternden Enten und schreienden Gänse mögen es nicht, direkt nebeneinander eingesperrt zu sein. Die Antilopen und der Wildbestand gehen in ihren Ställen unruhig auf und ab, weil die Löwen und Panther nur drei Schritte entfernt eingesperrt sind, Zähne fletschend, hungrig.
Aber es sind nicht nur die Tiere. Wir sind alle ausgezehrt, gereizt und zornig aufeinander. Wir kommen auf dem zweiten Deck zusammen: Vater und Mutter, meine Familie, die Familien von Sem und Jafet. Von den meisten Vögeln begleitet, einschließlich der Nashornvögel, Kakadus und Tukane, singen wir viele Lieder und Hymnen.
Wir trösten und ermutigen uns gegenseitig. Unsere Stimmung steigt. Nach dem Singen schließe ich mit einem Gebet: „Jedermann und jedes Wesen, sie alle gehören in Gottes Reich der Liebe — ganz gleich was passiert.“ Die Tiere sind beruhigt... und wir auch — gez. Ham.
15. Woche, 103. Tag
Gefahr! Es ist unmäßig viel Wasser ins Boot gekommen. Wir werfen Ballaststeine über Bord, trotzdem sinkt die Arche langsam. Es setzt Panik ein. Notfall-Familientreffen auf dem Deck, um herauszufinden, was zu tun ist. Noah sagt: „Als wir das Boot bauten, haben wir die Gelbholzfugen sorgfältig geteert und verpicht. Aber das Schiff leckt immer noch."
Dann sagt Hams Frau: „Wir haben das Meiste des Schiffs von außen verpicht, aber wie steht's mit der Innenseite? Vielleicht sollten wir mehr vom Inneren her verpichen, so wie Gott uns angewiesen hatte?“
Die Frage von Hams Frau ist hervorragend. Das gefährliche Leck kommt nicht vom Äußeren, sondern vom Inneren. Jeder von uns nimmt sofort Eimer und schöpft Wasser. Und wir teeren und verpichen vollständig nochmals die inneren Fugen und Spalten. Das Durchsickern hürt auf. Mit strahlendem Lächeln und erlösten Seufzern der Dankbarkeit danken wir Hams Frau — gez. Jafet.
20. Woche, 131. Tag
Die sehr mürrischen Nilpferde müssen gewaschen und ihre Ställe gesäubert werden. Ich sage Jafet, dass das seine Aufgabe ist. Er ist wütend. „Das ist nicht fair! Wie kommt es, dass ich hinter den stinkenden Nilpferden sauber machen muss? Warum kann Sem das nicht tun? Er ist sicher dein Liebling. Er ist immer auf dem Oberdeck, lenkt das Schiff und verrichtet einfache Aufgaben.“
Ich lege meine Arme um Jafets Schultern und sage zu ihm: „Mein Sohn, ich bin auf all deine Bemühungen stolz. Deine harte Arbeit hat unsere Familie gesegnet. Und diese Nilpferde mögen groß sein und stinken, aber heute brauchen sie deine liebevolle Pflege.“
Jafet ist nicht der einzige, der unglücklich ist. Wir sind alle angespannt. Heute brauchen wir alle die liebevolle Pflege der Liebe — gez. Noah.
28. Woche, 203. Tag
Alle Familienmitglieder waren auf dem Oberdeck, als der Rabe zurückkam. Wir waren alle so hoffnungsvoll, als wir den Raben losschickten, hofften, dass er mit einem Zeichen von Land wiederkäme — einem Zeichen, dass die Fluten zumindest zurückgehen. Nichts. Unsere Herzen waren verzweifelt und die Stimmung gesunken.
Seit fast 28 Wochen habe ich jeden Tag dafür gebetet, wissen zu können, dass derselbe gnädige Gott, der uns vorher mahnte, die Arche zu bauen, immer noch bei uns ist, sich um uns kümmert und uns tatsächlich sicher zum trockenen Land bringt.
Nun, in tiefster Verzweiflung, erkenne ich, dass wir als Familie noch mehr Arbeitvoruns haben. Die Konflikte und das Kämpfen müssen geheilt werden. Wir müssen einen höheren Frieden unter einander finden, zwischen jedem Familienmitglied. Keiner kann ausgelassen werden. Das feste Land muss zuerst in unseren Herzen gefunden werden und sich in unserer selbstlosen Liebe für einander zeigen — in unserem Vergeben, unserer Akzeptanz und in unserer Sanftmut für jeden auf dem Schiff — gez. Noah.
Wie Noahs Familie braucht unsere Kirchenfamilie mehr Umarmungen und Freudentränen. Wir können den Vorsatz fassen, uns gegenseitig mehr zu unterstützen, auch wenn das bedeutet, dass wir schwierige Zeiten erdulden müssen. Wir können zusammenarbeiten, um innere Lecks neu zu verpichen — uns gegenseitig zu trösten und zu unterstützen.
28. Woche, 217. Tag
Dieses Mal haben wir anstelle eines Raben eine Taube ausgesandt. Für uns symbolisiert das das höhere Verständnis von Familienfrieden und Liebe, das wir gewonnen haben. Als die Taube mit einem Olivenzweig in ihrem Schnabel zurückkehrte, umarmten wir uns und vergossen Tränen der Freude. Gott hat uns doch noch errettet — gez. Die gesamte Familie.
Stellen Sie sich nochmals vor ...
Noahs Familie verbrachte mehr als sieben Monate auf der Arche. Sie überlebten den entsetzlichen Sturm außerhalb des Bootes und das schreckliche Gewitter, das innen vor sich ging. Sie lernten Lektionen des Überlebens und die große Lektion der Liebe und des Zusammengehörigkeitsgefühls.
Könnten diese Lektionen von damals mächtige und wundervolle Lektionen für uns heute sein — in der Familie, in unserer Arbeit und in der Kirche? Vieles von dem, was wir tun, besonders in der Kirche, mag wie Arbeit auf der Arche erscheinen — einschließlich verängstigter Passagiere und undankbarer Aufgaben, bedrohlicher Wellen und gefährlicher Lecks, knapper und begrenzter Mittel, um alle an Bord zu ernähren, Furcht und Zweifel über die Zukunft.
Was also hilft immer noch, die Ängste zu stillen und den Sturm zu beruhigen? Es ist die Liebe zu einander — und die Überzeugung, dass Gott uns in jedweder aufkommenden Schwierigkeit trösten, unterstützen und führen wird.
Wie Noahs Familie braucht unsere Kirchenfamilie mehr Umarmungen und Freudentränen. Wir können den Vorsatz fassen, uns gegenseitig mehr zu unterstützen, auch wenn das bedeutet, dass wir schwierige Zeiten erdulden müssen. Wir können zusammenarbeiten, um innere Lecks neu zu verpichen — uns gegenseitig zu trösten und zu unterstützen. Wir können wissen, dass wir jenseits von persönlichen Unterschieden eine heilige, göttliche Mission haben, Gottes Güte zu teilen und uns gegenseitig und unsere Weltgemeinschaft zu retten.
Wir werden alle triumphieren, wenn wir uns mit Sanftmut akzeptieren, vergeben und uns um einander kümmern.
Zusammengehörigkeit triumphiert.
