Wie kann eine Kirche die unterschiedlichen Ansichten der Mitglieder navigieren, seien sie nun eher ungezwungen oder eher formell ausgerichtet? Die ungezwungeneren Leute scheinen zu denken, dass die althergebrachten Methoden zu steif und rigide sind, während die eher konventionell eingestellten Mitglieder denken, dass die Leute mit der eher zwanglosen Einstellung der Bedeutung von Kirche keinen Respekt zollen.
Antwort 1: Judy Wolff
Eine Kirche durch die Gewässer einander entgegenstehender Gesichtspunkte zu navigieren kann ein unbändiges, jedoch schließlich auch ein vereinendes Abenteuer sein. Ein Teil des Abenteuers mag darin bestehen, das zu entdecken, was uns zu Kirche hinzieht. Was die Menschen wirklich anzieht — seien es oder junge Besucher, liberale oder konservative, ungezwungene oder formell eingestellte — ist die Christliche Wissenschaft. „Die beiden umfassendsten Worte im Sprachschatz des Denkens", so beschreibt sie Mary Baker Eddy in Nein und Ja (S. 10). So groß sind diese Worte, dass sie jeden einschließen und eine reichhaltige Vielfalt des Ausdrucks in sich bergen.
„Christlich" erinnert uns an die Liebe des Christus, die so unermesslich ist, dass sie Meinungen, Trennungen und sogar Menschen überwindet. Es ist die göttliche Liebe, die hier und jetzt erlebt wird — eine Liebe, die Mit-Mitglieder ungeachtet dessen, ob sie eher eine lockere oder eine formelle Einstellung zu Kirche haben, wertschätzt. Es ist der Christus, der uns beides ermöglicht, sowohl unsere Individualität als auch unsere Einheit.
Dann ist da die „Wissenschaft", oder die Gesetze Gottes, die gleichermaßen für alle Mitglieder wirksam sind, ob sie nun Jeans oder Anzug in der Kirche tragen, zeitgenössische oder traditionelle Lieder mögen oder ob sie die King James bzw. Martin-Luther-Bibel oder modernere Übersetzungen der Bibel studieren. Es ist die Heilpraxis der Christlichen Wissenschaft, die uns alle auf einer tieferen Ebene vereint, was ich persönlich erlebt habe.
In unserer Kirche bildeten eine andere Praktikerin und ich einige Jahre lang unterschiedliche Lager–das eine mehr „progressiv", das andere mehr „traditionell". Unsere Kirche war gespalten. Unsere Gebete wurden mit einer überraschenden Lösung beantwortet. Während eines Gottesdienstes kollabierte ein Besucher und wir beide gingen zu ihm, um zu helfen. Die reine metaphysische Behandlung der anderen Praktikerin war maßgeblich an der nun folgenden Heilung beteiligt und ich safte ihr, wie überaus dankbar ich dafür war. Wir fingen an, uns über Kirchenangelegenheiten mit einem wiedererlangten gegenseitigen Respekt für die Heilpraxis des Anderen zu unterhalten. Bald wurden wir Freunde und umfingen vereint die ganze Kirche, nicht nur jene, die unsere Einstellungen teilten.
Unsere Bereitschaft, die metaphysische Tiefe hinter unseren Ansichten anzuerkennen, half, unsere Kirche zu vereinen–eine Kirche, die für alle ihre Mitglieder lebendig ist. Wir fanden heraus, dass das Wort „und" unsere Kirchenerfahrung bereicherte. Jeans und Anzug. Veränderung und Stabilität.
„Kirchen-Einheit" ist nicht dasselbe wie „Kirchen-Gleichförmigkeit". Unsere gemeinsame Kirchenidentität schließt die Individualität eines jeden Mitglieds so ein wie ein Lied jede individuelle Note miteinschließt. Eine entspannte, zwanglose Herangehensweise und eine ordnungsgemäße, formelle Herangehensweise können und sollten sich gegenseitig im Gleichgewicht halten und segnen — und die Kirche stärken.
Antwort 2: Mark Swinney
Nicht nur in Kirchen, sondern in den meisten menschlichen Organisationen kann eine der härtesten Aufgaben für eine Gruppe darin bestehen, Grundsätze zu erstellen und organisatorisch die gleiche Richtung zu verfolgen. Wie Sie selbst gesehen oder erfahren haben mögen, kann dieser Prozess emotional sehr aufgeladen sein und verletzte Gefühle nach sich ziehen.
Dabei können viele Faktoren eine Rolle spielen, doch resultiert viel von dem Ärger aus den persönlichen Anschauungen darüber, was früher passiert ist, was jetzt passiert oder was noch passieren könnte. Diskussionen, die an die Stelle von Objektivität treten, verlagern sich und werden persönlich. Statt eine Idee ausschließlich auf der Grundlage dessen, was sie ist, zu untersuchen und zu beurteilen, kann es passieren, dass die Person, die sie präsentiert, davon Besitz ergreift und sich persönlich mit der Idee identifiziert, und wenn diese dann abgelehnt oder verändert wird, dann fliegen die Fetzen. Oder andersherum, jemand hört vielleicht von einem neuen Vorschlag und weil dieser als eine persönliche Bedrohung für die Kirchenorganisation betrachtet wird, möchte er oder sie möglicherweise entweder dagegen kämpfen oder einfach die Mitgliedschaft kündigen.
Persönlicher Sinn dieser Art errichtet oft „Fronten" und Spaltungen, die tief gehen. Schließlich werden Leute, mit denen Sie tatsächlich eine Menge gemeinsam haben, genau zu denjenigen, denen Sie misstrauen und denen Sie sogar das Gute aberkennen. Wenn so etwas beginnt, ist die Organisation tatsächtlich gebunden und kann nicht viel vollbringen. Persönlicher Sinn ist der Feind einer jeden Organisation.
Die beste Herangehensweise, die ich gefunden habe, um Trennungen zu heilen und Einheit zu ehren, ist aufzuhören, eine Bedrohung mit einer Person zu identifizieren. Jesus führte ein bedeutsames Argument in seiner Bergpredigt an, als er sagte: „...wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz [Raca]!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig." (Matthäus 5)
„Raca" [nach der King James Bibel] bedeutet „hohlköfiger Idiot". Jemanden auf diese Weise zu betrachten bringt stets eine eigene Hölle mit sich. Wenn man statt dessen seinen Mitglieds-Kollegen sozusagen durch Gottes Augen betrachtet, bringt das Heilung, konstruktives Gebet. Gott-gegebenes Potenzial ist in uns allen gegenwärtig und es liegt an jedem Einzelnen von uns, es gegenseitig anzuerkennen und sogar dafür dankbar zu sein. Das ist Kirche in Tätigkeit. Ich liebe die Stelle, wo Eddy erklärt: „Geistige Wahrnehmung fördert die Möglichkeiten des Seins zu Tage, zerstört das Vertrauen auf etwas anderes als Gott und macht so den Menschen in der Tat und in der Wahrheit zum Bild seines Schöpfers." (Wissenschaft und Gesundheit, S. 203)
Persönlicher Sinn ist der Feind einer jeden Organisation. Die beste Herangehensweise, die ich gefunden habe, um Trennungen zu heilen und Einheit zu ehren, ist aufzuhören, eine Bedrohung mit einer Person zu identifizieren.
Und wir alle sind daran interessiert, genau das zu tun — beim Führen unserer Kirchenorganisation auf nichts anderes als auf Gott zu vertrauen. Emotionaler, persönlicher Sinn ist nicht Gott und kann deshalb keine vertrauenswürdige Führung bereitstellen. Das eine Ego, das göttliche Gemüt, ist dazu immer in der Lage. Wenn organisatorische Entscheidungen getroffen worden sind, die entweder einschränkend oder zerstörerisch zu sein scheinen — wenn eine Organisation einfach an einer Stelle eingefroren zu sein scheint oder sich scheinbar in Richtungen entwickelt, die sie ihren ursprünglichen Zweck und ihre ursprüngliche Identität aus den Augen verlieren lassen — fassen Sie sich ein Herz und seien Sie Zeuge von Gottes sanfter, zeitgerechter Korrektur und Führung. Sie kommt immer. Jesus bezeugte sie, Eddy bezeugte sie und auch wir können — freudige — Zeugen sein.
