Eine alte (und erstaunlicherweise wahre) Geschichte geht so: Ein Mann kommt zum ersten Mal nach New York City, wo er in Immobilien investieren will. Ein skrupelloser Geschäftsmann merkt, wie naiv der Mann ist, und gibt vor, der Eigentümer der Brooklyn Bridge zu sein. Er erklärt ihm das gute Investitionspotenzial der Brücke und schwindelt dem Mann eine hohe Summe ab. Die Moral der Geschichte: Prüfen Sie, wem etwas gehört, bevor Sie es kaufen.
Das klingt vielleicht nicht wie eine metaphysische Lektion, doch diese Geschichte hat mir einen grundlegenden Punkt in der Christlichen Wissenschaft zu verstehen geholfen: Gott gehört absolut alles. Warum? Als das eine göttliche Gemüt, das Alles-in-allem, ist Gott der Schöpfer Seiner geistigen Ideen, und diese Ideen verbleiben in Gemüt – sie werden als der reine und vollkommene Ausdruck von Gemüt unterstützt, bewahrt und aufrechterhalten. Alles-in-allem bedeutet, dass nichts Gutes außerhalb von Gott sein oder entstehen kann. Wenn Gott also das einzige Leben, die einzige Quelle des Guten, die einzige Liebe ist, dann ist der einzige Ort, wo wir Leben, Gesundheit, Fülle und Liebe finden können, in Gott.
Diese alte Geschichte hat mir auch verstehen geholfen, wie man aufhört, auf die Versuchung hereinzufallen, Gesundheit und Güte woanders zu erwarten, nämlich indem man den Schwindler und seine Arbeitsweise erkennt. Im ersten Buch Mose in der Bibel wird der Schwindler als Schlange dargestellt, die Eva dazu verleitet, vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, bezeichnet diesen Schwindler im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, als tierischen Magnetismus bzw. Irrtum.
Doch egal, wie er genannt wird, er ist immer nur „nichts, das behauptet, etwas zu sein“, wie Eddy erklärt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 330). Er wirkt ausschließlich durch Suggestionen, denn er hat keine wirkliche Identität und keine Macht, etwas zu verursachen, zu nehmen oder zu geben. Manchmal geht der Irrtum subtil und manchmal aggressiv vor, doch seine Taktik besteht immer darin, die Allheit des einen unendlichen Gottes, des Guten, zu leugnen und zu behaupten, dass endliche Materie der Urheber alles Guten – und Bösen – ist.
Die Behauptungen des Irrtums kommen durch die fünf körperlichen Sinne zu uns und verkleiden sich als unser eigenes Denken. Sie geben vor, dass Leben in der Materie und Materie als Urheber von Glück, Güte und Reichtum erstrebenswert sind. Sobald wir diesen Glauben übernehmen, stellen wir fest, dass wir den angeblichen Gesetzen von Sünde, Krankheit und Tod etwas schulden. Früher oder später erkennen wir, dass eine Investition in ein von Materie behaftetes Leben wertlos ist, denn Materie hat kein eigenes Leben, kein Glück, keine Substanz und keine Identität. Diese gehören und kommen von Gott!
Christus Jesus lehrte seine Nachfolger dies, indem er ihnen zunächst zu verstehen half, wie man den Schwindler erkennt und sich von ihm befreit. Eine Zeile im Gebet des Herrn, das er ihnen beibrachte, lautet: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben“ (Matthäus 6:12). Und Paulus erkannte die tiefere, geistige Bedeutung von Schuld, wie er den Römern schrieb: „So sind wir nun, Brüder, nicht Schuldner unserer menschlichen Natur, dass wir nach dem Fleisch leben. Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, dann werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches abtötet, dann werdet ihr leben“ (8:12, 13). Mit anderen Worten, wenn wir erkennen, dass die Materie uns nichts geben kann, können wir unsere Freiheit von einem Leben in den Fängen des Fleisches behaupten, denn wir befreien uns von jeglichem Verlangen nach dem, was es uns geben könnte.
Und Jesus zeigt im Gebet des Herrn außerdem, wie man aufhört, „nach dem Fleisch“ zu leben, indem man anerkennt, dass das Sein ausschließlich Gott gehört. Das Gebet spricht von „Dein“, also Gott, und wenn wir das Gebet beten, geben wir jegliches falsche Verantwortungsgefühl für unser Leben auf, das wir vielleicht haben, und vertrauen alles Gott an, der unser wahres und einziges Leben ist. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Alle Substanz, Intelligenz, Weisheit, alles Sein, alle Unsterblichkeit, Ursache und Wirkung gehören Gott an. Sie sind Seine Attribute, die ewigen Manifestationen des unendlichen göttlichen Prinzips, Liebe. Keine Weisheit ist weise als Seine Weisheit; keine Wahrheit ist wahr, keine Liebe ist lieblich, kein Leben ist Leben als das göttliche; nichts Gutes gibt es außer dem Guten, das Gott verleiht“ (S. 275).
Somit muss die Antwort auf alle unsere Bedürfnisse – einschließlich unserer Zufriedenheit – darin liegen, dass wir Gott als die Quelle alles Seins und alles Guten akzeptieren. Wir sehen ein gutes Beispiel dafür in der Bibel, und zwar in Jesu Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (siehe Matthäus 20:1–16). In dieser Geschichte heuert ein Mann früh am Morgen Arbeiter für seinen Weinberg an. Er geht um die dritte, sechste, neunte und elfte Stunde aus, um weitere Arbeiter zu finden. Am Ende des Tages bezahlt er allen dieselbe Summe – das Geld, das er mit den ersten Arbeitern des Tages vereinbart hatte. Als die Leute murren, dass das unfair ist, erklärt Jesus, dass Gott der Eigentümer aller ist, und Er stellt nur eine Summe für Seine Kinder bereit: alles. Dieses Gleichnis setzt den gesamten sterblichen Modus außer Kraft, nach dem man Gutes verdient und besitzt, und akzeptiert das göttliche Modell des Alles-in-allem und der Gnade.
Ich habe festgestellt, dass ein Zustand, bei dem ich innig gebetet habe, aber noch nicht geheilt wurde, vielfach ein Hinweis darauf ist, dass ich immer noch etwas vom Leben haben will und Gott als das Mittel betrachte, es mir zu verschaffen. Vor ca. zehn Jahren hatte ich zum Beispiel Brustschmerzen, die auf ein Problem mit dem Herzen hinwiesen. Drei Tage lang betete ich inniglich, und die Schmerzen ließen nach. Doch am dritten Nachmittag wurden sie dann plötzlich sehr stark. Die Intensität der Situation half mir allerdings zu erkennen, wie hilflos ich in Wirklichkeit war, am Leben festzuhalten und mich aus eigener Kraft am Leben zu erhalten. Ich fing an zu lachen und sagte: „Leben bist Du, Gott, und es ist ja wohl Dein Job, Deine Kinder in Leben zu erhalten.“ Ich war sicher, dass sich diese Wahrheit durch Freiheit von Schmerzen und Furcht zeigen würde, auch wenn ich nicht mehr versuchte, in der Materie am Leben zu bleiben, indem ich mit Gott verhandelte. Die Schmerzen hörten augenblicklich auf und kehrten nie zurück.
Ich lerne immer mehr, nicht auf die leeren Versprechungen des Schwindlers hereinzufallen, dass er mir etwas geben kann, das er nicht besitzt, oder etwas nehmen kann, das Gott mir geschenkt hat. Solch ein Betrug würde ständig versuchen, uns durch die körperlichen Sinne einzureden, dass er der Eigentümer unserer Fähigkeiten, unseres Gedächtnisses, unserer Bewegungsfähigkeit, unserer Beziehungen, unserer Versorgung, unseres Lebenszwecks und unseres Lebens ist. Doch da Gott Alles ist, muss Ihm alles gehören. Was für eine Erleichterung! Gott, die göttliche Liebe, ist für jede Einzelheit unseres wahren Seins zuständig. Und das bedeutet, dass wir immer zärtlich unterstützt und versorgt sind, egal wie unsere menschlichen Aussichten, unsere Jobbezeichnung, unser Familienstand, unser Alter usw. aussehen.
Wie dankbar können wir sein, dass die Christliche Wissenschaft die Taktik dieses lügnerischen Schwindlers und seine völlige Unwirklichkeit aufdeckt und uns zeigt, wie wir demütig alle irrigen Wünsche aufgeben können, damit wir Gott als die einzige Quelle und den einzigen und ewigen Urheber alles Guten für Seine geliebten Ideen – Sie und mich – ehren. Mrs. Eddy fasst es sehr schön zusammen: „Gänzlich getrennt von diesem sterblichen Traum, dieser Täuschung und Verblendung des Sinnes, kommt die Christliche Wissenschaft, um den Menschen als Gottes Ebenbild zu offenbaren, als Seine Idee, mit Ihm zugleich bestehend – Gott, der alles gibt, und der Mensch, der alles hat, was Gott gibt“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 5).
Susan Booth Mack Snipes
auf Einladung der Redaktion