Sechzehn Jahre lang war mein Leben der Struktur von Schule und Uni gefolgt. Nun war es damit vorbei. Mit abgeschlossenem Studium und am Ende eines Sommerprojekts sollte ich jetzt die Zukunft in Angriff nehmen. Aber ich fühlte mich nicht dazu bereit. (Wichtige) Entscheidungen – was tun, wo anfangen, wohin gehen – schüchterten mich ein. Ich fürchtete, die falsche Wahl zu treffen.
Meine Freunde schienen alles im Griff zu haben. Aber ich fühlte mich überwältigt – und gestresst. Das Geld, das ich im Sommer verdient hatte, würde nicht lange reichen, und ich brauchte einen Job. Ich brauchte eine Richtung und das Gefühl, einen Sinn zu haben.
Außerdem steckte ich in einer Beziehung, die entweder Fortschritt machen oder enden musste. Er war in Massachusetts; ich im Mittleren Westen. Ich flog hin, um ihn zu besuchen, aber als das Wochenende vorbei war, hatte ich immer noch keine Klarheit. Es war der Abend, bevor ich abreisen sollte, und ich hörte die Glocken der Mutterkirche, der Ersten Kirche Christi, Wissenschaftler, in Boston.
Dort fand ein Abendgottesdienst statt, und ich ging hin. Ich fühlte mich zu Hause und fest verankert. Mir liefen Tränen herunter, als wir ein Lied von Mary Baker Eddy sangen, das mit den Worten beginnt: „Hirte, über Berge steil zeig den Weg mir klar“ (Vermischte Schriften 1883–1896, S. 397). Nun wurden diese Worte zu meinem eigenen, tiefen Gebet.
Zurück im Hotel und weiterhin aus tiefstem Herzen betend, sah ich eine Gideon-Bibel aufgeschlagen auf dem Tisch liegen. Ich schaute auf diese Stelle aus den Psalmen: „Gott ist in ihrer Mitte, darum wird sie fest bleiben [nicht überwältigt sein, las ich daraus]; Gott hilft ihr früh am Morgen [jetzt, las ich daraus]“ (Psalm 46:6). Ich las die Stelle mehrmals und fühlte mich getröstet und beruhigt. In dem Moment war mir klar, dass die Beziehung nicht richtig für mich war, und ich war sicher, dass Gott bei mir – und ihm – sein und mir Schritt für Schritt Mut geben würde. Ich war erleichtert und schlief sehr gut.
Auf dem ganzen Heimweg dachte ich über diese Verheißung aus der Bibel und die göttliche Autorität und Zärtlichkeit nach, die ihr zugrunde liegt. Mein Gefühl sagte mir: Gott hat mir die Botschaft gegeben, als ich sie brauchte! Und ich wusste mit größerer Überzeugung, dass ich ohne Angst vorangehen konnte, indem ich mich auf jedem Schritt von Ihm führen und beschützen ließ. Ich war sicher, dass der Weg voran kein einsames Stolpern sein würde; Gott unterstützte und erhielt mich.
Obwohl behauptet wurde, dass Absolventen in Literatur – also ich – keine Stelle finden würden, wurde am Tag meiner Rückkehr eine Stelle von einem großen Unternehmen ausgeschrieben, die für meine Fähigkeiten wie geschaffen war. Ich bewarb mich und wurde genommen. Das Büro war ganz nah bei meinem Vater, und er lud mich ein, bei ihm zu wohnen, um Geld zu sparen. Kurz darauf entwickelte sich eine wundervolle Beziehung mit dem Zimmergenossen meines Zwillingsbruders aus dem College. Ein Jahr später heirateten wir.
Das Interessante war, dass ich nicht wusste, was passieren würde – und nicht einmal das Bedürfnis dazu hatte. Nach dem Wochenende in Boston waren alle meine Ängste über die Zukunft und mögliche Fehler verschwunden. Diese Zeile aus Lied Nr. 169 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft half mir: „Ich bitte nicht, schon hier / zu sehn das Ziel; ein Schritt genüget mir“ (John Henry Newman).
Ein Schritt. Zu meiner Überraschung reichte mir das. Gott zu vertrauen war nicht mühsam, sondern jeden Tag ein neues Abenteuer. Mir wurde täglich der Weg gezeigt. Ich hatte nie wieder das Gefühl, wie Treibgut ohne Ziel und Zweck im Meer zu treiben. Ich war in Gott verankert und lernte, dass mein Lebenssinn immer gleich blieb, nämlich Gott in allem zu verherrlichen, was ich tat, egal welche äußerliche Form meine Tätigkeit annehmen würde.
Es mag sein, dass du mit Dingen kämpfst, die dir unklar sind. Davon scheint es etliche zu geben: Gesundheit, Schule/Uni, Finanzen oder ganz allgemein die Zukunft. Doch tief in uns ist Gottes Gesetz Seiner Allheit und Güte. Es ist „mitten unter uns“ – im Kern unseres Seins. Und dieses Gesetz – fundiert, verlässlich, sicher – ist immer fähig, uns zu führen, zu korrigieren und zu schützen, wenn wir es anerkennen und anwenden. Meine Erfahrung bewies mir, wie felsenfest dieses Gesetz der Liebe ist; es ist die Natur der göttlichen Liebe: unaufhörlich, unvoreingenommen, unveränderlich, egal, womit du dich auseinanderzusetzen hast.