An jenem Wintermorgen schneite es und ich war in Eile. Ich musste unsere Tochter zum Kindergarten bringen und dann schnell wieder zurück in mein Praxis-Büro. Ich schnallte sie an und setzte mich dann in den Fahrersitz, um das Auto anzulassen. Als ich auf die Kupplung trat, rutschte die schneeverkrustete Sohle meines Stiefels von dem abgegriffenen Metall ab. Das Pedal schnellte nach oben und prallte mit der scharfen Kante gegen mein Schienbein. Ich hörte ein lautes Knacken und fühlte sofort einen furchtbaren Schmerz.
Damals gab es noch keine Mobiltelefone, und ich wusste, dass ich nicht zum Haus zurückgehen konnte, um Hilfe zu rufen. Also wandte ich mich an meine kleine Tochter und sagte: „Schätzchen, kannst du bitte für Mami beten?“ Meine Tochter machte die Augen zu und wurde ganz still. Innerhalb von Sekunden hörten die Schmerzen auf und ich konnte meinen Fuß normal und problemlos bewegen. Obwohl ich geistiges Heilen hauptberuflich ausübte, überraschte mich, dass ich mich unverzüglich wieder normal bewegen konnte und keine Schmerzen mehr hatte.
Ich drehte mich zu unserer Tochter um und sagte: „Schätzchen, Mami ist geheilt.“ Ihr Gesichtsausdruck sagte: „Ist doch logisch!“ Ich fragte sie: „Als du für Mami gebetet hast, was hast du da gedacht?“ Sie machte ein genervtes Gesicht und sagte: „Mami, wenn ich bete, dann denke ich nicht. Dann höre ich zu.“ Ihre Antwort beeindruckte mich zutiefst und änderte von da an meine Art zu beten.
Mary Baker Eddy schreibt im ersten Kapitel ihres Hauptwerks über geistiges Heilen, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Beten, Wachen und Arbeiten, verbunden mit Selbstaufopferung, sind Gottes gnadenreiche Mittel zur Vollendung alles dessen, was erfolgreich für die Christianisierung und Gesundheit der Menschheit getan worden ist“ (S. 1). Und weiter hinten im selben Kapitel schreibt sie: „Um recht zu beten, müssen wir in das Zimmer gehen und die Tür schließen. Wir müssen die Lippen schließen und die materiellen Sinne zum Schweigen bringen“ (S. 15).
An jenem Tag hat mich meine Tochter gelehrt, dass Gebet nicht dazu gedacht ist, das menschliche Gemüt als Partner beim Heilen zu gewinnen. Vielmehr bringt Gebet das menschliche Gemüt zum Schweigen. Ja, Wissenschaft und Gesundheit erinnert uns daran, dass das menschliche Gemüt „in dem Prinzip der Christlichen Wissenschaft kein Faktor ist“ (S. x). Gebet ist nicht einfach unsere Methode, Gott, das göttliche Gemüt, zu erreichen; Gebet ist die Methode, durch die Gottes Botschaften uns erreichen und zu uns sprechen – und das wird bewerkstelligt, wenn wir lauschen.
Gebet, das mit Worten beginnt, hilft uns, den Weg dafür zu ebnen, die tiefergehende, resonante Stimme Gottes „in dem stillen Heiligtum ernsten Sehnens“ zu hören und zu fühlen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 15) – die Gegenwart unseres Vater-Mutter-Gottes zu verstehen und Seine-Ihre Macht zu spüren. Gebet bedeutet Zuhören. Und dieses Zuhören findet nicht im Verstand, sondern im Herzen statt.