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Original im Internet

Die geistige Revolution

Aus dem Herold der Christlichen Wissenschaft. Online veröffentlicht am 6. Dezember 2018


Vorbemerkung:

Ehe ich auf das eigentliche Thema eingehe, ist vielleicht ein erklärendes Wort angebracht. Wenn ich mich hier umsehe, habe ich den Eindruck, dass viele von Ihnen Christliche Wissenschaftler sind. Aber ich bin auch sicher, dass viele es nicht sind. Bitte verstehen Sie, dass das, was ich heute zu sagen habe, keine konfessionell gebundene Ansprache ist. Es ist eine Betrachtung über Religion und Wissenschaft in der modernen Welt, von einem Journalisten vorgetragen. Dieser Journalist ist auch von Jugend auf Christlicher Wissenschaftler. Es ist jetzt, im Jahre 1966, 100 Jahre her, seit die Religion der Christlichen Wissenschaft durch eine hingebungsvolle Frau in Neuengland, Mary Baker Eddy, entdeckt wurde. Später gründete sie die Kirche, der so viele von Ihnen angehören, wie auch die Zeitung, für die ich tätig bin. Es könnte noch viel mehr über ihren Beitrag für die Menschheit gesagt werden, aber das ist nicht der Zweck meiner heutigen Ansprache.


Die Welt ist heute voll von Triumph und Gefahr. Aber was sie am stärksten erfüllt ist ein Gefühl geistiger Unordnung.

Ich möchte heute die Behauptung aufstellen, dass diese drei Faktoren in direkter Beziehung zueinanderstehen.

Der Triumph unserer Zeit liegt darin, dass sich die Menschen ihre physische Umgebung untertan machen, vom Atom bis zu den Sternen.

Die Gefahr unserer Zeit besteht darin, dass wir die Kräfte, die wir freigesetzt haben, noch nicht beherrschen. Oder, um es anders auszudrücken, wir haben noch nicht gelernt, individuelle und kollektive Selbstbeherrschung zu üben.

Und der Grund, warum diese Elemente noch nicht unter Kontrolle sind, liegt darin, dass es uns ganz allgemein nicht gelungen ist, das Wesen, den Ursprung und die Bedeutung dieser Umwälzung zu erfassen, die im menschlichen Denken und Handeln vor sich geht.

Wir haben ganz entschieden eine Umwälzung in unserer Beziehung zu den Naturkräften bewirkt. Es liegt in unserer Hand, viele alte Feinde der Menschheit vollständig zu besiegen. Wir haben die Möglichkeit dazu. Wir haben das Werkzeug dazu. Wir haben das Wissen. Und wir haben die technischen Mittel. Aber weil wir glauben, die Menschen hätten diese Dinge selbst hervorgebracht, haben wir uns in unserem Denken von der einen wahren Quelle des Verständnisses, des Fortschritts und der Ordnung abgewandt. Daher gibt es natürlich Verwirrung.

Die Quelle des menschlichen Triumphs und die Lösung des Problems der individuellen und kollektiven Selbstregierung ist – um es bei dem alten Namen zu nennen – Gott. „Aber“, so mögen Sie sogleich fragen, „wie wissen wir, dass Gott existiert? Sagen nicht sogar einige moderne Theologen: ‚Gott ist tot‘?“

Dieses Leugnen Gottes in der heutigen Zeit geht im Besonderen auf den Kampf des neunzehnten Jahrhunderts zwischen Wissenschaft und Religion zurück. Es war ausdrücklich in den Lehren des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche enthalten. Und es zeigt die unselige Lücke im menschlichen Denken von heute. Das Leugnen Gottes rührt daher, dass Gott falsch verstanden wird. Eines der großen Erfordernisse für klares Denken ist, dass wir unsere Begriffe definieren. Was verstehen wir unter Gott? Natürlich nicht den althergebrachten Begriff von einem übermenschlichen Wesen auf einem Thron im Himmel. Wir sind heute weit entfernt von jener guten Frau, die im Alter von 80 Jahren, oder vielleicht waren es auch 90, das schwierige Studium der hebräischen Sprache aufnahm. Als sie von ihren Freunden gefragt wurde, warum sie sich dieser außerordentlichen Aufgabe unterzogen habe, antwortete sie: „Ich möchte meinen Schöpfer in seiner eigenen Sprache anreden können!“

Wir brauchen nicht nach neuen Begriffen zu suchen, um zu erklären, was Gott ist. Schon in der Bibel werden uns klare Bezeichnungen gegeben, durch die Gott als Liebe und Wahrheit und Leben und Geist identifiziert wird. Und wir finden auch Hinweise darauf, dass Er Seele und Gemüt und Prinzip ist. Das ist das Konzept von Gott, das Christliche Wissenschaftler akzeptieren. Damit wird Gott im Wesentlichen mit geistigen Begriffen definiert, Begriffen, die eine grundsätzliche und universale Wahrheit darstellen, die nicht zu leugnen ist. Man könnte zum Beispiel unmöglich behaupten, dass es nicht so etwas wie Leben oder Wahrheit oder Prinzip gebe. 

Diese Grundbegriffe sind nicht „tot“. Sie sind immerdar lebendig, und sie werden im menschlichen Denken widergespiegelt und kommen in ihm zum Ausdruck. Sie liefern täglich neue Beweise für ihre Anwendbarkeit und Tragweite.

Wenn man Gott substantivisch erklärt, beginnt man bereits die Kluft zu überbrücken, die nicht allein zwischen Wissenschaft und Religion zu bestehen schien, sondern auch zwischen anderen Formen des rationalen Denkens und unseren herkömmlichen Begriffen von Religion. Diese Kluft, so scheint mir, ist ein tragisches Missverständnis.

Unser Unvermögen, die geistige Ursache in den Kräften, die im neuzeitlichen Leben am Wirken sind, zu bestimmen und zu verstehen, hat dazu geführt, dass wir unseres Erbes beraubt werden, das in seinem innersten Wesen religiöser Art ist. Unsere Gesellschaft ist in Wirklichkeit viel religiöser als wir wissen oder zugeben. Aber die Unfähigkeit, geistige Faktoren richtig einzuschätzen, hat die Entfremdung und Ablehnung herbeigeführt, die in der heutigen Jugend so bedrückend freimütig zum Ausdruck kommt, aber auch in vielen anderen Teilen der Bevölkerung so offensichtlich ist. Wir verleugnen unwissentlich unser Geburtsrecht – verleugnen das Wirken der gottgegebenen Intelligenz und Einsicht, die im menschlichen Bemühen kundwird –, und das gerade zu der Zeit, wo wir uns der immer stärker zum Ausdruck kommenden Herrschaft über die Kräfte der Materie in höchstem Maße bewusst sein und dankbar dafür sein sollten.

Ganz gewiss befinden wir uns jetzt, vielleicht wie nie zuvor, an einem großen Wendepunkt der menschlichen Geschichte. Es ist jetzt eine Zeit, in der wir uns über den aggressiven Materialismus und die betonte Sinnlichkeit unserer Tage erheben müssen, und zwar dadurch, dass wir die tiefere Bedeutung dessen erkennen, was vollbracht wird.

Ich brauche natürlich nicht erst zu sagen, dass ich kein Evangelist bin. Ich bin Journalist. Mein ganzes Leben lang ist es meine Aufgabe gewesen, unsere Zeit zu beobachten und ihren tieferen Sinn zu deuten.

Aufgrund all dieser Beobachtungen bin ich überzeugt – und ich bin sicher, dass Sie mir darin zustimmen –, dass die Notwendigkeit für ein geistiges Erwachen gekommen ist. Ich bin ebenso überzeugt, dass geistiges Erwachen nicht das Ergebnis einer Gefühlsregung sein kann, sondern auf Verständnis beruhen muss. Mein Bemühen geht heute dahin – hauptsächlich als Journalist –, zu beschreiben und zu definieren, was in unserem heutigen Leben vor sich geht und was es bedeutet.

Lassen Sie uns also die hinter uns liegenden 100 Jahre der Menschheitsgeschichte betrachten und versuchen zu verstehen, was sie uns über die Richtung, die der moderne Mensch eingeschlagen hat, zu sagen haben. Es war fraglos das bemerkenswerteste Jahrhundert, seit die Geschichte ihren Anfang nahm.

Vor hundert Jahren setzte gerade das Zeitalter der Naturwissenschaft ein. Nur wenige Jahrzehnte zuvor waren die Muskeln von Mensch und Tier, der Wind, die Gezeiten und fallendes Wasser die einzigen Quellen physischer Kraft, deren sich die Menschen bedienten.

In der Religion spricht man allgemein von dem allmächtigen Gott. Die Bibel ist voll von überwältigenden und schönen Beschreibungen der Macht Gottes. Aber die physische Kraft, die bis vor etwa einem Jahrhundert von den Menschen entwickelt wurde, war ganz entschieden begrenzt.

Der Gedanke der Kraft war nur in sehr begrenztem Umfang in materielle Begriffe – in Meterkilogramm – übertragen oder umgesetzt worden. Daran änderte sich viele Jahrhunderte lang verhältnismäßig wenig. Seit jedoch im neunzehnten Jahrhundert die mentalen Kräfte entfesselt wurden, multiplizierten sich die erwiesenen Kraftquellen ins Ungeheure. Wir wollen einmal annehmen, dass die zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts insgesamt nutzbar gemachten Kraftquellen der Welt etwa die Stärke eines Bogens Papier hätten. Vor einem Jahrhundert, also 1866, hätten sie etwa der Stärke einer Schallplatte entsprochen. Vor 25 Jahren hätten sie das Dach eines fünfstöckigen Hauses durchstoßen. Wenn wir nun heute die Atomkraft hinzunehmen, würden sie das Dach eines fünfzigstöckigen Gebäudes durchstoßen. Allein die Erzeugung von elektrischer Kraft hat sich zumindest während der letzten drei Jahrzehnte alle zehn Jahre verdoppelt, und das ist eine erstaunliche Entwicklung – bis man sie mit der Aktivierung anderer Kraftquellen einschließlich der Atomkraft vergleicht. 

Diese phantastische Aktivierung der Kraftquellen ist nicht allein eine materielle Leistung. Sie ist ein Triumph der Intelligenz und Erfindungskraft und zeugt von Kühnheit und Organisierung. Sie ist ein Triumph des menschlichen Geistes, und dieser Geist stellt eine weitere Möglichkeit dar, das Wesen und die Beschaffenheit Gottes zu beschreiben, die von den Menschen widergespiegelt werden und sich durch sie kundtun. Wenn wir diese Tatsache nicht erkennen, werden wir die physische Kraft nur unter ihrem materiellen Aspekt betrachten. Wir werden die Materie und den Materialismus zu unserem Gott machen wollen. Das ist verkehrt. Die Gewalt der Kraft gründet sich nicht auf Kraft, sondern auf das Denken, das dahintersteht. Der Atombombe, die ein Volk oder eine Zivilisation zerstören könnte, wohnt an sich nichts Böses inne; sie könnte der Menschheit gute Dienste leisten. Ihre physische Kraft ist an sich nützlich. Die Bombe kann keinen Schaden tun, wenn sie der Kontrolle verantwortungsbewussten Denkens und Entscheidens untersteht.

Aber hiermit eile ich dem Bericht voraus. Zuerst war es der Dampf, der das neue Zeitalter einleitete, da er die Kraft für Weberschiffchen und Webstühle stellte, wie auch für Transportmittel – Eisenbahnen und Dampfschiffe. Er bedeutete für die Menschen den ersten großen Sprung vorwärts in der Entdeckung der unfassbar großen Quellen physischer Kraft, die schon immer um sie her existiert hatten. Es war natürlich ein Triumph der gottgegebenen Intelligenz und Erkenntnis. Nach dem Dampf kam die Elektrizität, die die Welt mit Licht versorgte, Maschinen antrieb und den Strom für telegraphische Mitteilungen lieferte, die über ganze Kontinente und durch Kabel unter dem Meer ausgesandt werden. Die Elektrizität lieferte nicht nur Kraft, sondern diente auch der Kommunikation. Durch sie wurde die Welt erstmals kleiner. Und wir könnten daraus vielleicht schließen, dass die Elektrizität ein noch bedeutsamerer Triumph der gottgegebenen Eigenschaften war, die der Mensch ausdrückt, denn mit ihr machte man sich vielfältige Kräfte zunutze, die man nicht gesehen und größtenteils noch nicht gekannt hatte, aber die doch immer unsichtbar vorhanden waren.

Das Verständnis von der Elektrizität begann auch Licht auf das Wesen der Materie zu werfen. Durch das Gegenüberstellen entgegengesetzter Kräfte – positiv und negativ in der Elektrizität, Nord und Süd im Magnetismus – begannen die Menschen, mehr vom Gleichgewicht der Natur und der Möglichkeit des Missverhältnisses in der Natur ebenso wie in den menschlichen Angelegenheiten wahrzunehmen. Wie das Feuer viele tausend Jahre zuvor, so wurde die Elektrizität als nützliches Hilfsmittel, aber auch als gefährlicher Meister angesehen. Es lag auf der Hand, dass die Menschen die Herrschaft darüber erlangen und bewahren mussten.

Als die Elektrizität gebändigt war, wurde bald darauf die Verbrennungsmaschine erfunden, und das führte zum Automobil und dann zum Flugzeug. Das Auto, wie wir nur allzu gut wissen, brachte einen großen Wandel in der menschlichen Gesellschaft mit sich, veränderte die Lebensweise, führte zu großer Beweglichkeit (manchmal auch zu großer Unbeweglichkeit), verursachte das Problem der Zersiedelung und bewies wiederum, dass ein äußerst nützliches Hilfsmittel auch dessen weise und verantwortungsbewusste Beherrschung erfordert, wenn es nicht größere Probleme schaffen soll als es löst. Auch hier liegen die Probleme beim Menschen, nicht bei den Maschinen. Und diese Probleme kann man nicht dadurch lösen, dass man auf strengere Einhaltung der Verkehrsregeln achtet und breitere Straßen oder sicherere Autos baut, denn es handelt sich um geistige Probleme, bei denen die Menschen mit dem Herzen und dem Verstand dem göttlichen Befehl folgen sollten: „Du sollst nicht töten“, wie auch dem unbegrenzt gültigen Gebot Christi Jesu, andere so zu behandeln, wie man selbst von den Menschen behandelt werden will.

Die weitgehende Verwendung von Dampf und Elektrizität und Verbrennungsmaschinen war von Bedeutung und beeinflusste zumindest oberflächlich unser aller Leben. Aber unter der Oberfläche gingen weit größere Veränderungen vor sich. Eine von ihnen war konstruktiv und tiefgreifend; die andere wirkte vorübergehend destruktiv.

Die konstruktive Veränderung ging vor sich, als die Naturwissenschaftler das Wesen der physischen Wirklichkeit und der Materie gründlicher erforschten. Die Konzepte des neunzehnten Jahrhunderts von dem, was „billiard ball universe“ – „Billardkugel­Universum“ – genannt wurde, das heißt, von einem festen, kompakten, endlichen Universum, wurden durch Relativität und die sogenannte „Unbestimmtheitsrelation“ der jüngsten Zeit ersetzt. Die Materie wurde in mathematischen oder philosophischen Begriffen beschrieben oder, wie sich eine naturwissenschaftliche Autorität ausdrückt, als „ein Gebilde des Bewusstseins, ein Gebäude konventioneller Symbole, von den Sinnen des Menschen geformt“.

Größtenteils aufgrund dieser Erkenntnis wurde das Atom gespalten, wurde die Atomkraft und Kernenergie erschlossen, die in riesigem Ausmaß die verfügbare physische Kraft vermehrte, und das menschliche Wissen über das physische Universum begann sich in vielfältiger Weise zu wandeln. Die Erforschung des Makrokosmos und des Mikrokosmos übersprang große Hürden.

Heutzutage kann man sagen, dass von allen Veränderungen, die in unserer Zeit vor sich gegangen sind, keine größer und bedeutsamer ist als die Zunahme unseres materiellen Wissens. Was da abgespeichert wird, hat atemberaubende Ausmaße. Zu dem ständig sich vermehrenden Wissen kommt nun jedoch hinzu, was mit „Revolution auf dem Gebiet der Informationen“ bezeichnet wird. Das bedeutet Fortschritt im Abspeichern, in der Wiedergabe und dann im Weitergeben von Informationen über ein Verteilernetz. Alle paar Tage wird bekanntgegeben, dass sich einschlägige Firmen für Hardware auf dem Gebiet der Kommunikation und Elektronik mit den für die Software zuständigen Universitäten, Verlagsgesellschaften und anderen zwecks einer Kooperation neu zusammengeschlossen haben. Rechtsanwälte, Bankhäuser, Geschäftsleute, die oft Kredit gewähren – diese und viele andere errichten Informations-Verteilernetze, die an das System erinnern, mit dem heute bei Fluglinien augenblicklich Flüge auf elektronischem Wege reserviert werden. Dadurch, dass wir in der Lage sind, ungeheure Mengen an Information über riesige Verteilernetze weiterzugeben, ahmen wir etwas nach, was dem geistigen Begriff „Allwissenheit“ sehr nahekommt.

Wir haben jetzt nicht die Zeit, im Einzelnen auf dieses Thema einzugehen. Die gegenwärtigen Möglichkeiten weisen jedoch eindeutig auf den Tag hin, wo alle Informationen der Welt in jeder Sprache jedermann durch Satellitenübermittlung zur Verfügung stehen wird.

Wir können ein wunderbar nützliches und geordnetes Kommunikationssystem haben, oder aber Chaos. Wer wird dieses System planen? Wer wird es unter sich haben? Wer wird es unter Kontrolle halten? Die Technik zwingt uns zu gemeinsamem Vorgehen, wenn wir klug genug sind, die gesellschaftlichen und politischen Lösungen auszuarbeiten.

Das gespeicherte Wissen hat Auswirkungen, die wir weder voraussehen noch erfassen können. Die Verwendung digitaler Computer zum Beispiel berührt nicht nur die Landesverteidigung, sondern auch alle Wirtschaftsbereiche, die Herstellungsprozesse, das Speichern von Informationen und deren Wiedergabe. Forschungsarbeiten auf anderen Gebieten, auch auf dem der Geisteswissenschaften, sind durch den Computer außerordentlich intensiviert worden. Gelehrte studieren sogar viele altbiblische Texte und erlangen größere Genauigkeit und bedeutende Aufschlüsse. Kurz: die Umwälzung auf dem Gebiet des Wissens geht immer schneller vor sich.

Es gibt noch einen anderen wichtigen Unterschied in der Einstellung der Naturwissenschaftler des neunzehnten und des zwanzigsten Jahrhunderts. Im neunzehnten Jahrhundert glaubten die meisten von ihnen, dass sie die endgültigen Grenzen des Wissens erreichten, dass sie alles wüssten. Die heutige Einstellung lässt sich gut in die Worte des großen Erfinders und Industriellen Charles Kettering fassen: „Wir haben bis heute nur einige Brocken vom Berg des Wissens abgeschlagen – Brocken, die unser ganzes Leben gewandelt haben. Aber vor uns liegt, noch praktisch unangetastet, eine riesige Masse von grundlegenden Tatsachen, von denen jede einzelne, wenn sie aufgedeckt würde, unsere Zivilisation umwandeln könnte.“ Die Möglichkeiten, die den Menschen gegeben sind, wenn sie ihre gottgegebene Fähigkeit zu denken auf die menschlichen Angelegenheiten anwenden und in den täglichen Erfahrungen widerspiegeln, bieten sich heute in einem Tempo an, dass verständlicherweise der menschliche Intellekt sie wirklich nicht zu fassen vermag. So nützlich dies alles auch sein kann, es führt uns sehr schnell an die Grenzen der Ethik und Moral. Chemie, Biologie und Psychologie werfen heute große neue Fragen auf, was den Eingriff in die Fähigkeit der Menschen, für sich selbst zu denken, und die Ausübung einer Kontrolle über diese Fähigkeit angeht. Wie soll der einzelne geschützt werden? Wie steht es mit seinem unumschränkten Recht auf sein Leben – besonders auf seine Fähigkeit, selbst zu denken und seine Entschlüsse nach seinem Gewissen und seinem höchsten Gefühl für das Rechte zu fassen –, wie kann man ihm dieses Recht erhalten, nicht nur im Zeitalter der Massenpropaganda, sondern auch zu einer Zeit, wo es möglich wäre, die selbstständigen Gedankengänge des Menschen auf biologischem und chemischem Wege zu beeinflussen? Auf diese Gefahren – deren Lösung noch aussteht – wird heute von verantwortungsbewussten Naturwissenschaftlern hingewiesen.

Erst in diesem Jahr sprach Dr. David Krech, Psychologe an der Universität von Kalifornien, auf der Jahresversammlung der „Amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“ von „echten Durchbrüchen zum Verständnis des menschlichen Geistes“. Er setzte hinzu:

Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, was ein solches Verständnis des menschlichen Geistes im Hinblick auf dessen Beherrschung bedeuten kann. Und sobald ich den schrecklichen Ausdruck aus den Zukunftsromanen „Bewusstseinskontrolle“ erwähne, wissen Sie sogleich, was ich im Sinn habe: Das Problem der Ethik und der Politik und des sozialen Guten. Wer von uns hat angefangen, ernsthaft über alle diese Probleme nachzudenken? Falls wir wirksame Mittel zur Bewusstseinskontrolle finden sollten, sollte dann die Herstellung und der Vertrieb solcher Mittel Privatunternehmen oder der militärischen Aufsicht oder der staatlichen Kontrolle überlassen werden? Und wie sollte das geschehen, und wann, und durch wen?

Ich glaube nicht, dass ich übertreibe, wenn ich die Ansicht äußere, dass das, was unsere Forschung entdecken mag, sogar noch ernstere Folgen haben kann als die sowohl Furcht als auch Ehrfurcht einflößenden Leistungen der Atomphysiker. Wir wollen nicht in ihre Lage kommen, über das, was wir zustande gebracht haben, aus Unverstand überrascht zu sein, naiv bestürzt, rührend beladen von öffentlich zur Schau getragener Schuld. Wir wollen jetzt, bevor es dazu kommt (wenn wir überhaupt noch in dem „Zuvor“-Stadium sind), dieses Problem ganz durchdenken.

Vor nicht langer Zeit hatte ich den mich sehr berührenden und anregenden Besuch von drei jungen französischen Juristen. Sie waren Idealisten, scharfsinnig, logisch, gewissenhaft. Sie wollten herausfinden, was in den Vereinigten Staaten in Bezug auf die neuen biologischen Kontrollen über den Menschen geschehen ist. Sie interessierten sich für gesetzliche Maßnahmen zur Wahrung der Identität der Menschen angesichts der neuen mechanistischen Auffassungen vom menschlichen Körper und menschlichen Bewusstsein. Sie waren besorgt über die Möglichkeit einer Veränderung in dem, was stets als heilige Unantastbarkeit des Individuums angesehen worden ist.

Weitere Eingriffe in die Gewalt des einzelnen über sein eigenes Denken erstrecken sich auf das weite Gebiet der organisierten Propaganda, der Tiefenpsychologie und der Techniken des unbewussten – oder unbemerkten – Eingriffs in das Denken; sie erstrecken sich ferner auf die Möglichkeit der Verwendung von Drogen oder chemischen Präparaten, die die Persönlichkeit und das Denken des einzelnen direkt beeinflussen. Auf den mit dieser Ansprache verbundenen Reisen wurde ich oft daran erinnert, mit welcher Sorge sich die Naturwissenschaftler an Autoritäten auf dem Gebiet der Ethik, Moral und sogar der Religion um Führung wenden. Gerade in einem Labor, wo vorgeschrittene biologische Studien im Gange sind, hat man sich sehr bewusst an die Ethik und Religion gewandt.

Diese sehr unvollständige Zusammenfassung der Veränderungen und Möglichkeiten genügt, um uns alle daran zu erinnern, dass das heutige enorme Wissen – gleich wie in der tiefgründigen und tatsächlich sehr gegenwartsnahen Allegorie vom Baum der Erkenntnis im Garten Eden – dringend nach tiefergehenden geistigen Kontrollen verlangt, wenn wir der menschlichen Gesellschaft die Werte erhalten möchten, die, darüber werden wir uns alle einig sein, wesentlich sind.

Und das bringt mich auf das zweite Gebiet, auf dem im neunzehnten Jahrhundert ein Wandel stattfand, der noch heute anhält. Ich meine die Kluft zwischen der modernen Erkenntnis und der herkömmlichen Religion. Dieser ideologische Konflikt hat noch nicht aufgehört. Er liegt der Apathie und Interesselosigkeit zugrunde, der Ablehnung, auf die die Religion bei so vielen rational denkenden Menschen stößt. Er hat die Religion in unserer Zeit im Kampf gegen die vielen Probleme, die sich uns entgegenstellen, verhältnismäßig unwirksam gemacht. Aber dieser Konflikt gründet sich auf ein Missverständnis, und das Missverständnis kann beseitigt werden.

Die gegenwärtigen quälenden Diskussionen über die „Gott-ist-tot“-Theologie sind das Ergebnis der Schwächung und des Missverstehens der Religion, die auf unsicheren Füßen aus der Auseinandersetzung mit der Naturwissenschaft hervorging. Rein wörtliche Auslegungen der Bibel konnten nicht standhalten. Geologen und Anthropologen und Kosmologen bewiesen, dass die Menschheit viel älter ist als die Geschlechterfolge im 1. Buch Mose besagt. Der Begriff vom dreischichtigen Universum – Himmel, Erde und Hölle – wurde von den Astronomen über den Haufen geworfen und, wenn das noch nötig war, auch von den Astronauten. Die Sowjet-Astronauten haben sich sogar einen kleinen billigen Scherz erlaubt, indem sie Chruschtschow Bericht erstatteten, dass sie keine Engel und keine Anzeichen von einem Himmel gesehen hätten, als sie die Erde umkreisten. Auch dieser propagandistische Seitenhieb gibt das Verlangen nach den tieferen Wahrheiten und Werten, das in der Sowjetunion existiert, nicht korrekt wieder. Als ich das letzte Mal in Moskau war, besuchte ich die große Moskauer Universität, die sich auf einer Anhöhe über die Stadt erhebt. Nachdem mein Führer und ich die riesige atheistische Universität gesehen hatten (mein Führer war kein offizieller Vertreter des Sowjet-lntourist-Reisebüros, sondern ein Angehöriger der amerikanischen Botschaft namens Tolstoi), begaben wir uns an den Rand der Anhöhe, wo noch eine kleine alte russisch­orthodoxe Kirche steht. Tolstoi fragte die alte Frau, die das Amt des Küsters versah, ob die Studenten der Universität jemals zum Gottesdienst kämen. Sie schaute um sich, um zu sehen, ob jemand zuhörte, und als das nicht der Fall war, antwortete sie: „Zur Prüfungszeit ist sie immer voll.“

Als Zeichen für den immer noch bestehenden Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion sind die neuesten Neutheologen in Deutschland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten in ihrer Verleugnung Gottes sehr weit gegangen. Anstatt sich auf die vielen großartig rationalen wie auch geistig scharfsichtigen Mittel und Wege zur Identifizierung und Erklärung Gottes zu konzentrieren, bleiben manche von ihnen dabei, Gott zu leugnen. Dies ist eine bedauernswerte Überkompensation der Unzulänglichkeit einer wörtlichen Auslegung der Bibel.

All der Hunger nach der grundlegenden Wahrheit und der Lösung der Existenzfrage, der an der Menschheit zehrt, kann nur gestillt werden, wenn die uns lange bekannten biblischen Grundwahrheiten geistig ausgelegt und auf die Errungenschaften und Aufgaben unserer Zeit angewandt werden.

Gott durch biblische Bezeichnungen zu definieren, die das Wesen und die Eigenschaften dessen offenbaren und klarstellen, was wir unter Gott verstehen, ist weit entfernt von einer Religion, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Bezeichnungen sind nicht humanistisch, sondern geistig, wie Christus Jesus es so wundervoll bestätigte, als er verkündete: „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh. 4:24). Somit wird Gott nicht als die übernatürliche Person auf einem mittelalterlichen Thron mit einem mittelalterlichen Bart angesehen. Und auch Seine Beziehung zum Menschen wird in der Bibel klar definiert – als Vater-Mutter, nicht wie menschliche Eltern, sondern in den geistigen Elementen von Liebe und Leben ausgedrückt. Und der Mensch wird eindeutig als Kind Gottes verstanden, als das Bild und Gleichnis Gottes, wiederum nicht im menschenähnlichen Sinne, sondern als ein geistiges Wesen.

Eine vergleichbare Klarheit findet man auf der Suche nach der geistigen Bedeutung jeder anderen Einzelheit der biblischen Weisheit. Das erste Kapitel des ersten Buches Mose ist eine großartige metaphorische und poetische Beschreibung der Schöpfung. Sie findet ein genaues Echo in den gegenwärtigen Forschungsarbeiten der Astronomen und Kosmologen. „Es werde Licht“ könnte sehr wohl aus ihrem Munde kommen.

Doch dieser inspirierte biblische Bericht ist viel mehr als nur eine Bekräftigung des jüngsten menschlichen Forschens. Er verkündet, wie die Wahrheit das menschliche Bewusstsein erreicht. Ich unterhielt mich kürzlich mit einem bekannten Professor der Geschichte der Naturwissenschaft an der Technischen Hochschule von Massachusetts über das 1. Buch Mose. Er und seine Mitarbeiter sind prähistorischen Angaben, auch aus der Bibel, nachgegangen, um festzustellen, wie viel grundlegende Erkenntnis und grundlegendes Wissen das menschliche Denken im Nebel des Altertums erreicht hatten.

Sie haben ungeheure Fundgruben tiefen und exakten Wissens entdeckt. Ich fragte meinen Freund, wie dieses Wissen seiner Meinung nach das menschliche Bewusstsein erreicht hätte. War es, so fragte ich, durch Beobachtung, wie die Beobachtung der Sterne? Oder war es aufgrund von Überlegung? Oder war es durch – und ich wählte absichtlich einen religiösen Ausdruck – war es durch Offenbarung? Er erwiderte: „Ich selbst ziehe es vor, nicht die religiöse Bezeichnung zu benutzen, aber dir gegenüber gebe ich zu, dass es durch Erleuchtung geschah.“ Erleuchtung – das Kommen des Lichts – ist offensichtlich nur eine andere Ausdrucksweise für das, was der religiöse Mensch meint, wenn er von Offenbarung spricht, von Erkenntnis und einem Gewahrsein, das über das bloßes menschliche Folgern hinausgeht. Somit bringt das erste Kapitel des 1. Buches Mose nicht nur dem religiös denkenden Menschen, sondern auch dem scharfsichtigen und aufgeklärten Naturwissenschaftler eine akkurate (ebenso wie eine außerordentlich schöne) Darstellung der Schöpfung – des Kommens des Lichts, der geistigen Erschaffung des Menschen zu Gottes Bild und der Tatsache, dass die ganze Schöpfung gut ist.

Das zweite Kapitel des 1. Buches Mose mit dem Bericht vom Adamstraum, von der physiologisch unglaubhaften Entstehung der Frau und der Versuchung im Garten Eden, muss ebenfalls mit Verständnis gelesen werden. Es ist ein lebendiger metaphorischer Bericht, wie das menschliche Denken die Frau vom Mann abhängig machen möchte; wie das Böse auf das Denken und Handeln der Schlange zurückgeführt wird; von dem Baum der Erkenntnis mit seiner zweifachen und gegensätzlichen Frucht. Ich habe den Eindruck, dass das erste Kapitel des 1. Buches Mose gute Kosmologie und das zweite Kapitel gute Psychologie wiedergibt. Es ist ein Studium des menschlichen Geistes und seines Selbstbetrugs durch die Einflüsterungen des schlangenähnlichen Denkens, das ein Sinnbild dafür ist, wie sich die Sünde und das Böse in das menschliche Denken und Handeln einschleichen.

Somit ist der Schöpfungsbericht im ersten Kapitel des 1. Buches Mose eine klare Bestätigung für die alles umfassende, gesamte Schöpferkraft, die alles gut erschafft, sowie für den Menschen als Gottes Bild und Gleichnis. Das ist der Grundbegriff für ein vom Prinzip regiertes, widerspruchsfreies Universum, das den Menschen miteinschließt. Das zweite Kapitel zeigt, dass die menschliche Situation – die Problematik der individuellen und kollektiven Unordnung und falschen Auffassung, der wir gegenüberstehen – nicht das Ergebnis des Wirkens Gottes ist noch das Produkt des göttlichen Gemüts, sondern die Folge des menschlichen Irrtums, des Ungehorsams, der Sünde.

Solche Analysen der großen biblischen Erkenntnisse bringen Vernunft und Offenbarung zusammen.

Aber diese Art der neuerlichen Analyse der Religion hat noch nicht den Rückschlag ausgeglichen, den die Religion im neunzehnten Jahrhundert durch die Naturwissenschaft erfuhr.

Diese Trennung von Wissenschaft und Religion ist, so scheint mir, ein schwerer Fehler in der Geschichte unserer Zeit. Es ist wichtig zu erkennen, dass Wahrheit – die geistige Wahrheit – alle Gebiete des Lebens berührt. Gott ist Wahrheit, ebenso wie Gott Gemüt und Leben und Liebe und Prinzip und Geist und Seele ist. Das Suchen nach der Wahrheit, dem sich die Naturwissenschaftler nach ihrer eigenen Aussage widmen, ist daher in Wirklichkeit ein Suchen nach Gott, wenn es auch viele von ihnen in keiner Weise mit Gott in Verbindung bringen. Ob wir nun die spezielle Bezeichnung „Gott“ benutzen, ist nicht so wichtig wie anzuerkennen, dass es das Ziel allen menschlichen Strebens ist, ein Verständnis von der elementaren, grundlegenden, unendlichen Wahrheit zu erlangen.

Wenn Gott auf diese Weise definiert wird, ist es unmöglich, ein rationaler Atheist zu sein. Man kann nicht die Tatsache leugnen, dass die Wahrheit existiert, wenn auch niemand von uns zu irgendeiner Zeit in der Lage sein mag zu sagen, was Wahrheit ist, oder die Wahrheit zu bestimmen, außer in völlig relativen Begriffen, wobei wir nicht höher steigen noch exakter denken können, als es unser Verständnis zulässt, das natürlich relativ ist. Die Existenz Gottes zu leugnen heißt die Existenz dessen zu leugnen, was absolut wahr ist, oder zu sagen, dass es nicht so etwas wie Leben gebe. Das ist offensichtlich absurd.

Somit ist alles menschliche Wissen, das angesammelt worden ist, wichtig, wenn es die unendliche Macht Gottes offenbart. Ein solches Wissen ist nützlich, aber es ist nicht Weisheit. Bloßes Wissen ohne Weisheit ist gefährlich. Es kann der Kontrolle entgleiten. Wie wir heute so gut wissen, kann es zur Zerstörung der menschlichen Zivilisation führen.

Und so müssen wir heute wie seit jeher vor allen Dingen der Weisheit Anfang suchen. Er ist hier. Er liegt in dem Verständnis und der Anwendung der zeitlosen Wahrheitsgedanken, die die Menschheit all die Jahre hindurch erreicht haben. Er liegt in der Berührung durch den Christus.

Und was ist der Christus? Ist das nur eine andere Bezeichnung für einen Menschen, Jesus, den Christus, der vor zwei Jahrtausenden auf Erden wandelte und von vielen Christen für die Fleischwerdung Gottes gehalten wird? Auch dieser Begriff, diese buchstäbliche Deutung des Christus in einem dogmatischen Sinne, hat vielen rational Denkenden großes Kopfzerbrechen bereitet.

Christliche Wissenschaftler, wenn Sie mir diesen einen Hinweis auf unseren besonderen Glauben gestatten wollen, betrachten den Christus als das Kommen der geistigen Idee (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 333) zu allen, die bereit sind, sie zu empfangen – vor wie nach der christlichen Zeitrechnung.

Was verstehen wir unter „der geistigen Idee“? Wir meinen damit das Verständnis und Bewusstsein von der grundlegenden geistigen Wahrheit. Wir meinen damit das Zusammentreffen des Göttlichen mit dem Menschlichen, das heißt jenen Vorgang im menschlichen Erleben, den Johannes mit der Menschwerdung des Wortes bezeichnete (Joh. 1:14). Diese Berührung durch den Christus, dieses Aufleuchten der geistigen Idee im menschlichen Denken ist all die Jahrhunderte hindurch den Menschen zuteil geworden und wird ihnen noch heute zuteil. Dadurch, dass die Christen den Christus mit geistiger Wahrheit gleichsetzen – mit dem Punkt, an dem das Göttliche das Menschliche erreicht –, teilen sie den Christus für alle Zeit mit der ganzen Menschheit. Das ist eine absolut ökumenische Tatsache. Es bringt uns alle zusammen – die ganze Menschheit ohne Ausnahme. Jesus ist selbstredend die alleinige menschliche Verkörperung des Christus, der Wegweiser, der für uns den Pfad vom Sinn zur Seele voranging, vom Menschlichen zum Göttlichen, vom materiellen Leben zum geistigen Leben.

Die Weisheit also, die wir so nötig brauchen, wird uns dadurch zuteil, dass wir die geistige Wahrheit erkennen, dass wir den Christus in uns aufnehmen. Sie können sehen, dass wir einmal religiöse Ausdrucksweisen gebrauchen, die sogar im mystischen Sinn aufgefasst werden können, und das andere Mal eindeutig rationale Ausdrucksweisen. Und doch ist in beiden Fällen dasselbe gemeint. „Die geistige Wahrheit erkennen“ stellt eine Formulierung dar, die jeder akzeptieren können sollte. „Den Christus aufnehmen“ ist dasselbe in der Sprache der Theologie.

Der fruchtlose Widerspruch in unserer Zeit besteht darin, dass die Menschheit heute mehr denn je bereit ist, die Gültigkeit der universalen Wahrheit anzunehmen, ohne zu erkennen oder zu bestimmen, was sie damit akzeptiert. Es sind außerordentlich starke, einigende Kräfte in der Welt am Werk. Sie werden gewöhnlich als Wissenschaft und Technik bezeichnet. Überall in der Welt wird anerkannt, dass die Menschen die rohen Kräfte der Natur besiegen können. Unermessliche revolutionierende Kräfte sind gewaltig am Werk. Am weitesten sind sie in der westlichen Welt vorgedrungen, in der freien Welt, der Welt, in der das Christentum am tiefsten Wurzel geschlagen hat, aber sie werden auch weit über die Grenzen des allgemein anerkannten Christentums hinaus gefühlt.

Manche Denker glauben, dass sich trotz der politischen und anderen unseligen Spaltungen, die die Menschheit zu trennen scheinen, wahrhaft universelle Überzeugungen durchzusetzen beginnen, die schließlich die Menschheit vereinen werden. Diese Überzeugungen sind jetzt in die Sprache der Naturwissenschaft gekleidet. Es gibt nicht mehr so etwas wie kommunistische Wissenschaft oder kapitalistische Wissenschaft. Es gibt nur die Wissenschaft. Und über die ganze Menschheit hat sich die Hoffnung ausgebreitet, dass uralte Probleme lösbar sind. Ein Licht ist in unserer Zeit heraufgedämmert, das in der langen Menschheitsgeschichte in dieser Form und in diesem Ausmaß noch nicht gesehen worden ist.

Dieses Licht, diese neue Erleuchtung, sagt den Menschen, dass sie endlich Herrschaft über die Materie erlangen können. Oft brennt das Licht natürlich in irdenen, materialistischen Lampen. Es berührt weltliche Dinge: Nahrung und Kleidung und Unterkunft. Aber es berührt mehr: die Möglichkeit, lesen und schreiben zu lernen, den Vorhang der Unwissenheit zu lüften wie auch die Last der Arbeit zu erleichtern. Das Licht bringt die Erwartung von Gesundheit und langem Leben. Es deutet auf Eindämmung der unbegrenzten Bevölkerungszunahme durch Selbstkontrolle hin. Es stellt die Kommunikation mit der ganzen Menschheit her: das gesprochene Wort oder das Lied eines einzigen Menschen könnte von allen Menschen zugleich gehört werden. Es beseitigt die Schranken von Zeit und Raum.

Unsere Aufgabe – und das ist mein heutiges Thema – besteht darin zu erkennen, dass diese große Umwälzung, die die Menschheit durchlebt, keine materielle, sondern eine geistige Revolution ist. Wir haben versäumt, Gott die Ehre zu geben. Wir haben falsche Götter eingesetzt und haben sie natürlich in heidnischer Weise verehrt.

Aber uns kann stets geistige Erleuchtung zuteilwerden. Sie muss nur wahrgenommen werden. Wir müssen einsehen, dass das fehlende Glied in unserer wunderbaren neuen Gesellschaftsordnung jenes Glied ist, das Gott die Ehre gibt und die Herrschaft Gottes anerkennt.

Ich sage Ihnen hiermit nicht, dass wir uns bereits an der Schwelle des Tausendjährigen Reichs befinden, von dem die Bibel spricht. Ich will nicht die Vorstellung erwecken, dass wir all den Gefahren, denen wir gegenüberstehen, entgehen werden. Doch ich sage, dass unter der Oberfläche von Kriegen und Hungersnöten, jenseits des Materialismus und der Sinnlichkeit und Unmoral unserer Zeit große fundamentale Siege liegen, in denen der Same für den endgültigen Fortschritt der Menschheit aufgeht.

Wir sollten viel stärker daran arbeiten, die Verwirrung um uns her abzubauen. Wir sollten den Ruf „Gott ist tot“ durch die tiefen und erleuchteten biblischen Erklärungen für Gott ersetzen, nämlich dass Gott Wahrheit, Leben und Liebe ist, Geist und Seele, Gemüt und Prinzip. Wir sollten erkennen, wie diese substantivischen Erklärungen für Gott in den menschlichen Angelegenheiten kundwerden.

Der Strom des Christentums durchfließt die Jahrhunderte. Der Christus – die geistige Wahrheit – zeigt sich im menschlichen Denken und Erleben, wann immer das Bewusstsein bereit ist, ihn aufzunehmen. Und in unserer Zeit, in den hundert Jahren, mit denen sich meine heutige Ansprache beschäftigt, ist der Christus, die Wahrheit, in vielfältiger Form vor unseren Augen zutage getreten.

Die Christliche Wissenschaft und die Christlichen Wissenschaftler sind stolz darauf und dankbar, ein Teil dieses mächtigen Stroms des Christentums zu sein. Wir fühlen, dass ein Sauerteig in den menschlichen Angelegenheiten am Werk ist, der durch Jesu wundervolles Gleichnis von dem Sauerteig versinnbildlicht wird, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis dass es ganz durchsäuert war.

Dieser Sauerteig ist geistiges Verständnis, Erleuchtung.

Wenn wir die wahre Natur dessen erkennen, was in diesem großen Jahrhundert vor sich gegangen ist, werden wir mit einem tieferen, umfassenderen Sinn für Ordnung und Brüderlichkeit darauf reagieren.

Es gibt selbstverständlich viele falsche Systeme in der Welt. Einige davon laufen unter der Bezeichnung „Revolution“. Sie sind irrig. Die wahre Revolution in der menschlichen Geschichte ist die Revolution, die die Menschen frei macht. Die Menschen werden nicht durch einen Polizeistaat frei. Sie werden nicht durch Revolutionen frei, die durch das Leugnen der unendlichen Macht, die wir Gott nennen, die Menschheit in die dunklen Jahrhunderte der Abgötterei zurückwerfen möchten.

Die endgültige Befreiung der Menschen wird kommen, wenn sie die geistige Bedeutung ihrer neuen Beziehung zur Materie verstehen. Wir dürfen nicht einen alten Despotismus an die Stelle eines neuen setzen.

Die neue Herrschaft, die die Menschen zum Ausdruck bringen, ist in der Tat revolutionär. Aber es handelt sich um eine geistige Revolution. Wenn wir diese Tatsache ausreichend verstehen, werden wir der Weisheit Anfang gefunden haben. Die wahrhaft einigenden Kräfte des neuzeitlichen Lebens werden die Uneinigkeiten verringern. Das Wissen wird von Verständnis durchdrungen sein. Die Probleme des Zusammenlebens – in politischer, wirtschaftlicher, nationaler und internationaler Hinsicht – werden sich ebenso lösen lassen wie die großen technischen Probleme, die wir bereits gemeistert haben.

Aus dem Chaos und den Konflikten, die wir um uns her sehen, kann die Ordnung erstehen, die dem Gesetz Gottes für den Menschen und das Universum innewohnt. Unsere Aufgabe ist es, die geistige Macht, die uns aus so viel Dunkelheit heraus zur vollen Herrlichkeit des Tages geführt hat, zu erkennen und ihr gemäß zu leben.

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