Niemand möchte ziellos und ohne Sinn im Leben dahintreiben. Eine der ersten Fragen, die ein Kind stellt, ist „Warum?“. Wir alle suchen einen Sinn in dem, was wir tun, was wir anstreben, und wir möchten, dass dieser Sinn in unserem Leben verwirklicht wird.
Es war einmal ein Mann, der es nach der allgemeinen Definition von Erfolg „geschafft“ hatte. Wie uns berichtet wird, besaß er große Reichtümer, mehrere Paläste und außerdem die Gabe der Weisheit. Man sollte meinen, dass er sich niemals über den Sinn und Zweck des Lebens hätte Gedanken machen müssen.
Dennoch war dieser Mann unbefriedigt. Er sah keinen Sinn im Leben. Als er alles betrachtete, was er erworben hatte, machte er einen Ausspruch, der durch die Jahrhunderte in der Welt widerhallen sollte und der jeden von uns auch heute aufhorchen lässt. Verzweifelt rief er aus: „Es ist alles bedeutungslos und vergänglich“ (Prediger 1:2).
Dieser Mann war „der Prediger“, der das Buch des Predigers Salomo schrieb. Das Leben erschien ihm leer und bedeutungslos. In dem Buch stellt er die Frage „Warum?“; er untersucht, was wirklich Wert hat. Am Ende des Buches zieht er eine bemerkenswerte Schlussfolgerung, auf die Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift Bezug nimmt. Sie schreibt: „Der folgende Text aus dem Prediger Salomo [hier nach der King-James-Bibel] vermittelt den christlichwissenschaftlichen Gedanken, besonders, wenn man das Wort Pflicht auslässt, das nicht im Originaltext steht: ‚Lasst uns die Schlussfolgerung aus der ganzen Sache hören: Fürchte Gott und halte Seine Gebote: denn dies ist die ganze Pflicht des Menschen.‘ Mit anderen Worten: Lasst uns die Schlussfolgerung aus der ganzen Sache hören: Liebe Gott und halte Seine Gebote: denn das ist der ganze Mensch in Seinem Bild und Gleichnis“ (S. 340).
In diesen Worten finden wir die Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Zweck unseres Lebens. Wir alle sind in Wahrheit das Bild und Gleichnis Gottes; wir gehorchen Ihm in unserem wahren Selbst. Je klarer wir das erkennen, desto schneller finden wir einen zufriedenstellenden, nützlichen Platz im Leben. Unser Platz ist selbstverständlich für jeden von uns wichtig. Mrs. Eddy erkennt seine Bedeutung, wenn sie schreibt: „Jeder einzelne muss in Zeit und Ewigkeit seine eigene Nische ausfüllen“ (Rückblick und Einblick, S. 70). Also ist es sicherlich nicht falsch, wenn man diesen Platz finden möchte. Und es ist logisch, ja unbedingt notwendig, dass wir dazu unsere Energie auf ein bestimmtes Ziel richten. Dieses Ziel zu finden ist manchmal schwer für den Christlichen Wissenschaftler, dem vielleicht gesagt wurde, er solle sich keine festen Vorstellungen von einer Sache machen. Aber ein Ziel zu haben ist nicht das gleiche, wie im Voraus etwas festzulegen. Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen menschlichem Planen und einer Zielsetzung im wahren geistigen Sinn, bei der wir unsere wirkliche Identität und unseren wahren Lebenszweck erkennen.
Es gibt einen sicheren Weg, wie wir unseren Platz finden können, und der besteht darin, dass wir zuerst den Sinn unseres Lebens finden und dann unseren Platz davon bestimmen lassen. Natürlich können wir uns wie der Prediger einen Platz schaffen, indem wir rein menschliche Ziele und Erfolge erlangen. Aber wer möchte einen Platz haben, der bedeutungslos ist, der keinen echten und befriedigenden Sinn hat?
Wie würden Sie den Sinn des Lebens definieren? Philosophisch kann er nicht gefunden werden, obgleich Philosophen schon von alters her versucht haben, ihn zu definieren. Der wahre Sinn des Lebens ist nichts Theoretisches; er muss praxisbezogen sein. Dem menschlichen Denken scheinen Veränderung und Evolution Teil des Fortschritts zu sein. Unser Platz im Leben kann sich also gelegentlich ändern. Aber der Sinn unseres Lebens ändert sich nie. Und heute noch können wir einiges von dem Prediger Salomo über diesen Sinn des Lebens lernen.
Sie werden sich erinnern: Er fand die Grundlage für einen wahren Lebenszweck – nämlich Gott zu lieben und Seine Gebote zu halten. Mrs. Eddy schreibt: „So kann sich jedes Mitglied dieser Kirche über die oft wiederholte Frage: Was bin ich? zu der wissenschaftlichen Antwort erheben: Ich bin fähig, Wahrheit, Gesundheit und Glück zu vermitteln, und das ist der Fels meines Heils und mein Daseinszweck“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 165). Wie vermitteln wir nun Wahrheit, Gesundheit und Glück? Tun wir das nicht, indem wir Gott lieben und die Gebote halten? Es bieten sich somit unendlich viele Gelegenheiten, den wahren Sinn des Lebens zu beweisen; sie können sich unmöglich erschöpfen. Ein Leben mit diesem Daseinszweck ist immer aktiv – es hält sich immer an Gottes Gesetze. Die Schlussfolgerung des Predigers kann unser Anfang sein: Gehorsam gegen Gottes Gebote.
Und was sind diese Gebote? Sie beginnen mit dem moralischen Gesetz, das Mose in den Zehn Geboten offenbart wurde. Damit beginnt auch die heilende Praxis der Christlichen Wissenschaft. Diese kurzen biblischen Richtlinien wurden nie durch irgendwelche Veränderungen der Bräuche oder Sitten verdrängt. Wir können nicht etwas in sie hineinlesen, was wir hören möchten. Sie sagen es so, wie die Dinge sind, wie sie sein müssen. Die Grundlage für unsere Praxis der Christlichen Wissenschaft muss ein ausgeprägter Sinn für wahre Moral sein. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Das moralische Barometer des Menschen, das steigt oder fällt, zeigt seine Fähigkeit zu heilen und seine Eignung zum Lehren an“ (S. 449).
Christus Jesus wusste, wie wichtig die Gebote sind. Als er gefragt wurde, welches Gebot das höchste sei, zitierte er die zwei, die die beiden großen Gebote genannt werden – erstens, du sollst Gott über alles lieben; und zweitens, du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (siehe Matthäus 22:35–39). Genaue Anweisungen darüber, wie das zweite große Gebot zu erfüllen sei, können wir seinen Worten entnehmen, die auch auf dem Siegel der veröffentlichten Schriften Mrs. Eddys stehen: „Heilt die Kranken, reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Dämonen aus“ (siehe Matthäus 10:8). Anders gesagt, setzt es in die Praxis um. Seid mehr als nur Hörer des Wortes; seid Täter.
Kann man ein Christ sein, ein wahrer Nachfolger Jesu, ohne seine Lehren in die Praxis umzusetzen? Das Umsetzen muss unser vorrangiges Ziel sein. Unser Lebenszweck, unser wahres Lebensziel, besteht darin, echtes Christentum, die Christliche Wissenschaft, zu praktizieren.
Nun mögen Sie vielleicht denken: „Ich muss erst an mein eigenes Leben denken, ich habe viel um die Ohren. Vielleicht werde ich eines Tages die öffentliche Praxis der Christlichen Wissenschaft in Betracht ziehen, aber erst einmal will ich leben!“
Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, und denken Sie einmal darüber nach, was es bedeutet, dass die Praxis unser vorrangiges Ziel sein sollte. Das heißt keineswegs, dass derjenige, der sich nicht heute verpflichtet – sagen wir, in den nächsten zehn Jahren – vollberuflicher Praktiker und im Christian Science Journal und Herold der Christlichen Wissenschaft eingetragen zu sein, ein Versager, ein geistiger Aussteiger ist.
Man kann sagen, dass niemand „in die christlich-wissenschaftliche Praxis geht“. Es ist kein besonderer Beruf, den man wählt, indem man ein Büro aufmacht und ein Schild draußen anbringt. Das ist nicht der Sinn der Sache! Die Praxis ist etwas, was man tut, was man ist, sie ist unser Leben. Das müssen wir alle früher oder später lernen, selbst wenn wir versuchen, „in“ die Praxis zu gehen. Die öffentliche Praxis ist nicht unbedingt mit einer Eintragung im Journal und Herold gleichzusetzen.
Manche Christliche Wissenschaftler haben ein interessantes, aufregendes und abwechslungsreiches Leben geführt, bevor sie eingetragene Praktiker wurden. Doch dann stellten sie fest, dass das größte Abenteuer erst begann, als sie im Journal und Herold annoncierten. Es hat also nichts damit zu tun, dass man sagt: „Praktiziere einfach“ oder den Gedanken nahelegt, es sei nicht wichtig, ob jemand bereit ist, alle anderen beruflichen Tätigkeiten aufzugeben, um sich den Praktikern in aller Welt, die im Journal und Herold eingetragen sind, anzuschließen. Weit gefehlt! Aber wir sollten erkennen, dass alle Praxis der Christlichen Wissenschaft in einem gewissen Sinn öffentliche Praxis ist. Man kann diese Wissenschaft nicht praktizieren – in welchem Umfang auch immer –, ohne dabei die ganze Menschheit einzuschließen, ebenso wenig wie man in einem Raum das Licht einschalten könnte, um ein bestimmtes Buch zu suchen, und erwarten würde, dass das Licht nur auf das gewünschte Buch fällt. Die Praxis kommt ganz natürlich und segnet alle – selbst diejenigen, für die wir nicht speziell beten. Wer die Christliche Wissenschaft praktiziert, wird feststellen, dass sein Leben neue Dimensionen annimmt. Das Feld, in dem er tätig ist, wird durch einen heilenden Einfluss bereichert, sein Alltag wird voller Abenteuer sein. Langeweile, Enttäuschungen und auch Bürden sind beim aktiven Praktizieren unmöglich. Und dann kommt vielleicht der Tag, an dem der Betreffende erkennt, dass es seine Berufung ist, Praktiker zu sein.
Wenn wir die Wissenschaft des Christus in der Werkstatt des täglichen Lebens anwenden, brauchen wir keine Experimente zu machen, um zu sehen, ob sie auch funktioniert. Ihre Wirksamkeit ist unbestritten. Wir haben das Privileg, ein bewiesenes Prinzip zu demonstrieren, das physisch, moralisch und geistig heilt; das nicht nur uns tröstet, führt, beschützt, stärkt, verjüngt und segnet, sondern auch unsere Mitmenschen.
Wenn wir unsere Prioritäten ohne menschliches Planen, aber mit geistiger Vision richtig setzen, werden wir feststellen, dass unser Platz großartig und erfüllend ist, weil der Sinn und Zweck unseres Lebens – das Heilen – feststeht.
Darauf Bezug nehmend, wie wichtig die Heiltätigkeit ist, schrieb Mrs. Eddy an James A. Neal, einen ihrer Schüler: „Zu diesem glorreichen Ziel bitte ich Sie eindringlich weiter vorwärtszudrängen und kein anderes Bestreben oder Ziel zu haben. Ein wahrer wissenschaftlicher Heiler ist die höchste erreichbare Position in dieser Sphäre des Seins.“
Im gleichen Brief spricht sie einen Segen aus, der auf jedem von uns ruht: „Oh möge die Liebe, die auf Sie und alle schaut, alle Ihre Gedanken und Handlungen hinauf zu dem unpersönlichen, geistigen Vorbild leiten, das das einzige Ideal ist – und den einzigen wissenschaftlichen Heiler ausmacht“ (Yvonne Caché von Fettweis und Robert Townsend Warneck, Mary Baker Eddy: Christliche Heilerin, S. 188-189).
