Aufgrund der jüngsten Gewalttaten in aller Welt fühlen sich zahllose Menschen wieder einmal hilflos und ungeschützt. Viele, mich eingeschlossen, haben sofort und aus tiefstem Herzen das Verlangen, für die Opfer solcher Gewalttaten zu beten. Wie können wir auf eine Weise beten, die bei Gewalt direkt an der Wurzel ansetzt? Was können wir tun, um weiterer Gewalt vorzubeugen? Und wie können wir eine völlig andere Denk- und Lebensweise kultivieren?
Die Wurzeln von Gewalttaten sind im Grunde gewalttätige Gedanken. Lange bevor jemand eine Kugel abfeuert, klopfen wütende und hasserfüllte Gedanken und Gefühle beim jeweiligen Bewusstsein an. Christus Jesus wusste das und ermahnte die Menschen, Wut sofort und entschieden auszumerzen, bevor sie zu Gewalt führt. In seiner Bergpredigt identifiziert er Wut als den Auslöser von Mord und ermutigt alle, die eine Meinungsverschiedenheit haben, rasch Einigung herbeizuführen. Es ist ein wenig so, wie wenn man einen Fehler in der Buchführung berichtigt. Korrigiert man ihn nicht, kommt man nicht zum richtigen Ergebnis, egal wie klein er ist.
Wie bewirken wir das, wenn wir mit einem echten Streit oder gar Hass konfrontiert werden? Indem wir lernen, zuerst unsere eigenen Gedanken und Gefühle auszusöhnen – in Ordnung zu bringen. Wie Jesus lehrte, müssen wir unser eigenes mentales Haus vollständig ausrichten – jeden Gedanken und jedes Gefühl mit dem in Übereinstimmung bringen, was über Gott und Seine Menschen wahr ist. Wir müssen zum Beispiel bestrebt sein, Jesu Goldene Regel anzuwenden – anderen zu tun, wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen – und sie als beständigen Maßstab für jeden Gedanken, jedes Gefühl und jede Handlung zu verwenden.
Jesu revolutionäre Predigt kann als Straßenkarte dienen, die uns zu diesem Vorgehen lotst. „Jesus zeichnete anderen den Weg vor“, bekräftigt Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. „Er enthüllte den Christus, die geistige Idee der göttlichen Liebe“ (S. 38). Was für eine perfekte Zusammenfassung von Jesu Lebenszweck, die tiefere Bedeutung von Liebe, Gottes essenziellem Wesen, zu erhellen! Er zeigte der Menschheit durch sein Leben und Handeln, wie Gottes Liebe wirklich ist und wie unser wahres Wesen als geistige Nachkommen der Liebe aussieht. Wir können den Christus als Gottes tätige Liebe betrachten – die völlig und einzigartig in Jesu Leben zum Ausdruck kam, aber durch die zeitlosen geistigen Eigenschaften, die er lebte und lehrte, auf ewig bei uns ist.
Die Bibel und andere inspirierte Schriften der verschiedenen religiösen Traditionen der Welt offenbaren Gottes Wesen als Liebe. Natürlich gibt es wichtige Unterschiede zwischen den verschiedenen Theologien, doch die Goldene Regel findet sich zum Beispiel in allen religiösen Lehren in irgendeiner Form. Ist das nicht ein Hinweis darauf, dass der universale Christus der Menschheit die klare Anweisung gibt, einander zu lieben? Jesus sagt in seiner Predigt im Grunde, dass Gott so universal liebt, wie die Sonne scheint (siehe Matthäus 5:45). So wie die Sonne die ganze Erde und alle Bewohner segnet, so zieht die göttliche Liebe niemanden vor, sondern leuchtet für alle gleichermaßen und ohne Grenzen. Diese Sichtweise der Unparteilichkeit der göttlichen Liebe, von Gottes Liebe für jeden von uns nicht als manchmal bösartige Sterbliche, sondern als der geistige Ausdruck Seiner grenzenlosen Liebe, ist der Grund, dass Jesu Lehren so erhaben und weitreichend sind (und sie umzusetzen gelegentlich nicht ganz einfach ist!).
Unsere Liebe muss genauso universal und konstant sein. „Darum sollt ihr vollkommen sein, so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“, schloss Jesus (Matthäus 5:48). Für mich bedeutet das: „Ich möchte, dass du andere genauso liebst, wie dein Vater dich liebt, denn du spiegelst Seine Liebe wider.“ So zu lieben geht über die rein menschliche Natur des Liebens hinaus. Es ist Bestandteil unseres gottgegebenen, von Liebe motivierten Wesens.
Mary Baker Eddys Verständnis von dieser allmächtigen Liebe hielt einst einen bewaffneten Mann, der in ihr Büro gekommen war, davon ab, sie zu erschießen (siehe Yvonne Caché von Fettweis und Robert Townsend Warneck, Mary Baker Eddy: Christliche Heilerin, Erweiterte Ausgabe, S. 302). „Sie können nicht schießen“, sagte sie einfach. Sein Arm wurde plötzlich bewegungslos und unbenutzbar, und sein Revolver fiel zu Boden. Er ging, ohne ihr etwas zuleide zu tun.
Hier ist der Beweis, dass die Praxis der Liebe, die Jesus lehrte, Hass buchstäblich entwaffnen kann. Wir wissen zwar nicht, wie genau Mrs. Eddy während dieses Vorfalls betete, doch später schrieb sie: „Geliebte Christliche Wissenschaftler, haltet euer Gemüt so von Wahrheit und Liebe erfüllt, dass Sünde, Krankheit und Tod nicht eindringen können. Es ist klar, dass einem Gemüt, das schon voll ist, nichts hinzugefügt werden kann. Ein von Güte erfülltes Gemüt hat keine Tür, durch die das Böse eindringen, und keinen Raum, den es ausfüllen kann“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 210).
Jede Facette des Bösen und der Feindschaft gibt eine Existenz und Tätigkeit in einer Art Vakuum vor – in einem leeren mentalen Raum, wo Gott, Liebe, abwesend ist. Doch in der Unendlichkeit von Gottes Liebe und Licht gibt es in Wirklichkeit kein Vakuum. Wie der biblische Prophet Jeremia sagte: „Meinst du, dass sich jemand so gut verstecken kann, dass ich ihn nicht sehe?, spricht der Herr. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?“ (Jeremia 23:24).
Wenn wir allerdings diese geistige Tatsache aus den Augen verlieren, lassen wir die Suggestion von Bösem und Hass ein. Jesus erklärte in einem seiner Gleichnisse: „Wenn der Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, würde er wachen und ließe nicht in sein Haus einbrechen“ (Lukas 12:39).
Die meisten von uns verschließen unsere Haustür, besonders nachts. In derselben Weise können wir auf unsere Gedanken aufpassen und nichts durchlassen, was nicht mit Liebe, Gott, übereinstimmt. Damit werden wir böse Gedanken und Absichten aufhalten, bevor sie in die Tat umgesetzt werden können.
Ein Freund erzählte mir von seiner Überzeugung, dass Jesu Lehre, Wut Einhalt zu gebieten, buchstäblich Schüsse aufhalten kann. Dieser Freund sagte: „Immer wenn wir einen wütenden Gedanken stoppen, verhindern wir irgendwo auf der Welt, dass ein Schuss abgefeuert wird.“ Wenn wir Gewalt an der Wurzel anpacken wollen, müssen wir anfangen, Gedanken über Gewalt – Wut, Hass, eigenwillige Gedanken und Meinungen jeder Art – in uns selbst aufzuhalten. Die Bergpredigt ist eine Straßenkarte, die zu „Christi Gesinnung“ (1. Korinther 2:16) führt, dem von Liebe erfüllten Bewusstsein, das die Grundlage allen wahren Heilens ist.
Wenn wir diese geistige Art zu denken besser beherrschen und umsetzen, stellen wir fest, dass sie für uns völlig natürlich ist. Das kommt daher, dass es in der Natur eines jeden Menschen als Gottes Kind liegt, zu lieben, zu vergeben, zu segnen, zu heilen. Und deshalb fühlt es sich immer natürlicher an, Menschen zu lieben, als zu hassen.
