„Die allgemein verbreitete Theologie macht Gott dem Menschen untertan, sodass Gott auf den menschlichen Ruf hin kommt; wohingegen in der Wissenschaft das Umgekehrte wahr ist. Die Menschen müssen sich Gott in Ehrfurcht nahen, ihre eigene Arbeit im Gehorsam gegen das göttliche Gesetz tun, wenn sie die gewünschte Harmonie des Seins erreichen wollen.“
Diese Worte aus Die Einheit des Guten (S. 13) von der Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy, führten mich zu der Frage, ob ich auch Gott rufe, damit Er meine Probleme erkennen und mir bei deren Lösung helfen möge. Die Christliche Wissenschaft lehrt, dass wir uns zuallererst Gott in Ehrfurcht nahen müssen. Auf diese Weise wird unser Denken in die richtige Richtung gelenkt, nämlich zu einem Verständnis der wahren Natur von Gott und dem Menschen – dem Verständnis, das Christus Jesus zu heilen befähigte. Wir müssen uns mit dem Verlangen an Gott wenden, Ihn zu verstehen und zu ehren, und nicht, um Ihn auf falsche sterbliche Vorstellungen vom Leben in der Materie aufmerksam zu machen.
Wir neigen zu dem Glauben, dass Gott unsere Probleme nur lösen kann, wenn Er Kenntnis davon hat. Doch bedenken wir einmal das Prinzip der Mathematik. Es weiß nichts von den Aufgaben, die wir mathematisch lösen. Wenn wir dieses Prinzip bzw. Gesetz korrekt verstehen und anwenden, bringt es die angestrebten Ergebnisse hervor. Die Mathematik funktioniert nicht erst dann wirksamer, wenn sie verstanden hat, welcher Fehler gemacht wurde. Äußerliche Kräfte, Meinungen oder Umstände haben keinerlei Einfluss auf sie. Ihr Prinzip ist ewig, unveränderlich und unfehlbar.
Ebenso lernen wir in der Christlichen Wissenschaft, dass sich Gott, das göttliche Prinzip, nur Seiner eigenen Vollkommenheit bewusst sein kann. Er ist „der große Ich bin; der All-Wissende, All-Sehende, All-Wirkende, All-Weise, All-Liebende und Ewige; Prinzip; Gemüt; Seele; Geist; Leben; Wahrheit; Liebe; alle Substanz; Intelligenz“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 587). Demnach ist die einzig existierende Schöpfung die Schöpfung Gottes, dessen höchste Ideen Seine Töchter und Söhne sind, nach Seinem Bild und Gleichnis erschaffen, wie wir im ersten Kapitel der Genesis lesen.
Gott ist Alles-in-allem und Gott ist Geist. Da Er vollständig gut ist und weil alles, was Er erschafft, Seine Güte widerspiegelt, ist die einzig mögliche Schlussfolgerung, dass Gott das Böse weder erschaffen noch Kenntnis davon hat. Und da Er Geist ist, ist alles, was Er erschafft, geistig. Materie hat Er nicht erschaffen. Das bedeutet, dass das Böse und die Materie Irrtümer sein müssen – der irrige Glaube an etwas außerhalb Gottes, des Guten.
Welche Aufgabe haben wir dann im Gehorsam Gottes Gesetz gegenüber, auf das Mrs. Eddy sich bezieht? Besteht sie nicht darin, uns zu erheben, den Glauben an Leben in der Materie, an eine sogenannte menschliche Existenz, zu verlassen und in das Bewusstsein Gottes, des einen Gemüts, einzutreten, statt Ihn zu bitten, auf die Ebene eines falschen, sterblichen Bewusstseins hinabzusteigen?
Das obige Zitat sagt, dass wir uns Gott „in Ehrfurcht nahen“ sollen. Das heißt für mich, dass wir Gott als Geist, das einzige Gemüt, als allmächtig, allwissend und allgegenwärtig erkennen und die ewige Tatsache verstehen müssen, dass wir Seine geistigen Ideen sind. Wenn Gott, Geist, nichts vom Bösen oder von einer materiellen Schöpfung weiß, dann können wir das auch nicht.
Wir folgen dem Meister, Christus Jesus, der unser heilender Beispielgeber ist. Nachdem er drei Jahre lang seine Einheit mit Gott demonstriert und Krankheit und Sünde aller Art geheilt hat, sagte er nicht: „Schluss und vorbei!“ und ließ uns staunend über seine Werke zurück, die nun der Vergangenheit angehören würden. Ganz im Gegenteil. Er versprach uns, dass wir dieselben Werke vollbringen können und würden: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater“ (Johannes 14:12).
Um das von Jesus gegebene Versprechen unserer eigenen Heilfähigkeit zu demonstrieren, müssen wir als Erstes so bereitwillig sein wie er, unsere Einheit mit Gott zu beanspruchen und den materiellen Sinn der Dinge durch den geistigen zu ersetzen. Jesus sagte: „Der Herr, unser Gott, ist Herr allein; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft“ (Markus 12:29, 30). Das ist unser Teil an unserem Bund mit Gott. Gott hat Seinen Teil bereits erfüllt. Er hat uns nach Seinem Bild und Gleichnis erschaffen und dem Menschen die Herrschaft über alle Dinge gegeben. Um diese Herrschaft in Anspruch zu nehmen, müssen wir unseren Teil des Bundes erfüllen, indem wir Seine Gesetze befolgen.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, dass der Mensch mit Gott versöhnt werden muss, nicht Gott mit dem Menschen. Die Einheit des Guten sagt dazu: „Der Christus kann nicht zu dem sterblichen und materiellen Sinn kommen, der Gott nicht wahrnimmt. Dieser falsche Sinn von Substanz muss Seiner ewigen Gegenwart weichen und sich so auflösen. Sich über den falschen zu dem wahren Augenschein des Lebens zu erheben ist die Auferstehung, die von der ewigen Wahrheit Besitz ergreift“ (S. 60–61).
Wir verbringen viel Zeit mit Herausforderungen, die unseren Körper, unsere Beziehungen zu anderen, unsere Versorgung usw. betreffen. Wir analysieren sie, zerbrechen uns den Kopf und führen Buch darüber, wie lange sie schon bestehen. Wir erzählen anderen davon und hören uns an, was sie darüber denken, und dann versuchen wir, die Christliche Wissenschaft anzuwenden, um die Herausforderungen zu heilen. Das entspricht dem Versuch, Gott mit einer materiellen Vorstellung vom Menschen in Übereinstimmung zu bringen und Ihn dann zu bitten, in den Traum vom Leben in der Materie einzutreten und diesen Traum in Ordnung zu bringen. Ein Traum muss nicht in Ordnung gebracht werden – er hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Stattdessen müssen wir uns von der Stimme Gottes, der Wahrheit, zu der Tatsache erwecken lassen, dass es uns bereits gut geht und dass wir alles haben, was wir brauchen, denn Gott hat alles gemacht, und zwar so vollständig gut, wie Er selbst ist.
Unseren Kopf über den Nebel des materiellen Sinnes zu heben und von dem Traum zu erwachen bedeutet, die Lösung – die Wahrheit des Seins – und nicht das Problem zu sehen. Ich habe Gott etliche Male erfolglos gebeten, in meinen Traum vom Leben in der Materie einzutreten und meine Probleme zu lösen, bis ich verstand, dass ich mein Bewusstsein aus dem Glauben an eine Existenz in der Materie entfernen und in die geistige Wirklichkeit führen muss, dass Gott, Geist, Alles-in-allem ist.
Vor Jahren musste ich dieses wichtige Konzept von der Versöhnung meines Denkens mit Gott demonstrieren, als mein Mann am Abend vor unserem Umzug von Hongkong zurück in die Vereinigten Staaten nicht nach Hause kam. Er war verzweifelt, dass ein Job, den er sehr geliebt hatte, nun beendet war, und aus seiner Sicht war der gerade erlittene Verlust mit nichts zu vergleichen. Wir hatten keine Arbeit und kein Zuhause. Und nun schien es, als habe sich mein Mann in Luft aufgelöst. Er hatte sich überwältigt gefühlt und gesagt, dass er rausgehen und um 22 Uhr wieder da sein würde. Doch jetzt war es drei Uhr morgens, er war nicht wieder da, und in ein paar Stunden ging unser Flug.
Ich wollte, dass Gott meinen Mann in Ordnung brachte, da dieser mich im Stich zu lassen schien, und Gott sollte mich und all die Ängste und Sorgen in Ordnung bringen, die ich fühlte. Das klappte allerdings nicht. Also beschloss ich, statt mein Gebet vom Standpunkt eines verschwundenen Ehemannes und dessen verängstigter Ehefrau zu beginnen, mit Gott und Seiner Vollkommenheit anzufangen. Ich weiß noch, dass ich sofort Frieden empfand, als ich erkannte, dass das eine Szenario einen falschen materiellen Augenschein zeigte, während das andere die ewige Wahrheit des Seins war – Gottes Allwissenheit, Allgegenwart und Allmacht.
Wenn Gott alles weiß, so argumentierte ich, dann konnte mein Mann sich weder vor Gottes vollkommenem Wissen über ihn verstecken, noch konnte er diesem Wissen entkommen. Wenn Gott immer gegenwärtig ist, dann konnte mein Mann Gottes Gegenwart, Trost und Liebe dort fühlen, wo er gerade war. Und wenn Gott alle Macht ist, dann konnte Furcht, Sorge oder Unsicherheit keinen von uns überwältigen.
Eine halbe Stunde später kam mein Mann mit frohem Gesicht nach Hause. Er hatte Gottes Botschaft in der Tat vernommen und war nun sicher, dass alles in Ordnung sein würde. Außerdem hatte er sehr klare Anweisungen für etwas ganz Besonderes bekommen, das er zu tun hatte. Er sah wie neugeboren aus. Und er gehorchte Gottes Führung, woraus sich vollständig neue Karrieren für uns beide ergaben, in denen wir in den darauffolgenden 15 Jahren gemeinsam tätig waren.
Ich lernte, dass Christus „nicht zu dem sterblichen und materiellen Sinn kommen [kann], der Gott nicht wahrnimmt“. Es war vielmehr meine Aufgabe, mich aus dem Glauben an ein von Gott getrenntes Leben in der Materie zu erheben und davon zu befreien. Als ich das tat, konnte ich beweisen, dass die Wahrheit über einen vollkommenen Gott und einen vollkommenen Menschen die gegenwärtige und ewige Wirklichkeit ist.
