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Die rechte Anschauung.

Aus der September 1903-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Alle Erfahrung der Menschen ist von Anbeginn der Zeit durch ihre Anschauung von ihrem Nebenmenschen tief beeinflußt worden. Wie der Mensch über den Menschen denkt, davon hängt Gesellschaftsund Geschäftsleben ab; und die mannigfachen Formen von Religion haben sich in ihren Einwirkungen als ein Fluch oder ein Segen erwiesen, je nach der Richtigkeit ihrer Erklärung von der Natur der Menschen und von der Beziehung zu seinem Nebenmenschen.

In einem kurzen Artikel wie diesem soll nicht versucht werden, Beweise dafür anzuführen, daß das Christentum sich als der mächtigste Einfluß zum Guten, den die Welt je gesehen, erwiesen hat. Bei den Völkern wo die christliche Religion vorherrscht, findet sich die größte Freiheit im Denken und Leben, wenn dieselbe auch in ihrer heutigen Gestalt noch so stark mit menschlichen Mutmaßungen vermischt ist, daß sie in vieler Beziehung von der ursprünglichen Lehre des ersten Christen, Jesus von Nazareth, abweicht.

Durch sein makelloses Leben seine großen Werke für andere, und seinen schließlichen Triumph über Sterblichkeit, bewies Jesus in seiner eigenen Erfahrung, daß der Kern seiner Lehre die Wahrheit selber sein mußte; hieraus folgt, daß wenn schon eine unvollkommene Auffassung des Christentums mehr für die Menschen getan hat als irgend eine andere Religion, das Christentum, wie Jesus es lehrte, dem Menschen eine vollkommene Richtschnur fürs Leben geben muß.

Der Grundton von Jesu Leben war das „neue Gebot.” „Ein neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch unter einander liebet wie ich euch geliebet habe, auf daß auch ihr einander lieb habet. Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe unter einander habt.” Dieses Gebot wiederholt er immer wieder, erweitert es und erklärt beständig, wie diese so wichtige Pflicht zu erfüllen ist. „Gleichwie mich mein Vater liebet.” Wie ich euch geliebt habe, so sollt ihr einander lieben. In gleicher Weise erklärt der Apostel Johannes von der höchsten Stufe seiner Erkenntnis, daß an die Menschen nur diese eine Forderung gestellt wird, daß sie einander in derselben Weise lieben sollen, wie Gott sie liebt. Hieraus folgt notwendigerweise, daß wir nur dann in rechter Weise von unseren Nebenmenschen denken, wenn wir so von ihnen denken, wie Gott sie denkt.

In der Bibel finden wir eine klare Darlegung von der Anschauung, welche Gott vom Menschen hat: „Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen ... über die ganze Erde ... und Gott schuf den Menschen ihn zum Bilde.”

Daß Jesus in dieser Weise vom Menschen dachte, zeigt sich aus seinem Verhalten gegen die, welche ihn um Hilfe baten. Als die Sünderin zu ihm kam und ihn um Befreiung von der Last ihrer Sünde anflehte, sagte er: „Dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin in Frieden.” Es ist unmöglich, daß er dieses Weib hätte frei machen können, wenn er geglaubt hätte, daß sie zur Sünde in demselben Verhältnis gestanden, wie zu Gott, das heißt: wenn Sünde ebenso sicherlich ein Teil ihres Daseins gewesen wäre wie Leben und Bewußtsein, so hätte sie nicht einmal der Hinneigung zur Sünde entbunden werden können; dies war es jedoch gerade, was ihr abgenommen wurde, sie wurde von dem Trieb zu sündigen befreit. Das Resultat zeigte, daß Jesus wußte, was ihre Natur in der Wahrheit war, nämlich ein Ausdruck, eine Verkörperung von Lauterkeit, Selbstlosigkeit und geistiger Erkenntnis. Nicht von der Sünde als einer von Gott zugelassenen Macht war sie freigesetzt, sondern von ihrer sterblichen Furcht vor dem Bösen, und in dieser Freiheit fand sie ihr gottverliehenes Erbteil geistiger Kraft und geistigen Lichtes.

Als Jesus dem Mann, der blind geboren war, begegnete, wurde eine Frage an ihn gestellt, die seltsamerweise auch heute noch gestellt wird: „Wer hat gesündiget, dieser oder seine Eltern, daß er ist blind geboren?” Aber Jesus blieb der Regel, so zu lieben wie Gott liebt, und so vom Menschen zu denken, wie Gott ihn denkt, treu, daher keine Antwort: „Es hat weder dieser gesündiget noch seine Eltern; sondern daß die Werke Gottes geoffenbart wurden an ihm.”

Es ist natürlich, daß wenn der Mensch die Werke Gottes, der Quelle alles Lichtes, offenbaren soll, so kann er nicht blind sein, und dieser Mann war nicht mehr blind, er war frei, erlöst, nicht von einer von Gott gesandten Finsternis, sondern von dem sterblichen Irrtum eines Glaubens an und der Furcht vor einer Macht neben dem unendlichen Schöpfer.

Während der drei Jahre seines unvergleichlichen Wirkens bewies Jesus durch die Wirkungen seiner rechten Denkweise, daß seine Lehre die Wahrheit war, und nach all diesen Jahrhunderten lernen die Menschen noch immer von ihm den Christusweg zu Harmonie und Erfolg, dadurch daß sie ihren Nächsten so lieben, wie Gott ihn liebt.

Daß wir diesem Christusweg bis jetzt noch nicht treu gefolgt sind, zeigt sich in dem Vorherrschen von Haß, Mißtrauen, Furcht und der hieraus folgenden Disharmonie und Zwietracht, aber das ist kein Grund, weshalb wir nicht jetzt anfangen sollten, recht über unsern Nächsten zu denken, oder wenn wir angefangen, jedoch das Ziel nicht erreicht haben, so steht uns nichts im Wege, es wieder und wieder zu versuchen und dasselbe zu erreichen. Die Schwierigkeit liegt in der Gewohnheit, nach dem Zeugnis der körperlichen Sinne zu urteilen. Wenn körperliche Symptome die Gegenwart von Krankheit andeuten, so erklären wir sofort: „Er ist krank,” und legen so ein falsches Zeugnis über unseren Nächsten ab, indem wir das von ihm als wahr behaupten, was falsch ist. Wenn unser Nächster unehrliche Mittel und Wege in seinem Geschäft gebraucht, so behaupten wir sofort, „er ist ein unehrlicher Mensch,” während Gott doch den Menschen niemals unehrlich gemacht hat und ihn nicht so ansieht. Am hartnäckigsten und beharrlichsten sind wir jedoch in dem Aufrechterhalten der Lüge, wenn wir die Kritik oder absichtliche falsche Beurteilung, welche gegen unsere aufrichtigen Bemühungen gerichtet werden, übel nehmen oder fürchten. Können die absichtlichen Lügen anderer uns irgendwie schädigen, wenn wir wissen, daß diese Lügen falsche Zeugen sind? Steht nicht alles rechte Denken unter dem unmittelbaren Schutz von Gottes Weisheit und Liebe? Können wir hassen oder fürchten, oder unsern vermeintlichen Feinden Gleiches mit Gleichem zu vergelten suchen, wenn wir wissen, daß Gott sie nicht so haßt?

Wie der Vater liebt, so sollt ihr lieben. Ist nicht die göttliche Liebe universell, alles umfassend?

Ist Sünde oder Krankheit ein wirklich existierender, wesentlicher Bestandteil von des Menschen Dasein? oder ist es nicht vielmehr die Finsternis, der Aufruhr, die vermeintliche Tätigkeit des Irrtums, welcher einen anderen Schöpfer als den unendlichen Geist auf den Thron zu setzen sucht, und einen Menschen, der nicht sein Ebenbild ist? Trotz des materiellen Zeugnisses und Augenscheins und der überwältigenden Tätigkeit des Irrtums, bestand Jesus' geistige Lauterkeit darauf, des Menschen wahre Natur anzuschauen — und von seinen Nächsten nur das zu behaupten, was in Gottes Augen der Wahrheit entsprach, und die Wirkung dieses rechten Denkens war Heilen und Erlösung. Mehr noch, er verlangte von seinen Nachfolgern dieselben Wirkungen. „Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe unter einander habt.”

Göttliches Lieben findet seinen Ausdruck nicht in bloßem Gefühl, nicht in sinnlicher Selbstbefriedigung, sondern in dem tatsächlichen rechten Denken über den Nächsten. Göttliche Liebe zeigt sich in dem Urteil, welches sich auf die Erkenntnis von Gott als dem einen Schöpfer, dem selbständigen Wesen gründet, in welchem sich kein Element des Bösen oder der Sterblichkeit findet, auf die Erkenntnis von dem göttlichen Vater, dessen ewiger Ausdruck der reine geistige, unsterbliche Mensch ist.

Auf Grund dieses vollkommenen Prinzips muß der Mensch jeder Zeit als Gott-gleich erkannt werden. Von diesem Standpunkt wahrer wahrer Erkenntnis aus, und von diesem allein, können wir einander so lieben, wie Christus uns liebt. Die Wirkung dieses rechten Denkens ist heute dieselbe, welche Jesus in seinem Werk folgte, denn die Wahrheit ändert sich nicht.


Wenn du dein Erwachen Gott überläßt, wird Gott dich am Morgen finden, so du in Seinem göttlichen Sonnenschein und Liebe erwachst und Er gibt dir das Bewußtsein, daß Gott dich während des Tages mit Seiner allmächtigen Kraft fortwährend in Aufsicht hat. —


Viele Schwierigkeiten, über die wir uns beklagen, sind nur Schwierigkeiten, weil wir uns beklagen.

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