Wir können unser höchstes Glück und ein erfolgreiches Leben unmöglich erreichen ohne das Erlernen wie „zu schaffen, daß wir selig werden”; und dieses „selig werden” muß zugleich vollkommen und allgemein werden. Dieses Erlernen seine Erlösung zu vollbringen ist für den besonnenen Geschäftsmann ebenso erforderlich wie für den praktizierenden Christian Scientisten. Der eine wie der andere ist verpflichtet, Gott in seinem täglichen Leben zu verehren. Der eine wie der andere muß notwendigerweise recht denken, recht leben, und rein und gut sein.
Die Arbeit der Erlösung ist eine individuelle Arbeit, und Christian Science lehrt uns nicht nur wie diese Arbeit zu verrichten ist, sondern besteht darauf, daß wir sie vollbringen. In dem Lichte der Christian Science wird uns das Gebot: „schaffet, daß ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern,” weder geheim noch lästig erscheinen, da sie uns lehrt, daß es weder mehr noch weniger als recht denken und recht leben ist. Daß niemand unser Denken und unser Leben für uns vollbringen kann, versteht sich von selbst; jedoch können wir im Vollbringen dieser Arbeit unterrichtet werden. Die Lehrer und Praktiker der Christian Science sind nicht damit beschäftigt, das Heil anderer zu bewirken, aber sie zeigen den Weg durch Christum. Sie offenbaren den ehrlichen, aufrichtigen Forschern nach der Wahrheit den Weg, der zur Beweisführung der wirksamen Gegenwart des Prinzips des Seins führt. Irgend jemand, der wissenschaftlich denkt, der ernstlich danach strebt recht zu leben, ist im stande seinem Mitmenschen behilflich zu sein, aber nicht seine Arbeit für ihn zu tun.
Science and Health sagt uns: „Gott wird die Kranken durch den Menschen heilen, wenn der Mensch von Gott beherrscht wird” (S. 405). Der Mensch ist von Gott beherrscht, nur wenn er richtige Gedanken oder Ideen denkt oder ausspricht und solche Gedanken konstituieren das erfolgreiche ernste Gebet des Gerechten, welches viel vermag. Der Christian Scientist weiß, daß solch ein Gebet Krankheit in derselben Weise heilt wie es Sünde vernichtet; und deshalb bringt es der ganzen Welt Gesundheit und Glück. Das Heilen von Krankheit und Sünde verleiht uns einen Blick vom idealen Menschen, das menschliche wird verklärt, aber gleich Peter, Jakobi und Johannes, sind wir genötigt zum Fuß des Berges hinabzusteigen und Schritt für Schritt unseren Weg zum Gipfel der reinen Geistigkeit hinaufzuarbeiten. Wir gewinnen nur was wir selbst erwerben, und nur der Arbeiter ist seines Lohnes wert.
Oft hört man, daß wir in der Christian Science nicht „schaffen, daß wir selig werden,” wenn wir uns um Hilfe an einen anderen wenden, und dies hat viel unnötiges Leiden verursacht. Vor sorgfältiger Erwägung fällt diese Behauptung.
Indem er sich um Hilfe an einen Bruder wendet, hat der Mensch einfach die Verbesserung seines Denkens verlangt, damit ihm der Weg zum Himmel angedeutet werde, so daß er selbst darin wandeln (denken) kann. Dem Schein nach sind ihm Hindernisse im Wege—irrige Gedanken, Ansichten, Theorien, Meinungen, und der, welcher mit klarerem Gesicht einigen Vorsprung auf dem Wege hat, kann diese Hindernisse wegschaffen, daß der Weg deutlich erscheint. Dies heißt, daß dem, der Hilse verlangt hat, richtig denken geschenkt worden ist. Er muß es annehmen und das falsche verwerfen, sonst ist der Weg zum weiteren Fortschritt versperrt. Da jeder gerechte Gedanke von Gott ist, und deshalb vom allmächtigen Guten erhalten wird, weshalb sollte das Heilen der Kranken und die Reformation der Sünder seltsam erscheinen, wenn Gerechtigkeit und Reinheit die Stelle von Ungerechtigkeit und Unreinheit im menschlichen Bewußtsein eingenommen haben? Das Recht entsetzt immer das Unrecht.
Derjenige, welcher ehrlich und verständig Hilfe sucht, weiß daß dieselbe von Gott, und von Gott allein, ausgeht, ob durch sein eigenes oder eines andern Gebet. Daß er den Beistand eines andern sucht, heißt keineswegs, daß derselbe irgend etwas von sich selbst tun kann. Gott allein vollbringt das Werk. „Der Vater aber, der in mir wohnet, derselbige thut die Werke,” sagte Jesus. Der Lehrer der Mathematik kann und muß dem Schüler die Auflösung von irgend einem gewissen Problem erklären, aber er kann die Arbeit nicht für den Schüler tun. Wenn der Schüler nicht die nötige Regel bemeistert und dieselbe anwendet, wird er im Examen durchfallen. Ebenso ist es, wenn wir das geschenkte Licht nicht anwenden und unsere eigene Arbeit tun, werden wir uns zur Zeit der Not für schwer geprüft halten und scheinbare Niederlage mag uns drohen. Zu solchen Zeiten bedarf man liebevollen Rates, Warnung, Aufmunterung, Mitgefühl und Liebe, und ein echter Christian Scientist ist immer damit bereit. Sollte man ihn tadeln, weil er sie zu gelegener Zeit und liebevoll gibt?
Der, welcher sich um physisches oder sittliches Heilen an einen Christian Scientisten wendet, sucht doch gewiß Erläuterung; er ist blind und man muß ihm den Weg zeigen. Er mag sich nicht bewußt sein, daß er sich in einer solchen Finsternis befindet, doch ist er sich sehr wohl bewußt, daß er der Hilfe bedarf. Möglicherweise ist er über die Art und Weise der gesuchten Hilfe im Unklaren, doch bittet er um Christian Science Behandlung und das Sonnenlicht der Wahrheit und Liebe durchdringt die Finsternis seines Bewußtseins; Immanuel, „Gott mit uns,” erklart Seine Gegenwart und Macht; und der Mensch erfreut sich des Lichtes. Er gewinnt einen Lichtblick von der Unwirklichkeit der Materie, und die Tätigkeit des göttlichen Geistes kommt zur Geltung. Dann vergegenwärtigt er sich, daß „die Zeit für Denker gekommen ist” (Science and Health, Vorrede, S. VII). Das Prinzip des richtig Denkens dringt durch das menschliche Bewußtsein und der Mensch beginnt zum ersten Mal den Weizen von dem Unkraut zu trennen, beginnt zwischen dem Echten und dem Unechten (Falschen), der Wirklichkeit und der Illusion zu unterscheiden. Verborgene geistige Fassungskräfte werden tätig, und er beginnt Gott, das Gute, von ganzem Herzen zu lieben. Nun erkennt er die Beschaffenheit der Hilfe, die er suchte. Die Wahrheit hat ihn frei gemacht um sein eigenes Heil zu bewirken. Er hat den einen und einzigen Weg zum Himmel gelernt.
Von den zehn Aussätzigen, die der Meister heilte, schien nur einer bereit sein Kreuz auf sich zu nehmen und seine eigene Arbeit zu tun. Der Weg war allen angedeutet, aber neun waren undankbar und folgten nicht. Sogar im Erwecken des Lazarus bewirkte Jesus nicht sein Heil für ihn. Er rief ihn nur zurück, damit er seine Arbeit richtig vollbringe. Kann irgend einer seinem Mitmenschen einen größeren Dienst leisten als ihn recht denken und recht handeln lehren?
Heutzutage gibt es manche, die nur körperliche Heilung verlangen, die nur der Brote und Fische gedenken, und zeitweilig mag ihnen wohl der Gedanke an individuelles Wirken gleichgültig bleiben und sie mögen in einem Gefühl der Selbstzufriedenheit ruhen; aber später müssen sie doch auf Gottes Anforderung eingehen, ihre eigene Arbeit zu vollbringen und sie müssen es lernen mitsamt der guten Gabe der Heilung zugleich die gute Gabe der geistigen Erkenntnis anzunehmen. Je größer das Verlangen nach sittlicher Wiedererneuerung und geistiger Aufklärung, desto bereitwilliger ergibt sich der Einzelne geistiger Arbeit und vor allen Dingen widmet er sich dem Wirken für das Wohl anderer.
Dann gibt es andere, die Recht tun möchten, die jedoch nicht hinlänglich streben um Einlaß zu finden. Diese bedürfen häufiger Ermahnung und Aufmunterung von seiten der besseren Arbeiter. Sogar der gänzlich Träge bedarf eher des Beistands als des lieblosen Tadels oder der Mißbilligung. Er träumt in der Sinnentäuschung und muß erweckt werden. Für ihn ist Erfahrung gewöhnlich der beste Lehrer, bis er schließlich lernt auf dem engen, schmalen Weg der Christian Science zu wandeln und seine eigene Arbeit zu tun.
Der, welcher sich auf den Beistand anderer stützt, anstatt sein Vertrauen auf Gott zu setzen, vollbringt sicherlich nicht seine eigene Arbeit. Diese parasitische Denkungsart sollte man eher tadeln als billigen. Andererseits, für diejenigen, die redlich und ernst gearbeitet haben und deren Last dennoch unerträglich scheint wäre es doch Wohl weise, sich lieber an einen Bruder oder eine Schwester um Beistand zu wenden, als dem Gedanken der Entmutigung und der Selbstverurteilung zu unterliegen. Wo viel in dem geistigen Gebiet zu überwinden scheint, rät unsere Leiterin uns ohne Aufschub Hilfe zu suchen (Science and Health, S. 420). Dieser Rat stimmt mit der Ermahnung der Schrift überein: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.”
Die Unwirklichkeit der Last unseres Bruders zu erkennen, befreit ihn, und dann beginnt er Gottes Forderungen zu realisieren und denselben zu gehorchen. Seine Anerkennung der wahren Idee Gottes ist für ihn eine Einladung zu wirken, zu wachen und zu beten; seine Annahme der Christian Science ist ein feierliches Versprechen sich den Bedingungen dieser Einladung zu fügen.
Von seiten derer, die Hilfe suchen und finden, ist ein wichtiger Punkt in Erwägung zu ziehen, nämlich: dem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen. Wenn Gott den Weg zeigt, müssen wir seinen Geboten gehorchen und unsere „Centner” nutzbringend anwenden. Derjenige, der ohne irgend welche Anstrengung seinerseits Hilfe verlangt, ist nicht ehrlich. Niemand kann etwas umsonst bekommen. Geben und Empfangen gehen Hand in Hand. Der Ehrliche wird sagen: „Was soll ich thun, daß ich selig werde?” Er ist bereit und beflissen, daß man ihm den Weg zeige, und nachdem derselbe ihm klar wird, tut er sein Möglichstes darin zu wandeln. Er realisiert, daß jetzt mehr von ihm erlangt wird als bevor er Hilfe suchte. Manche haben sich eingebildet, daß der Klaffenunterricht in der Christian Science sie von der Arbeit und Verantwortlichkeit befreien würde; aber nicht doch. Dieser rüstet eher zum wissenschaftlichen Dienst aus, und wenn die Schüler die Gaben benutzen und ihr Denken unverwandt in der Wahrheit halten, so ist ihr Fortschritt gesichert. Eine jede solche Gelegenheit in der Christian Science, wenn benutzt, vermehrt unser Streben und unsere Brauchbarkeit, und beschleunigt unsern Fortschritt himmelwärts.
Erfahrung lehrt, daß manche mehr als andere des Beistandes bedürfen und daß es recht ist, ihnen liebevoll zu helfen. Wir sollten nicht vergessen, daß in dem Gebiet des sterblichen Geistes keine zwei Personen ganz dieselben Anschauungen haben und dann bleibt uns keine Entschuldigung für Unfreundlichkeit und Ungeduld gegen irgend jemanden, da wir überhaupt lernen, daß ein jeglicher mit der Zeit sein eigenes Problem der Erlösung ausarbeiten muß.
Indem wir uns der Richtschnur der Vollkommenheit in Demonstration nähern, und unser eigenes Leben hierdurch zu einem Beispiel der Vollkommenheit wird, fühlen die Menschen sich zu der Christian Science hingezogen durch die Erkenntnis der geistigen Wohltaten, beseelt von dem Wunsche ein reineres Leben zu führen und Gott recht zu erkennen und Ihm zu gehorchen. Dann werden sie die physischen Bedürfnisse weniger beachten. Sogar in unserem jetzigen noch geringem Verständnis sollten wir den Gedanken der sittlichen und geistigen Wiedererneuerung höher schätzen, und das Heilen von Krankheit als den beiläufigen Beweis des erwachenden Verständnisses in der richtigen Idee von Gott, anerkennen. Nur indem wir zuerst nach dem Reich Gottes trachten, gewinnen wir den Sieg über Krankheit.
Nur von dem richtigen Standpunkt aus ist es möglich „zu schaffen, daß wir selig werden.” Alles muß verständig geschehen, und wir schaffen verständig nur, indem wir lernen, daß es Gott ist, der in uns wirket „beides das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen.” Unser Wirken ist Gottes Wirken, worin Selbstsucht verschwindet in unserer Liebe zu Gott und unserer Religion. Wenn wir in Versuchung geführt werden an unserer Fähigkeit zu zweifeln, die göttliche Natur widerzuspiegeln, sollten wir erwägen, was wir in, Miscellaneous Writings,” S. 183, lesen: „Der Mensch ist das Bild und Ebenbild Gottes; was Gott möglich ist, ist dem Menschen als Gottes Widerspiegelung möglich.” Wir müssen fortwährend unsere Fähigkeit, dem Willen Gottes zu gehorchen, erkennen und kund tun. Im Wege der Wahrheit findet der Irrtum keine Bahn.
Rechtes Denken kehrt niemals leer zu uns zurück. Trifft unseren Bruder Unglück und wir hören davon, wäre es uns als Christian Scientisten beinahe unmöglich ihm nicht beizustehen, indem wir genötigt sind, den falschen (irrigen) Gedanken zu verwerfen und den richtigen zu erklären; und da dieses richtige geistige Konzept reich an Gesundheit und Liebe ist, muß es seinen Einfluß ausüben. Der Grad, in welchem dieses Denken ihm zugute kommt, hängt von dem Wunsche und der Fähigkeit des Einzelnen ab, die geistige Idee zu fassen sowohl als auch von unserer eigenen Geistigkeit. Wie mächtig wird dieser Einfluß des Guten sein, wenn die ganze Menschheit den Grundton der Harmonie erfaßt haben wird, und rechtes Denken ein bewußter, intelligenter Ausdruck der Wahrheit des Seins, die wesentliche Reflektion des allwissenden und allmächtigen Geistes — der einzige Antrieb sein wird. Solches Denken in dem Lichte geistiger Wahrnehmung und Erkenntnis gebadet, verscheucht die finsteren Schatten des Aberglaubens, der Furcht, des Zweifels, der Krankheit, Sünde und Todes.
Der heilsame kräftige Einfluß der Wahrheit und Liebe, in diesem Zeitalter in Christian Science offenbart, bekundet sich auf allen Seiten, weit und breit, und nichts kann den Fortschritt hindern, wenn die Christian Scientisten den heiligen Anforderungen folgen, an andere denken wie Gott denken würde, lieben wie Gott lieben würde und allezeit tun, was Ihm gefällt. Mancher ist während einer kurzen Unterhaltung mit einen: Christian Scientisten völlig von einem geistigen oder körperlichen Gebrechen erlöst worden. Indem die Christian Scientisten sich inniger dem „schaffen, daß sie selig werden” widmen, werden solche Fälle bemerkbarer und häufiger vorkommen. Mutmaßung, Wortstreit, Wetteifern über das Wesentliche, Glauben ohne Wissen, ist Zeitverschwendung. Solches Denken konstituiert den Traum der sterblichen Existenz; und das Werk der Christian Science ist es, die Menschheit aus diesem quälenden Traum zu erwecken und das Reich Gottes auf Erden zu offenbaren. Wenn wir unsern Weg in dieses Reich Gottes hineindenken sollen, muß es dann nicht ein göttliches, beweisbares Prinzip geben, das solches Denken beschützt, regiert und leitet? Christian Science offenbart dieses Prinzip als göttliche Liebe, die einzige Intelligenz des Weltalls und des Menschen. Diesem Prinzip verständig nach festen Regeln zu gehorchen, ist die Arbeit des Christian Scientisten.
Wie wunderschön ist Mrs. Eddys kurze Zusammenfassung des Problems der Seligkeit: „Selbstentsagung alles dessen, das den sogenannten materiellen Menschen konstituiert und die Anerkennung und Ausführung seiner geistigen Identität als das Kind Gottes, ist Wissenschaft, welche die himmlichen Schleusen öffnet; von wo aus das Gute das ganze Wesen durchdringt, die Sterblichen von jeder Unreinheit befreit, alles Leiden vernichtet und das wahre Bild und Ebenbild demonstriert. Dieses ist der einzige „Weg” zur Seligkeit, wo der Mensch in Macht, Erhabenheit und Unsterblichkeit erscheint” (Miscellaneous Writings, S. 184).
Mögen wir alle jetzt das Prinzip dieses mächtigen Wirkens anerkennen und Frieden haben. Mögen wir der Welt beweisen, daß wir aufgeweckte Christian Scientisten sind, indem wir unsere eigene Arbeit verrichten und diese gut vollbringen.
