Jeder Sterbliche strebt nach Frieden und Glück, gleichviel was sein Ehrgeiz und seine Wünsche auch sein mögen.
Ich bin keine Ausnahme gewesen, denn ich habe aus fast jeder Quelle des sogenannten Vergnügens getrunken. Dennoch gab es etwas, das ich nicht fand. Jeder Mensch hat einen Gott, den er anbetet; und wo sein Schatz ist, da wird auch sein Herz sein. Ich betete meinen Gott so inbrünstig an, wie nur ein Sterblicher es vermag und dachte, es gäbe keinen andern. Eines Tages bekam ich ein Buch in die Hand und las darin von „‚einer Stadt auf einem Berge erbaut,’ einer himmlischen Stadt, die hoch über allen Wolken thront ... und es war kein Tempel darin: denn Gott ist der Tempel darin.” Aus dieser Stadt kommt ein Fremder gewandert und schlägt den Weg nach dem Tal dort unten ein. „Als er auf seinem Pfade den Büßer sieht, der sich aus den Wohnungen des Luxus dorthin getappt hat, sagt der Fremde zu ihm: ‚Weshalb kommst du hierher?’ Er antwortete: ‚Dein Anblick enthüllte mir meine Sünden und verwandelte meine falschen Freuden in Trauer’ ... Und der Fremde sagt zu ihm: ‚Willst du den Berg erklimmen und nichts von dem, was dein ist, mitnehmen?’ Er antwortete: ‚Ich will es.’ ‚Dann,’ sagt der Fremde: ‚hast du das gute Teil erwählt; folge mir’” (Miscellaneous Writings, S. 323, 326, 327.
Ich legte das Buch hin, aber ich fand, daß Friede und Glück nicht von dieser Erde seien, sondern vielmehr die Atmosphäre jener Stadt, die auf einem Hügel gebaut ist. Ohne Furcht und Zweifel sagte ich. „Ich will auch diesen Berg erklimmen und nichts Irdisches mit mir nehmen,” und ich bin niemals wieder umgekehrt. Jeder Schritt hat mehr Licht, mehr Freude und Frieden gebracht. Hoffnung und Glauben haben mir die Versicherung gegeben, daß der Allgegenwärtige stets bei mir ist, und wenn ich angegriffen worden bin, habe ich die Stimme gehört: „Fürchte dich nicht;” denn: „Ich bin bei euch alle Tage” — auf allen Wegen — immer. „Meine Schafe hören meine Stimme, ... und niemand kann sie aus meines Vaters Hand reißen.”
Wenn ich mir klar machte, daß Gott ein Gott der Liebe ist, ein zärtlicher, liebevoller, geduldiger Vater — Mutter, dann hörte ich die Stimme: „Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe Ich euch, wie die Welt giebt.” Dann fühlte ich mich gekräftigt, und ich fand, daß jeder Schritt irgend einen Irrtum zerstört hatte, denn Zorn, Haß, Bosheit, Rachsucht, Eifersucht, Neid, Stolz, Leidenschaft, Lüste, Begierden und Selbstsucht wurden besiegt. Ich kann diese „Stadt” nicht beschreiben; aber das weiß ich, daß das Heiligtum Gottes bei den Menschen wohnt, und daß Gott Seine Kinder liebt. Wenn Gott unser Vater und unsere Mutter ist, und wenn Er gut, heilig, liebevoll und geduldig ist, müssen Seine Kinder es auch sein; denn der Mensch ist Sein Ebenbild und Gleichnis, und Er kann nichts anderes als Reinheit und Gutes widerspiegeln. Dieser Gedanke hat mir über manche dunklen Stellen hinweggeholfen, wenn Steine und Gestrüpp mir den Weg versperren und meinen Fortschritt hindern wollten.
Ich behaupte nicht, daß ich den Gipfel dieses Berges erreicht habe; aber ich bin weit genug gekommen, um zu sehen, daß Friede und Glück das Erbteil aller derer ist, die in Demut ihn zu erklimmen suchen und nichts von dem, das dieser Erde angehört, mit sich nehmen. Mrs. Eddy sagt in „Science and Health,“ S. 239: „Um uns über unseren Fortschritt Gewißheit zu verschaffen, müssen wir uns klar werden, wo unsere Neigungen hingewendet sind, und wen wir als Gott anerkennen und wem wir Gehorsam zollen;” und im dritten Kapitel des 1. Brief des Johannes lesen wir: „Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu ihm, der reiniget sich, gleichwie Er auch rein ist.”
Wenn wir daran denken, daß wir nicht eher Frieden und Glück haben können, als bis wir diesen Berg erklommen haben, so wissen wir auch, daß je eher wir uns auf die Reise machen und je weniger Gepäck wir mitnehmen, wir auch desto früher auf dem Gipfel ankommen. Wir mögen versuchen, ihn auf einem andern Wege zu erreichen; aber wenn der Fremdling nicht bei uns ist, werden wir auf Schritt und Tritt Angriffen ausgesetzt sein. Friede und Glück! Was schließen diese Worte ein! Sie sind gleichdeutend mit Ruhe und Freude. Für den, der mit Sünden beladen und zerbrochenen Herzens ist, für die, welche eine sternenlose Nacht umgibt, für die, welche von Zweifeln und Furcht erfüllt und mit Krankheiten aller Art behaftet sind, kommen diese Worte wie Himmelstau. Sie sind die köstliche Perle. Geld kann sie nicht erkaufen, der Ruhm kann sie nicht besitzen; eine hohe Stellung kann sie nicht erringen. Die Habsucht kann sie nicht gewinnen. Aber der aufrichtige Wunsch eines redlichen Herzens wird uns den Fremdling bringen, denn es steht geschrieben: „Siehe, ich stehe vor der Thür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird, und die Thür aufthun, zu dem werde ich eingehen, und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.” Christus ist für uns nicht länger ein Fremdling, sondern Er ist unser Beschützer, Führer, Hirte, unser allerbester Freund geworden, in dem der einzig wirkliche Friede, das einzig wirkliche Glück wohnt.
