Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Selbstverdammung.

Aus der Juli 1904-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Selbstkenntnis gehört zu den Anforderungen der Weisheit. Derjenige, der am leichtesten dazu geneigt ist, unrecht zu denken und zu handeln, kennt sich selbst am wenigsten. Im Verhältnis, wie wir eine korrekte und wissenschaftliche Meinung von uns selbst bekommen, erwerben wir die Fähigkeit und Macht, recht zu denken und zu tun. Um „den Harnisch Gottes anzuziehen” und „stark zu sein in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke” muß jeder sich selbst und sein Verhältnis zu Gott kennen. Christian Science ermöglicht uns dies.

Einer unserer größten Feinde für unsern Fortschritt ist die Selbstverdammung und daher muß man sich davor hüten und beschützen. Wer dieser Versuchung nachgibt, macht sich für systematische Arbeit unbrauchbar und wird oft dadurch sein eigner schlimmster Feind. Es mag beklagenswertere Gedankenzustände geben, doch gibt es keinen, der jemand wegen seines mit sich bringenden Leidens schneller für wissenschaftliches Streben unfähig macht, als ungerechte Selbstverdammung.

„Selig ist, der ihm selbst kein Gewissen machet in dem, das er annimmt,” sagt die heilige Schrift. Dieser Gedanke kam dem Verfasser dieser Abhandlung vor einigen Jahren, als er unter der Meinung ungerechter Verurteilung litt, und der Friede und das Licht, das dieser Gedanke brachte, haben ihm seitdem als beständige Ermahnung gedient. Er hat zahlreiche Heilungen gesehen, die dadurch vollbracht wurden, daß der Gedanke der Selbstverurteilung, der der Hauptirrtum gewesen war, aufgedeckt und vernichtet wurde.

„Ich glaube nicht, daß ich gut genug bin, um geheilt werden zu können.” ist eine gewöhnliche Ausdrucksweise. Ein solcher Gedanke ist weder liebreich noch liebenswert, sondern einfach eine Einflüsterung des Bösen, um uns zu hindern, die geistigen Segnungen, die für alle Kinder Gottes vorrätig sind, zu genießen. Dasselbe Argument kommt vor, um Leute zu verhindern, unserer Kirche beizutreten, und wenn sie nicht wachsam sind, werden sie den Gedanken weiter in sich nähren, und sich dabei zu gleicher Zeit wundern, warum sie nicht mehr harmonisch sind. Können wir denn erwarten ganz harmonisch zu sein, wenn wir nicht alles, was in unserer Macht ist, tun, um die Sache der Christian Science zu fördern? Müssen wir uns nicht erinnern, daß unsere Religion eine heilsame ist, in der wir eine Pflicht gegen unsere Mitmenschen sowohl als gegen uns selbst zu erfüllen haben, und daß dies nur getan werden kann, wenn wir lernen, gerecht und gut gegen uns selbst zu sein?

Sich hinsetzen und über unsere Fehler klagen, ist eine andere oft vorkommende Form der Selbstverdammung. Diese Gewohnheit führt nicht zur Reue und Besserung, sondern zur Wiederholung derselben Fehler. Ich habe solche gekannt, die absichtlich alles, was sie je von Christian Science wußten, zu vergessen suchten, nur weil ihnen einige ihrer ersten Bemühungen einer Demonstration nicht gelungen waren. Hätten sie sich besser verstanden, würden sie aus dem scheinbaren Mißerfolg ihrerseits, das vollkommene Prinzip der Christian Science zu demonstrieren, Nutzen gezogen haben und würden dadurch in eine nähere Vereinigung mit Gott gebracht worden sein; denn es ist absolut wahr, daß „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.”

Selbstverdammung und Selbstverurteilung werden immer die Fähigkeit für das Gute in jeder Gedankenrichtung begrenzen. Sie sind wirklich nur eine andere Weise der Selbstsucht, obgleich sie meistens nicht als solche erkannt werden, und Schüchternheit, Zweifel, Undankbarkeit und Untreue gehen gewöhnlich daraus hervor, so daß es nicht zu verwundern ist, daß diejenigen, die unter dem Einfluß solcher Gedanken sind, viel Schwierigkeiten im Arbeiten für sich und andere haben. Der Irrtum wird immer, wenn möglich, einen derartigen Zustand des Selbstmesmerismus hervorbringen.

In „Pulpit and Press,” Seite 7, erklärt uns Mrs. Eddy, wie diese Erfahrung zu vermeiden ist. Sie sagt: „Du mußt einfach einen wissenschaftlichen positiven Sinn von der Einheit mit unserem göttlichen Ursprung zu bewahren suchen und dies täglich demonstrieren.” Wenn wir Unrecht tun oder eine Sünde begehen — was verdient die Verdammung? Was sollte verurteilt und bestraft werden? Der Mensch oder die Sünde? Der falsche Sinn von Gott und dem Menschen, der immer im Unrecht ist und unfähig, das Rechte zu erkennen oder zu tun.

Selbstverdammung muß nicht mit Selbstverleugnung verbunden werden. Erstere fehlt, zwischen Recht und Unrecht, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, während letztere eine genaue Abgrenzung zwischen dem, was wirklich und recht, und dem, was unwirklich und irrtümlich ist, zieht. Selbstverurteilung verhindert den Menschen, die Sünde zu überwinden, während Selbstverleugnung einen direkten und positiven Schlag gegen die Sünde führt. Die eine drückt den Menschen durch den falschen Sinn persönlicher Verantwortung nieder, während die andere zum Verständnis, der von Gott gegebenen Herrschaft über das Böse führt.

Dies soll nicht ein Argument gegen persönliche Verantwortung sein, denn es ruht ein tiefer Begriff der Verantwortung auf allen, die den Namen Christi in Christian Science nennen, aber, indem wir „den alten Menschen ausziehen” und „den neuen anziehen,” wird die Verpflichtung weniger persönlich und mehr und mehr unpersönlich werden. Praktisch gesprochen, sind wir individuell für jeden Gedanken, Wort und Tat verantwortlich, aber das allein, was das Unrechte tut, das, was sündigt, kann leiden. Unsere Erlösung von allem Bösen liegt darin, die Sünde von des Menschen wahrem Sein zu trennen, und nicht den Menschen, sondern die Sünde zu verdammen.

Paulus sagt: „So ich aber thue, das ich nicht will, so thue ich dasselbige nicht, sondern die Sünde, die in mir wohnet,” und im 1. Brief des Johannes lesen wir: „Wer von Gott geboren ist, der sündiget nicht.” Paulus wußte sicherlich, daß diese Verantwortung nur aufhören würde, wenn er sich über den Sinn der Sünde erhob und ihr nicht länger erlaubte, ihn zu beherrschen. Um dies zu tun, wurde es notwendig, sich getrennt, fern von der Sünde zu wissen und dadurch seinen wissenschaftlichen Sinn — die Einheit mit Gott — herzustellen und jede vermutliche Vereinigung mit dem Bösen zu vernichten. So muß es mit uns allen sein, wir müssen die Wirklichkeit von unserem Gott gegebenen Sein und die absolute Unwirkichkeit und folgliche Machtlosigkeit des Bösen kennen lernen und nicht länger das wirkliche Selbst mit dem unwirklichen vereinigen.

Was soll der Mensch tun, wenn er Sünden begangen hat? „Science and Health“ bezeichnet klar die einzige Methode des Entkommens. Es sagt ihm, daß der erste Schritt zum Heil der ist, anzuerkennen, daß er gesündigt hat, anstatt zu sagen, daß er’s nicht getan hat. „Zugeben, daß du krank bist, macht deinen Fall weniger heilbar, während das Eingestehen deiner Sünde sie zu vernichten hilft” (Science and Health, S. 461). Dies bringt ihn in eine Stellung, wo er die Sünde verdammen kann und anfangen, sich als Ebenbild Gottes zu sehen, das als solches keine Sünde begehen kann. Dies führt zur einzig echten, praktischen Reue, worin das Verlangen zu sündigen geringer wird und er sich erhebt in der Erneuerung des Lebens in Christo. Die wahre Reue fehlt, wenn wir nicht die Wahrheit vom Irrtum unterscheiden und uns an die erstere halten, weil wir sie lieben, und die letztere verwerfen und abweisen, weil wir sie verachten. Wir müssen, in andern Worten, das Unkraut vom Weizen trennen, damit unser Begriff von Wahrheit, Leben und Liebe von allem, was nicht gottgleich ist, gereinigt werden möge.

Der Irrtum sagt: „Zeige mir die Person, die das Unrechte tat, und ich will mich an ihr rächen.” Ein solcher Gedanke könnte nicht in Christian Science gefunden werden, denn dem Scientisten wird gelehrt, Haß mit Liebe zu vergelten und dies schließt auch Vergebung vom menschlichen Standpunkt aus in sich. Die wahre Natur der Liebe verlangt, daß wir die Nichtigkeit des Bösen in allen Formen erkennen, denn „Liebe rechnet das Böse nicht zu.” Um dies zu tun, müssen wir die Sünde als etwas verdammen, das „weder Person, Platz noch Ding ist,” sondern „einfach eine Gesinnung, eine Illusion des materiellen Sinnes” (Science and Health, S. 71). „Die Rache ist mein; Ich will vergelten, spricht der Herr.” Die nie irrende Gewißheit und Vollmacht der göttlichen Barmherzigeit und Gerechtigkeit sollte uns überzeugen, daß wir nichts weiter zu tun haben, als dieselbe in uns und durch uns den richtigen Ausdruck finden zu lassen; dies ist bei weitem besser als menschliche Rache oder Verdammung auszuüben. Die Zeit, die in persönlicher Verurteilung unseres Selbst oder unseres Nächsten verbracht wird, ist mehr als vergeudet. Das einzig Richtige unsere Liebe für Gott zu beweisen, ist, sie gegen unsern Nächsten und uns selbst auszudrücken.

Des Menschen wahres und einzig wirkliches Selbst ist in keiner Weise mit Sünde verwandt oder verbunden. Müssen wir uns dann nicht über die Sünde erhaben fühlen und darauf sehen, daß wir uns selbst nicht in irgend eine Selbstverdammung einschließen, die nur die Sünde allein verdient? Je mehr wir zu des Menschen wahrem Sein, seiner Gottgleichheit erwacht sind, je leichter entdecken und verwerfen wir die Vorschläge des Bösen, wohl wissend, daß sie in keiner Weise mit dem Wahren und Gottgleichen vereinbar sind. Die geistige Erkenntnis von des Menschen wahrer Verwandtschaft mit Gott beständig in Gedanken gehalten — dies allein gibt uns Macht und Stärke. Den Augenblick, wo wir aufhören, uns als zum Geiste gehörig zu betrachten, werden wir den Begriff von Gottes Allmacht verlieren. Der Mensch ist nicht unter dem Gesetz der Sünde, und Christian Science lehrt uns, daß wir dies hier und jetzt erkennen werden und anfangen, die Wahrheit von des Menschen Sein zu demonstrieren.

Uns ist gesagt worden, daß „wir handeln müssen, als ob wir alle Macht besäßen” von Gott (Science and Health, S. 264). Wie können wir dies tun, wenn wir auch nur einen Augenblick einen Sinn der Verdammung in uns haben, wodurch wir uns im Bösen und vom Bösen beherrscht halten? Auf Seite 93 in „Miscellaneous Writings“ von Mrs. Eddy lesen wir: „Nichts ist schädlicher als sich selbst für einen Augenblick einem sündigen Sinn oder sündigem Bewußtsein zu überlassen.” Wie können wir jemals dem Gebote gehorchen: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist,” so lange wir darauf bestehen, daß Sünde, Krankheit und Tod unsere unzertrennbaren Gesellschafter sind? „Wer seine Missethat leugnet, dem wird nicht gelingen; wer sie aber bekennet und läßt; der wird Barmherzigkeit erlangen.”

Selbstverdammung läßt nicht von der Sünde, aber Selbstverleugnung tut es. Selbstverdammung mag die Sünde bekennen, sieht sie aber noch immer als eine Wirklichkeit an, und dies würde natürlich ihre Vernichtung verhindern. Man kennt nur zu gut den beklagenswerten Zustand Einzelner, die auf den Gedanken bestehen, daß sie eine unverzeihliche Sünde begangen haben. Wieder sehen wir hierin das direkte Resultat falscher Selbstverdammung. Sünde ist wirklich nur vergeben, wenn sie aufgegeben ist, gänzlich aus den Gedanken verjagt und durch Wahrheit und Liebe überwunden ist. Diese Lehre ermutigt uns in keiner Weise die Sünde zu übersehen; sie spornt uns vielmehr zu systematischem und beharrlichem Streben an, sie in all ihren Formen zu überwinden, und dies bedeutungsvolle Werk liegt einzig im individuellen Bewußtsein, ungeachtet dessen, was unser Nachbar denkt oder tut.

Wie froh wir sein sollten, daß nur Sünde und Böses zu vernichten sind, daß das Gute nichts als Sünde bestraft! Dann werden wir uns erinnern, daß wenn es irgend etwas zu verurteilen gibt, es Sünde sein muß und nicht irgend ein Mann, Frau oder Kind. Wenn wir uns ungerecht verurteilen oder uns verdammen, werden wir auch sehr leicht unsern Nachbar von demselben Standpunkt aus beurteilen. Daher ist es von solcher Bedeutung, erst den Balken aus unserem eigenen Auge zu werfen, was sicherlich eine wissenschaftliche Ansicht oder Auffassung unseres Selbst verlangt, das verstanden und demonstriert werden muß.

Welches sind die Resultate dieser Lehre, wenn sie täglich in Anwendung gebracht werden? Macht sie die Menschen selbstsüchtig oder verderbt? Nein. Ermutigt sie das Böse in irgend einer Form unter der Ausrede derer Unwirklichkeit? Nein. Macht sie die Menschen selbstlos, liebend, gütig und auf das Wohl des Nachbarn bedacht? Ja. Befähigt sie falsche Begierden zu überwinden und edel und rein in Gedanken zu werden ? Ja. Gibt sie ihnen bewußte Macht, Krankheit ohne den Gebrauch irgend eines materiellen Hilfsmittels zu überwinden? Ja. Macht sie sie ehrlich und zuverlässig in der Geschäftswelt? Ja.

Möge Gott die Zeit beschleunigen, wo die ganze Menschheit das Verlangen hat, mehr von dem Gott-ähnlichen Menschen zu wissen, und nur zu arbeiten wie Gott arbeitet. Der Mensch wird dann nicht sagen: „Ich kann nicht,” sondern er wird verständnisvoll und dankbar mit Paulus übereinstimmen: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.”

Copyright, 1904, by Mary Baker G. Eddy.
Verlagsrecht im Jahre 1904 von Mary Baker G. Eddy.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Juli 1904

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.