Mindestens dreitausend Mitglieder der Ersten Kirche Christi, der Scientisten, in Boston, Massachusetts, V.S.A., waren bei der am 3. Juni nachmittags im Kirchengebäude abgehaltenen Jahresversammlung zugegen. Richter Clifford P. Smith, der zurücktretende Präsident, führte zu Beginn der Versammlung den Vorsitz. Die für das kommende Jahr gewählten Beamten sind: Präsident, James A. Neal, C.S.D.; Schatzmeister, Stephen A. Chase; Sekretär, John V. Dittemore. Beim Vorstellen des neuen Präsidenten gedachte Richter Smith in angemessenen Worten des Wirkens Mr. Neals im Dienste der Sache, sowie des hohen Ansehens, das er bei allen genießt, die ihn kennen. Mr. Neal sprach sodann wie folgt:
Geehrte Freunde! Der Vorstand der Mutterkirche hat mich zum Präsidenten der Mutter-Kirche für das kommende Jahr erwählt. Im Bewußtsein der mir durch diese Ernennung zuteil gewordenen Ehre übernehme ich die damit verbundenen Pflichten. Ehe wir zur Geschäftsordnung übergehen, möchte ich kurz über den Fortschritt der Christian Science Bewegung berichten. Mit dem Wort Fortschritt nehme ich Bezug auf das wachsende Verlangen unter den Menschen, Christian Scientisten zu werden. Dieses Wachstum ist unter anderm an der stets zunehmenden Verbreitung der von uns herausgegebenen Schriften ersichtlich. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich bemerken, daß die Christian Science Verlagsgesellschaft kein Unternehmen ist, das geschäftliche Zwecke verfolgt. Sie wurde vor einer Reihe von Jahren von unsrer geliebten Führerin, Mrs. Eddy, zur Verbreitung autorisierter Christian Science Literatur gegründet, damit die Menschheit ein besseres Verständnis von Gott erlangen möge. Mrs. Eddy sah voraus, wieviel Gutes durch die Verbreitung der verschiedenen Schriften dieser Gesellschaft gestiftet werden könnte, und unter ihrer Führung sind dieselben auf eine feste Grundlage gestellt worden.
Zunächst möchte ich über die stets wachsende Nachfrage von „Science and Health“ reden. Sie werden sich wohl entsinnen, daß in den Jahren, da Mrs. Eddy dieses Buch öfters revidierte, viele Christian Scientisten eifrig bestrebt waren, mit der neusten und zur Darlegung dieser Wissenschaft geeignetsten Ausdrucksweise vertraut zu werden, und daß sie daher von Zeit zu Zeit neue Ausgaben von „Science and Health“ kauften. Seit anderhalb Jahren ist „Science and Health“ selbstverständlich nicht mehr revidiert worden. Kein Wort des Textes ist geändert worden oder kann je geändert werden. Trotzdem ist der Absatz dieses Buches seit seinem ersten Erscheinen noch in keinem Jahre ein so großer gewesen wie in dem eben verflossenen. Ein Vergleich auf Grund der Eintragungen der Verlagsgesellschaft läßt ersehen, daß im letzten Jahre zur Aufbewahrung der Korrespondenz zweihundertmal soviel Raum erforderlich war wie vor zwanzig Jahren während eines gleichen Zeitraums. Die Verlagsgesellschaft beschäftigt jetzt allein für das Ordnen der eingehenden Briefe mehr Menschen, als damals in sämtlichen Abteilungen tätig waren. Die Summe, die im Laufe des letzten Jahres an Porto für die durch die Post versandten Zeitschriften verausgabt wurde, weist gegenüber dem vorhergehenden Jahr eine Zunahme von sechsundzwanzig Prozent auf.
Es ist sehr erfreulich, daß überall auf dem Arbeitsfelde mehr Harmonie herrscht und ein liebevolleres Zusammenwirken stattfindet, als zu irgendeiner früheren Zeit. Nie zuvor hat der Vorstand der Mutter-Kirche und der Verwaltungsrat so zahlreiche Versicherungen des Wohlwollens und der Gesinnungstreue gegen die Bewegung erhalten, als im verflossenen Jahr.
Die Anschauung, daß Jesu Werke Wunder waren, in dem Sinne, daß sie im Gegensatz zu den Naturgesetzen standen, ist irrig. Irrig ist auch die Anschauung, daß das Gesetz Gottes zeitweise außer Kraft gesetzt wurde, um Jesus das Vorrecht zuteil werden zu lassen, die Kranken zu heilen. Jesus besaß keine geheimnisvolle Kraft, vermöge deren er die Kranken unabhängig von dem Gesetz Gottes hätte heilen können. Es drängte ihn die Werke zu tun, zu deren Ausführung ihn Gott gesandt hatte. Er tat nichts aus eignem Willen; dennoch heilte er die Kranken, vernichtete die Sünde und weckte die Toten auf. Wer heutigestags wie Jesus von einem reinen Gefühl göttlicher Liebe getrieben wird, den Willen Gottes zu erfüllen, wird die Werke auch tun, die er tat. Dem Beispiele Jesu folgend taten seine zwölf Jünger sowie auch andre Nachfolger diese Werke. Diese Männer hatten keine eigne, d. h. keine unabhängig von Gott bestehende Kraft, die sie zur Ausführung solcher Werke befähigt hätte. In der Bibel steht deutlich zu lesen, daß die von ihnen ausgeübte Kraft nur von Gott kam, und dies nötigt zu dem Schluß, daß ein solches Wirken nicht nur im Einklang mit dem Gesetze Gottes steht, sondern auch die natürliche Wirkung Seines Gesetzes ist!
Gott ist das unveränderliche Gute, derselbe „gestern und heute, und ... in Ewigkeit”, und Jesus sagte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue”. Ein andermal erklärte er: „Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende”, d.h. bis zur schließlichen Vernichtung aller Krankheit, aller Sünde und des Todes. Diese Aussprüche berechtigen uns zu der Behauptung, daß das Gesetz, welches Sünde, Krankheit und Tod vernichtet, uns auf immer zu Gebote steht und in voller Kraft bestehen wird; daß dieses Heilen fortdauern wird, bis Gesundheit, Harmonie und ewiges Leben die ganze Welt erfüllen.
Mrs. Eddy entdeckte und gab der Welt die wissenschaftliche Regel, mittels deren diese Probleme gelöst werden, und zwar nicht nur im Einklang mit dem Gesetze Gottes, sondern gerade durch die Anwendung dieses Gesetzes. Die Schüler der Christian Science, denen es vergönnt war, von Mrs. Eddy unterwiesen zu werden, gelangten zu der festen Überzeugung, daß die Kranken heute so geheilt werden können wie zur Zeit Jesu. Diese Schüler brachten andern die heilende Botschaft, und so wurden viele Tausende von Kranken geheilt. Unter den Geheilten erlangten viele ein genügendes Verständnis von dieser Wissenschaft, um die frohe Botschaft noch weiter tragen zu können, und jetzt widmen sich viele Tausende von Männern und Frauen hierzulande und anderwärts eifrig dem christlichen Heilungswerk.
Die Zahl derer, die sich um Heilung der Christian Science zuwenden, ist in stetem Wachsen begriffen. Ferner ist es Tatsache, daß ein großer Teil der Patienten heutigestags zu den sogenannten Unheilbaren gehört. Nichtsdestoweniger ist unsrer Erfahrung nach der Prozentsatz derer, die gesund werden, noch nie ein so hoher gewesen. Dieser überaus erfreuliche Stand der Dinge ist für unsre Vertreter äußerst ermutigend. Infolge der zunehmenden Wirksamkeit der für die Kranken geleisteten Arbeit gereicht den Schülern der Christian Science ihre Tätigkeit zu immer größerer Freude, und sie vermögen mit der Hoffnung und zuversichtlichen Erwartung vorwärts zu blicken, daß die Zeit kommen wird, da die ganze Menschheit durch die Annahme der Christian Science in den Besitz ihres rechtmäßigen Erbes gelangen wird — da sie erkennen wird, daß Gottes Verheißungen jetzt in Erfüllung gehen, daß das Himmelreich, die Harmonie, tatsächlich „inwendig” in uns ist.
Der Bericht des Schatzmeisters für das mit dem 31. Mai 1912 endende Jahr über die Kirche und über den Baufonds des Verlagshauses lautete außerordentlich günstig. Einige der erfreulichsten Einzelheiten des Berichts des Sekretärs waren wie folgt:
In der Geschichte der Christian Science Bewegung hat kein Jahr einen größeren Fortschritt aufzuweisen gehabt, wie das verflossene. Es fehlt nicht an Anzeichen, daß das Wachstum und die Entwicklung während des abgelaufenen Jahres zum großen Teil auf der den Christian Scientisten zuteilwerdenden umfassenderen Erkenntnis hinsichtlich ihrer individuellen Verantwortlichkeit beruht — auf der klareren Erkenntnis, daß die eignen Probleme, wie die Probleme unsrer Kirchen-Organisation nur durch das unpersönliche und selbstlose Demonstrieren der unfehlbaren Führung Gottes gelöst werden können.
Der Zuwachs an Mitgliedern der Mutter-Kirche hat im vergangenen Jahre den Zuwachs in allen vorhergehenden Jahren seit dem Beginn unsrer Bewegung bei weitem übertroffen. In unsrer umfangreichen Korrespondenz in Bezug auf die Aufnahme neuer Mitglieder haben wir ermutigende Beweise größerer Vorsicht und Bedachtsamkeit beim Bestätigen und Gegenzeichnen von Aufnahmegesuchen wahrgenommen.
Die Mitgliedschaft an der Mutter-Kirche ist ein heiliges Pfand, ein unschätzbares Vorrecht und bringt hohe Verpflichtungen mit sich. Daher besteht die Mitgliedschaft durchaus nicht nur darin, daß man seinen Namen im Verzeichnis der Mitglieder stehen hat. Wahre Mitgliedschaft können wir nur erreichen, wenn wir die Bedeutung der Kirche Christi der Scientisten für das heutige Zeitalter erkennen und mit dem Zweck und Ziel dieser Kirche in Harmonie stehen. In dem Maße, wie wir diesen Standpunkt einnehmen, werden wir uns unsrer Verantwortlichkeit gegenüber der Mutterkirche in Bezug auf Bewerber um Mitgliedschaft klarer bewußt, und dadurch werden natürlicherweise die Bedingungen zur Mitgliedschaft erhöht.
Während des verflossenen Jahres sind fünfundsechzig neue Gemeinden zu unsrer Bewegung hinzugekommen, darunter einige in Europa, Süd-Afrika, Süd-Amerika, Australien und Neuseeland. An siebzehn Orten, wo unnötigerweise zwei getrennte Kirchengemeinschaften bestanden, haben die Mitglieder im Laufe des Jahres ihre Probleme soweit gelöst, daß sie jetzt starke, vereinte Kirchen bilden.
Das Gedeihen unsrer Bewegung hängt von dem Werk der Heilung und Erneuerung ab. Der vorjährige Zuwachs an Personen, die sich einzig und allein der praktischen Ausübung der Christian Science widmen, ist daher bedeutungsvoll. Vor einem Jahr erschienen im Adressenverzeichnis des „Christian Science Journal“ die Namen von 4870 über die ganze Welt verbreiteten Personen, die sich ausschließlich der Heiltätigkeit im Sinne der Christian Science widmeten. Gegenwärtig beträgt ihre Zahl 5193; also ein Zuwachs von 323 für das Jahr. Dieser Zuwachs übersteigt den bei der vorjährigen Versammlung angegebenen um 86 Personen.
Unsre Schriften finden eine immer größere Verbreitung. Die erweiterte Form und veränderte Ausstattung des „Christian Science Journal“ hat allem Anscheine nach allgemeinen Beifall gefunden. In Bezug auf unser internationales Tageblatt, den „Christian Science Monitor“, sind untrügliche Anzeichen vorhanden, daß nicht nur die Christian Scientisten, sondern auch die Leute im allgemeinen den Zweck dieser Zeitung besser zu schätzen wissen - daß sie die bewundernswerte Weisheit unsrer geliebten Führerin immer mehr anerkennen, die einen Vermittler der wirklich wissenswerten und belehrenden Ereignisse in der Welt ins Leben rief — einen Vermittler, der schließlich einem über die ganze Welt verbreiteten Abrechnungshause gleichen wird, das die Aufgabe hat, die höhere Entwicklung des Menschengeschlechts zu verzeichnen.
Im Senate der Vereinigten Staaten wurde im November vorigen Jahres sowie im April 1912 die Wahrheit über die Christian Science von Senator John D. Works aus Kalifornien in zwei großen Reden gegen den Owen Antrag und andre ähnliche Gesetzvorschläge in mutiger aber freundlicher Weise erklärt. Die Bedeutung dieser Ereignisse kann kaum überschätzt werden, und Senator Works hat sich den Dank aller Christian Scientisten erworben, indem er vor dem höchsten gesetzgebenden Körper unsres Landes die Mission der Christian Science und ihre praktische Anwendbarkeit auf unsre gegenwärtige menschliche Erfahrung so anschaulich dargelegt hat.
In der vorjährigen Jahresversammlung wurde auch der Rechtsstreit über das Testament unsrer Führerin kurz erwähnt. Es wurde damals gesagt, es sei kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß Mrs. Eddys Absichten und Wünsche hinsichtlich der Verfügung ihres Vermögens nicht vollständig zur Ausführung kommen würden. Wir können diese Aussage heute mit noch größerer Zuversicht machen. Inzwischen wollen wir nochmals erwähnen, daß den Zeitungsartikeln, die aus nicht autorisierten Quellen stammen und den Zweck verfolgen, beim Publikum Vorurteil zu erregen und die Christian Scientisten zu beunruhigen, keine Beachtung zu schenken ist.
Es dürfte vielleicht angebracht sein, die vielen Bezeugungen der Gesinnungstreue zu erwähnen, die die Beamten der Mutter-Kirche ständig erhalten und die sie zu schätzen wissen. Zu den wichtigsten Früchten des wissenschaftlichen Begriffs von Gesinnungstreue gehört die Schnelligkeit, mit der die Christian Scientisten jetzt Anzeichen von selbsüchtigem und ehrgeizigem Streben erkennen und solche von Verirrung zeugende Bemühungen zu verhindern wissen. Unsre Führerin hat sich hierüber wie folgt geäußert („Messages of 1902“, S. 3): „Das Rechte ist die einzig wahre Kraft, und das einzig wahre Streben besteht darin, Gott zu dienen und dem Menschengeschlecht zu helfen.”
Mit Dankbarkeit nehmen die Beamten der Mutterkirche das wachsende Bestreben wahr, die vielerlei Probleme, die auf jedem Arbeitsfelde entstehen, durch die Demonstration der Christian Science zu lösen, anstatt sie diesen Beamten vorzulegen. In unsrer Kirchenarbeit kann es keine Frage geben, die das Kirchenhandbuch, die Werke unsrer Führerin und die Bibel nicht beantworten, vorausgesetzt, wir sind gewillt, in stiller Andacht die Antworten zu suchen und uns nach ihnen zu richten. Ein stärkeres Zutrauen zu diesen Versorgungsquellen wird überdies allen einen reicheren Segen bringen — wird viel Zeit sparen, die heutigestags zur Förderung und Entwicklung unsrer großen Sache so nötig ist. Wir verzeichnen unsre Segnungen nicht im Gefühl der Selbstüberhebung, sondern in Demut und mit Dankbarkeit für die göttliche Weisheit und Führung, die uns bis hierher gebracht hat.
Hierauf wurde zu Berichten aufgefordert. Mr. William D. McCrackan, C.S.B., der kürzlich seine Vortragsreise um die Welt beendet hat, kam als erster der Aufforderung nach. Mr. McCrackan hat in Honolulu auf den Hawai Inseln, in Hongkong (China) und in Ausstralien Vorträge gehalten, und zwar zweimal in Brisbane, dreimal in Sidney, zweimal in Melbourne und einmal in Ballarat. In Süd-Afrika sprach er in Durban, Maritzburg, dreimal in Johannesburg, einmal in Pretoria, Potchefstroom und Kapstadt, ferner im Haag (Holland), Florenz (Italien), sowie in England und Deutschland.
Bicknell Young, C.S.B., berichtete über den steten Fortschritt in den von ihm besuchten Orten. Er hat in England, Irland, Schottland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, Rußland, Italien, in der Schweiz und in Frankreich Vorträge gehalten.
Frederick Dixon, C.S.B., aus London, England, gab eine anschauliche Darstellung von dem Wachstum der Christian Science Bewegung in der britischen Metropole. Die hierauf folgenden Berichte waren nicht weniger ermutigend.