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Seele nicht im Körper

Aus der August 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Nicht selten werden diejenigen, die der Christian Science näher getreten sind, durch die landläufige theologische Anschauung beunruhigt, daß der Tod die Seele des Menschen aus den Fesseln seines Körpers befreie und daß durch das jüngste Gericht später entschieden werde, ob die Seele an den Freuden des Himmels teilnehmen dürfe oder zu Höllenqualen verurteilt werden solle. Wir können uns eben unsrer alten, hemmenden Anschauungen nicht sofort entledigen. Selbst wenn wir erkannt haben, daß Himmel und Hölle Zustände des Bewußtseins sind, nicht bestimmte Örtlichkeiten, können wir uns doch eines Gefühls der Ungewißheit nicht erwehren hinsichtlich dessen, was uns nach dem Tod bevorsteht. Die Erklärung mag uns zwar sehr geläufig sein, daß der Tod eine Täuschung sei und uns weder einen Vorteil noch einen Nachteil bringe; und doch lauert der Gedanke, der Tod entkleide uns wenigstens unsres aus Fleisch und Blut bestehenden Körpers, und unsre Seele sei dann aller irdischen Fesseln ledig und befinde sich in einer klareren geistigen Atmosphäre, die für das Erlangen unsres Zieles, nämlich für die Läuterung der Seele, günstiger sei.

Beim Lesen von „Science and Health“ kommen wir aber an die Stelle: „Seele ist sündlos, ist nicht im Körper zu finden” (S. 288), und wir stehen dann ratlos da. Was ist denn der Körper ohne die Seele? Wir lesen weiter, bis wir allmählich zu der Erkenntnis gelangen, daß der Mensch keine in der Materie eingekerkerte Seele hat, auch keinen materiellen Körper, an den er eine Reihe von Jahren gebunden ist, um hernach durch den Tod befreit zu werden. Wäre dies der Fall, dann wäre ja der Tod kein Feind, der vernichtet werden muß, sondern ein Freund. Dem ist aber nicht so. Der Mensch spiegelt die unendliche Seele, Gott, wieder. Er ist die Idee des Geistes (Mind), und auf dieser Tatsache, nicht auf einem materiellen Sinn von Persönlichkeit, beruht seine Individualität. Der Mensch hat, vom wahren, vom geistigen Gesichtspunkt aus betrachtet, keinen materiellen Körper. Wenn er einen solchen hätte und durch den Tod von demselben getrennt würde, was wäre dann durch den Beweis erreicht, daß die Wahrheit den Körper zu heilen vermag? Wozu sich bemühen den Körper zu vervollkommnen, wenn er nicht ewig ist? Wir könnten ihn dann ebenso gut mit Arzneien und Salben ausbessern, bis wir bereit sind ihn abzulegen.

Des Menschen wahre Wesenheit ist geistig und gottgeschaffen. Sie ist uns unbekannt, denn da „Niemand ... Gott je gesehen” hat, so folgt, daß niemand das göttliche Ebenbild und Gleichnis, den Menschen, je gesehen hat. Soviel wissen wir aber: der Körper, der ins Grab gelegt und wieder zu Staub wird, besteht aus der der falschen menschlichen Vorstellung entspringenden sogenannten Materie; er ist nicht das, was in ferner Zukunft einmal „wird auferstehen” als „ein geistlicher Leib.” Ebensowohl könnte man erwarten Weizen zu ernten, wo man Unkraut gesät hat. Das wundervolle fünfzehnte Kapitel des ersten Korintherbriefs verliert durch eine materielle Auslegung seine Kraft. Bei so mancher Trauerfeier wird es zum Trost der Hinterbliebenen gelesen, als ein Hinweis auf den gesegneten Zustand, in dem sich die Toten befinden, da ihnen die Auferstehung bevorstehe. Ist dies aber, was Paulus meint? Wir wollen uns die Stelle einmal näher ansehen. Die mit der Anrede „Du Narr” beginnende Antwort auf die Frage: „Wie werden die Toten auferstehen? und mit welcherlei Leib werden sie kommen?” drückt tiefes Bedauern aus. Dann fährt der Apostel fort: „Das du säest wird nicht lebendig, es sterbe denn”; d.h. solange die Sünde nicht gestorben ist, bleibt das Bewußtsein materiell, und der Tod, der „der Sünde Sold” ist, kann der Auferstehung nicht weichen. Nur wenn die Sünde überwunden ist, erscheint der vollkommene Mensch, und da man geistig nicht gefördert wird, wenn man der Sünde nachgibt, so wird auch das Bewußtsein, welches sich dem Tod unterwirft, dadurch nicht lebendig gemacht. Mrs. Eddy sagt: „Der Tod ist nicht das Ergebnis der Wahrheit, sondern des Irrtums, und ein Irrtum wird den andern nicht berichtigen” („Science and Health“, S. 486).

Es gibt nur einen Geist und nur einen Körper. Wir berufen uns mit dieser Behauptung auf Paulus, der da sagt: „Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leibe getauft”. Dieser eine Leib wird dem sterblichen Menschen in dem Maße offenbart, wie sich sein Verständnis erweitert. Die Christian Science lehrt uns, daß der sterbliche Geist und der sterbliche Leib ein und dasselbe sind, und dies wird durch die Aufforderung des Paulus bestätigt: „So leget nun von euch ab ... den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verderbet. Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts, und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit.” Paulus wußte, daß das Verwesliche die Unverweslichkeit und das Sterbliche die Unsterblichkeit nur auf solche Weise anzieht, denn „jetzt ist der Tag des Heils”. Nur auf solche Weise wird „der Tod ... verschlungen in den Sieg.” Mrs. Eddy sagt in Bezug auf diese Frage: „Nicht der Tod, sondern das Verständnis vom Leben macht den Menschen unsterblich” („Science and Health“, S. 485).

Der wahre Mensch ist eins mit dem Vater. Die materielle Annahme kann ihn nicht von Gott trennen, und der Tod kann ihn mit dem Geist (Mind), der ihn schuf, nicht wieder vereinen, denn er besteht allezeit in diesem Geist (Mind). Angenommen, man will einen Sonnenstrahl unter einem Blumentopf fangen. Die Sonne stelle Gott, der Sonnenstrahl den Menschen und der Blumentopf den sterblichen Geist dar. Kehrt man nun den Blumentopf um, so wird der Sonnenstrahl nicht darin gefangen gehalten, er ist von der Sonne nicht getrennt, sondern leuchtet ununterbrochen weiter. Der Blumentopf kann ihn nicht aufhalten. Ebensowenig vermag der sterbliche Sinn Gott oder Seine Widerspiegelung, den Menschen, zu berühren. Er kann bloß eine Zeitlang seine materiellen Annahmen von einem in der Materie befindlichen Geist an Stelle der geistigen und ewigen Tatsache setzen, daß Geist (Mind) und seine Idee untrennbar sind und ihr Sein nur in der Unendlichkeit haben. Der sterbliche Sinn kann einen sterblichen Körper nicht zum Kerker des geistigen Sinnes machen, er hat keinen Einfluß auf den wahren Menschen, er ist des Lichtes oder Verständnisses bar. Man hebe den Blumentopf ein wenig, und die Sonnenstrahlen erhellen den dunkeln Raum. In gleicher Weise entledige man sich der falschen Annahmen — Sünde und Krankheit —, und der Körper wird dementsprechend weniger materiell. Man zertrümmere den Blumentopf, und der Sonnenstrahl überflutet den vordem dunkeln Raum. Mit der Überwindung der Annahme des Todes stellt sich die Erkenntnis ein, daß der Mensch stets über dieser materiellen Annahme gestanden und seine Vollkommenheit nie verloren hat. Solange aber der Glaube an Materialität und Tod nicht überwunden und somit der höchste Punkt nicht erreicht ist, wird der Mensch diesseits wie jenseits des Grabes durch die Annahme von einem vergänglichen, materiellen Körper gefangen gehalten werden. Nur wenn wir so gesinnet sind, wie Christus Jesus auch war, werden wir denjenigen zugezählt, über die „der andre Tod” keine Macht hat. Sicherlich geziemt es uns, die Wahrheit jetzt erkennen zu lernen, damit wir des Menschen göttliche Möglichkeiten voll erfassen und, aller Beschränkungen ledig, die „herrliche Freiheit der Kinder Gottes” erlangen mögen.


Rache trägt keine Frucht! Sich selbst ist sie die fürchterlichste Nahrung; ihr Genuß ist Mord, und ihre Sättigung das Grauen.

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