Das Lesen der schönen deutschen Übersetzung unsres Lehrbuchs, an der mit so viel geistiger, selbstloser Hingabe und Liebe gearbeitet worden ist, gewährt mir einen großen Genuß. Wir haben an dieser Übersetzung ein Werk, das von Inspiration getragen ist. Und wie beglückt bin ich, daß unser herrliches deutsches Wort Gemüt in der Christlichen Wissenschaft nun zu Ehren kommt!
Wie schon im Vorwort zur deutschen Übersetzung dargelegt wurde, hat das Wort Gemüt eine weit umfassendere Bedeutung, als jetzt im allgemeinen angenommen wird. Es sei mir erlaubt hinzuzufügen, daß sogar das Rechnen früher als eine Tätigkeit des Gemüts angesehen wurde. Im Jahre 1684 erschien ein Buch von Erh. Weigel: „Von der Würkung [Tätigkeit] des Gemüths, die man das Rechnen heißt.” Der Begriff Gemüt hat eben in den letzten Jahrhunderten durch die wachsende Flut der materiellen Weltanschauung an Bedeutung und Inhalt eingebüßt. Man hat die Grenzen des Begriffs nach und nach verkleinert und eingeengt, ja der Begriff wurde herabgezogen und ironisch verflacht. Man denke nur an das Eigenschaftswort von Gemüt, „gemütlich”. Welche Wunden hat man diesem Worte geschlagen! Goethe war es, der den Deutschen den Rat erteilte, das Wort Gemüt längere Zeit, etwa dreißig Jahre, gar nicht auszusprechen, damit durch diese Schonung seine frühere umfassende Bedeutung wieder in ihrer ursprünglichen Reinheit zurückgewonnen werden könne. Es sei noch darauf hingewiesen, daß in der deutschen Bibel das Wort Gemüt öfters vorkommt, wo in der englischen Bibel das Wort „mind“ steht. So z. B. Matthäus 22: 37: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, ... von ganzem Gemüte”. Siehe ferner Römer 7: 23 und 25; Epheser 4: 23; 1. Petrus 1: 13, u. a.
Täglich erkennen wir mehr die Kraft richtigen Denkens, und die Wirkung dieser Kraft wird sich immer mehr kundtun. Ein Beispiel davon sehen wir in dem Umstand, daß nun dem Begriff Gemüt die ihm zukommende Stellung in der Wahrheitslehre eingeräumt worden ist.
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