Die Verwandtschaft der Christlichen Wissenschaft mit dem Christentum der ersten drei Jahrhunderte wird durch die Anwendung der Goldprobe festgestellt, die Jesus allen seinen Nachfolgern hinterließ: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.” Wohl hat es in den dazwischenliegenden Jahrhunderten redliche und ernste Christen gegeben; aber bis zur Zeit der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft durch Mrs. Eddy im Jahre 1866 waren nur in sehr vereinzelten Fällen die „mitfolgenden Zeichen” zu sehen, durch welche die Urchristen bewiesen, daß der Herr mit ihnen war und das Wort bekräftigte (Siehe Markus 16, 20.)
Gerade diese Bekräftigung des Wortes, diese Ausübung der christlichen Lehre hat der Christlichen Wissenschaft und ihren Anhängern in den Ländern und Gegenden, wo sie keine neue Erscheinung mehr ist, die Achtung und das Vertrauen der Allgemeinheit gesichert. Wir lesen von Jesus, er habe „allerlei Seuche und Krankheit” geheilt. Da nun die Christlichen Wissenschafter auf des Meisters Verheißung bauen, daß diejenigen, die an ihn glauben, ebenfalls imstande sein werden, die unveränderliche Macht der Wahrheit werktätig zu beweisen, so können sie die Probleme, die ihnen begegnen, furchtlos in Angriff nehmen. Sie wissen, daß es für die helfende Hand der allmächtigen und immergegenwärtigen Liebe keine unheilbaren Krankheiten, keinen unüberwindlichen Mangel an irgendwelchen Versorgungsmitteln gibt. Sie haben sich und andern die Wahrheit des Psalmwortes bewiesen: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten.”
Man braucht nur die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften zu lesen und in unsern Mittwochabend-Versammlungen den Zeugnissen zu lauschen, um zu erkennen, wie das Vertrauen auf Gottes nieversagende Güte belohnt wird. Seit der Zeit, da Mrs. Eddy das von ihr klargelegte „Gesetz Gottes” oder „Gesetz des Guten, welches das göttliche Prinzip und die göttliche Norm der allumfassenden Harmonie demonstriert” („Rudimental Divine Science,“ S. 1), durch das Heilen der Kranken so erfolgreich erprobte, bis auf den heutigen Tag sind wohl so ziemlich alle Erscheinungsformen des Irrtums bekämpft und überwunden worden. Trotz all dieser Beweise, trotz der Erklärung des Psalmisten, daß wir stets einen barmherzigen und liebevollen Gott haben, „der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,” gibt es noch so viele, die sich nicht getrauen, ihren Fall einem christlich-wissenschaftlichen Praktiker zu übergeben, es sei denn, man könne ihnen einen ähnlichen Fall zeigen, der geheilt worden ist.
Warum suchen wir der Allmacht Schranken zu setzen? Selbst wenn es sich um eine Krankheit handelt, die sich nie zuvor der Christlichen Wissenschaft zur Heilung dargeboten hat, können wir doch wissen, daß ein jeder „Gott als eine gegenwärtige ‚Hilfe in den großen Nöten‘ für sich in Anspruch nehmen” kann, wie uns Mrs. Eddy sagt, denn „Liebe ist unparteiisch und allumfassend in ihrer Anwendbarkeit und in ihren Gaben” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 13). Den Aposteln Petrus und Johannes ist wohl nie zuvor ein Fall der Lähmung vorgekommen wie der an der Tür des Tempels; aber sie hatten die Zusicherung des Meisters (die wir ebenfalls haben), daß „bei Gott ... alle Dinge möglich” sind, wie auch die ermutigenden Worte des Propheten Jeremia: „Es ist kein Ding vor dir unmöglich, ... du großer und starker Gott.” Und mit der Kraft Gottes ausgerüstet gebot Petrus dem Manne, der nie anders als lahm gewesen war: „Stehe auf und wandele!” Kein Nachfolger des Meisters kann lesen, in welch herrlicher Weise des Apostels Glaube an die Macht Gottes gerechtfertigt wurde, ohne sich der Bitte der Jünger anzuschließen: „Stärke uns den Glauben!”
Gott weiß von keinen Schwierigkeiten. Könnte der Menschheit ein größerer Segen zuteil werden als die Erkenntnis dieser Tatsache in ihrem ganzen Umfang? Einerlei, welcher Zustand der Krankheit, der geistigen oder moralischen Unfähigkeit einen Menschen gefangen hält, ja von Kindheit auf gefangen gehalten hat: es liegt für ihn das Schwert des Geistes bereit, nämlich die Erkenntnis, daß die Kraft Gottes Satans Bande sprengt. Mit diesem Schwert bewaffnet zieht der Praktiker der Christlichen Wissenschaft gegen ein Heer von Übeln zu Felde. Er beweist die Macht der Wahrheit. Dem Leidenden fällt es oft schwer, sich dieser Macht bewußt zu werden. Obschon materielle Heilmethoden wiederholt und wiederholt versagt haben, wagt er es doch nicht, sich Gott anzuvertrauen — als ob der Allweise seinen Fall nicht verstehe und daher keine Heilung bewirken könne. Vielleicht ist ihm schon christlich-wissenschaftlicher Beistand zuteil geworden, oder er hat selber ernstlich gebetet, und doch geht es ihm nicht besser. Was dann? Eins ist gewiß: Gott ist stets bereit, das Seine zu tun, wenn wir nur erst das Unsre getan haben. Unsre Aufgabe besteht darin, durch ernste Selbstprüfung festzustellen, ob es uns nicht an Glauben fehlt, oder an Bereitwilligkeit, alles falsche Denken, alle gedankliche Beschäftigung mit Dingen, die Gott ungleich sind, von uns zu tun; ob wir nicht in diesem Punkte gegen das Gebot Gottes gesündigt haben: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.”
Ferner haftet den Christlichen Wissenschaftern trotz ihrer höheren Erkenntnis der Allheit Gottes oft noch der Glaube an diesen oder jenen Ausspruch der Medizin oder der auf materiellen Anschauungen beruhenden theologischen Lehrsätze an. Statt dem Irrtum, der sich Geltung verschaffen will, entgegenzutreten, statt die Zeugnisse der Sinne sofort entschieden in Abrede zu stellen und die Allmacht der Wahrheit und Liebe zu bekräftigen, lassen Praktiker sowohl wie Patienten oft (wenn auch ganz unbewußt) Gesetze menschlichen Ursprungs in ihr Bewußtsein eindringen, die dann gewisse Bedingungen geltend machen und dadurch dem Bestreben, Heilung herbeizuführen, hinderlich sind. Wem das Verneinen des Bösen und das Bekräftigen des Guten zur zweiten Natur geworden ist, der hat eine unerschütterliche Ruhe und ein felsenfestes Vertrauen zu Gott erlangt. Er kann gläubigen Herzens sagen: „Vater, ich danke dir, daß du mich erhöret hast,” denn er weiß, daß die Heilung zustande gekommen ist, was auch der falsche Sinn zur Zeit bezeugen mag.
Nie dürfen wir den Fehler begehen, die Tätigkeit der Wahrheit in der Weise zu bestimmen, daß wir sagen oder denken, mehr oder weniger Zeit müsse verstreichen, ehe in einem gegebenen Fall das Weichen des Übels zu erwarten sei. Wir haben es alle nötig, uns immer und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, daß bei Gott alle Dinge möglich sind und daß „jetzt,” ja in diesem Augenblick, „der Tag des Heils” ist; „jetzt” ist die Zeit, da wir erlöst werden können. Der christlich-wissenschaftliche Praktiker muß den Gedanken festhalten, daß sein Sichbewußtwerden der Wahrheit die nötige Klarheit und Kraft hat, um irgendein Übel zu überwinden. Der Patient muß danach trachten, den Willen Gottes zu erforschen und ihn gerne zu tun, denn dadurch eröffnet sich sein Bewußtsein dem heilenden Strom der Liebe. Haben wir doch die Verheißung des Propheten Hesekiel: „Ja alles, was darin lebt und webt, dahin diese Ströme kommen, das soll leben; ... und soll alles gesund werden und leben, wo dieser Strom hinkommt.” Und in der Offenbarung des Johannes wird uns die Einladung zuteil: „Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.” Es steht der Menschheit offen, diese herrlichen Verheißungen zu verwirklichen.
