Den meisten Christen ist die Erklärung des Apostels Paulus bekannt: „Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig,” sowie auch die Stelle aus den Psalmen: „Sein Wort läuft schnell;” aber außer den Christlichen Wissenschaftern gibt es nur wenige, welche die in diesen Worten enthaltene Wahrheit praktisch anzuwenden wissen. Ja noch mehr: viele erklärte Christen verneinen geradezu, daß das Wort „lebendig” und „kräftig” und „schnell” genug sei, um in Fällen von Krankheit dem menschlichen Bedürfnis abzuhelfen. Dadurch leugnen sie sowohl die Fähigkeit der Wahrheit als auch ihre Bereitwilligkeit, jedem rechtmäßigen Anspruch sofort entgegenzukommen. Es wird sogar von vielen für ein Verbrechen gehalten, wenn man sich auf das Wort Gottes verläßt, weil seine Wirksamkeit nicht von den physischen Sinnen wahrgenommen werden kann. Wie ganz und gar inkonsequent ist doch eine solche Haltung bei dem, der sich zu dem Bibelwort bekennt: „Das kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herz kommen ist, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.” Das Heilen der Kranken gehört gewiß zu diesen Dingen, wenn anders wir nach dem urteilen dürfen, was Jesus für die leidende Menschheit tat.
Wer sich dieser Frage furchtlos und in ehrlicher Absicht nähert, muß zugeben, daß sein Mangel an Vertrauen auf die heilende Wirksamkeit der Wahrheit dem Glauben zuzuschreiben ist, als sei die Kraft des Geistes eine unbekannte Größe, sowie auch dem Umstand, daß die Sterblichen mit der Materie und mit materiellen Mitteln besser vertraut sind als mit Gott und geistigen Dingen. Hier entsteht nun die Frage, warum die Christen so lange die Erklärung unsres Meisters übersehen haben, daß die Erkenntnis Gottes ewiges Leben bedeutet. Ein Bekanntwerden mit dem Wesen Gottes bringt als Lohn den Beweis, daß Sein Wort lebendig und kräftig ist und schnell läuft, d. h. rasch wirkt.
Welch hohen Mut hat doch Mrs. Eddy bewiesen, indem sie unerschütterlich zu ihrer Entdeckung stand, daß die göttliche Macht die einzige Macht ist. Sie erklärte ohne Zögern: „Allmacht besitzt Allgewalt, und irgendeine andre Macht anerkennen heißt Gott die Ehre versagen” (Wissenschaft und Gesundheit. S. 228). Damit trat sie zugleich für die Lehre der Bibel ein, daß die heilende Wahrheit kräftiger und schneller wirkt als irgend etwas, an das sich der blinde Glaube anklammert; ja sie bewies diese Lehre in werktätiger Weise.
Nun wird natürlich niemand, der an die biblischen Berichte über Heilungen glaubt, bei dem Meister die Kraft und rasche Wirkung des Wortes Gottes in Abrede stellen wollen. Sehr not tut aber das Vergeistigen des Denkens, wodurch es denen, die Nachfolger des Meisters sein wollen, möglich wird, so zu heilen, wie er heilte, und zwar ohne Verzug. Kranke werden oft durch die Erklärung erschreckt, daß sie sich sofort einer materiellen Art der Behandlung oder einer chirurgischen Operation unterziehen müßten, denn sonst sei es zu spät. Dieses Urteil entspringt der falschen Vorstellung, als sei die Wirkung der Wahrheit unzuverlässig und langsam, und nicht lebendig, kräftig und schnell, wie die Bibel erklärt. Man kann diesen Irrtum wahrlich als einen der „listigen Anläufe des Teufels” bezeichnen, der aber nach dem Erscheinen des Lichtes der Wahrheit aufhört. In unsern Tagen ist in so manchen Fällen bewiesen worden, daß die heilende Wirksamkeit der Wahrheit „schneller” ist „als ein Blitzschlag,” wie eine Frau es ausdrückte.
Im höheren und wahreren Sinn bedeutet das Heilen der Christlichen Wissenschaft eine Erweckung des menschlichen Bewußtseins, wodurch Patienten wie Praktiker, Kinder wie Erwachsene instand gesetzt werden, die Trägheit, die tote Last des Glaubens an ein von Gott getrenntes Leben abzulegen. Oft wird eine Krankheit wie ein Unkraut in einem Augenblick ausgereutet, während eine andre unter dem Einfluß des Glaubens, daß ihre Heilung Zeit erfordere, sich lange hinzieht und vielleicht gar sein Opfer dahinrafft. Jede Verfügung des sterblichen Gemüts wird jedoch durch das Gesetz der Allmacht aufgehoben.
Die Erlebnisse der Ansiedler in einer neuen Gegend sind für den Schüler der Christlichen Wissenschaft sehr belehrend, denn sie versinnbildlichen die Erfahrung derer, die sich auf ein neues geistiges Gebiet begeben haben. Für manche mögen sie nichts weiter als ein mutiges Ertragen von Ungemach bedeuten; aber von einem andern Gesichtspunkt aus betrachtet erscheinen sie als wunderbare Erfolge, die in verhältnismäßig kurzer Zeit durch Intelligenz, Rechtschaffenheit und Liebe zur Freiheit erzielt worden sind. Für den Christlichen Wissenschafter ist die Arbeit solcher Bahnbrecher ein Hinweis auf das, was die allgewaltige Tätigkeit des Wortes der Wahrheit bewirkt und ferner bewirken wird, indem sie all das Gute ans Licht bringt, das der Vater für diejenigen bereit hält, die gelernt haben es entgegenzunehmen — ja den neuen Himmel und die neue Erde, wo kein Schmerz, kein Tod mehr sein wird, und wo alles unter der Oberherrschaft der Liebe steht.
