Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Was uns Prüfungen lehren

Aus der Oktober 1923-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Lehre in jenem wohlbekannten und beliebten Kirchenliede, von dem ein Vers lautet:

„Höre unser Fleh'n, o Vater,
Nicht um Wohlsein bitten wir,
Nein, um Kraft, sodaß wir können
Mutig leben für und für,”

regt unser Denken zur Betrachtung der vielen Lehren an, die jeder aufrichtige Christliche Wissenschafter in seinem täglichen Erleben erhält. Sicherlich gibt es kaum einen Sucher nach Wahrheit, der nicht durch Zeiten des Zweifels hindurchzugehen hätte, wo er darüber erstaunt ist, daß sich trotz seines Fortschritts in der Christlichen Wissenschaft die Prüfungen und Versuchungen zuweilen zu mehren anstatt zu verringern scheinen. Darum ist es wohl angebracht, diese Seite der menschlichen Erfahrung einmal aufmerksam im Lichte des göttlichen Prinzips zu betrachten. Dann wird uns deutlich gezeigt werden, warum die scheinbaren Schwierigkeiten an uns herantreten und daß wir für die Lehren, die sie uns bringen, tatsächlich sehr dankbar sein müssen.

Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 329): „Das Prinzip ist gebieterisch. Du kannst seiner durch menschlichen Willen nicht spotten.” Das ist zweifellos ein grundlegender Ausspruch, der sich leicht auf den in Frage stehenden Gegenstand anwenden läßt. Der Verfasser hat es äußerst hilfreich gefunden, diesen von dem Standpunkt der Wahrheit über das göttliche Prinzip aus zu betrachten, und die folgende Erläuterung an einem einfachen mathematischen Beispiel wird dazu beitragen, dem Hilfesuchenden die richtige Vorstellung zu geben.

Man denke z.B. an einen Baumeister, der einen schwierigen Bau, sagen wir eine Brücke, errichten will. Ehe er mit dem Bau beginnen kann, müssen die Pläne dafür hergestellt werden. Der natürliche Gang des Verfahrens ist der, daß jeder einzelne Teil des ganzen Baues zuerst genau berechnet und dann gezeichnet wird, und gewöhnlich müssen viele Berechnungen gemacht werden, ehe man an die Ausführung gehen kann. Nehmen wir an, der Zeichner setze nur bei einer seiner Berechnungen ein falsches Dezimalzeichen, er verrücke es z.B. um eine Stelle nach rechts oder nach links. Wird der Irrtum nicht entdeckt, also nicht berichtigt, dann werden die Berechnungen, bis sie zu Ende geführt sind, vielleicht immer fehlerhafter werden. Und erst nach Vollendung des Baues zeigt es sich, daß er infolge des Fehlers an einer Stelle zu schwach ist, wodurch dann das Ganze völlig unbrauchbar wird. Das Falschsetzen eines Dezimalzeichens an sich war scheinbar eine recht unbedeutende und belanglose Sache, aber es beeinträchtigte den ganzen Bau in solchem Maße, daß die Arbeit ganz und gar nochmal getan werden mußte, ehe die Brücke in der ursprünglich beabsichtigten Weise benutzt werden konnte. Wieviel Unruhe und unnütze Arbeit würde vermieden worden sein, wäre der Fehler sofort entdeckt und berichtigt worden!

Ebenso ist es in unserm täglichen Leben. Als Nachfolger der Christlichen Wissenschaft haben wir die Pflicht, allen Irrtum aus dem menschlichen Denken auszumerzen, damit der Mensch, den Gott geschaffen hat, in der ganzen Vollkommenheit des Geistes in die Erscheinung treten kann. Wenn sich in unsrer Erfahrung ein Fehler zeigt, dürfen wir ihn nicht zudecken, sondern müssen ihn zerstören und durch die Wahrheit ersetzen, denn wenn der Fehler nicht aufgedeckt und berichtigt wird, wird er sich immer wieder zeigen und vielleicht so schlimme Folgen nach sich ziehen, wie das Falschsetzen des Dezimalzeichens in dem obenangeführten Beispiel.

Aller Irrtum muß erkannt und berichtigt werden, ehe wir das Endziel des Geistes erlangen können, nach dem wir streben, und gerade dieses Streben ist es, das die Fehler an die Oberfläche bringt, damit sie gesehen und zerstört werden können. Wir dürfen nicht den kleinsten Irrtum in unserm Problem unberichtigt lassen, wenn wir richtige Ergebnisse zu erlangen wünschen. Menschen, die nicht wie die Christlichen Wissenschafter bewußt daran arbeiten, ein Verständnis von Gott zu erlangen, scheinen oft ein angenehmeres Leben zu haben als die letzteren, und in menschlicher Hinsicht größere Befriedigung zu erlangen. Aber das ist nur der Fall, weil sie noch gar nicht damit begonnen haben, die wahre Aufgabe des Daseins zu lösen. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns nicht, nach Befriedigung in der Materie zu suchen, sondern allen Glauben an die Wirklichkeit der Materie aufzugeben. Unsre Arbeit als Christliche Wissenschafter muß notwendigerweise die Aufdeckung des Irrtums zur Folge haben. Anstatt also über unsre Prüfungen zu murren, sollten wir uns freuen, daß der Irrtum bloßgelegt wird, damit wir ihm entgegentreten und ihn überwinden können, ehe wir unsre Arbeit fortsetzen. Denn sonst laufen wir Gefahr, wieder von vorne anfangen und die ganze Arbeit noch einmal verrichten zu müssen, um die darin eingeschlichenen Fehler zu berichtigen.

Manchmal will uns wohl ein Gefühl der Entmutigung übermannen und wir geraten in Versuchung zu fragen: Wie lange noch, Vater, wie lange? Die Christliche Wissenschaft ist hier, uns den Weg zu zeigen. Ob wir ihn gehen oder nicht, hängt davon ab, wir eng wir uns an das göttliche Prinzip klammern. Halten wir uns unbedingt an das Prinzip, dann ebnet und erhellt sich unser Weg. Ist aber der menschliche Wille eigensinnig und will den von der Christlichen Wissenschaft gewiesenen Weg nicht annehmen, dann dürfen wir uns nicht wundern, daß unser Weg durch Dornen führt, bis wir schließlich den Irrtum einsehen, auf den geraden Weg zurückkehren und durch das Verständnis und die Beweisführung der Tatsache, daß der Mensch vollkommen ist, höher steigen. Aber selbst wenn wir eine weite Strecke wieder zurückgehen müssen, um noch nicht ausgemerzte Fehler zu berichtigen, brauchen wir uns nicht zu fürchten, denn wenn wir mit dem Prinzip arbeiten, arbeiten wir mit Gott; und da Gott allmächtig und allgegenwärtig ist, ist alles Gute stets bei uns. Wir arbeiten nicht mit der Materie, sondern mit Geist.

Die grundlegende Erklärung „Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468) gibt uns die Gewißheit, daß die Materie keine Wirklichkeit hat und daß aller Irrtum eine Lüge ist. Der von Gott geschaffene Mensch ist durch die Nebel des sogenannten sterblichen Gemüts scheinbar verhüllt worden. Durch Christus und die Christliche Wissenschaft wird die Menschheit endlich aus diesem Zustand der Täuschung befreit, und das Aufdecken des Irrtums im menschlichen Denken sollte für diejenigen, die den Heilsweg der Christlichen Wissenschaft angenommen haben, Anlaß zu tiefster Dankbarkeit sein. Mrs. Eddy erkannte das, als sie in „Wissenschaft und Gesundheit” (S. 66) schrieb: „Prüfungen sind Beweise von der Fürsorge Gottes.” Laßt uns also dankbar sein für das Aufdecken und Ausmerzen allen Irrtums und nicht vergessen, daß, „welchen der Herr liebhat, den züchtigt er.” Das Verständnis von Gott als dem vollkommenen Prinzip, das mit nichts anderm als mit Vollkommenheit zufrieden ist, macht den Weg frei, auf dem wir sicher und freudig wandeln können.


Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden, mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, dieweil wir wissen, daß Trübsal Geduld bringt; Geduld aber bringt Erfahrung; Erfahrung aber bringt Hoffnung; Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist.— Röm. 5:1, 3–5.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Oktober 1923

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.