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Gebet und Betätigung

Aus der November 1923-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Oft hört man Menschen, die die Christliche Wissenschaft zu betätigen suchen sagen, es fehle ihnen an Gelegenheit, das nötige geistige Wachstum zu erlangen, da ihre materielle Arbeit sie ganz in Anspruch nehme und ihnen für das Studium und die Betrachtung der Dinge des Geistes keine Zeit lasse. Diese Klage hört man sogar ganz allgemein. Will man ihr auf den Grund gehen, so muß man sich vor allem fragen, was materielle und was geistige Arbeit ist. Die Antwort darauf halten die meisten Menschen für ganz einfach.

Geistige Arbeit, werden sie sagen, besteht in Beten und Sinnen, im Lesen der Bibel und andrer religiöser Schriften, im Besuchen von Gottesdiensten u.s.w. Dazu gehört ein gewisses Maß von Muße, von Abgeschlossensein und mehr oder weniger Zeit zum Alleinsein mit Gott und seinen eignen Gedanken. Sicherlich ist das alles notwendig, und das Verlangen danach hat sich tatsächlich so stark erwiesen, daß es seit Menschenaltern allerlei Einrichtungen gegeben hat, die seine Befriedigung begünstigen sollten. Offenbar hat auch Jesus dieses Bedürfnis empfunden, denn er zog sich auf den Ölberg zurück und verbrachte da die Nacht allein mit seinem Schöpfer.

Die Frage, was unter materieller Arbeit verstanden wird, kann auf verschiedene Weise beantwortet werden. Die Hausfrau wird sagen, daß sie im Geschirrwaschen, Bettenmachen, Kochen und dem Verrichten der vielen andern ähnlichen Pflichten im Hause besteht. Wer im Geschäft arbeitet, wird in der Ausdrucksweise der Geschäftswelt antworten. Der Tagelöhner, der Mechaniker, der Büro-Angestellte, sie werden alle verschieden antworten und doch im allgemeinen dieselbe Auffassung von materieller Arbeit an den Tag legen.

Wir wollen diese wichtige Frage einmal eingehend betrachten. Der Prophet von Nazareth lieferte uns ein Beispiel, ein Muster für unser Verhalten in allen Dingen. Sein Leben war ein Vorbild der Demut, des Gehorsams und des guten Bürgertums, nicht nur während der drei Jahre seiner Betätigung in der Öffentlichkeit, sondern auch während seiner Kindheit und in seinen Jünglings jahren. Lukas erzählt uns, daß „das Kind wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihm.” Das bezieht sich auf die Zeit, da Jesus erst zwölf Jahre alt war. Er war damals mit seinen Eltern nach Jerusalem gegangen und dort zurückgeblieben, als sie nach Hause zurückkehrten. Dann aber „fanden sie ihn im Tempel sitzen mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte.” Und als ihn seine Mutter rügte, antwortete er ihr: „Was ist’s, daß ihr mich gesucht habt? Wisset ihr nicht, daß ich sein muß in dem, das meines Vaters ist?” Er ging aber, wie es weiter heißt, „mit ihnen hinab und kam gen Nazareth und war ihnen untertan.” Während der darauf folgenden achtzehn Jahre diente er seinen Eltern, lebte wie andre hebräische junge Männer und verdiente sein Brot als Zimmermann, bis er zu seinem großen Lebenswerk vorbereitet war.

Da es heißt, daß die Juden sich wunderten und sprachen: „Wie kann dieser die Schrift, so er sie doch nicht gelernt hat?” müssen wir annehmen, daß Jesus die Dinge des Geistes erkennen lernte, wo er sich gerade aufhielt und bei allem, was er tat. Selbst die Verrichtung sogenannter materieller Arbeit hinderte ihn nicht, sich das Verständnis von der Wahrheit anzueignen, das ihn später befähigte, der größte Heiler und Lehrer zu werden, den die Welt je gekannt hat. Welche Bedeutung hat nun sein Beispiel für den Schüler der Christlichen Wissenschaft von heute? Kann es uns nicht zu einer klareren Vorstellung von der Art unsres eignen Fortschritts und unsrer Entwicklung verhelfen? Und lernen wir dadurch nicht besser verstehen, was unsre Führerin, Mrs. Eddy, meint, wenn sie in dem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 253) sagt: „Die göttliche Forderung:, Darum sollt ihr vollkommen sein,‘ ist wissenschaftlich, und die menschlichen Schritte, die zur Vollkommenheit führen, sind unerläßlich.” Wir sollten es nicht unterlassen, uns völlig klar zu machen, was Mrs. Eddy unter den „menschlichen Schritten” versteht.

Die Auslegung der Heiligen Schrift durch die Christliche Wissenschaft macht es uns klar, daß der wirkliche Mensch jetzt vollkommen ist, daß er von jeher, wie die Heilige Schrift erklärt, nicht mehr und nicht weniger als das volle Ebenbild und Gleichnis Gottes war und es immer sein wird. Das verstehen wir; aber es wird mehr als das von verlangt, nämlich die Fähigkeit, dieser gewaltigen Wahrheit entsprechend zu leben. Das Erwachen aus dem Traum von Materie, Sünde, Krankheit und Tod geht nur langsam vor sich in diesem Zeitalter und ist nur möglich, wenn nach und nach alle menschlichen Schritte dazu getan werden.

Wir werden, vielleicht halb unbewußt, diese Schritte tun, wenn wir mit dem Studium der Christlichen Wissenschaft fortfahren und versuchen, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Vor allem tritt in der Regel eine Besserung der Gesundheit ein, die unsre Fähigkeit zu dienen erhöht. Die Hausfrau z. B. wird eine bessere Hausfrau werden. Sie wird leistungsfähiger, verwaltet ihr Haus mit mehr Regelmäßigkeit und größerer Ordnung, ja gestaltet es schöner und fröhlicher. In der Geschäftswelt erkennt man allmählich, daß wahre Christliche Wissenschafter sichere Geschäftsteilhaber, gute Arbeitgeber und zuverlässige Angestellte sind. Sie sollten auch zu besseren Nachbarn, besseren Freunden und besseren Arbeitern werden. Es ist undenkbar, daß Jesus das nicht gewesen sein sollte.

Christus Jesus war kein Einsiedler. Wir haben allen Grund anzunehmen, daß sich die äußeren Umstände seines menschlichen Lebens nicht von denen des gewöhnlichen hebräischen Jünglings seines Standes unterschieden. Und doch fand er Zeit, die Heilige Schrift kennen zu lernen, wie sie nie jemand außer ihm kannte, und er fand auch Zeit zum Beten und Sinnen. Können wir aus diesem vorbildlichen Leben nicht die Lehre ziehen, daß wir in der Regel viel weniger Zeit auf das Lesen und Grübeln verwenden sollten als auf das Bestreben, die beim Lesen erkannte Wahrheit in unserm Leben zu betätigen? Alle Arbeit zur Verbesserung der menschlichen Zustände ist in gewissem Sinne geistig, wenn es sich auch nur darum handelte, „der Tür [zu] hüten in meines Gottes Hause;” denn alles Gute ist geistig. Der materielle Sinn hat keinen wahren Begriff vom Guten und auch nicht die geringste Macht, Gutes zu vollbringen. Alles Gute kommt von Gott, und es ist keiner außer Ihm.

Das göttliche Prinzip der christlich-wissenschaftlichen Betätigung kommt durch Harmonie zum Ausdruck. Wenn wir übermäßig viel lesen, ohne uns genügend Zeit zu nehmen zur Betätigung des Gelesenen, so kann uns das ebensowenig helfen wie der Versuch, diese Wissenschaft betätigen zu wollen, ohne die notwendige Zeit an ihre Erforschung zu wenden, die durchaus nötig ist um zu erfahren, was Prinzip ist und was es von uns verlangt. Was unsre Hände auch tun, das Denken ist immer wach, immer beschäftigt, und unsre Führerin ermahnt uns auf Seite 261 von „Wissenschaft und Gesundheit”: „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das und Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt.” Wenn wir uns bemühen, nicht nur unsre freie Zeit voll auszunützen, sondern auch die guten Gedanken, die uns beim Lesen und Beten kommen, während unsrer Arbeitsstunden in die Tat umzusetzen, dann können wir sicher sein, daß mit der Zeit uns allen im Verhältnis zu unsrer Fähigkeit Gelegenheit zu solcher geistigen Arbeit gegeben wird, an der unser Vater uns zu sehen wünscht. Die Verfasserin hat dies in vielen Fällen bewiesen. Laßt uns über dem wenigen getreu sein, dann können wir uns unbedingt darauf verlassen, daß Gottes Verheißungen in Erfüllung gehen. Worin das menschliche Bedürfnis auch bestehen mag, sei es Gesundheit, Glück oder Wohlfahrt, es wird reichlich gestillt werden und zur rechten Zeit, wenn wir standhaft bleiben und „nicht müde werden.”

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