Die christlich-wissenschaftliche Sonntagschule, von dem Sonnenlicht des Himmelreichs durchflutet, ist der lieblichste und glücklichste Platz auf Erden. Hier wird Gott erkannt und zärtlich geliebt als Vater, Mutter, Alles-in-allem. An diesem von Gott erleuchteten Ort bereiten sich die Kinder vor, Menschen mit reinsten Vorsätzen zu werden, ja Helfer der Menschheit, Arbeiter für die Welt.
Was, außer der Erleuchtung durch die göttliche Liebe, könnte einen Menschen für die hohe und heilige Aufgabe des Lehrens in der Sonntagschule befähigen! Nur der ist wirklich geeignet, zu diesem Dienst herangezogen zu werden, der, selbst gelehrig und kindlich, in Demut und Freudigkeit zu allen Zeiten auf die Stimme Gottes lauscht und sich in seinem Reden und Tun von ihr leiten läßt, der, von gleicher geistiger Gesinnung wie unser großer Lehrer, in seinem Herzen sagt: „[Er] hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.” Für ihn ist jeder Sonntag eine neue und heilige Erfahrung, und er tritt an seine Arbeit heran, als ob er sie das erste Mal verrichtete. Für den wahren Lehrer gibt es keine ausgetretenen Wege und keine Stockung, denn seinem erwartungsvollen Sinn eröffnen sich beständig neue Ausblicke. Er gewahrt mit Freuden, daß Gottes Schöpfung von der Liebe regiert, von der Liebe beschützt und von der Liebe unterwiesen wird. Diese Einsicht befähigt ihn, mit seinen Schülern in Gottes Reich zu weilen, mit ihnen von dem allwissenden und allgegenwärtigen Gemüt zu lernen. Er legt sich kein genau bestimmtes Verfahren für den Unterricht fest, sondern wartet auf das Kommen des Christus und auf den unendlichen Reichtum seiner Ideen. Der helle Wiederschein der Wahrheit, der vielleicht auf seinem Gesichte leuchtet, beweist, daß „wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines Jüngers Namen, ... es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.”
Da die Kinder in der Sonntagschule mit der wichtigen Frage des christlichen Heilens bekannt werden, sollten ihre Gedanken auf die Stufe gehoben werden, wo sie Gott und die heilende Macht der immergegenwärtigen Wahrheit verstehen können. Kein Kind ist zu klein für diese heilige Unterweisung. Ein kleines Mädchen von drei Jahren, das die christlich-wissenschaftliche Sonntagschule erst einige Wochen besucht hatte, sagte zu ihrer kranken Mutter, sie wolle ihr helfen. Kurz nachher fühlte die Mutter die heilende Kraft der Gegenwart des Christus und fragte das Kind, was sie gedacht hätte. In ihrer eignen kindlichen Weise antwortete das kleine Mädchen: „Ich sagte zu Gott, ,Gott, nicht wahr, meine Mutter kann nicht krank sein?‘ Gott antwortete„ Nein.‘ Und dann sagte ich, ‚Ich danke Dir, Gott.‘ ” Wenn wir an dieses liebevolle kleine Herz denken, das Gott Dank sagte, dann wird es uns recht klar, daß „solcher ist das Himmelreich.”
Mrs. Eddy schreibt in The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany (S. 200): „Der siebenfache Schild der Ehrlichkeit, der Reinheit und der selbstlosen Liebe bewahrt uns davor, von dem Leben eines Christen abzuweichen.” Wenn also Ehrlichkeit, Reinheit und selbstlose Liebe unsre Kinder befähigen, ein christliches Leben zu führen, dann sollten wir uns sicherlich hingebungsvoll bemühen, ihnen von der ersten Unterrichtsstunde an bis zur letzten die Macht der Ehrlichkeit vor Augen zu führen, sowie die Schönheit der Reinheit und die Freude der selbstlosen Liebe, die in steter Hilfsbereitschaft für andre zum Ausdruck kommt. Dann wird das Dienen Zweck und Ziel ihres Lebens werden. Es bedarf ständiger Wachsamkeit und großer Liebe, um zu verhüten, daß wir die Kinder etwa entmutigen, wenn sie beim Unterricht offen von ihren kleinen Schwierigkeiten und kindlichen Vergnügungen sprechen! Sie können nichts vorbringen, woraus der wache Arbeiter nicht eine geistige Lehre abzuleiten vermöchte, und durch diese kann er die Kleinen über die grüne Aue der Liebe und Freude zu des Vaters Haus führen.
Kann es etwas Schöneres geben, als zu sehen, daß ein Schüler seinen Freund, bei dem er Interesse für die Christliche Wissenschaft erweckt hat, in die Sonntagschule mitbringt? Er ist ein Fackelträger, der den Weg für andre erleuchtet. Welch wunderbare Veränderung geht womöglich in dem Herzen des Freundes vor, selbst wenn er nur einen einzigen Sonntag kommen kann! Er hört die Wahrheit über Gott und den Menschen aus dem Munde seiner Altersgenossen; ein unsterbliches Samenkorn wird gelegt, das zu seiner Zeit aufgehen und die Welt segnen wird. Ein Mädchen, das eines Sonntags mit einer Freundin in die christlich-wissenschaftliche Sonntagschule gekommen war, hatte die Immergegenwärtigkeit Gottes so klar erfaßt, daß sie bie einem Unfall am Nachmittag Seine Macht als stets zu Gebote stehend beweisen konnte. Und die Eltern waren durch diesen Beweis so überzeugt von dem praktischen Wert der Christlichen Wissenschaft, daß sie mit dem Kinde zusammen das Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy studierten.
Als unsre Führerin erkannte, was die Kinder am besten zu ihrem großen Lebensdienst vorbereiten würde, betraute sie die Sonntagschullehrer mit der heiligen Aufgabe, die Kinder das Unser Vater, und zwar mit der geistigen Erklärung aus „Wissenschaft und Gesundheit” (S. 16 u. 17), zu lehren sowie die Seligpreisungen aus der Bergpredigt und die Zehn Gebote. Welche Freude ist es, den Kindern die Bedeutung jenes Gebets zu übermitteln, das den Balsam der göttlichen Liebe, ja die Berührung des heilenden Christus bringt! Wie vertieft und verschönt sich die Bedeutung der Seligpreisungen, wenn wir über den geistigen Grund nachdenken, aus welchem unsre Führerin ihnen einen Platz in der Sonntagschule anwies! Mit Recht kann man die Bergpredigt als den Weg zu den geistigen Höhen bezeichnen, denn niemand, weder Kind, noch Mann, noch Weib, kann den Gipfel der Erleuchtung erklimmen, es sei denn auf diesem himmlischen Pfad.
Welch eine Rüstung stellen die Seligpreisungen dar! Wie gut sind Knabe und Mädchen gegen die materielle Gesinnung der Welt gewappnet, sind sie mit diesem geistigen Panzer angetan! Denn keine böse Einflüsterung findet Einlaß bei dem, der stündlich bereit ist, das Gute in sich aufzunehmen, der stets die Lieblichkeit der Sanftmut zum Ausdruck bringt, den danach hungert und dürstet, sich durch Gottes richtige Ideen leiten zu lassen, dessen Herz von zartem Erbarmen für die ganze Welt erfüllt ist, dessen Bewußtsein in Reinheit erstrahlt und der als milder Friedensbote unter den Menschen einherwandelt. Wie geborgen ist das Kind, das so gelernt hat, die Christus-Idee zu lieben und sie in seinem Leben zum Ausdruck zu bringen, und wie glücklich ist es, obwohl es wegen seines Ideals verfolgt wird! Wie gern läßt es sich von Gott als Werkzeug benutzen, damit andre gesegnet werden! Auch die Zehn Gebote sind von lebendigem Einfluß auf die Erziehung und ein Schutz der Kinder. Überall beginnen die Erzieher heute einzusehen, was unsre Führerin schon vor langer Zeit erkannte — daß nämlich diese Gebote von überragender Bedeutung sind; und da sie so wichtige Teile der geistigen Grundlage bilden, auf der das Kind bauen muß, sollten alle Lehrer sich bemühen, ihre höhere Bedeutung und Anwendbarkeit zu erfassen.
Früher oder später wird der Lehrer in der Sonntagschule einsehen lernen, daß, selbst wenn er „mit Menschenund mit Engelzungen redete” (oder lehrte) „und hätte der Liebe nicht, so wäre ... [er] ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.” Ein solches Erwachen kam über die Verfasserin ganz im Anfang ihrer Lehrtätigkeit, als sie mit einer Klasse von lebhaften zwölfjährigen Knaben die Zehn Gebote durchnahm. An zwei oder drei Sonntagen schienen wir wenig Fortschritt gemacht zu haben. Die Knaben mochten den Gegenstand nicht mehr und waren unaufmerksam und zum Spiel geneigt. Da ging ich eines Sonntags mit dem festen Vorsatz nach Hause, den Grund für diese Interesselosigkeit herauszufinden. Das göttliche Gemüt deckte ihn mir auf. Ich sah ein, daß ich seit langem keine neue Erleuchtung mehr aus den Geboten gewonnen hatte. Wie konnte ich also von den Schülern erwarten, daß sie sich mit dem trockenen Bissen solch eines stillstehenden Denkens zufriedengeben sollten? Ich fing an, die Gebote von neuem eingehend zu durchforschen und betete zu Gott, daß ich sie in einem neuen Lichte sehen möge. Dieses Sehnen wurde gestillt. Ich erkannte, daß ich sie nie vorher durch die Linse der göttlichen Liebe gesehen hatte. Und als ich sie in diesem klaren Lichte betrachtete: wie neu erschienen sie mir da, so als seien sie vom Sonnenlicht durchleuchtet! In diesem hellen Schein war es leicht zu erkennen, daß die Liebe „des Gesetzes Erfüllung” ist.
Ich konnte den kommenden Sonntag kaum erwarten; und als er da war, waren die Knaben begierig, von meiner neuen Freude zu hören. Gemeinsam erforschten wir, welchen Platz die Liebe in den Geboten einnimmt. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.” Wie liebevoll erschien uns jetzt diese Ermahnung, da wir nun wußten, daß dieses „mir” der barmherzige, alliebende Vater-Mutter Gott ist! Und wie gern gehorchten wir, denn wer könnte die Wärme dieser Vater-Mutter Liebe fühlen und sich auch nur einen Augenblick davon abwenden, um sich von neuem vor den harten, kalten Annahmen der Götter dieser Welt zu beugen? Wer wollte sich nicht freudig bemühen, den Tag, den wir den Sabbat nennen, durch reine Gedanken und selbstlose Werke heilig zu halten, ja auch alle andern Tage der Woche, wenn es ihm erst klar geworden, daß jeder Tag ein Tag der Liebe ist und in Dankbarkeit und Freudigkeit verbracht werden muß? Wie sehnten wir uns danach, diese Vater-Mutter Liebe dadurch besser zu ehren, daß wir Ihn als das Alles-in-allem anerkannten, und auch danach, unsern irdischen Eltern freudig zu gehorchen, um dadurch die Allseitigkeit und Zärtlichkeit der göttlichen Liebe zu beweisen. Mit einem von Liebe erfüllten Herzen könnten wir nicht töten — nicht einmal den Frieden eines andern—, noch stehlen, ihm also auch nicht seine Neigung zum Guten rauben, oder gar die Wahrheit verfälschen, wenn auch nur durch ein übertriebenes Wort. Wir nahmen uns alle mit erneuter Festigkeit vor, kein falsches Zeugnis über unsern Nächsten zu reden, ihn nur als das Kind der Liebe zu sehen und von ihm nur als von solchem zu sprechen, — als dem Kind Gottes, das gesund, frei, harmonisch und Ihm in allen Dingen stets gleich ist. Bei diesem starken Gefühl des Verbundenseins mit unserm Bruder könnten wir nach nichts Verlangen tragen, das ihm gehört. Wir müssen uns vielmehr mit ihm des Guten freuen, das er hat, und darauf harren, daß uns die unendliche Liebe das verleiht, was uns zukommt.
So vermochten wir zu erkennen, daß Hingabe an die göttliche Liebe den Gehorsam gegen alle Gebote leichter macht. Von dem Tage an war keine Unaufmerksamkeit beim Unterricht mehr zu bemerken, denn jeden Sonntag machten wir neue geistige Entdeckungen über das in früheren Unterrichtstunden Besprochene und fanden neue Arten, wie wir es in der Schule, zu Hause und sogar beim Spiel anwenden konnten. Wie wächst doch die Liebe zur Sonntagschule, wenn die Schüler lernen, das, was sie beim Unterricht erfassen, im täglichen Leben anzuwenden! Der Lehrer wird bald finden, daß man die Schüler nicht drängen darf, gleich von Anfang an den Buchstaben vollkommen zu erlernen, sondern daß man vielmehr darauf achtgeben muß, daß sie den Geist völlig erfassen. Die Kenntnis des Buchstabens wird dann sicher und ohne Schwierigkeiten folgen, denn was die Schüler lieben und betätigen, prägt sich ihrem Bewußtsein von selbst ein. Der Lehrer wird auch einsehen lernen, daß es keine schwierige Klasse gibt; denn wenn er freudig und mit betendem Herzen kommt, um mit seinen Schülern aus dem Quell des lebendigen Wassers zu schöpfen, dann wird ihn immer eine eifrige Schar erwarten, die sich zu ihm gesellen möchte.
Unsre Führerin stand nie mehr unter göttlicher Leitung, denn da sie im Handbuch (Art. XX, Abschn. 3) bestimmte, daß die Bibellektionen durch „Fragen und Antworten” erläutert werden sollen. Dieses Fragen und Antworten zwischen Lehrern und Schülern führt alle dahin, Gottes Gedanken zu erkennen und sie mit geistiger Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit wiederspiegeln zu lernen. Welchen Reichtum sammelt der Schüler, der von seinem Lehrer dazu angehalten wird, sich bei allem, was er tut, vom göttlichen Gemüt leiten zu lassen! Man denke nur daran, was es für die Welt bedeutet, daß Mary Baker Eddy als kleines Mädchen von ihrer Mutter dazu angehalten wurde, auf die Stimme Gottes zu lauschen! Ihr Denken gewöhnte sich daran, geistig aufzumerken, bis sie schließlich die Stimme der Wahrheit deutlich hörte. Wie wichtig ist es, daß unsre Schüler etwas von dem Leben und der Arbeit der in kindlicher Einfalt lauschenden Offenbarerin der Christlichen Wissenschaft erfahren und verstehen lernen, was ihre Offenbarung für die Welt bedeutet!
Die Liebe, die von niemand außer Jesus so vollkommen im Leben zum Ausdruck gebracht worden wie von ihr, ließ unsre Führerin erkennen und im Kirchenhandbuch festlegen, daß die Unterweisung der Kinder in der Heiligen Schrift zu ihrer geistigen Erziehung notwendig ist. Demütig und inbrünstig müssen wir um geistige Ideen beten, damit wir den Schülern eine lebendige und belebende Vorstellung von den hervorragenden Persönlichkeiten der Bibel geben können. Die Kinder müssen die Treue und den Glauben Abrahams verstehen lernen und den Wunsch bekommen, ihm darin zu gleichen, damit auch sie die Stimme Gottes hören können, wenn sie sagt: „Wandle vor mir und sei fromm.” Sie müssen mit Moses vertraut werden und seiner Bescheidenheit sowie seinem moralischen Mut nachzueifern suchen. Sie müssen gelehrt werden, rein zu sein wie Joseph, zu segnen und zu vergeben wie er, auch, so treu und gehorsam zu werden wie Daniel, und vor allem, sich so von dem heilenden Christus regieren zu lassen, wie Jesus es tat. Welch reiche Gaben hat also die Sonntagschule auszuteilen! Sie öffnet den Schülern jenen wunderbaren Kleinodienschrein, die Heilige Schrift, mit dem von Gott verliehenen Schlüssel, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft.
Wir, die wir dazu berufen sind, in der Sonntagschule zu dienen, sollten die Worte Jesu stets vor Augen haben: „Sehet zu, daß ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel.” Laßt uns zusehen, daß wir nicht vergessen, was diese Kinder in Wirklichkeit sind — unbegrenzte, reine, geistige Wiederspiegelungen des Vaters. Wenn wir so durch die Linse der göttlichen Wahrheit und Liebe ihre wahre Wesenheit wahrnehmen, werden wir beobachten, daß ihre Engel im Himmel allezeit das Angesicht des Vaters schauen. Und mit der Hingebung und Freude, die keine Entmutigung kennt, werden wir den Kindern der Menschen helfen, alles abzulegen, was dem Ebenbild Gottes, des Geistes, unähnlich ist, und auf immer das unveränderliche Gesetz Gottes zu erfassen, das durch die Christliche Wissenschaft geoffenbart ist.
