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Der Liebe Allumfassendheit

Aus der März 1924-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Viele, die sich mit der Christlichen Wissenschaft befassen, haben gefunden, daß die Betrachtung der Vorgänge in der Natur und des anscheinend gesetzmäßigen Wirkens im Lenken des sogenannten naturgesetzlichen Weltalls oft eine Erkenntnis und eine göttliche Eingebung bewirkt, die sich als eine hilfreiche Anleitung zum Überwinden irriger menschlicher Zustände erweisen. Eine solche Erfahrung machte eine Christliche Wissenschafterin, nachdem sie viel unter einer eifersüchtigen und selbstsüchtigen Veranlagung gelitten hatte, die als Charaktereigenschaft und somit als etwas angesehen wurde, das geduldig ertragen werden mußte. Diese Veranlagung kam in ihren Beziehungen zu Personen, die sie sehr lieb gewonnen hatte, ganz besonders deutlich zum Ausdruck. Schon der bloße Gedanke, daß diese noch jemand anders außer ihr lieben könnten, und daß sie nicht die einzige Auserwählte ihrer Zuneigung sein würde, konnte ihr immer ein quälendes Leidensgefühl bereiten.

Nachdem sie begonnen hatte, sich mit der Christlichen Wissenschaft zu befassen, schien dieses Übel sich stark zu verschlimmern und für sie noch viel quälender zu werden. Sie war jedoch bereits bestrebt, den Zustand in einem andern Lichte zu betrachten. Indem sie sich sagte, daß er weder ein harmonischer noch ein wohltuender Bewußtseinszustand war, lernte sie einsehen, daß er nicht aus dem göttlichen Gemüt hervorging und daher überwunden werden konnte. Jahrelang hatte sie sich sodann bemüht, die Schwierigkeit dadurch zu überwinden, daß sie sich von der Vernunftwidrigkeit des Zustandes zu überzeugen und einzusehen versuchte, daß er nicht der Ausdruck der göttlichen Liebe sondern eine verwerfliche Einflüsterung des Irrtums war. Diese Überlegungen vermochten den irrigen Bewußtseinszustand in großem Maße zu unterdrücken; aber ein lästiges, beengendes und unnatürliches Gefühl schien im Bewußtsein der Wissenschafterin nicht weichen zu wollen, bis sie schließlich überzeugt wurde, daß dies nicht Demonstration war, und daß das Übel nicht durch die Christliche Wissenschaft geheilt, sondern durch die Anwendung menschlicher Willenskraft eben nur unterdrückt war. Dies ließ erkennen, daß ein größeres Maß von Verständnis erlangt und ein höheres Bewußtsein von der Wirklichkeit demonstriert werden mußte, ehe die Nichtsheit dieses alten Feindes klar erkannt werden konnte.

Als sie andachtsvoll den rechten Weg suchte, erinnerte sie sich der Worte auf Seite 409 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy: „Die sterblichen und unvollkommenen sogenannten ‚Menschenkinder‘ sind gefälschte Bilder von Anbeginn, die für die reine Wirklichkeit abgelegt werden sollten. Dies Sterbliche wird abgelegt, und der neue Mensch oder der wirkliche Mensch wird in dem Verhältnis angezogen, wie die Sterblichen sich die Wissenschaft des Menschen vergegenwärtigen und das wahre Vorbild suchen”. Es wurde ihr dann klar, daß sie, um die irrige Annahme überwinden zu können, einen Schimmer des „wahren Vorbildes” — den wahren geistigen Begriff von dem göttlichen Gemüt, der unendlichen, göttlichen Liebe — erlangen mußte.

Sie entsann sich dann, welches Entzücken sie stets draußen in der Natur erfüllte, — wie sehr ihr immer der Sonnenschein, die Bäume, die Blumen, das Rauschen des Windes über dem hohen Gras oder in den Baumwipfeln gefielen. Sie erinnerte sich, welch’ wunderbare Ruhe und welche Befriedigung ihr oft der stundenlange Aufenthalt in der stillen Natur bereitete, welch’ hohen Begriff von der Wirklichkeit Gottes und Seines Weltalls ihr dies brachte, einen Begriff, der auf den geschäftigen Marktplätzen der Welt nicht zu erlangen ist. Über diese Dinge nachdenkend, wurde sie sich bewußt, daß sie noch nie die geringste Eifersucht oder Selbstsucht darüber empfunden hatte, daß die Sonne mit derselben Wärme und Beständigkeit über anderen wie über ihr scheint, oder daß auch andere, wenn sie den Park oder die freie Natur verlassen hatte, unter denselben Bäumen ruhend an den Bewegungen der im Winde spielenden Äste sich erfreuen konnten. Sie fühlte sich nie dadurch verletzt, daß die leuchtenden Blumen nicht herrlicher oder farbenprächtiger leuchteten, wenn sie vorüberging, oder daß der Friede, die Erbauung und das Entzücken, das ihr die Natur bereitete, allen zu Gebot stand. Ja, sie empfand oft tiefe Dankbarkeit, daß diese Segnungen allen erreichbar sind, und daß die einzige Bedingung, sich ihrer zu erfreuen, ein empfängliches Bewußtsein ist.

Von da an erkannte sie sehr klar, daß sie in den ihr Nahestehenden nicht die Körperlichkeit, die Persönlichkeit oder etwas ausschließlich zu ihnen Gehöriges sondern die Wiederspiegelung des göttlichen Gemüts, des unendlichen Guten, liebte, die die Betreffenden in Reinheit, Intelligenz, Verständnis, Harmonie und Liebe zum Ausdruck brachten, in Eigenschaften, die ihre Zuneigung zu ihnen begründeten. Sie erkannte, daß diese Dinge ausnahmslos weder ihr, die sie genoß, noch denen, die sie zum Ausdruck brachten, angehörten; sie waren Wiederspiegelungen des unendlichen, immer gegenwärtigen Gebers alles Guten, — für uns, um sie zu genießen, weil wir im Reich der allumfassenden Liebe verweilen.

Sie erkannte ferner, daß ihr eigenes geistiges Wahrnehmen und Verstehen ihr den Genuß dieser Dinge bereitet, und daß dieser Genuß in demselben Maße wie ihr Wahrnehmen und Verstehen zunimmt; daß aber ohne diese Fähigkeiten des Bewußtseins, die Wiederspiegelungen des Guten zu sehen und zu schätzen, diese für sie vergeblich bekundet würden, und sie dem beschränkten, von den Sinnen gebundenen Sterblichen gleichen würde, von dem der Dichter sagt:

„Die Primel an des Baches Rand
Als gelbe Primel eben stand —
Als weiter nichts — für ihn”.

Ihre Arbeit war es also nicht, die gewahr gewordenen Wiederspiegelungen des Guten eifersüchtig an sich zu reißen, sondern ihr geistiges Wahrnehmen und Verstehen so zu erweitern, daß sie sie jederzeit und überall erkennen und genießen konnte. Wir lesen in „Wissenschaft und Gesundheit” (S. 516): „Wenn wir das falsche Zeugnis der körperlichen Sinne den Tatsachen der Wissenschaft unterordnen, werden wir dieses wahre Gleichnis und diese wahre Wiederspiegelung überall erblicken”. Sie sah dann ganz deutlich, daß der Wunsch, Eigentümer zu sein, sowie das Verlangen, zu besitzen und für sich allein zu behalten, kein Teil ihres wahren Selbst war, daß sie sich nicht damit abzumühen brauchte, etwas Wirkliches zu überwinden. Sie brauchte es nur abzulehnen, auf die irrigen Einflüsterungen des sogenannten sterblichen Gemüts zu hören, daß das Gute begrenzt und nicht stets erreichbar sei, daß es nur einigen Begünstigten gehöre, und daß es nicht genug Gutes in der Welt gebe, um alle daran teilnehmen zu lassen.

Ein tiefes Gefühl der Erkenntnis und des Friedens strömte nun in ihr Bewußtsein ein, — das Gefühl, einen Lichtblick von der Wirklichkeit des geistigen Daseins gewonnen zu haben. Sie hatte angefangen, die „Wissenschaft des Menschen” zu verstehen; das Gewahrwerden des „wahren Vorbildes” hatte in ihrem Bewußtsein gedämmert; und sie war geheilt! Unendliche, immer gegenwärtige Liebe, die stets bereit ist, ihre eigene Schöpfung zu befriedigen, ist die Tatsache! Was allein not tut, ist die Läuterung unseres Bewußtseins vom menschlichen Trachten und vom Festhalten an einem armseligen, endlichen Begriff des Guten, und daß wir zu dem geistigen Vorbild erwachen und die klaren, sanften Töne des Christus, der stets darauf wartet, unser Gast zu sein, willig in uns aufnehmen, — wie Johannes in der Offenbarung schreibt: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir”.

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