Man braucht kein tiefgründiger Philosoph zu sein, um zu erkennen, daß das menschliche Dasein aus täglichen Erfahrungen sich zusammensetzt, und daß der Wert und die Nützlichkeit dieses Daseins von den Einflüssen bestimmt wird, die das tägliche Leben des einzelnen gestalten. Kürzlich wurde diese Tatsache in folgenden einfachen Worten treffend ausgedrückt: „Gute Gewohnheiten kommen nicht in einem Tage zustande, auch nicht ein christlicher Charakter an einem Festtag. Die Bildungsstätte des Charakters ist das tägliche Leben”. Wenn dies zugegeben wird, so muß daraus folgen, daß eines Menschen Charakter unbestreitbar das Ergebnis seiner täglichen Denkgewohnheiten und der daraus hervorgehenden Handlungen ist. Daher sind rechte tägliche Denkgewohnheiten von größter Wichtigkeit für unsern besten Erfolg im Leben.
Während das Christentum durch seine Sittenlehre die Sterblichen auf diese Tatsachen beständig hingewiesen hat, haben sich viele damit zufrieden gegeben, seine höheren Ideale hauptsächlich nur anzuerkennen und zu bewundern, indem sie es unterließen, das Denken jedes einzelnen von diesen Idealen täglich beeinflussen zu lassen und zu beachten, daß Jesus diese Forderung als wichtigen Punkt in seiner Lehre hervorgehoben hat, als er sagte: „Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach”. Dies ist ein Punkt, worin sich die Christliche Wissenschaft von vielen Religionslehren unterscheidet; denn diese Wissenschaft wiederholt des Meisters Lehren und bietet brauchbare Mittel, wodurch ihre Nachfolger das sterbliche Selbst erfolgreich verneinen und der Wahrheit täglich folgen können. Sie gibt sich nicht damit zufrieden, nur Sonntags und Mittwochs den Gedanken mit hilfreichen Gottesdiensten zu speisen, sondern sie hält ihre Nachfolger in Liebe dazu an, ihr Denken täglich zu erneuern durch Forschen in der Bibel und in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy und durch Gebet, das ohne Zweifel den Charakter wirksam gut gestaltet.
Diese Vorgänge der täglichen Pflege des Denkens in der Christlichen Wissenschaft sind keine drückenden Pflichten, die gleichsam als Sühnopfer darzubringen sind, sondern sie erweisen sich im Gegenteil als Gelegenheiten zu freudigem Mitarbeiten an der Entfaltung der Pläne des vollkommenen, guten Gottes, der göttlichen Liebe. Darum sind die Stunden, die man täglich der andächtigen Betrachtung der Christlichen Wissenschaft widmet, freudig bewillkommnete Stunden glücklicher Erfrischung; und die Verbesserungen des Denkens werden mit Dankbarkeit für des Gedankens Stärke und Weisheit vollbracht, die der aufrichtige Erforscher der Christlichen Wissenschaft erlangt hat.
Durch diese tägliche Arbeit und richtige Übung des Gebets gelangt jeder Christliche Wissenschafter dahin, daß er das Prinzip der Christlichen Wissenschaft den ganzen Tag hindurch demonstrieren kann. So wird jede Aufgabe leichter und jedes rechte Bemühen mehr und mehr von Erfolg gekrönt. Eine der Wohltaten des planmäßigen täglichen Forschens in der Bibel im Lichte der Christlichen Wissenschaft ist die Erkenntnis von Gottes Güte gegen alle Menschenkinder. Das Herz ist von Dankbarkeit für Seine unaufhörliche Gunst und Gnade erfüllt, so daß Männer und Frauen immer mit Freuden Davids Loblied singen: „Gelobet sei der Herr, der uns täglich mit Wohltaten überschüttet, Er, der Gott unseres Heils” (engl. Bibel). Sind wir uns alle bewußt, wieviel freier wir denken und unsere Hände freier arbeiten, wenn der Mittelpunkt der Beweggründe unserer Bemühungen, das Herz, mit Dankbarkeit erfüllt ist?
Die Wichtigkeit der täglichen andächtigen Hingabe an die Ausarbeitung unseres Fortschritts in der Christlichen Wissenschaft als Mittel sowohl des Schutzes als auch der Erlangung des Glücks wird besonders in der Anwendung gewisser Satzungen des Kirchenhandbuchs deutlich veranschaulicht, die sich als sehr wertvoll erwiesen haben, nicht nur für Kirchenmitglieder sondern auch für diejenigen, die der Kirche noch nicht beigetreten sind. Mrs. Eddy hat zum Beispiel „Eine Richtschnur für Beweggründe und Handlungen” (Art. VIII, Abschn. 1) vorgesehen, die teilweise lautet: „Die Mitglieder dieser Kirche sollen täglich wachen und beten, um von allem Übel erlöst zu werden, vom irrigen Prophezeien, Richten, Verurteilen, Ratgeben, Beeinflussen oder Beeinflußtwerden”. Wenn man einsieht, wie irrtümlich es ist, irrig zu urteilen und andere zu verdammen oder irre zu führen, dann kann man diese Verhaltungsmaßregel täglich anwenden und viel überwinden, was einem selbst und anderen schädlich ist. Auf den zwei darauffolgenden Seiten des Kirchenhandbuchs stehen für die tägliche Anwendung zwei weitere Regeln, die, in der „Bildungsstätte des Charakters” angewandt, jeden einzelnen, der sich zu bessern bemüht ist, sicherlich erfolgreicher, glücklicher und zu einem größeren Segen für seine Mitmenschen machen.
So wie die Christliche Wissenschaft die Heilige Schrift richtig auslegt und einem zu einer fortschrittlichen Religion wird, so erhebt das andächtige Sichvertiefen in die Lektions-Predigten, die für jeden Tag im Vierteljahrsheft der Christian Science vorgesehen sind, das Denken über Zeit und Sinn, verbannt Furcht, verleiht rechten Beweggründen sittliche Stärke und bringt Freude ins Dasein. Solch eine tägliche Pflege des Denkens beweist, daß „das Wort Gottes lebendig und kräftig ist”, und daß es dem menschlichen Charakter Gleichgewicht, Lauterkeit und Weisheit — die Ergebnisse des geistigen Verständnisses — verleiht.
Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. — Matth. 7:18–21.