In der von Mrs. Eddy für die Einweihungsgottesdienste des ursprünglichen Gebäudes Der Mutter-Kirche verfaßten Einweihungspredigt lesen wir folgende begeisternden Worte (Pulpit and Preß, S. 3): „Wisset also, daß ihr unumschränkte Macht habt, recht zu denken und recht zu handeln, und daß euch nichts um dieses Erbe bringen und nichts die Liebe übertreten kann. Wer oder was kann euch, wenn ihr diese Stellung behauptet, veranlassen, zu sündigen oder zu leiden?” Wie selten betrachten die Menschen dennoch „Stellung” von dem Standpunkte aus, den Mrs. Eddy hier darlegt! Wie selten wird an Stellung z. B. nur im Zusammenhange mit rechtem Denken und Handeln gedacht! Und doch welch ungeheurer Segen wird hier an das Behaupten einer solchen Stellung geknüpft,—der Segen, daß man dann nicht veranlaßt werden könne, „zu sündigen oder zu leiden”! Sicher ist dies das Ziel, das alle Menschen schließlich erreichen müssen!
Zweifellos nehmen alle Menschen großen Anteil an dem, was als weltliche Stellung bezeichnet wird. Man kann sagen, daß es keinen Sterblichen gibt, der nicht zuweilen über das nachdenkt, was er seine eigene rechtmäßige Stellung in der Welt nennt, und es gibt selten solche, die sich nicht in Gedanken ein Stellungsangebot ausmalen, von dem sie die Befriedigung ihres menschlichen Ehrgeizes erhoffen. Solange die Menschen glauben, das Gute sei in irdischen Höhepunkten und persönlichen Kronen zu finden, werden alle Posten, von der niedrigsten Stellung bis zum höchsten Amte, das die Welt bieten kann, als im menschlichen Sinne begehrenswert angesehen.
Die Wahrheit ist nun, daß ein Mann oder eine Frau in Wirklichkeit nie eine andere als die durchaus heilige und erhabene Stellung des Widerspiegelns des allmächtigen, allvollkommenen Gottes einnehmen kann. Diese Stellung zu erklären und zu beweisen, war der Zweck des Lebens Jesu auf Erden. Und was war die Grundlage dieser seiner Arbeit? Kann man nicht sagen, daß diese Grundlage seine mächtige Demut war, wodurch er bewies, daß er der Sohn Gottes ist? Jesus, erklärte Paulus, um diese Stellung aufzurichten, „entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an”. Für den menschlichen Sinn erschien daher Jesus als der Diener aller Menschen.
Es steht außer Frage, daß der einzige Ehrgeiz unseres großen Herrn und Meisters der war, den Mrs. Eddy so bündig erklärte, nämlich seine „unumschränkte Macht, recht zu denken und recht zu handeln”, zum Ausdruck zu bringen, und dann diese Stellung zu behaupten. Sicher bewies er, daß ihn nichts um „dieses Erbe” bringen oder „die Liebe übertreten” konnte. Wie vollkommen er infolgedessen seine ihm von Gott verliehene Fähigkeit, sich über alle Sünde und alles Leiden zu erheben, doch bewies! In der Tat bewies er ihre vollständige Unwirklichkeit! Und dies alles vollbrachte er durch selbstloses Dienen! Er tat es, damit wir alle dasselbe tun lernen und denselben herrlichen Lohn ernten können!
Doch die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft, die unsere geliebte Führerin Mrs. Eddy durch einen ähnlichen selbstlosen Dienst der Welt brachte, warf erst das volle Licht der Wahrheit auf die Frage der Stellung, so daß sie vollkommen und anwendbar verstanden werden kann. Vor dieser Offenbarung hatte manch ernstes Herz geglaubt, die denkbar höchste Arbeit sei, sich auf menschliche Art auf das Bekleiden einer irdischen Stellung vorzubereiten. Die Christliche Wissenschaft entbindet uns dieser falschen Verantwortlichkeit, indem sie uns zeigt, daß wir nur „recht zu denken und recht zu handeln” haben. Wir brauchen also nie darüber nachzudenken, wie uns Gott gerade verwenden werde. Wer durch die Christliche Wissenschaft gelernt hat, jeden Gedanken dem Gehorsam gegen Christus, die Wahrheit, unterzuordnen, wird jeden Schritt—sowohl in göttlicher als auch in menschlicher Weise—unter der Führung des Prinzips unternehmen. Er kann daher nicht verfehlen, ein geschätzter Arbeiter im Weinberge Gottes zu sein.
Wie segensreich es doch ist, zu erkennen, daß der gewöhnliche Sinn von Stellung sogar in der großen Bewegung der Christlichen Wissenschaft nicht etwas ist, wonach wir trachten oder streben sollen! Wer sich mit einem andern als einem geistigen Verständnis von Stellung, worauf sich Mrs. Eddy bezieht, befaßt oder danach verlangt, wer nach einer andern als seiner Stellung in der Widerspiegelung der göttlichen Wahrheit und der göttlichen Liebe trachtet, ist nicht bereit, eine sogenannte Stellung mit jenem geistigen, selbstlosen Dienst zu bekleiden, der ihn für rechte Tätigkeit fähig oder für alle Sünde und alles Leiden unzugänglich macht. Gott fordert in der Tat unser ganzes Herz; doch es muß ein von allem persönlichen Verlangen und Stolz, von aller Selbsterhebung und Selbstvergötterung freies Herz sein.
Wenn wir daher als Christliche Wissenschafter unsere „unumschränkte Macht, recht zu denken und recht zu handeln”, beständig beweisen lernen, werden wir in dem Maße, wie wir auf diese Art jene wahre, stets von Gott regierte Demut beweisen, dargetan haben, daß uns nichts „zu sündigen oder zu leiden” veranlassen kann; denn alles Verlangen nach menschlicher Stelle oder Stellung wird in der Liebe und dem Gesegnetsein jener Stellung, die immer Widerspiegelung ist, und die durch selbstloses Dienen zum Ausdruck kommt, verschlungen sein.
