Eine von einer Reihe gegenwärtig über die WABC-Station der Atlantic Broadcasting Corporation in dieser Stadt [New York] ausgesandter religiöser Ansprachen wurde gestern [am 28. Oktober] um 5 Uhr nachmittags von Richter Clifford P. Smith, Veröffentlichungsausschuß Der Mutter-Kirche, Der Ersten Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Massachusetts, gehalten. Richter Smith sprach über „Das A B C der christlich-wissenschaftlichen Religion”. Seine Ansprache lautete:
Die Christliche Wissenschaft ist die von Mary Baker Eddy gegründete und durch die Kirche Christi, Wissenschafter, vertretene Religion. Sie ist ein christlicher Glaube und eine christliche Betätigung, die zum Unterschied von späteren Lehren und Gebräuchen unmittelbar auf die Worte und Werke Christi Jesu gegründet sind. Mrs. Eddy hat sie erklärt als „die göttliche Metaphysik” und als „das Gesetz Gottes, das Gesetz des Guten, das das göttliche Prinzip und die göttliche Regel der allumfassenden Harmonie auslegt und beweist” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 111; Anfangsgründe der göttlichen Wissenschaft, S. 1).
Jesus erklärte, der Zweck seines Lebens sei, „für die Wahrheit zu zeugen”. Was er lehrte und bewies, war die Wirklichkeit oder die Wahrheit des Seins. Es war die Wahrheit über Gott und den Menschen und über Gottes Gesetz für den Menschen. Es war die Wahrheit über Gottes Güte, über das von Gott ausgehende Leben des Menschen und über des wirklichen Menschen Freisein von dem, was ein aus gut und böse gemischtes Leben zu sein scheint.
Die Christliche Wissenschaft macht sich diesen grundlegenden Gesichtspunkt des ursprünglichen Christentums zu eigen und wiederholt ihn. Auch die Christliche Wissenschaft ist auf die Wirklichkeit oder Wahrheit des Seins gegründet. Sie unterscheidet bestimmt zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was scheinbar ist oder zu sein scheint aber nicht wirklich ist, und sie setzt diese Unterscheidung zum Wohle und zur Besserung der Menschen in die Tat um. Außer dem, was unbedingt gut ist, gibt es keine Wirklichkeit. Das Böse jeder Art ist trügerisch und unwirklich. Diese Gedanken sind für die Menschen von unschätzbarem Wert, nicht nur weil sie wahr sind, sondern auch weil sie zweckdienlich angewandt werden können. Sie können in der menschlichen Erfahrung bewiesen werden.
Es dürfte für den Zweck dieser Ansprache angebracht sein, das Wort „wirklich” zu erklären, damit kein Mißverständnis herrsche. Folgendes ist ein Teil der Erklärung dieses Wortes in „Websters neuem internationalem Wörterbuch”: „Tatsächlich, zum Unterschied von erdichtet oder eingebildet; auch in sich selber oder wahrhaft bestehend, zum Unterschied von anscheinend oder scheinbar”. Dies ist die Bedeutung des Wortes „wirklich”, wie es von den Christlichen Wissenschaftern gebraucht wird. Die Wörter „wahr” und „Wahrheit” sind wechselbezüglich und haben fast dieselbe Bedeutung.
Ferner unterscheidet sich die Christliche Wissenschaft von anderen neuzeitlichen Lehren nicht nur dadurch, daß sie das Gute als wirklich und das Böse als unwirklich bezeichnet, sondern auch dadurch, daß sie den Unterschied — den Gegensatz — zwischen dem Guten und dem Bösen auf den Unterschied zwischen dem, was echtes Bewußtsein oder Denken, und dem, was Irrtum oder Trugvorstellung ist, zurückführt. Das einzig wirkliche Gemüt oder die einzig wirkliche Gedankenquelle ist Gott, der Geist, das göttliche Gemüt. Alles wahre Bewußtsein oder Denken stammt von Gott; es wird von dem göttlichen Gemüt empfangen, wie Johannes der Täufer sagte: „Ein Mensch kann nichts nehmen, es werde ihm denn gegeben vom Himmel”. Sogar Jesus konnte sagen: „Ich kann nichts von mir selber tun”. Paulus wandte diese Sätze ausdrücklich auf das Denken an, als er sagte: „Wir aber haben Christi Sinn”. „Nicht, daß wir tüchtig sind von uns selber, etwas zu denken als von uns selber; sondern daß wir tüchtig sind, ist von Gott”.
Auch diesen grundlegenden Gesichtspunkt des ursprünglichen Christentums macht sich die Christliche Wissenschaft zu eigen und wiederholt ihn. Sie besteht auf der von Gott verliehenen Fähigkeit des Menschen, gut zu sein und Gutes zu tun, wahr zu denken und sich der Ergebnisse und Belohnungen solchen Denkens zu erfreuen. Das ungeistige Denken im menschlichen Bewußtsein ist nicht wahres Denken; es ist Irrtum. Es ist das Böse, das in fortschreitender Weise aufgegeben und ausgeschlossen werden kann. Es ist fremder Stoff, der nicht zum Menschen gehört. Es ist das, was vom wahren Menschentum ablenkt und es verdeckt. Fleischlicher Sinn ist kein Sinn; geistiger Sinn ist göttlich verliehener Verstand. Als Jesus zu Nikodemus sagte: „Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das ist Geist. ... Ihr müsset von neuem geboren werden”, unterschied er zwischen weltlichem und geistigem Denken; er zeigte, daß das menschliche Bewußtsein — das menschliche Selbst — geläutert und vergeistigt werden müsse. Denselben Gedanken brachte er wieder zum Ausdruck, als er sagte: „Der Geist ist's, der da lebendig macht [oder Leben gibt]; das Fleisch ist nichts nütze”. Der gebräuchliche Name für das Gegenteil des Geistes ist Stoff, und Stoff ist ein ungeistiger Gedanke. Daher legte Mrs. Eddy den Ausspruch des Meisters einfach und richtig aus, als sie schrieb: „Das menschliche Selbst ... muß mit dem Geist des Evangeliums erfüllt werden. Gott fordert von uns, daß wir heute diese Aufgabe mit Liebe auf uns nehmen, das Materielle so schnell wie tunlich aufgeben und das Geistige ausarbeiten, das für das Äußere und Tatsächliche bestimmend ist” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 254).
Für die Christlichen Wissenschafter ist der durch diese Stellen gewiesene Weg der Weg des Fortschrittes, des Dienens und der Erlösung. Dadurch daß der Christliche Wissenschafter bestrebt ist, geistig gesinnt zu sein, ist er auch bestrebt, sein wahres Selbst zu finden, sich für christliches Dienen geeignet zu machen und in das Himmelreich zu kommen. Dadurch daß der Anhänger der Christlichen Wissenschaft den weltlichen Sinn für den geistigen Sinn aufgibt, wird er mit dem göttlichen Gemüt vereinigt, von dem Irrtum oder dem Bösen getrennt und befähigt, das göttliche Gesetz und die göttliche Kraft für jeden guten Zweck ohne Ausnahme anzuwenden. Die Wesensart und der Zustand eines jeden, sogar seine Umgebung, wird durch die Beschaffenheit seines Bewußtseins bestimmt und ist von der Weltlichkeit oder Geistigkeit seines Denkens abhängig.
Aus vorstehenden Gründen kann man die weitreichende, aber richtige Behauptung aufstellen, daß sich die Christliche Wissenschaft von anderen neuzeitlichen Lehren dadurch unterscheidet, daß sie auf dem allgemeinen Wert geistiger Hilfsmittel zu zweckdienlichen Anwendungen besteht. Diese Religion besteht darauf, daß diese Hilfsmittel zur Verfügung stehen, um in allen menschlichen Angelegenheiten und Anliegen planmäßig angewandt zu werden. Die Anwendung der Christlichen Wissenschaft auf die Gesundheit wird allgemein bekannt; aber diese Anwendung ist nur ein Beispiel einer Verfügbarkeit, die allumfassend ist. Um ein anderes Beispiel zu nennen: die Betätigung dieser Religion schließt planmäßiges Anwenden unumschränkten Verstandes für alle ihre unendlichen Anwendungsmöglichkeiten in sich, und es gibt im menschlichen Leben wenig Fragen oder Lagen, wenn überhaupt welche, für die unumschränkter Verstand das Hilfsmittel oder die Lösung nicht liefert.
Eine Ansprache über das A B C der christlich-wissenschaftlichen Religion sollte mehr über Heilung und Gesundheit enthalten, als was ich schon gesagt habe. Das Ziel dieser Religion ist nicht bloß die Vorbereitung der Menschen auf ein himmlisches Leben nach diesem Erdenleben sondern die Umwandlung ihrer gegenwärtigen Erfahrung in Ordnung und Wohlergehen. Ein solcher Zweck erstreckt sich naturgemäß auch auf so etwas wie Gesundheit. Überdies strebt die Christliche Wissenschaft, wie ich bereits gezeigt habe, danach, die Religion Jesu zu sein, und es steht außer Frage, daß er seine Religion auf die Gesundheit anwandte. Auch steht es außer Frage, daß er seinen Nachfolgern gebot, desgleichen zu tun. Er bezeichnete sich als „das Licht der Welt”, als „den Weg” oder den Wegweiser, als den, der „für die Wahrheit zeugen” soll; und er erklärte ausdrücklich, daß andere Menschen tun können, was er tat. Diese Tatsachen sind dargelegt im Evangelium des Johannes, Kapitel 8, 12; 14, 6; 14, 12; 18, 37 und in anderen Stellen der Evangelien. Der allererste Name für seine Religion war der „Weg” oder „der Weg der Wahrheit” (vergl. Apostelgeschichte 9, 2; 2. Petrus 2, 2 und andere Stellen im Neuen Testament).
Die Christlichen Wissenschafter wenden sich daher an alle Menschen und empfehlen ihnen, die gesetzmäßige und wissenschaftliche Art dessen, was Jesus tat, anzuerkennen und sein Beispiel als ein solches anzusehen, das gesetzmäßig und wissenschaftlich befolgt werden kann. Er ist das Licht der Welt, weil er die Wahrheit oder die Wirklichkeit des Seins lehrte und bewies, in der Absicht, sie allen Menschen verständlich und nutzbar zu machen. Als Jesus den Mann mit der verdorrten Hand heilte, indem er erklärte, daß dies gesetzmäßig sei, bewies er zwei Tatsachen: erstens, daß es ein Prinzip und eine Regel gibt, wodurch eine solche Heilung möglich ist; zweitens, daß er das Verständnis davon erworben hatte. Das Prinzip und die Regel christlichen Heilens muß ewig und allumfassend sein und muß allen, die das nötige Verständnis haben, zur Verfügung stehen. Das einzige Persönliche, was dabei mitspricht, ist das Verständnis; und letzten Endes ist es persönlich nur in dem Sinne, daß es Sache des einzelnen ist. Den Glauben, daß Jesus eine Kraft betätigte, die nur ihm eigen war, wies er ausdrücklich und wiederholt zurück.
Was ist Krankheit, und was ist Gesundheit? Letzten Endes sind nicht bloß Krankheit und Gesundheit, sondern Sterblichkeit und Unsterblichkeit gegensätzliche Bewußtseinszustände, die aus gegensätzlichen Denkweisen hervorgehen. Auf der einen Seite ist körperlicher Sinn, der kein Prinzip — keine Ursache oder Wesenheit — hat und einfach eine Trugvorstellung ist; auf der andern Seite ist geistiger Sinn, der von Gott, dem göttlichen Gemüt, dem göttlichen Prinzip alles wahren Seins, erschaffen und erhalten wird. Was Paulus hierüber den Römern schrieb, war sowohl christlich als auch wissenschaftlich: „Fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede”. Mit diesen Worten erklärte er ausdrücklich, daß Tod und Leben Gemütsoder Gedankenzustände sind.
Die Christliche Wissenschaft lehrt daher, daß jeder Mangel an Gesundheit ohne Ausnahme nur ein innerlicher Zustand körperlichen Denkens ist; er ist das Erzeugnis des körperlichen Teils im menschlichen Bewußtsein; er ist in einem besonderen Falle das Ergebnis der allgemeinen Voraussetzung, daß das Leben dem Stoff innewohne und sterblich sei. Andererseits ist Gesundheit eine seelische und geistige Eigenschaft, die als solche zu erlangen und zu erhalten ist. Aus diesen Gründen ist das christlich-wissenschaftliche Heilen die Anwendung des Unterschieds zwischen dem unbedingten oder wirklichen Sein und dem menschlichen oder sterblichen Begriff vom Menschen. Freisein von Krankheit folgt dem unbedingten Wissen der Wahrheit über Gott und den Menschen. Heilung erfolgt, wenn ein im Denken gehegter Glaube an Krankheit durch das Gesetz und die Kraft Gottes vertrieben und zerstört wird; und die Einheit des Seins ist derart, daß einer dem andern helfen kann, diesen Sieg zu erlangen.
Jesus sagte einst: „Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht pflanzte, die werden ausgereutet”, mit andern Worten: Nur das ist wirklich oder bleibend, dessen Urheber Gott ist. Dies ist die Grundlage, auf der das christlich-wissenschaftliche Heilen vollbracht wird. Daher ist dieses Heilen das Zeichen der vollständigen Herrschaft des Menschen über das Böse, und jeder Fall wahrer Heilung gibt nicht nur Grund zur Hoffnung in anderen Fällen, sondern beschleunigt auch die Zeit, wo die letzte Spur des Bösen von menschlicher Erfahrung vertrieben und des großen Lehrers Erklärung vollständig erfüllt werden wird.
 
    
