Einer der in den hebräischen Schriften angeführten Namen für den einen Gott ist Jehova-Ropheka, was „Jehova, der dich heilt” oder „der Herr, der dich heilt” (engl. Bibel: 2. Mose 15, 26) bedeutet. Um das Heilen in Abwesenheit durch die Christliche Wissenschaft zu verstehen, muß man in erster Linie wissen, daß Gott, das unendliche Gemüt, die wesentliche Arbeit tut. Als Petrus erklärte, daß Jesus von Nazareth „umhergezogen ist und hat wohlgetan und gesund gemacht alle, die vom Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm” (Apostelgesch. 10, 38), erklärte er mit dem Satze: „denn Gott war mit ihm” das christliche Heilen. Bei dieser Arbeit muß Gott mit dem Heiler oder Ausüber sein; aber der Ausüber braucht nicht beim Patienten anwesend zu sein.
Naeman hatte erst nach seiner Heilung eine Unterredung mit Elisa (2. Könige 5, 1–16). In mindestens drei Fällen heilte der Meister Leidende, mit denen er nicht zusammentraf (Markus 7, 24–30; Luk. 7, 1–10; Joh. 4, 46–53). In der Regel sah er diejenigen, denen er diesen Dienst erwies, und sprach mit ihnen; aber diese Fälle von Heilen in Abwesenheit beweisen vollständig dessen Möglichkeit, und es mag außer den von den neutestamentlichen Verfassern berichteten Fällen noch viele andere in seiner Erfahrung gegeben haben.
Überdies maß das menschliche Denken zu jener Zeit persönlicher Anwesenheit viel mehr Wichtigkeit bei als heutzutage. Leidende suchten damals sogar in des Petrus Schatten, in dem doch keine Kraft sein konnte, zu gelangen (Apostelgesch. 5, 12–16). Heute ist man allgemein daran gewöhnt, daß Personen die wichtigsten Abmachungen im Geschäft, im Handel, in der Regierung und in anderen menschlichen Beziehungen für Personen treffen, zwischen denen keine Unterredung und oft kein unmittelbarer Verkehr stattfindet. Daher sollte es uns, für die die Materie im Verschwinden begriffen ist und geistige Substanz zusehends greifbar wird, nicht schwer fallen, das Heilen in Abwesenheit zu verstehen.
Nächst der Tatsache, daß das christliche Heilen, ob in Abwesenheit oder in Anwesenheit betätigt, durch das göttliche Gesetz und die göttliche Kraft bewirkt wird, ist in erster Linie die Tätigkeit des Ausübers zu verstehen. Was ist von ihm zu erwarten? Ein christlicher Charakter und ein gewisses Maß geistigen Verständnisses sind die Grundbedingungen. Dann sollte sich der Lernende mit der Behandlung vertraut machen, mit dem mentalen und geistigen Vorgang, dessen Zweck ist, das absolute Bewußtsein der Wirklichkeit oder der Wahrheit hinsichtlich des zu behandelnden Falles einzuführen oder festzuhalten. „Die Kranken”, schreibt Mrs. Eddy, „werden nicht durch die einfache Erklärung geheilt, daß es keine Krankheit gibt, sondern durch das Wissen, daß es keine gibt” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 447; siehe auch Wissenschaft und Gesundheit 412:5; 463:25; 428:21; 496:16).
Eine der lehrreichsten Erklärungen der Mrs. Eddy ist folgende, die sie im Jahre 1908 schrieb: „Behaupten, daß Harmonie wirklich und Mißklang unwirklich ist, und dann besondere Aufmerksamkeit dem schenken, was der Annahme des Hilfesuchers nach krank ist, ist wissenschaftlich; und wenn sich der Heiler die Wahrheit vergegenwärtigt, wird sie den Hilfesucher freimachen” (Anfangsgründe der Göttlichen Wissenschaft, S. 13). Eine Unterredung kann dem Ausüber darüber Aufschluß geben, welche schädlichen Annahmen den Hilfesucher anscheinend krank machen. Auf Grund dieser Kenntnis kann der Ausüber ihnen bei seiner mentalen und geistigen Behandlung „besondere Aufmerksamkeit schenken”. Eine Unterredung kann dem Ausüber auch Gelegenheit geben, dem Hilfesucher die Wahrheit zu erklären, die, wenn von dem einen oder dem andern vergegenwärtigt, die Heilung bewirken würde. Kennzeichnend ist jedoch die Tätigkeit des christlich-wissenschaftlichen Ausübers in der vorerwähnten Stelle beschrieben, und sie hängt nicht von versönlicher Fühlungnahme mit dem Hilfesucher ab. Das christlich-wissenschaftliche Heilen, ob in Abwesenheit oder in Anwesenheit betätigt, hängt vom göttlichen Gesetz und von der göttlichen Kraft ab. Der Ausüber tut, sei es für sich oder für jemand anders, seinen Teil, wenn er diesem Gesetz entspricht. Dann ergibt sich die Heilung durch das Wirken des göttlichen Prinzips. Mrs. Eddy erklärte das Heilen in Abwesenheit mit einem Wort, als sie sagte (Wissenschaft und Gesundheit, S. 179): „Entfernung ist kein Hindernis für Gemüt”.
Verteidiger des Christentums gegen Einwendungen, die von Gegnern gemacht wurden, haben erklärt, daß das Bestehen dieser Religion und ihre Geschichte zwingend und hinreichend beweisen, daß Jesus von Nazareth tatsächlich lebte und vollbrachte, was im Neuen Testament von ihm berichtet ist. Insbesondere ist diese Schlußfolgerung auf seine Auferstehung angewandt worden; denn deren Tatsächlichkeit war der entscheidende Punkt zu Beginn der von ihm gegründeten Kirche und Religion. Es ist zu beachten, daß die Apostel in der ersten Zeit als Zeugen der Auferstehung angesehen wurden (s. Apostelgesch. 1, 22; 2, 32; 3,15). Ebenso ist das Bestehen der christlich-wissenschaftlichen Religion und ihre Geschichte ein zwingender und hinreichender Beweis des christlich-wissenschaftlichen Heilens; denn diese Religion beruht auf dem Prinzip und der Ausübung des Heilens. Diese Betrachtung gilt für das Heilen in Abwesenheit; denn Mrs. Eddy behauptete und bewies seine Möglichkeit von Anfang ihres Lehrens an, und es gibt jetzt eine Menge Zeugen für seine Tatsächlichkeit.
