Tausende sind durch die im 91. Psalm zum Ausdruck gebrachte wunderbare Wahrheit der beschützenden Fürsorge Gottes aufgerichtet und erhalten worden. Keine trostreichere Verheißung könnte gegeben werden als die im 1. Vers enthaltene: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen” (engl. Bibel). Hier haben wir die Zusicherung vollständigen Schutzes vor Bösem jeder Art; denn in der Gegenwart des allmächtigen Guten, das Gott ist, besteht das Böse nicht. Wer dies als bestimmte Verheißung annimmt, ist nicht nur gegen Sünde und Mangel, sondern auch gegen Krankheit gefeit. Manche augenblickliche Heilung von Krankheit erfolgte durch Vertrauen in diese Verheißung und durch die klare Erkenntnis, daß derjenige, dessen Bewußtsein unerschütterlich „unter dem Schirm des Höchsten” weilt, infolge der Allgegenwart Gottes durch die Wahrheit beschützt ist, so daß ihm kein Übel begegnen und keine Plage seiner Hütte sich nahen kann.
Daniel in der Löwengrube und die drei hebräischen Gefangenen im glühenden Ofen bewiesen die in dieser Verheißung ausgedrückte Wahrheit. Ihr heiliger Glaube an die Macht und Gegenwart Gottes erhob ihr Denken über die Furcht vor den Löwen oder den Flammen und befähigte sie, sich der Liebe als der einzigen Gegenwart und Macht bewußt zu sein. Dieselbe allmächtige Kraft bewahrt uns heute vor allem Übel, wenn wir „unter dem Schirm des Höchsten” sitzen und auf die Allmacht des Guten vertrauen. Über das unwandelbare Wesen der stets zugänglichen beschützenden Kraft Gottes, der göttlichen Liebe, schreibt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 243): „Die göttliche Liebe, welche die giftige Natter unschädlich machte, welche die Männer aus dem siedenden Öl, aus dem feurigen Ofen und aus dem Nachen des Löwen befreite, kann zu allen Zeiten die Kranken heilen und über Sünde und Tod triumphieren”.
Eine Form des Bösen, vor der die Christlichen Wissenschafter die Furcht verlieren müssen, ist der Glaube, daß die sogenannte mentale Malpraxis ihnen schaden könne. Die Verheißung im 91. Psalm erstreckt sich gewiß ebenso auf diese Form des sogenannten Wirkens des Bösen wie auf jede andere Annahme des Bösen. Tausende haben es bewiesen; daher können sich alle das Bleiben „unter dem Schatten des Allmächtigen” zunutze machen, können alle im Bewußtsein der Allmacht des Guten weilen, die Wirklichkeit des Bösen leugnen und so die Machtlosigkeit der mentalen Malpraxis beweisen.
Wie beansprucht die mentale Malpraxis zum Schaden von jemand zu wirken? Durch den Glauben, daß das Böse Intelligenz und Macht habe. Wir haben nicht das Böse als etwas Wirkliches zu zerstören, sondern unsern Glauben, daß es eine böse Macht gebe. Dies geschieht durch das Erkennen, daß die einzige Macht oder Gegenwart, das einzige Leben oder die einzige Tätigkeit Gott, das Gute, ist; daß unser Vater-Mutter Gott immerdar alle Menschen zärtlich liebt und für alle zärtlich sorgt; daß alles die Liebe und die unendliche Widerspiegelung der Liebe ist. Wie ein Geist hat das Böse in jeder Form nur ein vermutliches Dasein. Man mag an Geister glauben und daher aus Furcht vor ihnen sich scheuen, bei Nacht aus dem Hause zu gehen. Es sind jedoch nicht Geister, die einen abhalten, bei Nacht auszugehen, weil es so etwas nicht gibt; es ist der eigene falsche Glaube an Geister, der einen in Knechtschaft hält. Ebenso hat das Böse in Gestalt von mentaler Malpraxis keine Wirklichkeit noch Macht, sondern wir müssen unsern Glauben, daß es Böses gebe, und daß es eine Wirkung hervorrufen könne, zerstören. Christus Jesus bewies, daß Haß und das falsche Denken anderer das Wirken des Guten, das er zum Ausdruck brachte, keinen Augenblick stören konnten. Gerade inmitten von scheinbarem Haß gegen die Wahrheit heilte er den Mann mit der verdorrten Hand. Die Pharisäer lauerten, ob er am Sabbat heilen würde, „auf daß sie eine Sache wider ihn hätten”. Da er sich aber der Tatsache bewußt war, daß Gott, das Gute, das einzige Gemüt, die einzige Tätigkeit ist, war er nicht nur vor dem vermeintlichen Angriff des Bösen geschützt, sondern konnte auch so klar erkennen, daß falsche Gedanken sein Wissen der Vollkommenheit der Schöpfung Gottes nicht stören konnten, daß der Glaube an Unvollkommenheit überwunden und der Mann geheilt wurde.
Was war das Geheimnis, daß der Meister „unter dem Schirm des Höchsten” sitzen konnte und dadurch vor allem Glauben an die Wirklichkeit des Bösen bewahrt blieb? War es nicht sein Verständnis und sein Beweisen der göttlichen Liebe? Unsere Führerin schreibt (in dems. Buche, S. 571): „Bist du mit dem Panzer der Liebe angetan, so kann menschlicher Haß dich nicht erreichen”. Christus Jesus brachte beständig Liebe gegen jedermann zum Ausdruck; und dies erfüllte ihn so mit Vertrauen in die Allheit Gottes, der göttlichen Liebe, daß er an keinen andern Schöpfer noch an die Wirklichkeit von etwas glaubte, was nicht liebevoll war. Er wußte, daß Gott, das Leben, die Liebe ist; daher wußte er, daß im Haß keine Wirklichkeit ist, und daß böse Gedanken kein wirkliches Dasein, folglich keine Macht haben.
Nichts konnte den Meister hindern, die vollkommene Schöpfung zu sehen, die der Ausdruck Gottes, der Liebe, ist. Sogar am Kreuz konnte er sagen: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!” Dieser stärkste Versuch des Bösen, das Gute zu zerstören, konnte ihn nicht veranlassen, an die Wirklichkeit des Hasses zu glauben. Er wußte, daß das Böse seine scheinbaren Feinde nur deshalb als Werkzeug gebrauchen konnte, weil sie ihr wahres Wesen nicht kannten. Ohne Rücksicht auf das Sinnenzeugnis sah er nur die Schöpfung der Liebe als wirklich an. So saß er „unter dem Schirm des Höchsten” und bewies, daß er „unter dem Schatten des Allmächtigen” weilte und den falschen Glauben besiegte, daß das Böse oder der Haß Macht habe. Über diesen wunderbaren Beweis der Allmacht der Liebe schreibt unsere verehrte Führerin (in dems. Buche, S. 44): „Seine dreitägige Arbeit im Grabe drückte der Zeit das Siegel der Ewigkeit auf. Er bewies, daß Leben todlos, und daß Liebe der Meister des Hasses ist”.
Es ist unser aller Pflicht und Vorrecht, diesem großen Beweiser der Allheit der Liebe dadurch nachzufolgen, daß wir uns weigern, Haß oder Böses in irgend einer Form persönlich zu nehmen oder zu glauben, daß sie irgend welche Wirklichkeit haben, und dadurch, daß wir überall die Schöpfung der Liebe sehen. Wir müssen geduldiger, verzeihender, selbstloser und sanftmütiger im Umgang mit unseren Mitmenschen sein und dadurch beweisen, daß unser wahres Selbst der Ausdruck der Liebe ist. Je getreuer wir uns bemühen, nur Liebe auszudrücken, desto gewisser sind wir „mit dem Panzer der Liebe angetan” und befreien uns von dem Glauben an die Wirklichkeit des Bösen. So lernen wir auch „unter dem Schirm des Höchsten” sitzen und beständig „unter dem Schatten des Allmächtigen” bleiben. Die Liebe kennt weder Furcht noch Haß; daher brauchen wir nur in dem Bewußtsein der Allheit der Liebe zu weilen, und Furcht und der Glaube an die Wirklichkeit des Hasses oder des Bösen in jeder Form werden aus dem Denken und aus der Erfahrung verschwinden.
