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Amos

Aus der Mai 1931-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Amos, der gewöhnlich zu den kleinen hebräischen Propheten gerechnet wird und in der Anordnung des Alten Testaments einen unbedeutenden Platz einnimmt, sollte zu den Personen gerechnet werden, die für den geistigen Fortschritt der Menschen sehr wichtige Schritte eingeleitet haben. Ihm gebührt Anerkennung unter denen, die entschieden zur Förderung der Gotteserkenntnis der Menschen beigetragen haben. Amos scheint als erster gelehrt zu haben, daß Jahve nicht ausschließlich der Gott des hebräischen Volkes sondern auch der Gott aller Menschen sei; und anscheinend war er auch einer der ersten, die lehrten, daß Gott das Gemüt des Menschen ist. Außerdem war er mit seiner Auffassung des Wesens Gottes der allgemeinen religiösen Anschauung seiner Zeit offenbar weit voraus.

Um Amos gebührend zu würdigen, muß man ihm den ihm zukommenden Platz in der hebräischen Geschichte einräumen. Er weissagte oder predigte zwischen 760 und 750 v. Chr., also etwa 500 Jahre nach Mose und etwa 200 Jahre nach der Teilung des salomonischen Reiches in die Reiche Israel und Juda. Der Prophet und Staatsmann Jesaja hatte noch nicht gesprochen, und viele der Psalmen waren noch nicht geschrieben. Jerobeam II war König von Israel und Asarja (Usia) König von Juda. In beiden Reichen, besonders in Israel, herrschte materieller Wohlstand, aber geistige Armut. Thiglath-Pileser III wurde König von Assyrien, damals der herrschenden Macht in jenem Teile der Welt, und bald sollte er beide hebräischen Reiche zu abhängigen und abgabenpflichtigen Staaten herabdrücken. Einer seiner Nachfolger löste schon nach wenigen Jahren das Reich Israel auf und zerstreute dessen Bewohner so weit umher, daß man sie später nur noch als die verlorenen Stämme in Erinnerung hatte. „Es blieb nichts übrig denn der Stamm Juda allein” (2. Kön. 17, 18).

Amos lebte nicht in Israel, sondern in Juda. Er war kein Priester, sondern Hirte und Obstbaumzüchter. Trotzdem fühlte er sich berufen, die reiche und herrschende Klasse in Israel zu ermahnen und zu warnen. Er ging daher nach Bethel, dem religiösen Mittelpunkt oder Heiligtum des nördlichen Königreichs, und hielt dort in aller Öffentlichkeit die Predigten, die er dann als das Buch Amos aufbewahrte. Der oberste Priester zu Bethel suchte seinem Predigen ein Ende zu machen (Amos 7, 10–13); aber Amos ließ sich nicht stören und durfte seine Arbeit zu Ende führen.

Was Amos unter diesen Umständen zu der reichen und herrschenden Klasse in Israel sagte, war sowohl in gesellschaftlich-politischer Hinsicht als auch wegen seiner religiösen Wahrheit erstaunlich. So klar, wie er die Pflichten der Menschen gegen Gott darlegte, legte er auch die gegenseitigen Pflichten der Menschen in einem geordneten Gesellschaftsleben dar. Reichtum galt damals allgemein nicht nur in Israel sondern überall als Beweis göttlichen Wohlgefallens, und es kam nicht darauf an, wie er erworben war. Amos war daher einer der ersten in der ganzen Geschichte, die sich öffentlich gegen unrechtmäßig erworbenen Reichtum wandten (vergl. Amos 8, 4–7).

Als Amos sprach, betrachteten sich die Einwohner Israels und Judas ausschließlich als das Volk Gottes, und sie glaubten, Seine Gunst könne durch materielle Gaben, Opfer und Anbetung dauernd gesichert werden. Amos wandte sich gegen diese beiden Annahmen. Er sagte: „Suchet das Gute und nicht das Böse, auf daß ihr leben möget, so wird der Herr, der Gott Zebaoth, bei euch sein, wie ihr rühmet” (Amos 5, 14–24). Mit Bezug auf ihren Anspruch auf eine Sonderstellung sagte er: „Seid ihr Kinder Israel mir nicht gleichwie die Mohren? spricht der Herr. Habe ich nicht Israel aus Ägyptenland geführt und die Philister aus Kaphthor und die Syrer aus Kir?” (Amos 9, 7).

Die von Amos hinterlassenen Schriften zeigen im großen ganzen, daß er Gott als unwandelbar gut und alles Walten als in Übereinstimmung mit dem göttlichen Gesetz auffaßte; aber für seine Lehre über diese Punkte läßt sich keine besondere Stelle anführen. Seine Lehre, daß Gott das Gemüt des Menschen ist, geht aus der Erklärung hervor, daß der Herr „dem Menschen zeigt, was er im Sinne hat” (Amos 4, 13).

In ihrer Worterklärung bezeichnet Mrs. Eddy einen Propheten als einen „geistigen Seher”, und sie schreibt, daß die Christliche Wissenschaft „den ruhigen und klaren Urteilsspruch der Wahrheit über den Irrtum darstellt, welcher, wie es durch die ganze Heilige Schrift hindurch berichtet wird, von den Propheten, von Jesus und seinen Aposteln ausgesprochen und veranschaulicht wurde” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 593 und 358). Amos war zweifellos ein „geistiger Seher”; auch war er nicht der geringste unter den Propheten, die bei sich bietender Gelegenheit ruhig und klar den „Urteilsspruch der Wahrheit über den Irrtum” darlegten. Die Predigten, die Amos 750 Jahre v. Chr. zu Bethel hielt, können tatsächlich unter die wichtigeren Ereignisse in der Entwicklung religiösen Denkens von einem rohen Anfang in einem Gemisch von Furcht und Hoffnung bis zu seiner jetzigen Errungenschaft im Begreifen und Beweisen des göttlichen Prinzips gerechnet werden.

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