In einem Brief an einen Schüler schrieb Mrs. Eddy (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 285): „Blutvergießen, Krieg und Unterdrückung gehören den dunkleren Zeitaltern an und werden völliger Vergessenheit anheimfallen”. Und ihre Worte hallen im Herzen aller wider, die aufrichtig auf das Wohl ihrer Mitmenschen bedacht sind. Nur die Bösgesinnten werden ihnen widersprechen. Aber trotz der traurigen Erfahrung des letzten großen Krieges, der noch vielen lebendig in Einnerung ist, als die ganze Welt in dumpfer Besorgnis trauerte und unter unsagbarem Jammer seufzte, hören wir heute oft von der Möglichkeit eines neuen Krieges in vielleicht nicht sehr ferner Zukunft reden, obwohl der letzte Krieg nach allem, was darüber gesagt und geschrieben wurde, ein Krieg zur Beendigung des Krieges hatte sein sollen.
Die Christlichen Wissenschafter haben eine große Pflicht zu erfüllen. Sie müssen der Welt Ungewißheit über den Frieden ins Auge fassen und durch ihr Verständnis, das über die Fassungskraft der Mehrzahl ihrer Mitmenschen hinausgeht,— durch ihr Verständnis geistiger Dinge — ihr Äußerstes tun, um einem neuen sinnlosen Ausbruch von Feindseligkeiten vorzubeugen. Sie wissen, daß heute viele darüber beraten, wie die Kriegsgefahren durch Abrüstungsvorschläge, schiedsrichterliche Abkommen und Bündnisse zur Förderung der Eintracht untereinander am besten zu beseitigen sind, und sie freuen sich über alle derartigen Friedensbestrebungen; aber sie sind sich auch darüber klar, daß der Mehrzahl dieser edelgesinnten Menschen das wissenschaftliche Verständnis des geistigen Seins fehlt, das allein das Ungeheuer, vor dem sie sich fürchten, vollständig vernichten kann. Die Christlichen Wissenschafter können sich jedoch über jede gewissenhaft geleitete Friedensbemühung freuen und tun es auch, indem sie sie als Zeichen des Kommens der Zeit ansehen, wo alle Menschen nur das Gute anerkennen und nur dem Guten Treue beweisen werden.
Im Grunde liegt die Schwierigkeit, den Kriegsmesmerismus zu überwinden, in dem nicht erneuerten menschlichen Bewußtsein, das glaubt, daß sowohl das Gute als auch das Böse wirklich sei. In diesem Bewußtsein scheint Selbstsucht zu herrschen, scheinen Neid, Eifersucht, Bosheit, Habsucht, Haß und Furcht Macht zu haben. Dieses falsche Bewußtsein treibt vorschnell zum Kriege. Kurz, das sogenannte menschliche Gemüt glaubt an die Wirklichkeit des Bösen und wird dadurch dessen Werkzeug. Aber wie die Christliche Wissenschaft offenbart, ist nur das Gute wirklich, da Gott das unendlich Gute ist. Ferner glaubt das fleischliche Gemüt, daß der materielle oder sterbliche Mensch ein Schöpfer sei, während es in Wahrheit nur einen Schöpfer —Gott, den Geist — gibt, dessen Schöpfung, der wirkliche Mensch, rein geistig und vollkommen ist. Diese „fleischliche Gesinnung”, die nach Paulus „eine Feindschaft wider Gott” ist, ist der Feind der Menschheit, und aus ihr geht der Annahme nach alle Widerwärtigkeit, aller Mißklang hervor.
Die Christliche Wissenschaft belehrt also die Menschheit über Gott — das Gemüt, den Geist, das Prinzip, den einen Schöpfer oder Vater-Mutter aller — und über den Menschen, den wirklichen oder geistigen Menschen, der Gottes Ebenbild oder Widerspiegelung ist. Sie lehrt die Menschheit, daß das Gemüt, das göttliche Gemüt, das einzige Gemüt ist, und daß der Mensch kein anderes Gemüt haben kann. Wenn die Menschen dies verstehen, kommen sie zu der rechten Auffassung von Gleichheit und sehen, daß Gott ihr wirkliches geistiges Selbst vollkommen regiert und alle unterschiedslos segnet. Verstehen sie ferner, daß Gott der Vater-Mutter aller ist, so wird ihnen die zwischen den Menschen bestehende vollkommene Beziehung, mit andern Worten die ewig begründete Brüderschaft der Menschen, klar. Mrs. Eddy drückt dies sehr klar auf Seite 467 in Wissenschaft und Gesundheit aus, wo sie schreibt: „Man sollte von Grund aus verstehen, daß alle Menschen ein Gemüt, einen Gott und Vater, ein Leben, eine Wahrheit und eine Liebe haben. Die Menschheit wird in dem Maße vollkommen werden, wie diese Tatsache sichtbar wird, der Krieg wird aufhören, und die wahre Brüderschaft der Menschen wird begründet werden”.
Der Christliche Wissenschafter, der dies weiß, sucht es zu vermeiden, von Kriegsmöglichkeit zu sprechen, da es ihm klar ist, daß er dadurch im Prinzip zugeben würde, daß das Böse wirklich sei und sich kundtun könne. Als Verfechter des Guten vertritt er bewußt stets das Gute und beharrt dabei, daß das Böse infolge seiner Unwirklichkeit keine Gewalt sich anmaßen noch in verschärfter Form ausbrechen kann. Er ist beständig andachtsvoll bemüht, zu bejahen und sich zu vergegenwärtigen, daß Gott das All ist, daß Gott, das göttliche Prinzip, Sein Weltall vollkommen regiert, daß nur das Gute wirklich und das Böse eine grundlose Lüge ist.
Jeder Christliche Wissenschafter sollte sich hierüber vollständig klar sein, sollte sich entschieden weigern, Böses in Gestalt von Krieg zu prophezeien, und sich Zeit nehmen, die trügerischen Annahmen der Welt über den Krieg durch sein Verständnis des wirklichen Seins wissenschaftlich zu handhaben. Es steht außer Frage, daß die Christlichen Wissenschafter heute viel tun, um das Böse in Schach zu halten; aber noch weit mehr ist zu tun, um durch Bejahen der Wahrheit und Verneinen des Bösen dem irrigen Glauben, daß unbedingt wieder ein menschliche Friedenshoffnungen zerstörender und Herzen und Wohnstätten der Menschen verödender Krieg kommen müsse, unmittelbar entgegenzutreten und ein Ende zu machen.
„Der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen”. Wir müssen uns die Wahrheit dieser Worte vergegenwärtigen und den Krieg wissenschaftlich verwerfen.
