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„Einer dem andern”

Aus der September 1933-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Seine geheimen Fehler bekennen ist nach dem Briefe des Jakobus etwas Lobenswertes. Aber wem soll dieses Bekenntnis anvertraut werden? Und wie kann man, wenn sich jemand findet, der bereit ist, als Vertrauensperson zu handeln, sicher sein, daß das abgelegte Bekenntnis der Wahrheit entspricht, d.h. weder abgeschwächt noch übertrieben ist?

Der Schüler der Christlichen Wissenschaft lernt bald verstehen, daß ein Fehler eigentlich kein Unterhaltungsgegenstand sondern etwas ist, das auszuarbeiten und zu berichtigen ist, und daß das wahre Heilmittel für die meisten unserer Sorgen eher in Selbstprüfung als in bloßem Wiederholen unserer Unzulänglichkeiten zu finden ist.

Selbstprüfung kann als wirksames Gegenmittel gegen Selbstgefälligkeit wirken und tut es in der Regel. Es nützt kaum etwas, wenn man seine Verderbtheit oder Unehrlichkeit anderen vormalt; aber in der Stunde der Selbstprüfung kann man einen Kritiker finden, der nicht nur streng sondern auch hilfreich ist. Selbstprüfung ist eine Art Zwiegespräch zwischen zwei Stimmen, die beide unser Ich zu sein scheinen und doch mit miteinander sprechen.

In diesem Zwiegespräch gibt das sterbliche Selbst zu, daß nicht alles mit ihm in Ordnung ist. Veranlaßt durch das, was die unwirklichen Lockungen der Sinne vereitelt haben, erheben Schande und Enttäuschung ihre Stimme und lassen sich nicht zum Schweigen bringen. Die andere Stimme, die zuweilen als „unser besseres Ich” bezeichnet wird und vielleicht unserer höchsten Erkenntnis entspricht, weist die Begründungen der Unvollkommenheit ab und tritt dafür ein, daß das vollkommene Prinzip mit seinem vollkommenen Beispielgeber Christus Jesus die wahre Lösung des Problems ist. Sie sagt: „Von jetzt an ändere dein Denken! Es ist nie zu spät dazu, es ist nie zu schwer, und du kannst es jetzt tun; denn das Gemüt hilft dir”. Denn wenn man die Sünde und ihre unheilvollen Wirkungen als die Folge menschlicher Annahme erkennt, muß es offenbar überall dort ein Entrinnen geben, wo rechtes Denken zu finden ist. Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy können wir den Weg finden und die Wahrheit über das sterbliche Dasein erkennen lernen. Dies ist oft der erste Schritt zu wahrer Reue. „Die Kenntnis des Bösen, die zur Buße führt, ist”, wie Mrs. Eddy in „Miscellaneous Writings” (S. 109) schreibt, „die hoffnungsvollste Stufe des sterblichen Denkens”.

Im Evangelium des Lukas finden wir drei hervorragende Beispiele von Bekenntnissen, die wie wahre Reue klingen. Der Zöllner — ein Beispiel gröbster Bestechung und Erpressung — schlägt an seine Brust und sagt: „Gott, sei mir Sünder gnädig!” Der verlorene Sohn — ein Beispiel verwerflichen Sich-gehenlassens — sagt: „Ich habe gesündigt ... und bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße”. Der Übeltäter am Kreuz — ein Beispiel verbrecherischer Gewalttat — sagt von sich und dem andern Dieb: „Wir empfangen, was unsre Taten wert sind”.

Man beachte, daß in allen diesen Fällen das Erwachen zu der Hohlheit der Sünde — das Ahnen der Unwirklichkeit des Irrtums, der ihn getäuscht hatte — den Sünder zur Abkehr von der Sünde bewogen hatte. In Wirklichkeit wurde in jedem Falle das Geständnis auch einem inneren Selbst gemacht, obwohl die Bemerkung des Diebes ebenso eine Zurechtweisung für den andern Übeltäter wie für sich selber sein sollte.

Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 461): „Wenn du ein Verbrechen begehst, solltest du dir dann selber eingestehen, daß du ein Verbrecher bist?” Worauf sie antwortet: „Ja” und hinzufügt: „Um den Irrtum oder die Unwirklichkeit der Sünde wissenschaftlich zu beweisen, mußt du erst den Anspruch der Sünde sehen und ihn dann zerstören”. Man darf vor dem Irrtum nicht fliehen, sondern muß ihm entgegentreten. Selbstgefälliges Zudecken des Irrtums nach Art des Pharisäers im Gleichnis bietet keine Aussicht auf Befreiung und schiebt die Abrechnung nur auf. In den angeführten Beispielen liegt ein erwachendes Sehnen, vor, das verrät, daß eine vollständige Umwandlung im Gange ist.

Was die Christliche Wissenschaft darin, daß „einer dem andern” bekenne, insbesondere zu bieten hat, ist die Hilfe, die sie dem Sünder gewährt, wenn er einmal bereit ist, „sich aufzumachen und” zum Vater zu „gehen”. Durch Ergründen des Lehrbuchs erlangt er eine höhere und wissenschaftliche Vorstellung von dem, was der Mensch in Wahrheit ist. So trägt er durch die sich ergebende Sinnesänderung mehr zu der Wiedergeburt bei, als er durch Selbstverdammung und Festhalten an dem, was der Mensch in Wahrheit nicht ist, je erreichen könnte.

Während es in manchen Fällen die geheimen Kammern, in denen das sterbliche Gemüt seine irrigsten Wünsche aufgespeichert hat, erschließen helfen mag, wenn einer dem andern bekennt, ist in Vorstehendem genug angeführt worden, um zu zeigen, daß man in Wirklichkeit letzten Endes seinem eigenen wahren Selbst bekennen muß, auf das Paulus als den „Christus in euch” hinweist. Mit jemand über irgend etwas sprechen kann wahre Selbstprüfung und Gemeinschaft mit dem einen vollkommenen Gemüt — dem Gemüt Christi — nie ersetzen.

Mrs. Eddy hat es so zusammengefaßt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 90): „Das Zugeständnis des Menschen an das eigene Ich, daß der Mensch Gottes eigenes Gleichnis ist, verleiht dem Menschen die Freiheit, Herr über die unendliche Idee zu werden. Diese Überzeugung verschließt dem Tode die Tür und öffnet sie weit gegen die Unsterblichkeit”.

Herrschaft muß erlangt werden; aber die Lösung des Problems des sterblichen Daseins liegt weder in Selbstverdammung noch darin, daß man mit einem andern über seine Sünden spricht. Sie liegt uns selbst in dem Augenblick, wo ein Fehler gemacht wird, so nahe wie die richtige Lösung einer Rechenaufgabe. In der Bibelsprache kann man sagen, sie steht vor der Tür und klopft an.

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