Zu allen Zeiten haben Führer der Menschen und geistige Seher einen hohen Maßstab gefordert. Im Altertum erging an Aaron und seine Söhne das eindringliche Gebot Mose’s: „Ihr sollt keinen Wein noch starkes Getränk trinken, wenn ihr in die Hütte des Stifts geht”. Das war eine Aufforderung, das ihnen anvertraute Priesteramt pflichtgetreu zu versehen.
Der Schüler der Christlichen Wissenschaft sieht sich vor die größere Frage gestellt: Bin ich nicht ein Priester in dem Sinne, daß ich zu allen Zeiten Gott, dem Guten, dienen und Seine erlösende Kraft in der großen Gemeinde meiner Mitmenschen bekunden muß? Für den wahren Christlichen Wissenschafter gibt es nicht so etwas wie außer Dienst sein gegen Gott und seine Mitmenschen und im Dienste der erniedrigenden Aufforderung des sterblichen Gemüts sein. Mrs. Eddy schreibt (Miscellaneous Writings, S. 116): „Nie euren Posten verlassen, nie unachtsam, nie mißmutig sein, nie unwillig sein, für Gott zu arbeiten, ist Gehorsam, heißt, über wenigem getreu‘ sein”. Diese Arbeit für Gott ist in erster Linie rechtes Denken und dieser Posten ein geistiger Standpunkt, der unter allen Umständen und in allen Lagen heilig zu halten ist. Wer recht denkt, die Wahrheit widerspiegelt, läßt sich nicht zu Unrechttun verleiten; denn er kennt dessen zwecklose Knechtschaft. Für ihn hat keine Versuchung Rechtsgültigkeit, und ihr nachgeben, bringt offensichtlich keinen Lohn.
Die Christliche Wissenschaft bietet das Echte an Stelle der Nachahmung. Im Glossarium in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 598) gibt Mrs. Eddy die zweifache Auslegung für „Wein”: „Inspiration; Verständnis. Irrtum; Hurerei; Versuchung; Leidenschaft”. Sooft der Christliche Wissenschafter aus seinen Büchern lernt, erhebt dieses Lernen in Verbindung mit Anwendung sein Denken über den Kampfplatz materieller Versuchung und festigt seine Schritte aufwärts. In dieser Weise durch den Wein der Inspiration und des geistigen Verständnisses gestärkt und mit Mut zur Ausführung seiner Alltagsaufgaben ausgerüstet, wird er sich immer mehr der Herrschaft und des Friedens wahren Menschentums bewußt und fällt immer weniger der Versuchung und bösen Leidenschaften zum Opfer. Er bittet das göttliche Gemüt um die Treue und den sittlichen Mut, die ihn über die Stufe des Gesellschafttrinkers erheben, der von diesen beschützenden Eigenschaften noch keinen Gebrauch macht, sondern sich beliebt zu machen und geschäftliche Vorteile zu gewinnen sucht, indem er sich zum Unrechttun verleiten läßt. Der Christliche Wissenschafter findet, daß jedes Opfer an Materiellem, das dies zur Folge hat, durch greifbaren Gewinn an dauernden Werten mehr als aufgewogen wird.
Der Christliche Wissenschafter anerkennt Gott, das Gute, als den Gesetzgeber Seiner Schöpfung und sieht in dem Zeichen der Zeit, wie die segensreichen Gesetze des Gemüts das Böse nach und nach verdrängen und die Menschen und Völker höher heben. Als treuer Schüler der Wissenschaft des wirklichen Seins muß er Vervollkommnung seines sittlichen Maßstabs und seines Lebensausblicks verzeichnen können. Er erfreut sich wahrer Geselligkeit, meidet aber schädliche Gelage und alles, was ihn zu verleiten sucht, seine Gottessohnschaft zu vergessen oder gering zu achten. Ein neues Gefühl geistiger Freiheit stärkt ihn für weitere Siege über die Sinne, und jeder Beweis von Gerechtigkeit bahnt dem nächsten den Weg. Jesus sagte: „Ich bitte nicht, daß du sie von der Welt nehmest, sondern daß du sie bewahrest vor dem Übel”.
Der Schüler der Christlichen Wissenschaft, der auf dem geraden und schmalen Wege, dem einzigen Wege echten Seins, wandelt, macht beständig neue und erfreuliche Entdeckungen seiner von Gott stammenden Fähigkeiten, und aus diesem Grunde will er nichts von Umwegen wissen. Mit zunehmender Treue und Erkenntnis findet er, daß er im Denken und Handeln auf reine Wege und zu Entschlüssen geleitet wird, die vom göttlichen Prinzip eingegeben sind. Er fürchtet nicht mehr, daß er derart eingegeben guten Vorsätzen untreu wird, da er beständig beweist, daß Gottes Wort ihm in jeder Stunde der Versuchung eine feste Burg ist, und daß der Antrieb zum Rechttun und der Lohn dafür immer gegenwärtig sind.
„Reinigt euch, die ihr des Herrn Geräte tragt!” Gott, das göttliche Gemüt, teilt Seinem Ebenbild unaufhörlich Reinheit mit. Daher kann sich der Christliche Wissenschafter, der sich stündlich zum Ziel setzt, sich in allen Punkten als Gottes Zeuge zu erweisen, nur dadurch reinigen, daß er in seinem Denken die unendliche Reinheit des Geistes hoch hält, die Tatsache, auf Grund deren er seine eigene widergespiegelte Reinheit und Aufrichtigkeit beweisen kann. Das göttliche Gemüt ist die nie versiegende Quelle echter Gedanken, Wünsche, Bestrebungen und echter Befriedigung. Des Menschen wahres Sein ist jetzt und immerdar heilig; denn „das Sein ist Heiligkeit, Harmonie und Unsterblichkeit” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 492). Es ist selbstverständlich, daß jemand, der die Freuden göttlicher Sohnschaft auch nur teilweise versteht und jetzt dafür belohnt wird, sich „von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten” enthält. Ist es nicht sein Vorrecht, der Welt jetzt und immer standhafter zu beweisen, daß Gottes Ebenbild das göttliche Gemüt ausdrückt, daß er die Gesundheit Seines Antlitzes ausprägt und von der reinen Freude des geistigen Seins umgeben ist? Das reine und freudige Bewußtsein des Ebenbildes Gottes entspringt der Unendlichkeit der göttlichen Liebe. Das Gebot: „Reinigt euch” weist also auf die wissenschaftliche Tatsache hin, daß der geistige Mensch immerdar rein, geistig rein ist, weil er rein geistig ist und Gott, dem All in allem, allein treu ist.
