Das christlich-wissenschaftliche Heilverfahren ist wissenschaftlich, d.h. der Christliche Wissenschafter heilt Krankheit und überwindet Sünde oder jeden andern unharmonischen Zustand durch das Verständnis des göttlichen Prinzips, das die Schöpfung erhält, und der Regeln, die einen befähigen, unter das Gesetz des Prinzips — das geistige Gesetz — zu kommen.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, genau wie Christus Jesus und die Hebräer vor alters lehrten, daß es einen unendlichen Gott, das göttliche Prinzip, gibt; daß Gott vollkommen ist, und daß Seine Schöpfung, der Mensch, der die Widerspiegelung Gottes ist, ebenfalls vollkommen ist. Diese Lehre ist grundlegend. Man kann nicht im geringsten davon abweichen. Gäben die Christlichen Wissenschafter sie auf, so hätte ihr Ausüben keine Grundlage, und sie würden keine echten geistigen Heilungen mehr vollbringen. Doch nichts kann diese Grundlage erschüttern. Kein Vorwand des fleischlichen Gemüts kann es; denn nichts, was dieses sogenannte Gemüt hinsichtlich der Materie oder des Bösen zu zeugen scheint, kann gegen die Wahrheit der Allheit und der Vollkommenheit Gottes und des Menschen als Gottes vollkommener Widerspiegelung auch nur im geringsten ins Gewicht fallen.
Auf Seite 259 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy über die Grundlage des Denkens und des Beweisens beim christlich-wissenschaftlichen Ausüben: „Das christusgleiche Verständnis vom wissenschaftlichen Sein und vom göttlichen Heilen umfaßt als Basis des Gedankens und der Demonstration ein vollkommenes Prinzip und eine vollkommene Idee — einen vollkommenen Gott und einen vollkommenen Menschen”. Da haben wir sozusagen das Geheimnis des in der Christlichen Wissenschaft angewandten Heilverfahrens: das Verständnis des vollkommenen Gottes und des vollkommenen Menschen. Seien wir doch von dieser großen geistigen Wahrheit überzeugt, laßt uns sie auf die falsche Annahme, welcher Art sie auch sei, anwenden, und die Regel tritt in Tätigkeit, wodurch die Annahme vernichtet wird.
Der Christliche Wissenschafter tritt an jeden Krankheitsfall mit der Wahrheit der Vollkommenheit Gottes und des Menschen klar vor Augen heran. Er versteht, daß der Kranke vom sterblichen Gemüt getäuscht wird — daß er das Opfer falscher Annahme ist, daß die Gedanken, die er beherbergt, nicht wirklich sondern trügerisch sind. Der Christliche Wissenschafter versteht diese Dinge, weil er weiß, daß der Mensch, die Widerspiegelung oder Idee Gottes, vollkommen ist. Wer sich die Vollkommenheit des Menschen klar vergegenwärtigt und im Lichte dieser Wahrheit die Unwirklichkeit der Krankheit erkennt, wird die Kranken heilen, die ihn demütig und mit einem für geistige Wahrheit empfänglichen Denken um Hilfe bitten.
Unsere Führerin äußerte sich in nicht mißzuverstehender Weise über die Notwendigkeit des Verstehens und Behauptens unserer Vollkommenheit als Kinder Gottes, wenn wir unsere Herrschaft über die betrübenden falschen Annahmen des sterblichen Gemüts beweisen wollen. Sie schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 242). „Wenn du nicht völlig wahrnimmst, daß du das Kind Gottes, also vollkommen bist, hast du kein Prinzip zu beweisen und keine Regel für diesen Beweis”. Ihre Worte beziehen sich auf den wirklichen Menschen, unser geistiges Selbst. Damit niemand auf einen andern Gedanken komme, fährt sie fort: „Damit meine ich nicht, daß die Sterblichen die Kinder Gottes seien,— weit entfernt davon”.
Die Schüler der Christlichen Wissenschaft unterscheiden klar zwischen dem wirklichen Menschen und dem sogenannten sterblichen Menschen. Sollten sie denken, daß ein Sterblicher vollkommen sei, und ihn für vollkommen erklären, so wären sie im Irrtum und ihr Denken und Erklären wäre wertlos. Ein Sterblicher ist nicht das Ebenbild Gottes, nicht die Widerspiegelung Gottes. Der geistige Mensch, den der materielle Sinn nicht erkennen kann, ist das vollkommene und unsterbliche Kind Gottes. Der Neuling in der Christlichen Wissenschaft mag den Unterschied zwischen dem sterblichen Menschen und dem unsterblichen Menschen zuerst nur schwach wahrnehmen; aber er braucht nur über die Wahrheit nachzudenken, darüber zu beten, und sie wird ihm bald klar und anwendbar werden.
Zwischen dem wirklichen Menschen und dem sogenannten sterblichen Menschen klar unterscheiden können und wissen, daß nur der erstere wirklich ist, ist von größtem Wert, weil unser geistiger Fortschritt gehemmt ist, solange wir glauben, daß der Mensch materiell und sterblich sei. Mit andern Worten, der Glaube, daß der Mensch materiell und sterblich sei, verhindert, daß wir geistige Harmonie einschließlich Gesundheit erlangen. Man darf vor diesen Dingen nicht die Augen verschließen. Die Worte Mose’s (5. Mose 18, 13) dringen heute noch bis zu den Ohren der Menschen: „Du sollst rechtschaffen sein mit dem Herrn, deinem Gott”. Nur die Vergegenwärtigung der Vollkommenheit des geistigen Menschen kann die Menschheit befähigen, die Herrschaft über den sterblichen Sinn des Daseins zu erlangen.
Christus Jesus, unser großer Wegweiser, sprach und handelte, wie er es tat, weil er wußte, daß der Mensch das vollkommene Kind Gottes ist. Wir können uns nicht denken, daß es ihm nicht gelang, zwischen dem wirklichen Menschen und einem sterblichen Sinn des Menschen zu unterscheiden. Die Berichte in den Evangelien des Neuen Testaments zeigen, daß sich der Meister in seinem ganzen Wirken die Aufgabe stellte, zu beweisen, daß der Mensch das Kind Gottes, des Vaters, ist. Und was für eine Herrschaft er über alle Irrtumsformen hatte! Er heilte Krankheit aller Art: Aussatz, Lähmung, Blutungen, Taubheit, Blindheit, Verkrüppelung, Fieber. Und nicht nur Krankheit und Sünde wichen seinem Verständnis der Wirklichkeit, sondern er bewies auch, daß der Tod unwirklich ist.
Wie klar doch Jesu geistiger Blick war! Wie klar er des Menschen Einssein mit Gott wahrnahm! Und wie er betete, daß die Menschen das wirkliche Sein doch verstehen lernen möchten! Während seiner ganzen irdischen Laufbahn hatte er immer den Beweis vor Augen, den er für sich zu erbringen hatte, nämlich zu zeigen, daß sein Leben unzerstörbar, unsterblich war. Jede Heilung, die er bewirkte, jeder Sieg, den er über den materiellen Sinn gewann, war ein Schritt näher jenem Beweis entgegen. Die Auferstehung war somit der Höhepunkt des wunderbar erleuchteten geistigen Verständnisses Christi Jesu. Auch seine Erhebung über alle materielle Annahme war die unvermeidliche Folge dieses Verständnisses.
Auf Seite 6 in „Miscellaneous Writings” befindet sich eine Stelle, die verdient, daß jeder Wahrheits-Sucher eingehend darüber nachdenkt. Sie lautet: „Das Gemüt regiert alles. Darüber, daß unser Dasein in Gott vollkommen ist, besteht kein Zweifel; denn die Begriffe Leben, Wahrheit und Liebe müssen vollkommen sein. Und durch diese grundlegende Wahrheit besiegen wir Krankheit, Sünde und Tod”. Gott ist das unendliche und vollkommene Gemüt, und der wirkliche Mensch besteht als die vollkommene Idee des Gemüts. Dieser wahre geistige Begriff der Vollkommenheit Gottes und des Menschen ist die Grundlage alles Beweisens in der Christlichen Wissenschaft.
