Wie demütig doch der Psalmist im 19. Psalm bittet: „Laß dir wohl gefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor dir, Herr, mein Hort und mein Erlöser”! Sich an Gott als seinen Beschützer und die Quelle seiner Stärke wendend, betete er, daß seine Gedanken und seine Worte mit dem göttlichen Willen übereinstimmen mögen. Wie wunderbar, daß ein solches Gebet zu einer Zeit geäußert wurde, wo das Wesen Gottes den Menschen nur unvollkommen geoffenbart war! Doch immer noch steigt beständig ein ganz ähnliches Gebet aus dem Herzen jedes aufrichtigen Christen empor.
Die Christliche Wissenschaft macht die Menschheit mit einer großen Tatsache bekannt, nämlich damit, daß das Böse ohne wirkliches Dasein ist. Sie erklärt: Gott ist das unendlich Gute, daher ist das Böse unwirklich. Wenn die Christlichen Wissenschafter dies verstehen, erkennen sie, wie töricht es ist, in ihrem Denken Böses zu beherbergen oder Irrtum zu äußern. Denn es ist klar, daß einer, der dies tut, entweder nicht erkennt oder vergessen hat, daß das Böse unwirklich ist. Nur das Gute ist wirklich, da Gott das Gute ist. Da der echte Christliche Wissenschafter dies weiß, bemüht er sich, in Übereinstimmung mit diesem Verständnis zu leben, indem er sein ganzes Gewicht in die Waagschale des Guten legt.
Obgleich der Christliche Wissenschafter bestrebt ist, nur Gutes auszudrücken, obgleich dies sein inbrünstiges Trachten ist, können jedoch Umstände eintreten, die es nötig machen, über eine Erscheinungsform des Irrtums zu sprechen, um die Unwahrheit seines Anspruchs bloßzustellen. Sollte er aber dies tun, so hütet er sich, den Anschein zu erwecken, daß er dem Irrtum Wirklichkeit zuschreibe. Der einzige Zweck, dem Irrtum Stimme zu leihen, sollte sein, sein falsches Wesen bloßzustellen und ihn durch Erkennen seiner Unwirklichkeit zu überwinden, wodurch sein Opfer befreit wird.
In ihren Schriften warnt Mrs. Eddy häufig davor, Irrtum zu äußern. Auf Seite 8 in „Nein und Ja” schreibt sie: „Vermeide dem Irrtum Stimme zu leihen, äußere vielmehr die Wahrheit über Gott und die Schönheit der Heiligkeit, die Freude der Liebe und, den Frieden Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft‘, und empfiehl allen Menschen Gemeinschaft in den Banden Christi”. Was für eine christliche Ermahnung dies ist! Wie klar sie ausführt, was der Christliche Wissenschafter als Nachfolger des Christus tun sollte! Die Christliche Wissenschaft fordert von ihm, allen Menschen die Wahrheit aus einem von Wahrheit und Liebe erfüllten Bewußtsein freudigen Herzens mitzuteilen. Der Christus, die Wahrheit, ist ihm geoffenbart worden, und er hat ihre Heilkraft verstehen gelernt. Er muß daher danach trachten, die ganze Menschheit durch die Heiligkeit seines eigenen Denkens zu ihr zu ziehen.
In der Anwendung der Christlichen Wissenschaft achtet der Ausüber sehr auf seine Worte. Er überlegt sie sorgfältig mit Rücksicht auf die Wirkung, die sie auf seine Patienten haben können. Was ist sein Bemühen als Ausüber der Christlichen Wissenschaft? Das Denken derer, denen er hilft, über den Irrtum, an den sie glauben, zu erheben. Krankheit scheint ihnen wirklich, und sie denken immer über ihren Fall nach. Ihr Denken muß auf Gott, das Prinzip des Guten, hingelenkt und dort festgehalten werden. Hilft ihnen dabei das Nachdenken über ihre Schwierigkeiten? Nein, es führt nur dazu, sie daran zu fesseln. Der Ausüber äußert die Wahrheit über Gott und den Menschen und legt die Nichtsheit des Irrtums dar. Er äußert die Wahrheit der Vollkommenheit des Menschen als Gottes Kind und vergegenwärtigt sich, daß nur Gottes Gesetz, das Gesetz des Guten, wirkt. Unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 396): „Vermeide es mit dem Patienten über Krankheit zu sprechen. Stelle keine unnötigen Fragen über Befinden oder Krankheit. Beunruhige ihn niemals durch eine entmutigende Bemerkung über die Genesung, lenke seine Aufmerksamkeit nicht auf gewisse Symptome, als ob diese ungünstig wären, und vermeide es, den Namen der Krankheit auszusprechen”.
Die Christlichen Wissenschafter schenken den Worten Mrs. Eddys bei ihrem Ausüben sorgfältige Beachtung. Kranke sind betreffs dessen, was zu ihnen gesagt wird, oft sehr empfindlich; denn schon eine oberflächliche Bemerkung über ihre Krankheit kann sie ungebührlich beeinflussen. Daher ist es weise, zu vermeiden, „den Namen der Krankheit auszusprechen”. Der Ausüber verfährt ebenso weise bei jeder Bemerkung, die er mit Bezug auf eine Feststellung der Krankheit macht; denn dadurch könnte er die im Denken des Patienten schon vorhandene irrige Annahme noch tiefer einpflanzen. Der Ausüber ist ein Zergliederer des Denkens. Er stellt die Art der falschen Annahmen fest, die die Krankheit anscheinend verursachen; und er tut es, um diese falschen Annahmen durch die Wahrheit zu vernichten.
Wir sollten nie einwilligen, Fürsprecher des Irrtums zu werden. Jakobus geht in seinem Briefe nicht zu weit, wenn er sagt (K. 3, 6): „Die Zunge ist ... ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit”. Wie töricht die Sterblichen oft sind mit ihren trotzigen Lippen, ihrem unbesonnenen Reden — ja, mit ihrer lügenden Zunge! Wir sollten die ungeheure Wichtigkeit, auf unsere Gedanken zu achten, erkennen, damit wir in ihnen nichts beherbergen, was dem Guten unähnlich ist, und sollten in der Regel schweigen, wenn wir nicht die Wahrheit äußern. Die Frage verdient andächtige Erwägung, da es unser Ziel ist, der Welt den Christus, die Wahrheit, zu bringen, um sie zu erneuern und zu heilen.
