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„Hebe deine Augen auf”

[Aufsatz ursprünglich in deutscher Sprache]

Aus der August 1938-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein Wanderer hatte eine Bergeshöhe erreicht. Ganz unerwartet entfaltete sich vor seinen entzückten Blicken ein Panorama, das ihn alle Mühe des Aufstiegs vergessen ließ. Viele Dörfer und Ansiedelungen lagen tief unter ihm, und er erblickte ein im Sonnenschein und in der Fülle leuchtender Herbstfarben ruhendes Land, dessen Schönheit und Frieden ihn ansprachen.

Als Schüler der Christlichen Wissenschaft empfand er aber diesen Anblick nicht bloß als harmonisches Bild; denn ein tieferer Sinn entfaltete sich ihm. Er gedachte der Worte, die Gott zu Abram sprach: „Hebe deine Augen auf und siehe von der Stätte an, da du wohnst, gegen Mitternacht, gegen Mittag, gegen Morgen und gegen Abend. Denn alles das Land, das du siehst, will ich dir geben und deinem Samen ewiglich. ... Darum so mache dich auf und ziehe durch das Land in die Länge und Breite; denn dir will ich’s geben”.

Abram wurde viel Gutes verheißen, und unendliche Fülle offenbarte sich ihm; aber er mußte bereit sein, sie zu empfangen. Das Gebot lautet: „Hebe deine Augen auf und siehe von der Stätte an, da du wohnst”. Abram hätte nur wenig erhalten, wenn er nicht weit geschaut hätte, oder mit andern Worten, wenn seine Augen für das Erkennen des Reichtums und der unendlichen Güte Gottes geschlossen gewesen wären. Sein Verständnis der Gegenwart und der Wirksamkeit des Guten zugunsten aller war schon in Selbstlosigkeit zum Ausdruck gekommen, als er seinem Neffen Lot die Wahl des Landes überließ und zu ihm sagte: „Steht dir nicht alles Land offen? Scheide dich doch von mir. Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten; oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken”. Abram verstand zweifellos, daß ihm durch die bevorzugte Lage des Eigentums seines Neffen nichts genommen werden konnte. Lot erwählte sich die wasserreiche Gegend am Jordan, die er vom sterblichen Standpunkt aus für vorteilhaft und begehrenswert hielt. Aber Abram konnte infolge seiner Großmut nichts verlieren. Sein Land war ihm durch göttliche Führung zuteil, und zwar seinem geistigen Verständnis entsprechend. Sein weitblickendes und edles Denken nahm später in großer Fülle und Segen äußere Form an.

Auf Seite 520 ihres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mary Baker Eddy: „Das unergründliche Gemüt ist zum Ausdruck gekommen. Die Tiefe, Breite, Höhe, Macht, Majestät und Herrlichkeit der unendlichen Liebe erfüllen allen Raum. Das genügt!” Diese inspirierten Worte enthüllen unendliche Möglichkeiten sowohl hinsichtlich der Erkenntnis als auch der Empfänglichkeit. Das Land des Geistes breitet sich vor uns aus, und seine Schönheiten enthüllen sich uns, wenn wir tief genug blicken und uns vornehmen, es zu erforschen. Was wir von dieser Fülle der Wahrheit erfassen und uns durch praktisches Betätigen zu eigen machen, wird unser geistiger Besitz, und er wird je nach unserem Verständnis groß oder klein sein. Auch für uns lautet die tägliche Forderung: „Hebe deine Augen auf und siehe von der Stätte an, da du wohnst!

Viel Hilfreiches enthalten diese Worte für den mentalen Wanderer, der einer höheren Erkenntnis Gottes und Seiner Schöpfung zustrebt. Wer nur den Staub unter seinen Füßen betrachtet, wer bei den vielen täglichen Mühsalen und Enttäuschungen verweilt, wird den Mut zum Weitergehen verlieren und müde stehen bleiben. Aber Paulus schreibt: „Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören”.

Entmutigung oder unentschlossenes Bemühen bringt uns auf unserem Weg zu Gott nicht weiter, sondern ist dazu angetan, uns rückwärtsgleiten zu lassen. Jesus sagte einst zu seinen Jüngern: „Saget ihr nicht: Es sind noch vier Monate, so kommt die Ernte? Siehe, ich sage euch: Hebet eure Augen auf und sehet in das Feld; denn es ist schon weiß zur Ernte”. Jesus lehnte es ab, begrenztes Denken und sterbliche Gesetze der Zeit und materieller Vorgänge anzuerkennen. Dagegen erklärte er die Allmacht und Unendlichkeit der göttlichen Gegenwart und Wirksamkeit. Wir müssen bei jedem Problem, das wir ausarbeiten wollen, dasselbe tun. Durch Anerkennung eines materiellen Gesetzes der Begrenzung oder der Unheilbarkeit, das seinen Ursprung nur in der sterblichen Annahme hat, und dem weder Kraft noch Dauer zuerteilt ist, verschließen wir die Augen dem feststehenden und ewig wirksamen Gesetz Gottes. Dadurch berauben wir uns selber unserer bereits vorhandenen Segnungen und erleben nicht die Herrlichkeiten der göttlichen Gegenwart und unseres geistigen Verbundenseins mit dieser Macht.

Unsere weise und mutige Führerin sagt uns mit liebevollem Verständnis: „Die Schritte des Gedankens, die sich über den materiellen Standpunkt erheben, sind langsam und verkündigen dem Wanderer eine lange Nacht; aber die Engel Seiner Gegenwart, die geistigen Intuitionen, die uns sagen, wenn, die Nacht ... vorgerückt, der Tag ... nahe herbeikommen‘ ist — diese Engel sind unsere Hüter in dem Dunkel. Wer immer den Weg in der Christlichen Wissenschaft erschließt, ist ein Pilgrim und Fremdling, der den Weg für noch ungeborene Geschlechter bezeichnet” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 174).

Von der Sehnsucht nach dem Heiligtum erfüllt, ruft der Psalmist aus: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, daß sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung”. Ein Berg wird nicht in einem Augenblick und selten ohne Mühe erstiegen. Manchmal kostet es große Anstrengung, den Gipfel zu erreichen und den Lohn, den prächtigen Ausblick, zu ernten. Ein weiser Wanderer wird sich nicht aus der eingeschlagenen Richtung drängen lassen, wenn er weiß, daß er den rechten Weg gewählt hat, sondern wird sein Ziel ausdauernd und unbeirrt verfolgen und die Vorfreude und dankbare Erwartung schon beim Weiterschreiten empfinden.

Sollte der Wanderer, dessen Weg zu Gott emporführt, und der sich nach mehr Geistigkeit sehnt, verzagen, weil sich ihm unerwartete Hemmungen und ungewohnte Schwierigkeiten in den Weg stellen, und weil der Ausblick auf größeres Erkennen und Wahrnehmen der Gottesnähe noch in weiter Ferne zu liegen scheint? Gewiß nicht, denn seine Treue im täglichen Behaupten der Wahrheit und seine Beharrlichkeit im zuversichtlichen Erwarten des Guten werden ihn dem Ziel zuführen und ihm seine Freiheit und Gottes Fülle erschließen. Im Buch Hiob lesen wir: „Wenn du dein Herz richtetest und deine Hände zu ihm ausbreitetest; ... so möchtest du dein Antlitz aufheben ohne Tadel und würdest fest sein und dich nicht fürchten. Dann würdest du der Mühsal vergessen und so wenig gedenken als des Wassers, das vorübergeht; und die Zeit deines Lebens würde aufgehen wie der Mittag, und das Finstere würde ein lichter Morgen werden”.

Unsere Aufgabe besteht im unbeirrten Festhalten an den göttlichen Tatsachen und in unerschütterlichem Glauben an Gottes Allmacht und Güte. Gehorsam gegen das Gebot: „Hebe deine Augen auf” bedeutet, daß wir bereit sein sollen, unsere mannigfaltigen materiellen Sorgen und sterblichen Aussichten beiseitezulegen und unsere Augen aufzuheben „zu den Bergen”, von denen uns Hilfe kommt, d.h. zu den geistigen Höhen der Erkenntnis, wo uns das Göttliche wirklich und beweisbar wird.

In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir (S. 298): „Leben, Wahrheit und Liebe sind die Wirklichkeiten der göttlichen. Wissenschaft. Sie dämmern auf im Glauben und erstrahlen in vollem Glanz im geistigen Verständnis”. Und Paulus erklärt in seinem Brief an die Römer: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und Erkenntnis Gottes!... Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!”

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