In den Wirrnissen täglicher Ereignisse liegen mancherlei Erscheinungen des Bösen verborgen, das in der Offenbarung des Johannes „der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt”, genannt ist. Manchmal klein und unansehlich, oft kaum merkbar, lauert das Böse auf seine Gelegenheit, unser Denken zu verdunkeln. Jesus wußte dies; daher ermahnte er seine Nachfolger wiederholt und eindringlich, stets wachsam zu sein. In dem Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten Jungfrauen zeigte er, wie notwendig es ist, unser Licht durch klares Denken und Wachsamkeit immer bereit zu halten; „denn ihr wisset weder Tag nach Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Daher sollten wir unaufhörlich wachen, damit wir jede Gelegenheit ergreifen, die Allmacht des Guten zu beweisen.
Hier mag ein ernster Leser einwenden: Schön, aber woran erkenne ich eine rechte Gelegenheit? Mrs. Eddy, die unseres Meisters Lehre besser verstand als irgend jemand zuvor, schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 192): „Alles, was den menschlichen Gedanken auf gleicher Linie mit selbstloser Liebe erhält, empfängt unmittelbar die göttliche Kraft”. Wir sehen also, daß beständige Wachsamkeit und Betätigung selbstloser Liebe uns die rechte und günstige Gelegenheit, Gutes zu tun, erkennen läßt, während Eigennutz, Neid und Haß diese Erkenntnis ausschließen. Die Schlange, das Böse, lauert darauf, uns unsere rechten Gelegenheiten versäumen zu lassen.
Was ist nun eigentlich diese „alte Schlange” oder „der rote Drache”, wie Johannes den Satan oder Teufel nennt? Sorgfältiges Nachdenken über diese drei Bezeichnungen „Teufel”, „roter Drache” und „Schlange” im Glossarium des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs (S. 584, 593 und 594) zeigt, daß Mrs. Eddy den Ausdruck „tierischer Magnetismus” in die Auslegung aller drei Bezeichnungen einschließt. Und in der Auslegung von „Schlange” finden wir „die erste Lüge von Begrenzung” erwähnt.
Begrenzung und Mangel sind nicht von Gott geschaffen, daher sind sie leere Begriffe, die gut als Bluffs bezeichnet werden können. Der Menschen Annahme von Gesetzen der Begrenzung und des Mangels, ihre Furcht davor und ihre Unterwerfung darunter öffnen der Versuchung die Tür. War es nicht Mangel an Öl—Mangel an Bereitschaft, selbstloser Liebe und Wachsamkeit—der die fünf törichten Jungfrauen verschlossene Türen antreffen ließ, während die anderen fünf rechtzeitig Einlaß fanden? Selbstlose Liebe veranlaßte die fünf klugen Jungfrauen, alles für den Empfang des Bräutigams bereit zu haben. Es war genug Öl vorhanden und man konnte es jederzeit kaufen—den Preis dafür bezahlen. Es war also nicht Mangel an Vorrat, sondern an Wachsamkeit bei den fünf törichten Jungfrauen. Das wachsame Bewußtsein ist der gute Boden, worin der Same der Wahrheit aufgeht; hüten wir uns aber nicht vor Gleichgültigkeit und Schläfrigkeit, so bieten wir den Boden dar, worein der Satan Unkraut sät.
Wir müssen uns hüten, Begrenzungsannahmen irgend welcher Art, sei es in Bezug auf Versorgung, Gesundheit, Verständnis oder Kraft, in unser Bewußtsein aufzunehmen, und müssen an dem wahren Begriff von Gottes Güte und Allmacht festhalten. Ein wahrer Zeuge äußert keine achtlosen Bemerkungen wie „ich bin müde”, „ich bin krank”, „ich habe nicht genug Verständnis”, „ich bin einsam”, „ich habe kein Glück”, mag der materielle Augenschein auch noch so sehr dafür zeugen. Wer solche Gedanken hegt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er vor verschlossenen Türen steht, während er durch sofortiges Widerlegen der Behauptungen des Irrtums Einlaß erlangt hätte. Gott, die unendliche Liebe, kennt keine Begrenzung. Daher müssen falsche Gedanken die Zurechtweisung erfahren: „Weichet alle von mir, ihr Übeltäter”.
Gott hat alles geschaffen, was für des Menschen Versorgung und Freudigkeit erforderlich ist, und Er erhält es in unbegrenztem Maße; aber die Sterblichen beachten es oft nicht. Sie schlafen im Irrtum und öffnen dadurch ihre Gedanken dem Satan oder dem tierischen Magnetismus. Wiederum mag jemand sagen: Theoretisch ist dies alles sehr schön; wie ist aber dem Übelstand praktisch abzuhelfen? Mit der Christlichen Wissenschaft hat Mrs. Eddy der Menschheit einen unermeßlichen Schatz, ein gründliches Mittel gegen jeden Übelstand gegeben. Durch sorgfältiges Studium dieser absoluten Wissenschaft und besonders durch beständiges Betätigen des Gelernten wird man zur Wahrnehmung des wahren Seins und zur Nutzbarmachung der vorhandenen gottgegebenen Gelegenheiten erweckt. Die Christliche Wissenschaft führt das erwachende geistige Verständnis von Gelegenheit zu Gelegenheit, so daß wir das immer wirkende Gesetz der Versorgung nutzbar machen können.
Man hört überall von Mangel, Not und Elend. Bietet uns dies nicht Gelegenheit, die Wahrheit der unermeßlichen Fülle, Fürsorge und Liebe Gottes zu behaupten, bis der begrenzte Sinn dem wahren weicht? Die Menschen klagen über Behörden, kritisieren Regierungen und ihre Mitmenschen, klagen Personen in verantwortlichen Stellungen an und zerbrechen sich den Kopf, wie den Übelständen zur Zeit der Wahlen abzuhelfen sei. Der wachsame Zeuge der Wahrheit dagegen weiß, daß Gott die ganze Schöpfung, in der es keinen Raum für Ungerechtigkeit, Gewaltherrschaft, Unruhe oder Mangel gibt, in sich schließt; und er wendet an, was er versteht.
Wie wir durch selbstlose Liebe und rechtes Denken einem Kranken den wahren Sinn der Gesundheit erlangen helfen, so können wir durch rechtes Denken über Weltzustände die Regierung Gottes ans Licht bringen helfen. Ein Christlicher Wissenschafter sollte nicht müde werden, immer wieder in Mrs. Eddys Werken nachzuforschen, was sie über Gott, das geistige Weltall und den zu Seinem Gleichnis geschaffenen Menschen sagt. Er sollte nie müde werden, diese Behauptungen in seinen täglichen Erfahrungen nutzbar zu machen.
„Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit”, sagt unser Meister. Wenn wir uns also an Kirchen- oder Staatswahlen beteiligen, sollen wir zuallererst nach dem Reich Gottes, der höchsten und allgegenwärtigen Regierung des göttlichen Prinzips trachten. Dann werden wir wissen, daß ins Reich Gottes nicht hineingehen kann „irgend ein Gemeines und das da Greuel tut und Lüge”. Dies wird uns befähigen, das Reich Gottes auf Erden aufrichten zu helfen. Wer würde sich eine solche Gelegenheit entgehen lassen! Freilich gehört dazu weit mehr als blinder Glaube oder „viel plappern wie die Heiden”. Es erfordert tiefes, geistiges Verständnis des göttlichen Prinzips, ehrliches beharrliches Festhalten an der Wahrheit des Seins und selbstlose, weltumfassende Liebe.
Lerne deine täglichen Handlungen Gott anvertrauen. So werden die trockenen Alltagspflichten des gewöhnlichen Lebens Schritte zum Himmel werden und dein Herz zu ihm erheben.—Edward B. Pusey.
