Zu allen Zeiten ist Gott als Vater erkannt worden, und unser Meister Christus Jesus lehrte seine Jünger diese Tatsache in dem Gebet, das wir als das Gebet des Herrn kennen, das sich, wie Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft schreibt, „auf jedes menschliche Bedürfnis erstreckt” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 16). Die ersten drei Sätze dieses Gebets beantworten die Frage, wie menschliche Bedürfnisse befriedigt werden.
Der erste Satz anerkennt nach Mrs. Eddys Auslegung den einen Gott als Vater-Mutter, der sich nur der Harmonie bewußt ist. Der zweite lehrt, daß der Name, das Merkmal oder das Wesen des Vaters zu heiligen und zu verehren ist, während der dritte Satz: „Dein Reich komme”, dessen geistigen Sinn Mrs. Eddy mit den Worten wiedergibt: „Dein Reich ist gekommen; du bist immergegenwärtig”, uns zeigt, daß das Reich der Harmonie jetzt und immer gegenwärtig ist. So verständnisvoll anerkannte Christus Jesus Gott als den Geist und sich als den Sohn Gottes, daher als geistig, daß er zu der Samariterin sagen konnte: „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten”. Um daher Gott zu verstehen und Seinen Namen zu heiligen, muß alles auf einer geistigen Grundlage wahrgenommen werden. Die Geistigkeit Gottes kann nur durch die geistigen Sinne erkannt werden. Wie könnte die göttliche Art Gottes ohne einen Zeugen verstanden werden? Die Wörter „Bild” und „Gleichnis”, „Zeugen” und „Söhne”, die in der Bibel und in allen Werken Mary Baker Eddys wiederholt gebraucht sind, beziehen sich heute wie in der Vergangenheit auf den Menschen; denn der Mensch ist jetzt und immer der Sohn Gottes. Die Geistigkeit des Vaters kommt durch den geistigen Menschen, den Sohn Gottes, zum Ausdruck.
Vielleicht könnte jemand sagen: Dies ist nicht faßbar! Wie kann die Art Gottes geheiligt und verehrt werden? Der Mensch als Gottes Ausdruck stellt Gottes Art in geistigen Eigenschaften, in Dankbarkeit, in Freudigkeit und in frohem Dienen dar. Diese und viele andere Eigenschaften sind in Fülle gegenwärtig, und die Gelegenheit, die göttliche Art durch Bekundung der göttlichen Eigenschaften zu heiligen, ist immer und überall gegenwärtig.
Nach Webster kommt das Zeitwort „heiligen” von dem angelsächsischen Wort „halgian” und bedeutet verehren, absondern, als heilig ehren. Die Art Gottes und des Menschen als Seiner Widerspiegelung ist von allen materiellen Zuständen „abgesondert”, und wenn wir von der vermeintlichen materiellen Abweichung ganz wegsehen und uns der geistigen Widerspiegelung zuwenden, erkennen wir, das wir Gottes Art dadurch heiligen müssen, daß wir sie selber widerspiegeln und diese Widerspiegelung in unserem Mitmenschen sehen. Wenn es an einem Sinn der Schönheit und Freundlichkeit der Widerspiegelung Gottes fehlt, ist es dann zu verwundern, daß menschliche Bedürfnisse anscheinend nicht befriedigt werden? Ein falscher materieller Sinn unseres Selbst und unserer Umgebung kann leicht die Furcht hervorrufen, daß wir eines Tages vernichtet werden und unsere Umgebung verlieren. Salomo sagt: „Wie er in seinem Herzen denkt, so ist er”, was bedeutet, daß unsere menschliche Erfahrung das Ergebnis unseres eigenen Denkens ist. Wenn wir die Beziehung des Denkens zum göttlichen Gemüt sehen, werden wir uns bewußt, daß Gottes Art unendlich ist, und daß Gott uns nichts Gutes vorenthält; denn alles, was wir brauchen, ist in Fülle gegenwärtig. „Dein Reich ist gekommen; du bist immergegenwärtig”.
Blicken wir auf die Jahrhunderte zurück, so sehen wir, daß jeder zur Verbesserung menschlicher Zustände gemachte Fortschritt hauptsächlich durch Denken gemacht worden ist. Daher ist das Denken die Grundlage des Heilens. Das Denken muß anders werden. Folgendes ist ein Beispiel dieser Tatsache. Eine Christliche Wissenschafterin erhielt von einer Freundin in einem andern Lande einen Brief des Inhalts, daß sie sich infolge eines körperlichen Leidens nicht frei bewegen könne. Diese Freundin wußte von der Christlichen Wissenschaft und befaßte sich auch ein wenig damit. Als die Wissenschafterin den Brief las, verwarf sie den Zustand als unwahr, weil sie wußte, daß er in der Art Gottes nicht zu finden war. Der Mensch, die Verkörperung dieser Art, konnte nie Disharmonie bekunden. Einige Stunden später kam von der Freundin ein Telegramm, das nur das eine Wort „Hilfe” enthielt. Die Wissenschafterin las den Brief ihrer Freundin noch einmal, bejahte wieder die Vollkommenheit des Menschen und dankte Gott für die Christliche Wissenschaft, die sie befähigte, des Menschen wahre Art zu sehen. Zwei Stunden später kam von der Freundin ein zweites Telegramm mit nur dem einen Wort „Aufhören”. Wieder dankte die Wissenschafterin dafür, daß „das Wort Gottes lebendig und kräftig ist” und alle anderen Heilmittel übertrifft. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 16): „Nur wenn wir uns über alle materielle Sinnengebundenheit und Sünde erheben, können wir das vom Himmel stammende Streben und das geistige Bewußtsein erreichen, auf welches in dem Gebet des Herrn hingewiesen wird, und welches die Kranken augenblicklich heilt”.
Augenblickliche Heilung findet oft statt, wenn wir materielle Mittel und Wege bereitwillig aufgeben und Gott demütig als „unsern Vater-Mutter-Gott, allharmonisch” anerkennen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 16); denn durch diesen Gehorsam erfüllen wir das erste Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben”. Das von Mose gegebene „du sollst nicht” der Zehn Gebote findet einen Widerhall in dem Gebet, das Jesus den Jüngern und uns gab, da diese Gebote die Religion nicht zu einem Teil der Sittlichkeit, sondern die Sittlichkeit zu einem Teil der Religion machen. Ebenso fordert das Gebet des Herrn Gehorsam gegen den einen Vater-Mutter-Gott und unser Anerkennen, daß der geistige Mensch Gottes Art durch geistiges Gesetz ausdrückt. Nichts kann den Sittenmaßstab der Zehn Gebote oder des Gebets des Herrn je ändern. Jesus verlieh diesem Maßstab Nachdruck in seinem schönsten Gleichnis, dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Diese Geschichte veranschaulicht die Vollkommenheit der Fülle, die nicht in einem „fernen Land” zu finden ist, sondern an Ort und Stelle durch das Verständnis, daß alles Nötige jetzt hier ist; denn Gottes Reich ist gekommen. Wie der verlorene Sohn müssen auch wir aus unserem sterblichen Sinn des Mangels aufwachen und sehen, daß wir vor allem die göttliche Art als unsere Art, unsere geistige Sohnschaft in Gottes Reich beanspruchen müssen, wo des Vaters Stimme immerdar sagt, wie der Vater im Gleichnis zu dem älteren Bruder sagte: „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein”. So und nur so heiligen wir den Namen Gottes.